Faksimile 1064 | Seite 1056
Faksimile 1064 | Seite 1056
Faksimile 1064 | Seite 1056
Kunstler
Kǘnſtler, m.. –s; uv.: (ſ. künſteln 1) der Schöp-
fer eines Kunſtwerks. So ſagt Sch. 25a in ſeinem Ge-
dicht „An die K.“: Dem großen K. [Gott] ahmt ihr nach
ꝛc.; Wie kann .. der K. knien vor ſeiner Statüe? 17h;
[Shakeſpeare macht ſeine Böſewichter ꝛc.] durch das Bild, in
welchem ſie ſich in theoretiſcher Anſchauung objektiv wie ein
Kunſtwerk betrachten, ſelber zu freien K–n ihrer ſelbſt. Hegel
Aſth. 3, 362, und gew.: Der, der eine Kunſt (ſ. d. 1e)
im engern Sinn, im Ggſtz. des Handwerks, eine der
ſchönen Künſte kunſtgemäß übt: Daher ſind diejenigen
K. übler dran, die perſönlich um den Beifall des Moments
buhlen: Rhapſoden, Schauſpieler, Muſici. G. 31, 424;
Wo das Subjektive für ſich allein ſchon viel bedeutet, muß
und kann ſich der Dilettant dem K. nähern, z. B. ſchöne
Sprache, lyriſche Poeſie, Muſik, Tanz; wo es umgekehrt iſt,
ſcheiden ſich der K. und der Dilettant ſtrenger, wie bei der
Architektur, Zeichenkunſt, epiſchen und dramatiſchen Dicht-
kunſt. 426 ꝛc., und bei der nahen Berührung von Kunſt
(ſ. d. 1e) und kunſtvollem Handwerk, z. B. auch von
Schiffsbauern: Die ſtattliche Tanne, die hoch auf Bergen
die K. | ab mit geſchliffenen Äxten gehauen zum Balken des
Schiffes. V. Il. 13, 390; Solche ſchnitzt’ und verband der
hornarbeitende K. 4, 110; vgl.: Wenn der mechaniſche K.
ſeine Hand an die geſtaltloſe Maſſe legt, um ihr die Form
ſeiner Zwecke zu geben, ſo trägt er kein Bedenken, ihr Gewalt
anzuthun. ..Wennderſchöne K. ſeine Hand an die näm-
liche Maſſe legt, ſo trägt er ebenſowenig Bedenken, ihr Ge-
walt anzuthun, nur vermeidet er ſie zu zeigen. .. Ganz an-
ders verhält es ſich mit dem pädagogiſchen und politiſchen K.,
der den Menſchen zugleich zu ſeinem Material und zu ſeiner
Aufgabe macht. Sch.1153b ꝛc. Nam. früher auch (ſ.Zſſtzg.):
Einer, der eine Wiſſenſchaft ausübt, z. B.: Waſſers iſt
mehr, als des Landes, wie die [Meß-] K. ausgemeſſen. Logau
(L. 5, 233).
Anm. In der tadelnden Bed. von künſteln (ſ. d. 2) K.
ugw., vgl.: Der Dichter ſei ſtets K., niemals Künſteler =
er ſchaffe Kunſtwerke, nicht gekünſtelte, ſ. Künſtling, verkün-
ſteln. K–in: ein weiblicher K., nicht die Frau eines K–s,
G. 18, 223; z. B. Schauſpielerinnen, Virtuoſinnen, Dichte-
rinnen, Malerinnen ſind K–innen. Veralt.: Künſtner.
HSachs G. 2, 69.
Zſſtzg. vgl. die von Kunſt, doch bez. K., genau ge-
nommen, nicht den bloßen Ausüber einer Kunſt, ſon-
dern hebt die vor den Kunſtgenoſſen ſich ganz beſonders
auszeichnende Geſchicklichkeit und Meiſterſchaft in dem
Producierten hervor. So bez. z. B. Sprachkunſt, Gram-
matik; dagegen ganz verſch.: Rückert hat ſich in der Über-
tragung von Hariri’s Makamen als Sprach-K. bewieſen,
als Einen, der die Sprache kunſtvoll und meiſterhaft
handhabt. Ebenſo: Verskunſt, Metrik; Vers-K., Mei-
ſter im kunſtvollen Versbau; Wer die Tanzkunſt auch
kunſtmäßig ausübt, iſt damit noch kein Tanz-K., auf wel-
chen Namen ein Veſtris wohl Anſpruch machen durfte. So
ſagt Ton-K. bedeutend mehr als Muſikus oder Muſikant
(ſ. d.) und ſo bedienen ſich der Zſſtzg. nam. manche
Gewerbtreibende nach dem Muſter des frz. artiste, um
ihre die gewöhnliche, mehr handwerksmäßige Thätig-
keit der Fachgenoſſen übertreffende Geſchicklichkeit zu
bez., wie z. B. der Kleider-K. den Schneider über-
ragt ꝛc., (ſ. Bart-, Haar-K.). Wir bemerken noch,
daß da, wo die gedachte Unterſcheidung nicht hervor-
tritt und deutſche Namen für die Ausübenden einer
Kunſt gebräuchlich ſind, die Zſſtzg. mit K. natürlich
unnöthig ſind, z. B. neben Dicht-K. Dichter,
undſo Bildhauer, Schauſpieler (ſ.u.), Stempelſchneider,
Orgelbauer, Schiffbauer ꝛc., dagegen z. B. Meß-K. für
Geometer neben Meßkunſt ꝛc. Nach dieſen allgem. Bem.
