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kehren
Kêhren: 1) tr.: mit Beſen oder etwas Beſen Ähn-
lichem, z. B. einem Borſtwiſch ꝛc., reinigen, vgl. das
allgemeinere „ſegen“: Stuben, die Gaſſe, Straße, Feuer-
mauer, den Schornſtein k. ꝛc. Sprchw.: Vor ſeiner, der
eignen Thüre k., bei ſich ſelbſt den Schmutz fortſchaffen,
ehe man oder: ſtatt daß man ſich um fremde Ange-
legenheiten kümmere. Auerbach Dicht. 1, 214; G. 3, 63;
22, 107 ꝛc. a) Zuw. meton.: Der Staub war überall
gekehrt. Gutzkow R. 3, 82, gw. mit beigefügter örtl. An-
gabe: Den Schmutz aus der Stube, den Staub von den
Möbeln k. ꝛc.; Den Schmutz in einen Winkel, auf einen
Haufen (zuſammen) k. und in Zſſtzg., ſ. d. und vgl. die
von fegen. b) zuw. mit Angabe der Wirkung (ſ. -
fegen 3): Beſen werden immer ſtumpf gekehrt. G. 3, 102
oder mit einem Obj. als dem durch das K. Erzeugten:
Bahn auf dem Eiſe, einen Steig durch den Schnee k. ꝛc.
c) übertr., z. B.: Ein zu langes, ſchleppendes Kleid kehrt
die Straße ꝛc.; Jch will ſie mit einem Beſem des Verderbens
k., ſpricht der Herr. Jeſ. 14, 23 ꝛc.; Iſt doch die Stadt wie
gekehrt! wie ausgeſtorben! G. 5, 3, als ob alle Einwohner
hinausgefegt wären, ſ. fegen 1o; ferner Schiff.: Die
See k., mit dem Fiſchtau (ſ. d.), nach einem Anker
fiſchend. d) mehr mundartl. auch in Bezug aufRei-
nigung durch Bürſten: Den Staub aus den Kleidern (ſ. a),
die Kleider k. Adelung (verſch. 2a), ſ. Aus-k. ꝛc. e)
dazu: Kehrer(in), nam. in Zſſtzg., z. B.: Gaſſen-
(Münchhauſen 110) oder Straßen-; Steg- oder Steig-Kehrer,
z. B. in den Salzwerken, vgl. auch b ꝛc. 2) tr.:
Etwas k., ihm eine von der bisherigen verſch., oft ihr
gradezu entgegengeſetzte Richtung geben; refl. und intr.
(ſein): eine ſolche Richtung nehmen, und wie das
ſinnverwdte „wenden“ (ſ. d. und vgl. drehen 1e) auch
übertr. Zuw. ohne hinzugefügte örtl. Beſtimmung
(a—d): a) Etwas in die der frühern grade entggſtzte
Richtungbringen, um-k. (ſ. d.), z. B.: Mir ſelbſt oft kehrte
das Herz ſich. V. 2, 21; Sch. 481b ꝛc., nam. Schneider:
Röcke, Kleider k., wenden, ſie renovieren, indem das früher
Inwendige nach außen kommt. Turnk.: K., die
Drehung oder Wendung des Leibes, bei welcher das Geſicht
in die Richtung gebracht wird, welche vorher der Rücken ein-
nahm. Jahn Turnk. 74, ſo auch Kriegsk. als Kom-
mandoruf: Kehrt! und dies gleichſam ſubſtant. mit
„machen“: In der Nähe des Feindes machten ſie plötzlich
Kehrt. Rüſtow gK. 59; 301 ꝛc. und ſo auch übertr.: Da
machte der Eber Kehrt und wies dem Fürſten ſeine Hauer.
Alexis H. 2, 2, 202; 1, 1, 287; Machte linksab Kehrt. 2,
1, 110; Freytag Soll 3, 98; Kinkel E. 94 ꝛc., vgl.: Hatte
manchem Haſen [Feigling], | der Rechtsumkehrteuch
[ſ. Um-k., Anm.] ſchon gemacht, | Kourage zugeblaſen.
Blumauer 2, 120; Ich ließ daher für dieſes Mal | mein
„Rechtsumkehrteuch!“ ſchallen. 51, ſ. um-k. und b und
c. b) Einem den Rücken ꝛc. k., in Bezug auf die
„Kehrſeite“ (ſ. d. und vgl. Rücken, als Ggſtz. des
„Vorn“, des gw. Einem Zugewendeten), während
ſonſt im Allgm. zu-k. (ſ. d. 1) gilt: Statt dem Publi-
kum das Geſicht zu zukehren, kehrte er ihm den Rücken; Weil
Iſrael ſeinen Feinden den Rücken kehret [vor ihnen flieht].
Joſ. 7, 8; Luther 5, 528b; Alſobald, wenn ihr den Rücken
mir gekehrt [von mir euch fortgewandt, weggegangen].
Sch. 492a; Ich kann ... | nicht zu dem Glück, das mir den
Rücken kehrt, | großthuend ſagen: Geh, ich brauch dich nicht.
365b ꝛc. c) zu dem Ausgangspunkt, zu dem ur-
ſprünglichen Zuſtand ſich wendend zurückbegeben, gw.
beſt. in Zſſtzg. wieder-, (zu)rück-, heim-k. (ſ. d.):
Zum Kampfe! .. und kehrſt du [Fahne] rauchig und zerfetzt, |
ſo flickt man dich. Freiligrath Pol. 1, 50; Geziemend aufzu-
nehmen den k–den Gemahl. WHumboldt 3, 53; 34; Bis all-
mählich ihm das Leben kehrte. Talvj 2, 230; V. Od. 3,
336; Schon kehrt dem Gefilde die Graſung. Hor. 1, 266.
d) nach einer andern Richtung, zuw. auch nach
verſchiednen (hin und her) wenden: Am Schloß drücken
und k. Claudius 3, 8; Sich k. und wenden. Schweinichen 3,
21; Sich noch k. [regen und bewegen] können. Gotthelf G.
294; Jemandes Schickſal k. [wenden]. Lichtwer 266.
