Faksimile 0841 | Seite 833
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Jähren Jahren)
Jǟhren (Jāhren), refl.: jährig werden, hochd.
gewöhnl. nur unperſönl. in Bezug auf etwas Zeit-
liches, ſeit deſſen Geſchehn grade ein Jahr oder eine
Reihe von Jahren verfloſſen, ſo daß alſo der Jahres-
tag des Ereigniſſes ꝛc. wieder eintritt: Heut jährt’s ſich
wieder. Hebel 3, 216; Nach Jahr und Tagen, als das Feſt
ſich jährte. 4, 81; Höfer Hausbl. (56) 1, 184, ſ. jährigen.
Anm. Schwzr. auch ohne Uml., ſ. Radlof Tr. 62, vgl.
Zſſtzg.; bair. auch perſönl.: Sie jährt ſich zu Jakobi, iſt dann
geboren. Schm. Gehört dazu: Ließ ein längſtbegrabner
Mann | dieſes Fäßchen ſchon im Keller j. [= alten, vgl.: Be-
jahrter Wein]. Göckingk 1, 133? Es als Nbnf. zu gären“ (ſ.
d. und vergären) zu faſſen, giebt einen minder guten Sinn und
widerſtreitet auch der Schreibweiſe: Ausgegohren. 142.
Zſſtzg. theils mit, theils ohne Umlaut: An-: im
Partic. ohne Uml. = etwas bejahrt, nicht mehr ganz
jung: Müſſt Euer Glück nicht auf die Jüngſte ſetzen, | die
Angejahrten wiſſen Euch zu ſchätzen. G. 12, 73. Aūs-:
(ungewöhnl.) mitten im Jahr oder der Dienſtzeit aus
dem Dienſt laufen. Bräker Tockenb. 16. Be-:
1) refl., unperſönl., mit Uml. = jähren: Heute bejährt
ſich ſeine Abreiſe. IP. 2, 1; Als ſich der Tod meiner Kinder
bejährte. Rückert 6, 156. 2) im Partic. ohne Uml.,
bei Jahren, alt, namentl. oft von Perſ.: Ziemlich, hoch
bejahrte Männer; Der bejahrte Jüngling. G. 18, 208, der
trotz ſeines Alters ſich im Ausſehn jugendlich friſch Er-
haltende ꝛc., doch auch z. B.: Als Blüthe ſeines hoch-
bejahrten Stammes [Hauſes]. 13, 235; Bis, geſteigert und
bejahret, | ſie [die Kraft des Weins] des Freundes Feſt
verſtärkt. 6, 39; Eine altbejahrte Eiche. Schefer Laienbr.
5; Den bejahrten Stamm der wilden Eſche. Sch. 35b; Lyäus
mit bejahrtem Wein. Uz 2, 148; Manch bejahrter Wald.
188; Ein bejahrter Hain. W. 3, 269 ꝛc. Dazu: Die Be-
jahrtheit. V. Sh. 3, 162; Die Bejahrung. Tieck 13,
293. Er-, tr.: mit Uml., durch jahrelangen Beſitz
erwerben, vgl. ver-j.: So iſt’s auch nicht erſeſſen und er-
jähret; ſage du mir, woher mag er’s haben ? Luther 1, 298.
Dies veraltete Wort verdient wieder in Umlauf geſetzt
zu werden. Uber-: 1) intr. (ſein), über die Jahre
hinauskommen, zu alt werden: Sie müßte bald in eine
Schule kommen, wenn ſie nicht überjahren ſollte. Zelter 2,
355. 2) tr. (mit Uml.), ungewöhnl.: das Recht
der Verjährung durch ein ſtärkres Recht überbieten:
Ewigkeit . . . gehet über alle Gewähr und Verjährung . . .
