Das Wörterbuch

Von der Entstehung bis zur Digitalisierung

Entstehung

Das Wörterbuch der deutschen Sprache von Daniel Sanders stellt eines der wichtigsten lexikographischen Arbeiten für die deutsche Gegenwartssprache des 19. Jahrhunderts dar.

Der Entschluss, ein eigenständiges Wörterbuch zu konzipieren, entsprang einerseits aus der Enttäuschung über die erste Lieferung des Grimm’schen Wörterbuchs und den damit ‒ aus Sanders’ Perspektive ‒ verbundenen Mängeln, letztlich aber auch durch das Angebot des Verlegers Otto Wigand aus Leipzig

Zuvor hatte Sanders 1852 seine Kritik in einer zweiteiligen Publikation öffentlich gemacht, die zwar im Kern ihrer Aussage über Struktur und Anordnung des Grimm’schen Wörterbuchs berechtigt war, doch aufgrund ihres stellenweise scharfen Tons und der Reputation von Jacob und Wilhelm Grimm in der Philologie, teilweise in akademischen Kreisen abgelehnt wurde.

Die beginnende Arbeit am lexikographischen Werk scheint schnell ihr volles Ausmaß zu zeigen. So bemerkt Sanders im Februar 1859 an seinen Freund Adolf Glaßbrenner:


Von allen geplagten Wesen auf Erden ist ein deutscher Lexikograph vielleicht das Geplagteste! – keine Pause, keine Ruhe, keine Rast! – Mein erstes Heft ist erschienen. Ich hoffte, nun einmal aufathmen, Luft schnappen zu können. Wie hatte ich mich geirrt!

Sanders, Daniel: Brief an Adolf Glaßbrenner. Altstrelitz, 12. Februar 1859, S. [1r].
Ausschnitt, siehe Deutsches Textarchiv, abgerufen am 2. Februar 2021.

Fertigstellung

Sanders arbeitet unermüdlich weiter und legt 1865 die 34. und letzte Lieferung seines Wörterbuchs vor. Damit hatte er innerhalb von nur sechs Jahren ein Wörterbuch aus „einem Guss” geschaffen.

Neben der vermutlich heute kaum mehr nachvollziehbaren Leistung, dem unermüdlichen Fleiß, ist es aber allem voran Sanders’ lexikographischer Konzeption zu verdanken, dass es trotz der relativ wenigen Bände eine ungemeine Fülle des deutschen Sprachschatzes abdeckt.

Sanders selbst thematisiert diese spezielle Struktur seines Wörterbuchs auch mit vielen seiner Zeitgenossen.

In einem ausführlichen Brief an den Schillerforscher Joachim Meyer, gibt Sanders Einblick in eben jene genannte Anordnung der Stichwörter, hier am Beispiel des Lemmatas ‚Abend‘:


[...] Soñtagabend, Ende des Soñtags; Soñabend, der Tag vorher und dazu Soñabend, Abend pp...

Hiermit sind sofort alle die Zusammensetzung „mit den Namen aller Feste“ klar, zum Beispiel Johañis-, Oster-, Weihnachts-, Fest-Abend pp.

Das ist die iñere Vollständigkeit, die – wie gesagt – nur bei dieser Anordnung möglich ist, denn in einem rein alphabetischen Wörterbuch, das auf Vollständigkeit Anspruch machen will, müsste es bei dem unter „F.“ zu verzeichnen- den „Festabend“ heißen: Der Abend vor einem Fest, – dañ unter „Johañisabend“ (in „J[.]“) wieder: der Abend vor dem Sankt Johañisfeste und so fort [...].

Das Werk würde eine unermesslichen E Umfang einnehmen und der Nachschlagende würde dañ freilich in jedem einzelnem Falle das Gesuchte finden, aber zu dem Denken über die Sprache würde er nicht geleitet [...]

Sanders, Daniel: Brief an Joachim Meyer. Altstrelitz, 4. Juni 1859, S. [5r].
Ausschnitt, siehe Deutsches Textarchiv, abgerufen am 2. Februar 2021.

Bedeutsam erscheint neben der strukturellen Anordnung der Stichwörterbuch auch das Quellenkorpus des Wörterbuchs. Sanders’ Korpus besteht aus einer Vielzahl an zeitgenössischer Literatur, Zeitschriften und Zeitungen. Neben seinem aufgeklärten Sprach- und Bildungsverständnis steht er im direkten Kontakt mit etlichen Literaten seiner Zeit.

Sein Briefwechsel legt dabei Zeugnis ab, wie akribisch genau Sanders seine Stichwörter und die dazugehörigen Belege auswählte, so schreibt er 1864 an Berthold Auerbach:


In Ihrem „Edelweiß“ (1861) Seite 223 findet sich folgende Stelle: „So eben hat meine Frau zum zweiten Mal Zwillinge. Die kleinen Terkel“ und so weiter. Das unterstrichene Wort ist mir, dem Norddeutschen, fremd; seine Bedeutung in den angeführten Worten freilich durch den Zusam̃enhang klar; aber ich möchte wissen, ob Terkel nicht, wie catulus im Lateinischen, zunächst das junge Hündlein bezeichnet, in welchem Fall ich auch mit der Etymologie im Reinen wäre.

Sanders, Daniel: Brief an Berthold Auerbach. Altstrelitz, 18. März 1864, S. [1r].
Ausschnitt, siehe Deutsches Textarchiv, abgerufen am 2. Februar 2021.

Digitalisierung

Das Wörterbuch von Daniel Sanders ist für die germanistische Linguistik und damit einhergehend für die deutschsprachige Lexikographie von besonderem Interesse.

Nach einer längeren Phase der Retrodigitalisierung, in welcher nicht nur der Volltext automatisch erschlossen wurde, sondern auch die Typographie, steht es nun für die Öffentlichkeit zur Verfügung.

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