Waſſerb.: Wie hoch kehrt der Deich? Bis zu welcher
Höhe hält er das Waſſer ab ꝛc.; veralt.: Einen Schaden
k., wieder k., erſetzen, vergüten. Oft mit beigefügter
adverb. Beſtimmung (e—p), zunächſt örtl., dann auch
übertr. wie das ſinnvwdte wenden: e) mit allgm. Orts-
adverbien: Sich, die Augen, Blicke, den Fuß, die Schritte
hierher, dorthin, links, rechts (nach dieſer, jener Seite m),
aufwärts, niederwärts (nach oben, unten m), himmelwärts
(gen Himmel k) k.; Sie lärmend herwärts ihre Schritte
kehrten. Chamiſſo 4, 154; Hinunter ſoll kein Mann die Blicke
wenden, | hinauf zur höchſten Frauen kehr’ er ſich. G. 13,
326; Heim (nach Hauſe) k. (intr.); Die rauche Seite her-
aus (ſ. a: nach außen) k. W. 22, 222, eig. vom Um-
kehren des Pelzes, dann übertr.: ſich rauh, borſtig,
grob zeigen, vgl. Talvj 1, 222 v. 121; Alles drunter und
drüber k. (ſ. a, gleichſam auf den Kopf ſtellen). G. 8,
146, vgl.: Kehrte er mein Haus, das Oberſte zu unterſt.
28, 192; L. 11, 223; Um mein Haus unterſt zu oberſt zu
k. Sch. 654a. Ferner mit Präpoſ. (alphab.): f) Sich
an Etwas oder Einen k., übertr.: ſein Thun danach rich-
ten, davon abhängig machen, danach fragen ꝛc.: 2. Moſ.
5, 9; 9, 21; Luther 6, 351a; Sich an Nichts, ſich nicht an
Gott, nicht an die Welt; ſich weder an Gott noch an den
Teufel (Höfer V. 108) k., vgl. mundartl.: Kehre dich nicht
nach ihm. Sealsfield TrR. 1, 67. g) Dazu ſubſtant. Im-
perat.: Die patzigen Kehr-dich-nicht-dran. Droyſen A. 3, 316;
Ich wie ein junger Kehr-dich-an-Nichts, der ich damals war,
trieb es am tollſten. Gerſtäcker BlW. 134. h) So kehrt
von (n) dieſer winzigen Belagrung | all eure Macht auf
einen größern Kampf. Schlegel Joh. 2, 1; Jmmer kehrt Horaz
den täglich ſchärfern Blick | von Wirbeln eiteln Wahns auf
ſich und auf das Glück. Hagedorn 1, 46; Kehre ihre Schmach
auf ihren Kopf [gegen ſie ſelbſt]. Neh. 4, 4; Eſher 9, 25;
Sie ſah auf ihren Sohn .. | gekehrt bekannte viel und
unbekannte Geſichter. Rückert Roſt. 69b und übertragen:
Seinen Fleiß auf innre Schätze k. [wenden, richten].
LHNicolai 1, 109. i) Das Schaf, das aus der Irre keh-
ret (ſ. c). Gotter 1, 257; Aus der Fremde heim, nach Hauſe
(ſ. m), zum Vater (ſ. o), aus dem Irrthum zur Wahrheit
k. ꝛc. k) Den Blick gegen den oder gen Himmel, gegen,
gen Oſten k.; veralt.: Ich kehret mich gegen demOrt. Schaiden-
reißer 52b ꝛc., aber auch: Eiſen, .. | kehre gegen ſeine Bruſt
die Gluth! Arndt 513, vgl.: Daß ich den Stahl wider
mich ſelbſt k. werde. L. Gal. 5, 8: Ich muß meine Hand wi-
der dich k. Jeſ. 1, 25; Antiochus wird ſich k. wider die In-
ſeln. Dan. 11, 18; Schrecken hat ſich wider mich gekehrt.
Hiob 30, 15. l) In die Heimath, in ſein Haus (Richt.
20, 8) k. (ſ. c u. i); veralt.: Daß er ſein Schwert in
ſeine Scheide kehrete [zurückbrächte]. 1. Chron. 22, 27;
Den Karren in den Dreck k. [wenden, ſchieben]. Weidner
107 ꝛc. Da der Lenz noch nicht in unſer Herz gekehrt.
Platen 2, 71, ſ. ein-k. Was nennen wir feiern? . . Den
Blick der Seele zu ihrer Erleuchtung und Vervollkommung in
ſich ſelbſt k. Engel 3, 40, und ſo nam. im Partic., von
dem in das eigne Ich ſich vertiefenden u. damit beſchäf-
tigten Weſen, im Ggſtz. zu dem nach außen, auf die
Welt gewendeten Blick: Ich war zu bekümmert und in
mich gekehrt, um den Sinn auf ſolche Räthſel zu haben. Cha-
miſſo 4, 239; Wird aus dem ſtillen in ſich gekehrten Weſen
des echten Stolzes Geräuſch und Gepränge. Engel 7, 290;
Du ſtehſt in dich gekehrt! G. 8, 66; Still und in ſich gekehrt.
20, 169 ꝛc. und dazu: Die abgezogene Inſichgekehrt-
heit. WHumboldt 1, 87, vgl.: Hier erholt ſich der
Menſch, die eitlen Sorgen entfliehen; | ruhig, wie die Natur,
kehret die Seele zu ſich. Knebel 1, 22. Ferner: Etwas,
ſich in Etwas k., verwandeln: Wird dir dein Leid in Freude
gekehrt werden. Sir. 6, 29; Der Froſt .. kehrt in verſteinerte
Stücken | ein flüchtig und weichendes Naß. Lichtwer 264;
Was kehrt in Eis die Flamme der Begeiſterung? Prutz Woch.
5; Wiſſenſchaft, die uns in Götter kehrt. Scultetus (L. 8,
273); Streckfuß Rol. 13, 20 ꝛc.; Der Ernſt kehrte ſich dann
in Kurzweil. Heinſe A. 1, 167; Als ſich Lucifer in eine
Schlange kehrt. Lohenſtein Himm. 4 ꝛc. m) Sich, die
Blicke, die Schritte nach rechts, links k.; Die rauhe Seite
nach außen k.; Nach Hauſe k., ſ. e; Kehrte ſich ihr ganzes
Gemüth nach außen. G. 18, 157; W. 20, 120 ꝛc., ſ. auch
f. n) Sein Angeſicht von Einem (Heſ. 7, 22), ſeine
Hand vom Unrechten (18, 8), ſich vom Unrecht, von der Ab-
götterei, von den böſen Wegen, ſich von Gott, der Gerechtig-
keit, ſich vom Guten zum Böſen k. ꝛc.; Da ſie im Schlafe
von der Wand | ſich vorwärts kehrt. W. 11, 254, vgl.:
Sich ab-, fort-, weg-k. ꝛc. o) Das Schwert wider
ſich ſelbſt k. ꝛc., ſ.k—p) Seine Füße (Pſ. 115, 59), ſein
Angeſicht (Tob. 3, 15) zu Einem k.; Es kehrte [c] zum Volk
der Achaier | Einer, zum Heere der Troer der Andere. V. Jl.