[Gott] will und muß ungefangen, ungewährt und unverjäh-
ret ſein [d. h. auf Göttliches und Ewiges haben die für
Zeitliches geltenden juriſtiſchen Beſtimmungen keine
Anwendung], oder er wird’s Alles überjähren und überwäh-
ren in der Hölle. Luther 8, 6b. Ver-: gewöhnl. mit
Uml.: 1) intr. (ſein), die auf Etwas ausgeübte Ein-
wirkung der Jahre erfahren, hochd. nur von Dingen,
(dagegen niederd.: Er iſt unverjahrt, noch nicht zu alt,
z. B. zum Heirathen ꝛc.) und zwar: a) durch den
langen Beſtand Kraft, Feſtigkeit ꝛc. erlangen, Wurzel
ſchlagen ꝛc., zumeiſt im Part. = alt ehrwürdig, durch
das Alter heilig, durch langen Beſitz zum fernen Beſitz
berechtigt, eingewurzelt ꝛc., z. B.: Meines Amts ver-
jährter Brauch, | daß ich [Merkur] die Schatten .. geleite.
G. 6, 372; Meine Güte | ſcheint ihr ein altverjährtes Ei-
genthum. 13, 74; Den höchſten Grad von langer, verjähr-
ter und vertrauter Bekanntſchaft. Lichtenberg 5, 238; Das
Koncilium Nicenum .. approbieret und bisher mehr als tau-
ſend Jahr verjähret und beſtätiget. Luther 1, 153a; Sie ſitzen
in der Gewähr und Verjährung, d. i. possessorium,
praescriptio. Nu ſagen alle Rechte, man ſolle Niemand aus
der Gewähr heben ꝛc. 8, 6a (ſ. Über-j.); Ehrfurcht er-
weckt, was Väter gethan, in dir, | du fühlſt verjährter Zeiten
Bedeutſamkeit. Platen 2, 153; Nach verjährter Sitte. Reit-
hard 37; Vor einem Wahn, den nur Verjährung weiht
[das Alter heilig macht], | erzitterſt du. Sch. 21a; Die in
verjährt geheiligtem Beſitz | in der Gewohnheit feſtgegründet
ruht. 362b; So muß ſich der Redliche hindurchzweifeln durch
verjährten Wahnglauben und erneuten Prieſterbetrug zur
Wahrheit. V. Ant. 1, 166; 2, 369. Ohne Uml.:
Machten ihr die noch zu wunden Glieder leiſe | von den ver-
jahrten Feſſeln los. Baggeſen 2, 122. b) im Ggſtz.
zu a: durch Einwirkung der Jahre veralten, namentl.
(Rechtsſpr.) von Anrechten, Forderungen ꝛc., die durch
Nicht-Geltendmachen in einer Reihe von Jahren ihre
Kraft und Berechtigung verlieren: Landesherrliche Rega-
lien ver-j. nicht; Eine gewöhnliche Schuldfordrung verjährt
in drei Jahren; Verjährungs-Geſetze; Der Menſchheit unver-
jährte Rechte. Haller ꝛc. So auch: Ihre unverjähr-
baren Rechte. Schlegel Mißd. 23; Fichte 6, 240 ꝛc. =
durch Verjährung unverlierbar; ebenſo: Ihr ewiges un-
verjährliches Recht. Gutzkow R. 5, 94 ꝛc. u. veralt.:
Altem Gerichtsbrauch nach unverjährig geblieben. Zink-
gräf 2, 34 ꝛc. Auch: Verjährt iſt Redlichkeit, Beſtän-
digkeit veraltet. Riſt; Die ihr noch hängt am alten Aberglau-
ben | und bei verjährtem Unſinn wollt beharren [der, weil
er ſich überlebt, keine Kraft mehr haben ſollte]. Chamiſo
6, 271. c) zuw. = alt (allgm., vgl. a u. b): Die
Stätte eines verjährten Windbruchs. Kürnberger Am. 322,
wo vor Jahren ein Windbruch Statt gehabt: Kra-
chend beugen | die alt verjährten [die alten] Eſchen ihre
Krone. Sch. 480b. 2) refl. (ſ. 1b): „Die Urſache,
warum Sie den Namen haſſen, iſt ſo verjährt.“ Der Haß
verjährt ſich nie. Iffland 9, 1, 98. tr. (ſelten): durch
das Recht der Verjährung erwerben: Knechte . . können
nie Etwas erwerben, Nichts ver-j. Möſer Ph. 1, 256.