genügen wenige leicht zu mehrende Bſp.: Es giebt auch
After-K. [im Ggſtz. der wahren]: Dilettanten und Speku-
lanten. Jene treiben die Kunſt um des Vergnügens, dieſe um des
Nutzens willen. G. 3, 194; Als Bart-K. [vgl. Barbier]. 19,
55; Er habe die Baukunſt nicht geſchätzt, die Bau-K. nicht
aufgemuntert. Börne 4, 137; Die bildende Kunſt ergreift die
alten Fabeln .. und bald kann der Poet dem Ohr Nichts
mehr überliefern, was der Bild-K. [bildende K.] nicht
ſchon dem Auge gebracht hat. G. 30, 403; Dieſe Hörner be-
reitete zierlich der Bogen-K. Stolberg Il. 4, 110 [der
Bogen fertigende K.]; Bühnen-K., Theater-K.; Ei-
nungs-K. ſ. Chemiker; Der Eß-K. Ein artiſtiſcher Ver-
ſuch .. Die Anſchauung der Meiſterſchaft, welche der wür-
dige K. entfaltete [das Eſſen als Kunſt betreibend und
ſich als Virtuoſe darin zeigend]. Börne 2, 425 ff.; Die
PariſerHaar-K. [vgl. Friſeur]. 4, 220; Heil-K. [vgl.
Arzt]. 2, 366; Juwelen-K. [vgl. Juwelier]; Kar-
ten-K. [der Kartenkünſte macht, Taſchenſpieler]; Klei-
der-K., ſ. o.; Klein-K. .. Mit der größten Sorgfalt
punktieren ſie einen kleinen Raum aus .. Inſofern ihre Ar-
beit lobenswürdig iſt, mag man ſie wohl Mignaturiſten
nennen. G. 30, 305 ff.; Wort- und Letter-K. [vralt.,
Grammatiker]. Spate 2, 2; Meß-K., ſ. o.; Seine [des
Schauſpielers] Mit-K. Devrient 2, 257, Kunſtgenoſ-
ſen; Die Muſen-K. W. 23, 340, welche die den Muſen
geweihten Künſte treiben; Orgel-K. [Bauer künſtlicher
Orgelwerke]. G. 27, 180; Ein großer Rechen-K. war
der Fürſt [Wallenſtein] | von jeher, Alles wuſſt’ er zu berech-
nen. Sch. 392a; Rede-K. [vgl. Redner]. Chamiſſo 4,
302; Die Entſchloſſenheit des großen Reit-K–s [des Ge-
neral] Seidlitz. Jahn V. 245, ganz verſch. Kunſtreiter;
llnſre Schauſpiel-K. höherer Gattung. Schütze Hamb. Th.
13, um ſie von den Schauſpielern, die keine K. ſind,
zu unterſcheiden (ſ. o.); Scheide-K. (Chemiker, ſ. d.);
Schönwiſſenſchaftler und Schön-K. H. 9, 328; G. 32,
40, (vgl.: ſchöne K., Belletriſt); Schreib-K. [Kal-
ligraph]; Ein Schwarz-K. [Zaubrer, vgl. Schwarz-
künſtig] iſt er oder der Gottſeibeiuns ſelbſt. G. 6, 338;
16, 219; Luther 8, 19a; Muſäus M. 1, 55; Thümmel
5, 141 ꝛc., veralt.: Ein Nigromant, | ein Schwarz-
künſtner. HSachs G. 2, 70; Der Sieben-K. [Magiſter
der fieben freien Künſte]. Rachel 6, 413; Sprach-
K. (ſ. o.); Staats-K. [Politiker]. Sch. 1153b;
Tanz-K. (ſ. o.); Ein Tauſend-K. G. 19, 35, Einer,
der in tauſend, d. h. in ſehr vielen Künſten bewandert
iſt; Als geſchickte Tauſend-K., was man in Schleſien einen
Baſtler (ſ. d. und Boßler) nennt. Holtei J. 2, 356; Wo
die Simplifikation nicht ſtatthat, ſondern der Handwerker ein
Tauſend-K. ſein muß. Möſer Ph. 1, 188; Der Teufel iſt
ein Tauſend-K. Luther 8, 318b; SW. 61, 78; und dem-
gemäß (vgl. Schwarz-K.): Ein Tauſend-K., der die Tod-
ten auferweckt. Logau (L. 5, 227); Bei ſeinen taſchenſpiele-
riſchen Operationen .. unſer Tauſend-K. W. 24, 107; Das
Spiel der Theater-K. [Schauſpieler]. G. 29, 293; Ton-
K. [Komponiſt ꝛc.]. Engel 8, 245; Sänger und andere
Ton-K. W. 23, 340; Ich will ewig verdammt ſein . .,
wenn der große Ur-K. [Gott] nicht ſchönere Werke macht,
als der Menſch. LSchefer Rom. 5, 157; Beſtellte bei einem
Vaſen-K. ein Gefäß. Böttiger Sab. 341; Ver-K., ſ.
verkünſteln; Dieſer ſcharfſinnige Vernunft-K. [Logiker,
Denker]. W. 3, 248; Eines Wahn-K–s und Aſtrologen
[der eine falſche oder Wahnkunſt treibt]. G. 39, 80;
Wiß-K. [Mathematiker]. Leibnitz 1, 379; Zahn-K.
[der künſtliche Zähne fertigt]; Zeichen-K. [Zeichen-
meiſter]. G. 25, 178 u. ä. m.