7, 306; Die Ohren von der Wahrheit wenden und ſich zu
den Fabeln k. 2. Tim. 4, 4; Sich zu Gott, zum Unrecht
k. ꝛc.; Daß die Gottloſen zur Hölle müßten gekehret [gw.
geſtürzt ꝛc.] werden! Pſ. 9, 18; Kehrete je einen Schwanz
zum [gegen den] andern. Richt. 15, 4; Ich ſitze nun an der
Thür. | Wenn Einer ſich zu mir kehret [zu mir ins Haus
will]. G. 2, 22, vgl. (veralt.): Kehrt mit Heirath zu
eines kumaniſchen Bürgers Tochter. Schaidenreißer X = hei-
rathete ſie. Nam. aber: Etwas zum Beſten k., für etwas
Schlimmes eine möglichſt günſtige Wendung und Auf-
faſſung haben ꝛc. Rückert Mak. 1, 115; Tieck N. 1, 15;
W. 31, 451; Ich vertraue, daß Gott auch das Unglück zu
meinem Beſten k. [wenden, lenken] wird ꝛc. Intr.: Zur
Heimath, zu ſich k., ſ. c und i.
Anm. In Bed. 1 ahd. cherran, mhd. kern. 2) ahd.
kêran, mhd. kêren, theilw. mit Impf. karte, vgl.: Karten
.. herwieder zu den Jhren. Stumpf349b; Kart .. bei ſeinem
Freund ein. 538a; 673b ꝛc.; Viele ſind bekehret .. ſind be-
kart. Luther 8, 129a, vgl. im Volkslied: Hat ſich umgekoh-
ren. Herrig 21, 59. Abſtammung beider Wörter fraglich;
urſpr. vielleicht ſtammverſch. (doch verweiſt Adelung auf die
ſich ebenfalls nah berührenden lat. verro und verto),
ſind ſie doch namentl. in einigen Zſſtzg. in einander gefloſſen,
vgl. auch 1a.
Zſſtzg., vgl. die von fegen u. wenden, z. B.: Áb-:
1) [1a] Das Haus kehren oder die Spinneweben von den
Wänden a. Weidner 307 und metonym.: Die Wände a.;
Mit der Schürze die Stühle a. Prutz E. 1, 207, vgl.: In
unſern .. rein vom Staub der Vorwelt abgekehrten | rauſch-
goldnen Zeiten. W. 11, 204; übertr.: So iſt uns der Teu-
fel feind, er will uns rein a. Luther 5, 4b, ganz austilgen,
ſo daß Nichts zurückbleibt ꝛc., vgl.: Es hat die Flur ein
Sturm verheert, | all’ ihre Blüthen abgekehrt. Daumer H. 1,
293. 2) (veralt.) ſ. 1: Einem ein Produkt [ſ. d.] a.
Fiſchart Garg. 70b; Ehe ihnen das Kalbfleiſch (ſ. d.) vom
Steiße abgekehrt worden. Chr. Weiſe ꝛc., auch: Einem
(Waldis Äſ. 4, 8) oder heutigem Sprachgebrauch gemä-
ßer: Einen a., ihn abprügeln, vgl. aus-k., abfledern
2a; Kehrabu. Abkehr 3. 3) [2n] abwenden, z. B.:
Das Unglück a. Nicolai 1, 93; Das drohende Übel a. Schai-
denreißer 6b; Das Schiff von dem Strudel a.; Das Geſicht
a. oder: Sich a. Chamiſſo 6, 255; Ich aber ſtand von fern
und abgekehrt. 4, 100; Sich vom Alten, Bewährten a. Börne
2, 13; Von Gott abgekehrte und verkehrte Menſchen. Raumer
Päd. 3, 1, 261 ꝛc. Zu Abkehrung [Abwendung,
Verhütung] der Unterſchläge. Erbvergleich Beil. 68; 78;
Die frühe Abkehrung Sh.’s oder ſeine urſprüngliche Ab-
wendung von jenen Werken. Gervinus Sh. 1, 125.
Veralt. intr., Luther 3, 4 und ſo noch (Bergb.): von
einer Grube abgehn. 4) dazu Kehrab [ſ. 2] unter
Zſſtzg. von Ab. Án-: 1) [1] Den Schmutz an die
Wand a. ꝛc. 2) [2] Fleiß a. 1. Macc. 14, 35 ꝛc.,
anwenden; vralt.: Einen a., ſich an ihn wenden. Franck
Chron. 345b. 3) mundartl.: In einem Wirthshaus a.,
auf kurze Zeit ein-k. Āūf-: 1) [1] auf einen Hau-
fen, zuſammen-k.: Wir wollen Genua zuſammenſchmeißen,
daß man die Geſetze mit dem Beſen a. kann. Sch. 163b.
2) [2] in die Höhe kehren, nam. bei den Goldſchmie-
D [0
den: den zu Knöpfen beſtimmten Metallplättchen in den
Anken die Form von Schüſſelchen geben. Aūs-:
1) [1] Das Haus, die Stube a.; Den Schmutz a.; Wie hat
ſie das alte Haus aus- und umgekehrt! Alexis H. 1, 1, 10;
Der ärgſte Sauerteig wird wohl dem armen Dalberg zum A.
bleiben. Forſter Br. 2, 83; Die Kleider a. [ausbürſten]. G.
14, 130; Stallknechte mit ihren großen Bürſten kommen,
einem Jeden, wenn es ihnen beliebt, den Rücken auszukehren
[vgl. ab-k. 2]. 24, 220; Die Ordnung der Welt a. [Alles
umſtürzen]. Gutzkow R. 6, 438; Findet ſich zuletzt in dem
A. [ſprchw., vgl.: Wenn der Schnee ſchmilzt, wird ſich’s
finden ꝛc.]. HSachs 2, 2, 39b, ſ. Auskehricht ꝛc. 2) [2]
heraus-k.: Das Rauhe a. Vralt.: Vorhin war ich aus-
gekehret von meinem Jammer, ich ſahe nur meine Luſt in mir
ſelbſt. Luther 1, 23b ꝛc., ſ. Ein-k. 3) kaufm.: Einem
eine Summe a., auszahlen. Olearius Reiſ. 318a. 4) Die
Auskehrung; Der Kehraus, ſ. Zſſtzg. von Aus. Be- [2]:
Einen, ſich b.: vom Falſchen, Böſen zum Wahren, Guten
wenden (nam. theolog.), ſ. ver-k. 2a: Einen, ſich von Irr-
thümern, Ketzereien, Sünden, zu Gott, zu einer Lehre, zum
Chriſtenthum b.; Ihr wollt euch b. vom Böſen zum Guten.
G. 5, 188; Daß Mörder .. | zu guten Bürgern ſich b. Pfeffel
Po. 3, 10; Zwang erbittert die Schwärmer immer, aber be-
kehrt ſie nie. Sch. 194b; Ihn ganz vom Albernen weg-b.
wollen. Tieck N. 5, 325; Dieſe Tänzerin von der Religion
der Feueranbeter zu der ſeinigen zu b. W. 7, 121; Er ſtritt
mit mir, doch blieb ich unbekehrt. 12, 230; Die Men-
ſchen ſind unbekehrbar. Zſchokke 1, 181; (Heiden-, Ju-
den- ꝛc.) Bekehrer(in); Man hört durch die Miſſionare
von Bekehrungen der Heiden; Die Rück bekehrung [zu
dem Glauben, von dem man abgefallen]. Gutzkow R. 8,
293 ꝛc. Eīn- [2l]: 1) In einem Wirthshaus, bei einem
Wirthe (ugw.: In Göttingen bei der Krone. G. 27, 81),
als Gaſt eintreten, um Herberge u. Aufnahme zu fin-
den; ſeltner: Nicht weiter konnte ich; in die erſte Hütte
wollte ich e. [e–d eintreten]. Hartmann Unſt. 1, 8, ähn-
lich auch: In (vralt. „zu“ Luk. 19, 5 ꝛc.) einem Hauſe,
bei („zu“ Joſ. 2, 1) einem Freunde, Bekannten ꝛc. e.; Daß
der Baron .. ſich ihrer erinnert, bei ihr eingekehrt ſei. G.
18, 165; Kamen ſie überein, jetzt nicht einzukehren [bei ih-
rem Freund vorzuſprechen]. König Kl. 3, 322 ꝛc.
Oberd.: Wir hatten im Bierhauſe eingekehrt. Auerbach
(DMuſ. 1, 1, 49); Kerner Bild. 387; Peſtalozzi 1, 237;
Schaidenreißer 78a, vgl. An- und zu-k. [2]. Oft auch
mit perſonif. Subj.: Das Unglück, Leiden, die Krankheit ꝛc.
iſt in dieſer Familie ſeit einiger Zeit eingekehrt; Statt der Poeſie
ſoll das Chriſtenthum wieder e. Gervinus Lit. 5, 188; Dann
kehrt die Freude | in jedem Buſen ein. Sch. 470b ꝛc.
Ugw. übertr. : Bei jedem Worte wieder e. [einen Halt
machen, ſtocken]. Gellert. 2) Eingekehrt | in ſich, ſie
all von Dem nicht hört, l das außen her um ſie geſchah.
Gleim 3, 198, in ſich gekehrt, vertieft; Mit eingekehrtem
Blick. FHJacobi 5, 262 ꝛc. Vralt.: Ein|ge]kehrt, Ggſtz.
aus[ge]kehrt, in- und auswendig. Franck Weltb. 141b.
Entgêgen-: 1) [2k] Dem Feinde die Lanzen e.; Höh-
len, gegen Mittag, der Sonnen Glanz entgegengekehret.
Stumpf 607a, ſ. zu-k. Auch: Mein Innerſtes | kehrſt
du ans Licht des Tages mir entgegen. Sch. 519b, bringſt
es mir entgegen, das Innre nach außen wendend.
Fórt-: weg-k., ab-k. 1 u. 2. Hēīm- [2e]. Cha-
miſo 3, 5 ꝛc. Hêr-, Hín- ꝛc. [1; 2], z. B.: Eure
Magd kehrt den Schmutz auf unſern Flur her [1]; Kehret
nicht die Königin | mit heftigen Schrittes Regung wieder zu
uns her? [2]. G. 12, 168; Sie werden daſelbſt hin ſich
kehren [2]. Jeſ. 50, 5; Sie kehren zu der Quelle | in Lieb’
und Reue hin. Schenkendorf; Die rauhe Seite heraus-k.
Ⅰe)]
[2]; Es iſt inwendig in ihm geſeſſen [ein innrer Trieb] und
die Montur hat ſich nur herausgekehrt. Hebel 3, 211; Warum
denn wie mit einem Beſen | wird ſo ein König herausge-
kehrt? [1]. G. 3, 136; Wie lange hab’ ich nicht am Wahn
hinaus gekehrt | und nie wird’s rein. 11, 182; Kein Frem-
der kehrt | zu mir [dem Gaſtwirth] herein [2]. Oehlen-
ſchläger Corr. 28, gw. ein-k. (ſ. d.); Kehrte ſich ihr das
Herz im Leibe herum [2], ſo haßte ſie das Mädchen.
Grimm M. 176; Ich wußte mir gegen ſeine Eigenhei-
ten nicht zu helfen, als daß ich die meinigen hervorkehrte
[2]. G. 22, 195; 254; 20, 162; Der aus allen Ecken
hervorgekehrte [1] Schmutz ꝛc. Hinter- [1]: nach
hinten hin-kehren, fegen ꝛc., Ggſtz. vor-k. Nāch-:
1) [1] z. B.: etwas Gekehrtes noch einmal kehren und
fegen ꝛc. 2) [2] einem in der Kehrung oder Rich-
tung nachfolgen: Des Apis Säule kehrt der Sonne ſein
Geſicht, | wie Sonnenwenden nach. Lohenſtein Soph. 80.
Rück-: zurück-k. (ſ. d.), gw. nur in den untrennbaren
Formen, z. B. im Partic.: Täuſchen mit dem Schein einer
r–den Jugend. G. 3, 331; 13, 36; 19, 361; 14, 111;
Ihr ſieg-r–des Schiff. 100 ꝛc.; ferner: Ihre rückgekehrten
[rückwärts gekehrten] Schilde | hingen an den Sattelbogen.
H. Cid. 69 ꝛc., auch im Infin.: Rück-zu-k. zu mir. Koſe-
garten Po. 2, 69; Schlegel Haml. 1, 2; Gd. 1, 119, u. in
abhäng. Sätzen: Daß er . .. mit angenommnen Sitten |
rückkehr in des Stammes Mitten. Rückert Morg. 1, 203 ꝛc.,
ungewöhnl. aber auch ſonſt als untrennbare Zſſtzg.,
wie z. B. bei Chamiſſo in dem Beginn ſeiner deut-
ſchen Briefe: Der Anfang .. rückkehrt auf ſich ſelber.
5, 51; Dann rückkehr’ ich zu der engen Kammer. 101 ꝛc.
I. ūber-: hinüber-k. [1 u. 2]. II. Über- [1]:
Etwas ü., darüber kehrend oder fegend hinfahren, nam.:
Getreide ü., vgl. Überkehr. Úm- [2]: 1) intr.
(ſein), mit dem zugehörigen Hw. „die Umkehr“: ſich
auf den Rückweg begeben, ſich ſtatt weiter vorwärts in
der entgegengeſetzten Richtung nach dem urſprünglichen
Ausgangspunkt hin bewegen, vrſch.: zurück-k., das das
Erreichen dieſes Ausgangspunkts mit bez.: Dem Zu-
rück-k. geht das U. [die Umkehr] voran; Der Wagen kann in
der Gaſſe nicht um-k.; Auf halbem Wege wieder um-k.; Auf
dem Wege der Sünde oder von der Sünde um-k. zur Tugend;
Kehret um, eine Jegliche zu ihrer Mutter Haus! Ruth 1, 8;
Kehret um .., die ihr abgewichen ſeid! Jeſ. 31, 6; Daß ihr
umkehret und werdet wie die Kinder. Matth. 18, 3; Es war
zum Glück der Welt, daß ich nicht von Darmſtadt ſogleich
wieder umgekehrt bin, ſie wäre ſelbſt umgekehrt [2] worden,
wenn ich es gethan hätte. Börne 2, 99; Der Doktor will, er
ſei im U. [von ſeiner Krankheit, auf dem Wege der Ge-
neſung]. Sch. 112b; Kann denn ein großer Sünder noch
um-k.? 142b; Der Graf iſt von ſeiner Geniehaftigkeit ganz
umgekehrt. V. Br. 2, 60 ꝛc. Ugw.: Nachdem er hat
vom Jagen umgekehrt. Opitz 1, 126. Dazu: Das Kehr-
um, Bezeichn. einer Sackgaſſe, ſ. wiederkehren 1a.
2) tr., mit dem zugehörigen Hw. „die Umkehrung“ und
verſtärkt um- und umkehren; Etwas in die grade entge-
gengeſetzte Richtung bringen, vgl. ver-k. = aus der
rechten, gehörigen Richtung und Lage bringen: Wer
den Strumpf verkehrt angezogen hat, muß ihn um-k.; Im
Spiegel ſieht man die Gegenſtände in Bezug auf Rechts und
Links umgekehrt oder verkehrt; wird das Spiegel nochmals ab-
geſpiegelt, alſo das Umgekehrte nochmals umgekehrt, ſo er-
blickt man den Gegenſtand in ſeiner eig. Lage; Das Erdfern-
rohr: die 4 Linſen in der Okularröhre bilden gewiſſermaßen
ein nicht gar ſtark vergrößerndes zuſammengeſetztes Mikroſkop,
durch welches man das verkehrte Bild wieder verkehrt [richti-
ger: umkehrt], alſo in aufrechter Stellung ſieht. Pouillet 2,
215 ꝛc., wie denn im gw. Leben ver-k. (ſ. d. 2) öfter
ſtatt um-k. vorkommt: a) eig., ſ. o., ferner z. B.:
Den Wagen um-k., damit umwenden, ſo daß die Deichſel
in die grade entgegengeſetzte Richtung kommt; ähnl.:
Den Spieß um-k. ꝛc.; Die Hand um-k., ſo daß die innre
Fläche nach oben kommt; Die Taſchen um-k.; Ich .. kehrt’
ihm die Taſchen um und um [durchſuchend, ſ. 3]. Chamiſſo
3, 264; Daß ſie die Brach’ umkehrten zur Einſaat. V. Th.
16, 94 ꝛc., Sich im Bett um-k., ſo daß das Geſicht nach
der entgegengeſetzten Seite kommt; Ein Wort um-k.,
z. B. in Bezug auf die Reihenfolge der Buchſtaben:
Der Name Anna heißt auch umgekehrt Anna; die Umkehrung
von Emma giebt Amme, ſ. c (Heine). b) daher ſprchw.:
Wie man eine Hand umkehrt = im Nu, auch: Schneller,
als ihr eure Hand | umkehret. W. 11, 22; In einem Hand-U.
Keller gH. 4, 93; Und handkehrum. Gotthelf U. 1, 214 ꝛc.,
ferner: Es iſt Einer wie der Andere, ich kehre nicht die Hand
um. 192, zu bez., daß man hier, um Eins vor dem
Andern zu wählen, ſich auch nicht die allergeringſte
Mühe geben würde ꝛc.; Den Stiel (Hebel 3, 111), den
Spieß ꝛc. um-k.: die Waffen des Angreifers gegen ihn
ſelber richten, aber auch zuw. nur (ſ. c): das Gegen-
theil des Bisherigen beginnen: So kehrten ſie den Spieß
um und begannen ihn zu rühmen. Prutz DM. 1, 2, 539 ꝛc.,
ſo auch: Umgekehrt! grade das Gegentheil gilt, im Ge-
gentheil, z. B. Gervinus Lit. 5, 259; Umgekehrt wird ein
Schuh draus; Umgekehrt iſt auch gefahren. Kurz Sonn. 10
ꝛc.; Das Spiel wird ſich um-k., ſ. Blatt 4c; Die Medaille
um-k., z. B. L. 11, 141, in Bezug darauf, daß „jedes
Ding 2Seiten hat“, Etwas aus dem entgegengeſetzten
Geſichtspunkt betrachten, vgl. Kehrſeite ꝛc. Ferner
zur Bez. von etwas tief-ſchmerzlich Ergreifendem: Das
ſich unſer Herz im Buſen umkehrt, wenn wir Sie verkehrt be-
handeln ſehen. G. 10, 196; Mir wurde dabei das Herz im
Leibe umgekehrt. Heinſe A. 1, 110, auch: In mir kehrte ſich
Alles um und um. G. 19, 105 ꝛc., ähnlich von Etwas,
das die Entrüſtung eines Verſtorbnen erregen würde:
Wenn .. | die Frau Mama das wilde Leben ſäh, | in ihrem
Grabe kehrte ſie ſich um. Sch. 352b ꝛc. Ferner von Je-
mand, der ſich ſchwer zu Ausgaben entſchließt: Den
Heller kehrt ſie 10mal um, eh ſie ihn ausgiebt. Auerbach
Dicht. 1, 220 ꝛc. c) ins grade Gegentheil umwan-
deln (ſ. b): Gleich iſt er umgekehrt, die wilde Zankſucht
flieht. G. 7, 8; Von dem Überſetzer des Plato könnte man,
das banale Wort u–d, gewiſſermaßen behaupten, er liebe den
Plato mehr als die Wahrheit. Heine Lut. 2, 214; Einen
Satz um-k. (vrſch. f); Eben da auf einmal hätte ſeine ganze
Seele ſo umgekehrt werden können, daß Wahrheit für ihn
Wahrheit zu ſein aufhörte?! L. 8, 235; Mit umgekehrtem
Eigenſinn | begab er [der früher das Höchſte geſucht] ſich
zur Erde hin. Lichtwer 50 ꝛc. Hierzu außer Umkehrung
auch: Die Umgekehrtheit (ſelten): das Umgekehrt-
ſein und das Umgekehrte ſelbſt: Weil die Erfahrung
immer die Umgekehrtheit vor Augen ſtellte. Arndt Ber. 196.
d) (ſ. c u. e) durch eine Umwälzung (Revolution),
Zerſtörung des Beſtehenden vollſtändig umwandeln:
In der Zeit, wo Shakſpeare die deutſche Bühne umkehrte.
Gervinus Lit. 5, 547; Sänger .., welche mit ernſter Heftig-
keit das Lied mehr umkehrten als fortſetzten. G. 19, 12;
Kehrte er im Laufe der Unterhaltung das ganze Stück um
und um, ſo daß auch kein Stein auf dem andern blieb. 20,
127; Der Palaſt .. ſtand noch, allein zu Einquartierungs-
und Wachſtuben verwandelt, eine Umkehrung, verwünſcht
anzuſehen. 25, 259; So bedurfte es keiner gewaltſamen Um-
kehrung der bürgerlichen Ordnung. W. 31, 488; Wir ſtehen
am Rande einer furchtbaren Umkehrung der Dinge. 16, 179.
Auch mit „in“ oder „zu“ zur Angabe des durch
die Umkehrung Entſtehenden: Durch eine geringe und un-
merkliche Bewegung wird der ſchöne Eindruck des Feuer und
Goldes in die Empfindung des Kothigen verwandelt und die
Farbe der Ehre und Wonne zur Farbe der Schande, des Ab-
ſcheus und Mißbehagens umgekehrt. G. 37, 252; Wie in
Schutt umkehrten die Stadt die Achaier. V. Od. 8, 514.
e) (ſ. d) Etwas zerſtören, zunächſt von Häuſern, Städ-
ten ꝛc. (1. Moſ. 19, 25; Pſ. 9, 7; Opitz 2, 57; Rachel 6,
649); Warf ſie [die Zelte] nieder und kehrte ſie um, das
Oberſte zu unterſt. Richt. 7, 13; Ihr Gebautes um-k. Rückert
Morg. 1, 96; Berge um-k. Hiob 9, 5; Er hat meinen Steig
umgekehret. Klag. 3, 9; Wie wenig Zeit braucht es, unſer
ganzes Schickſal umzukehren! G. 10, 163 ꝛc. f) Math.:
Einen Lehrſatz um-k. (ſ. d), einen neuen daraus bilden
durch Vertauſchung der Theſis und der (ganzen oder
theilweiſen) Hypotheſis; Die Umkehrungen werden mei-
ſtens apagogiſch bewieſen. g) Muſ. (ſ. d): Ein In-
tervall um-k., den untern Ton in der höhern Oktave über
den obern, oder den obern in den tiefern unter den un-
tern ſetzen: Die Umkehrung der großen Sexte giebt eine
kleine Terz ꝛc.; Ein umgekehrter Accord, deſſen Grund-
ton nicht mehr in der tiefſten, ſondern in einer höhern
Stimme liegt: Vom Dreiklang giebt es 2 Umkehrungen,
den Sext- und den Quartſext-Accord; Große Kenntnis
harmoniſcher Umkehrungen. G. 29, 354 ꝛc. 3) [1]:
a) Er wollte das Haus um- und umkehren, alle Bediente,
Mägde und Kinder verhören laſſen. G. 19, 299, überall
durchſuchen; Wie hatte ſie das alte Haus aus- und umge-
kehrt! Alexis H. 1, 1, 10, alle ſchmutzige Wäſche hervor-
kehrend, doch ſ. 2a: Die Taſchen um und um-k. b) Et-
was beim Auskehren umfallen machen (ugw.).
Anm. Vralt. als untrennbare Zſſtzg.: Dazu umkehret
[2] er den Gebrauch. Luther 1, 458a. In der Wendung:
Linksumkehrt machen. Chamiſſo 5, 113, ſ. [2a], zeigt die Be-
tonung (– –), daß „um“ zu „links“ ꝛc., nicht zu „keh-
ren“ gehört.
Ver- [2]: 1) intr., dazu ,,Verkehr“: Mit Jemand
ver-k., in Verkehr ſtehn; Es wird hier viel verkehrt, iſt
viel Verkehr; Vor Jahren | verkehrt’ ich viel in deines Va-
ters Hauſe. Koſegarten, führten mich meine Beziehungen
dort oft hin, ich kam und verweilte dort oft (vgl. lat.
versari); Über der Menſchen Thun und V. | blickt ſie mit
ruhiger Klarheit hin. Sch. 492b. Seltner, wegen mög-
licher Verwechslung mit 2, z. B.: Die erweiterte Kennt-
nis des öſtlichen Aſiens, welche . .. reiſende Kaufleute unter
die welt-v–den Nationen des ſüdweſtlichen Europas verbrei-
teten. Humboldt K. 2, 279 = die einen Weltverkehr (vgl.
Welthandel) treiben. 2) tr. (u. refl.), ſ. um-k. 2:
a) aus der rechten, gehörigen Richtung und Lage brin-
gen, anders machen, als es der Ordnung und Regel
nach ſein ſollte, vgl. verdrehen: Die Augen; die Ordnung
der Natur ver-k.; Jemandes Gemüth ver-k. und bethören.
Schaidenreißer 65b. Jemandes Worte; die Worte, das
Geſetz Gottes; das Evangelium; Jemandes Glauben; Alles,
was aufrichtig iſt; das Recht; die Sache des Gerechten; Je-
mandes Verſtand; unſchuldige Herzen; Die Zuhörer ver-k.
Bibel, wo es, wie ähnliche Wörter, alſo oft auch die
Bed. hat: von dem rechten Wege, dem Wege Gottes
ablenken zum Laſter, vgl. den Ggſtz. be-k., z.B. auch:
Wenn ſie aber zur Ruhe kamen, verkehrten ſie ſich, übel zu
thun vor dir. Nehem. 9, 28; 1. Kön. 13, 33; 2, 21, 3;
Den ich mich vermeſſen, zu meinem Irrwahn ver-k. zu wollen.
Alexis H. 2, 2, 173; Da viel Frauen | Salomonis ihn ver-
kehrten, | Götter betend anzuſchauen. G. 4, 85; Müßig-
gang .., | der Länder untergräbt, der Völker Herz verkehrt.
Lichtwer 210; Die intellektuelle Verbildung von Gott ab-
gekehrter und verkehrter Menſchen. Raumer Päd. 3, 1, 261 ꝛc.
u. ſo nam. oft das Partic.: Verkehrt, von dem Rechten
abweichend; anders als es der Ordnung, der Regel
nach ſein ſollte, wo es von Menſchen und ihrem
Treiben gilt, eben des häufigen bibl. Gebrauchs wil-
len, ſich beſ. oft auf das Herz und deſſen Triebe bezie-
hend, während das ähnliche „verdreht“ gw. auf die
Anſichten des Kopfes geht. 5. Moſ. 32, 5; 20; 2. Sam.
22, 27; Röm. 1, 28; Biſt der ſelbſtiſchen | Verſtockten, der
Verkehrten Einer. G. 13, 294 ꝛc. (vralt. Nbnf.: Ver-
karter Menſch. Luther 1, 280a; Ganz verſtockt und ver-
kehrlich in ſeinen . .. ketzeriſchen Opinionen verharret.
460b ꝛc.), aber auch ſonſt, ſ. um-k. 2; Etwas verkehrt
anfaſſen, angreifen; Eine verkehrte Auffaſſung, Anſicht, An-
ſchauung; So laſſ’ ich euch führen zu Eſel durchs Land | ver-
kehrt, ſtatt des Zaumes den Schwanz in der Hand. B. 66b;
Eine utopiſche und verkehrte Welt ſtellt ſich der wirklichen ge-
genüber. Gervinus Lit. 5, 658; Jene beriefen das Volk zur
allgemeinen Verſammlung, | aber verkehrt, nicht der Ordnung
gemäß, da die Sonne ſich neigte. V. Od. 3, 138 ꝛc. So
(Schiff.): Verkehrte Kniee, Auflanger, Sitzer ꝛc.
b) verwandeln, in den entgegengeſetzten Zuſtand ver-
ſetzen, zumeiſt mit „in“: Das Leid in gute Tage, Trau-
rigkeit in Freude, den Reigen in Wehklagen, die Lieder in Heu-
len ver-k. Bibel; Euer Lachen verkehre ſich in Weinen. Jak. 4,
9; Die Sonne ſoll ſich ver-k. in Finſternis. Ap. 2, 20; Der
Unſchuld Engelbild im Lichtgewand, | es hat ſich in die Wolluſt
mir verkehrt. Chamiſſo 4, 167; Mildiglich in Huld verkehrt
habet ihr den Haß ſogar. Daumer H. 2, 169; Der dein Über-
maß von Schmerzen | in wahre Seelenruh verkehrt. Holtei
ObB. 1, 3; Lewald W. 3, 125; Moräſte voller Koth | ver-
kehrten ſich in Feld, die Wälder in Paläſte, | die Wüſt’ in eine
Stadt ꝛc. Lichtwer 209; 219; Opitz 1, 11; Ramler F. 1, 5;
Verkehrt all euer Ach und Oh | in Heida und Juchheida. V.
Sh. 1, 399; W. 20, 266 ꝛc., zuweilen auch mit „zu“
(ſ. a), z. B.: Der Teufel, der ſie ver-k. wollte zu ſeinen
Affen. Alexis H. 2, 3, 146; Verkehrt die Stadt zum Schlacht-
gefild ſich heute? Chamiſſo 4, 175; Wie der denn den Phä-
don zu einer iſolierten Unterſuchung über die Unſterblichkeit
der Seele verkehrt. Danzel L. 349, ſeltner (vralt.) abſolut
wegen der Verwechslung mit der Bed. von a (die frei-
lich auch in einige der angeführten Stellen mit hinein-
ſpielt) z. B.: Verkehrt ſich aber das rothe Fleiſch wieder und
verwandelt ſich in Weiß. 3. Moſ. 13, 16; Ob ſich ... das
Glück ändern und ver-k. .. würde. Schaidenreißer 4b, U. ſo:
Neptunus .. vollbrachte die Verkehrung des Schiffs [die
Verwandlung in einen Fels]. 56a (13, 160).
c) dazu: Die Verkehrung (ſ. b): Die neuen Bigotterien,
Bekehrungen und Verkehrungen. Gervinus Lit. 5, 594; Luther
1, 165b ꝛc., ſoz. B. auch: Verkehrungen = Anagramme
(Umkehrungen). Spate 2, 49 ꝛc. Ferner: Die Ver-
kehrtheit (ſ. a), ſowohl das Verkehrt-ſein als das
Verkehrte ſelbſt: Durch die Häßlichkeiten und Verkehrtheiten
hindurch. Auerbach SchV. 36; Gv. 353; Droyſen A. 3, 12;
Geiſtesverkehrtheit. Fichte 8, 6; 11; G. 3, 207; 29, 229;
Sch. 2, 124; Der Gipfel der Verkehrtheit. Prutz Muſ. 2,
242; W. 22, 263 u. o. d) Das Ver-k., eine Art des
Brettſpiels mit 5 Steinen oder mit 5 Bänden (ſ.
LHombre 262 ff.), dazu wohl auch: Verkehret Polus
gern .. und kneipt die Würfel wohl. Rachel 4, 5 [von einem
Spieler]; Wollt Ammon luſtig ſein, ver-k. oder ſaufen. 7,
381. Vōr-, tr.: 1) [1 u. 2]hervor-k.: Den Schmutz
vor-k. [1]; Diejenige Seite, die ich bei Erklärung der Hand-
lung vorkehre [2]. Engel 4, 135. 2) eine Vorkehr
(ſ. d.) oder Vorkehrung treffen, gw.: Anſtalten (z. B.
gegen ſolche Stürme. Forſter R. 1, 66; zur Abreiſe. 236 ꝛc.),
ein Mittel (z. B. zur Vertilgung. 213; Das einzige —,
wodurch wir es verhüten könnten. W. 13, 136 ꝛc.), das Nö-
thige (König Jer. 2, 205) vor-k., doch auch mit andern
Obj. = vorbereiten: Meine weitere Flucht vorzukehren.
Kl. 3, 238; Ich fahr’ indeß zur Luft empor | und kehr’ ein
grimmig Unheil vor, | das muß noch dieſe Nacht zu Stande.
B. 302b. Ferner: Fleiß, Vorſicht ꝛc. vor-k. [v–d an-
wenden]. Aller Vorkehrungen gegen die Bedürfniſſe
des Lebens vergeſſen. W. 33, 277. Wég-: 1) [1] Den
Schmutz w., wegfegen. 2) [2] wegwenden: Weg-
gekehrt von dem ewig Verdammten wird das Bild des Ge-
kreuzigten getragen. Sch. 790b. Wīēder-: 1) intr.
[2]: (ſ. Wiederkehr) kehrend d. h. durch eine Wen-
dung aufs Neue da, wo oder ſo, wie es früher
geweſen, erſcheinen, alſo umfaſſender als das in ſeiner
Grundbed. immer örtliche zurück-k., das mit w., ebenſo
wie „wieder zurück-k.“ nur da gleichbedeutend iſt, wo
in der That dasſelbe Subj. durch eine rückwärts ge-
wendete Bewegung (vgl. auch Um-k. 1) wieder da er-
ſcheint, nicht aber da, wo Etwas oder das Gleiche ſich
wiederholt ohne eine Umkehr und jene nach rückwärts
gewendete Bewegung, z. B.: Ein in die Fremde Gegan-
gener kehrt wieder (Sch. 53a; 452a), kehrt zurück, kehrt wie-
der zurück, kehrt wieder heimwärts (V. Od. 4, 260); Die
alte Heiterkeit, Gemüthsruhe, Zuverſicht ꝛc. kehrt wieder (zu-
rück; wieder zurück) ꝛc.; aber z. B. nur: Der an verſchied-
nen Stellen der Oper bedeutſam w–de [ſich wiederholende]
Satz; Die immer w–den Fieberanfälle bringen den Kranken
ſehr herunter; Nach Ablauf des Cyklus [ſ. d.] kehren alle Er-
ſcheinungen wieder. Ahnliches gilt von den ſinnver-
wandten „wieder-“ und „zurückkommen“. Hier-
nach genügen wenige Bſp.: Vieles, was ich Jahre her ge-
duldet, laſtet w–d [in der Rückerinnerung] auf meinem
Geiſte. G. 19, 105; Daß wir .., ermüdet durch die im
Cirkel w–den Arbeiten dahin gelangen, wo wir ausgegangen
ſind. 39, 122; Warum lehrſt du meine Seele nicht auch dir
wiederzukehren? Hölderlin H. 2, 99; Daß ſolche große Töne
und größere einſt w. müſſen in der Symphonie des Weltlaufs.
1, 112; Welche noch wohl wiederkehreten, ſo ſie nur den
Irrthum erkennen. Luther 8, 26a; In den Schoß | der heil’-
gen Kirche reuend w. Sch. 481a; Das unentdeckte Land, von
deß Bezirk | kein Wandrer wiederkehrt. Schlegel Haml. 3, 1
ꝛc. Zu beachten iſt auch das unperſ. Refler.: „Glück-
ſel’ge Heimkehr, Senn!“ Die wünſch’ ich Euch, | von Eurer
Fahrt kehrt ſich’s nicht immer wieder. 2) tr.: a) vralt.,
zu1, z.B.: Daß ſie wieder kehret [,,bekehret“ 22a] wür-
den. Luther 1, 19a = ſich zurück-k. Pſ. 6, 11; Einen Scha-
den w. (wieder k.). [2d]. Bei Campe auch der Imperat.
als ſächl. Hw.: Die Gaſſen ſind oft Kehrwieder [Sack-
gaſſen, an deren Ende man umkehren muß]. b) [1]
wiederholt, aufs Neue fegen oder kehren. Zū-:
1) tr. [2]: Einem Etwas, das Geſicht, den Rücken ꝛc., ſich
z., zuwenden, zuneigen: So ward und blieb ſein Herz den
Götzen zugekehrt. Alxinger D. 89; Der .. | als Mann der
Weisheit unverſiegter Quelle | und ihrem Schaun ſich treu-
lich zugekehrt. G. 10, 221; Dem väterlichen Herd | ſind die
Schiffe zugekehrt. Sch. 53a; Kehren mir die . : Muſen bis
dato noch immer den Hintern zu. Merck’s Br. 2, 179 [zei-
gen ſich mir nicht zugeneigt]; W. 12, 292 ꝛc. 2) [2]
intr., mundartl.: a) ſtatt ein-k. [1]. Reithard 250.
b) von einem Kranken: wieder zu ſich, zu Kräften kom-
men, ſich erholen. Immermann M. 4, 192. 3) tr. u.
intr. [1]: vgl. zufegen. Zurück- (ſ. rück-k.):
1) intr.: a) (ſ. wieder-k.): auf den Ausgangspunkt
zurückkommen, eig. und übertr.: Die feinwolligen ſpani-
ſchen Schafe kehren nach und nach in die gröbere Stammart
zurück. Burmeiſter Gſch. 565; Jch bin aus irren Fernen | in
mich zurückgekehrt. Chamiſſo 3, 25; In mich ſelber kehr ich
zurück. G. 1, 243; 15, 24; 13, 300; Der Pfeil des
Schimpfes kehrt auf den Mann zurück, | der zu verwunden
glaubt. 193; Da du uns | aus jener ſtummen Nacht [des
Todes ꝛc.] zurückekehrſt [ins Bewuſſtſein]. 239; Meine
Heiterkeit war zurückgekehrt. 19, 67; Man verläſſt ſich un-
gern, ja man kehrt einigemal gegen einander zurück. 26,
223; Kehrte ich an die [gw. zu der] Betrachtung organiſcher.
Naturen zurück. 27, 231 ꝛc. Z–de Zeitwörter, bei Eini-
gen = reflexiv. b) nam. bibl.: zurückweichen, (in
ſeinen Verhältniſſen) zurückkommen, rückwärts (vgl.
den Krebsgang) gehn, zu Grunde gehn: Daß müßten
zu Schanden werden und z. Alle, die Zion gram ſind! Pſ.
129, 5; Jeſ. 42, 17; Mit Übertreten und Lügen wider den
Herrn und Z. [Weichen] von unſerm Gott. 59, 13; Sie
aber ſeufzet und iſt zurückgekehrt. Klag. 1, 8. 2) tr.
und refl.: a) (ſ. 1a) zurückwenden, nach dem Aus-
gangspunkt hin kehren: Die Lüge .. . kehrt, | ein losge-
drückter Pfeil, von einem Gotte | gewendet und verſagend,
ſich zurück | und trifft den Schützen. G. 13, 57; Den Philo-
ſophen .. kehrt [bringt] ein kalter Nordwind, der durch ſeine
baufällige Hütte ſtreicht, zu ſich ſelbſt zurück. Sch. 689a.
b) (ſ. 1b) zurück-weichen oder -kommen machen, zu
Grunde richten: Der die Weiſen zurückkehrt und ihre Kunſt
zu Thorheit macht. Jeſ. 44, 25; Sich z. und zu Schanden
werden. Pſ. 6, 11; 56, 10 ꝛc. Zuſámmen- [1]:
vgl. zuſammenfegen: Das liebe Brot kugel- und brocken-
weiſe ſich an den Kopf geworfen, ſo daß ſie es .. nachher ..
zuſammengekehrt. G. 25, 141; Daß ich den ganzen Unrath
verſchwendeter Zeit, wie er ſich während der Reiſe in meinem
Tagebuche anhäufte, zuſammenkehrte. Thümmel 4, 149; Noch
nie war ein ordnungsloſeres Haufwerk von . . . Abſurditäten
aus allen Winkeln zuſammengekehrt worden. Vogt Köhl. 21;
W. 12, 6 u. ä. m.