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gegnen
Gêgnen, tr. (veralt.): be-g. (ſ. d.), treffen: Geg-
net uns Ehr..; gegnet uns aber Widerwärtigkeit und Krank-
heit. Zwingli 2, 205; Abenteuer gegnet ihn mannigfalt.
Theuerdank U. V.
Zſſtzg.: Be-, intr. (ſein, Anm.): mit Einem,
ihm auf ſeinem Wege entgegenkommend od. entgegen-
tretend, zuſammentreffen (vgl. treffen): 1) eig.: Ich
bin ihm, wir ſind einander (uns) auf der Straße, unter-
wegs begegnet; Sich auf dem Schlachtfelde b. [treffen].
Schlegel Sh. 6, 114 ꝛc. Übertr.: a) Einem auf ſeiner
Lebensbahn ꝛc. b.; Die Blicke der Liebenden b. ſich (ſ. c);
Unſre Briefe ſind einander begegnet. L. 12, 295 ꝛc.
b) Einander (ſich) in einem Wunſche, in einer Hoffnung, An-
ſicht ꝛc. b., mit Einem darin zuſammentreffen, denſelben
Wunſch ꝛc. haben. So auch: Sich mit Einem in einem
Wunſch, einer Anſicht b.; Ihre Wünſche, ihre Anſicht b. ſich;
Er begegnet ſich daher faſt nur zufällig hie und da mit Leſ-
ſing. Guhrauer L. 1, 81; Wenn . . ihr Gefühl, | das nie-
mals einig war, gerade hier | zum erſtenmal unſelig ſich be-
gegnet. Sch. 508a; Kann ſein, daß ſeine Zwecke deinem
Wunſch b. 350b ꝛc. c) in einer Art Perſonifikation:
Betrete nie | ein Mann dies Ufer, dem der ſchnelle Blick |
hilfreicher Liebe nicht begegnet (ſ.a). G. 13, 85; 12, 169;
Wir b. dieſem Wort zuerſt bei Leſſing. Dies Wort be-
gegnet uns zuerſt bei Leſſing; Kehren wir nun zur Verglei-
chung der Kunſt und Wiſſenſchaft zurück, ſo b. wir folgender
Betrachtung. G. 39, 20; So b. uns folgende Betrachtun-
gen. 251; Epigramme, die uns ganz anders ins Herz ſpre-
chen, wenn ſie uns als wirkliche Inſchriften an den Stätten
in Wald und Park b., für die ſie gedichtet wurden, ſtatt uns
in dem öden ſchwarzen Druck von einem grauen Papiere ent-
gegenzutreten. Stahr Weim. 260 ꝛc., vgl. Olearius Perſ.
Roſ. 1, 18. d) (ſ. c): Ein Glück, Unglück begegnet
Einem [ſtößt ihm zu, betrifft ihn], vgl.: Ein Glück be-
gegnet nie zweimal an einer Statt; | den Pardel ließeſt
du entſpringen aus den Schlingen, | darein ihn Gott dir gab;
nun wird er dich verſchlingen. Rückert Roſt. 103b. All-
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mählich abgeſchliffen: Etwas begegnet Einem = paſſiert,
widerfährt ihm, ſtößt ihm zu, ereignet ſich, kommt
vor als etwas ihn Betreffendes ꝛc.: Was iſt dir begeg-
net?; Was ihr nicht leicht begegnete. G. 15, 21; Ihm be-
gegnete das Unglück, daß ſeine Tochter entführt wurde. 20,
189; Das kann dem redlichſten Gemüth b., daß es .. zuerſt
ein wenig handeln und markten muß. Hebel 3, 503; Wenn
nun ein ſolches Jrrewerden an G. einem ſeiner nächſten Freunde
begegnet. Riemer G. 2, 45; Tröſtet ihr | mein Weib, wenn
mir ’was Menſchliches begegnet. Sch. 518b ꝛc. Auch oft
ohne Dat.: Ein wunderliches Unglück begegnete [kam vor]
bei dieſer Gelegenheit. G. 15, 189; 6, 7; Nach dem, was
begegnet [geſchehen]. 19, 75; Etwas Ähnliches begegnet
auch mit den Pflanzen. 39, 44; Es ſoll nicht mehr b. Sch.
536b [nicht wieder geſchehn] ꝛc. e) mit Angabe der
Art u. Weiſe: Einer begegnet mir liebevoll, lieblos, mit
Liebe, mit Haß ꝛc. (ſ. f): die Weiſe ſeines Auftretens,
Benehmens gegen mich iſt liebevoll ꝛc.; Einander (ſich)
unfreundlich, roh b.; Kam Thoas dir als einer Gottge-
gebnen | mit Ehrfurcht und mit Neigung zu b. G. 13, 7;
Ihm freundlich und vertraulich zu b. 11; Doch konnt’ ich
anders nicht dem Mann b., | der ꝛc. 65; Der Sonne Glanz
. ., des klaren Monds erquicklich leiſer Schein | begegneten
mir holder nicht als du. 327; Heinrich .. hatte die Fürſten
mit vielem Stolze behandelt und war ihnen .. ſehr gebiete-
riſch begegnet. Sch. 1043a; Unwürdig ſeh ich mir an dieſem
Hof begegnet. 286b; Es ward mir hart begegnet. 426b ꝛc.
Vgl.: Eh mögen Feur’ und Waſſer ſich in Liebe | b. ebd.
[wo ſie ſich begegnen, wo ſie zuſammenkommen, dies
in Liebe thun]. f) (vgl. e): Etwas begegnet mir in
einer angegebnen Art, tritt mir ſo entgegen, erſcheint mir
ſo: Seit wann begegnet der Tod dir fürchterlich? G. 9,
224 ꝛc. g) Einem, einer Sache b., ihnen entgegen
(ſ. d. 2) treten, ſie bekämpfend ihnen entgegenwir-
kend ꝛc.: Erſt zu b. dem Thiere, | brauch ich den Spruch
der Viere. G. 11, 53; Die angeborne Kraft, die ſtandhaft
mich dem Unglück, ſtolz dem Unrecht | b. (ſ. e) lehrte. 113;
Bald wird .. dem Widerſpruch begegnet. 39, 94; Den
Schulden zu b. Gotthelf Sch. 90; Ruhmreich ſammeln ſchon
die Mauren | ihren Raub, zurückzukehren, | denn Niemand
begegnet ihnen. H. Cid. 8; Begegne nicht einer muthmaß-
lichen Verderbnis durch Mittel, die die Gewißheit derſelben
vorausſetzen. Lichtenberg Hog. 1, XVII; Der bürgerliche
Krieg | entbrennt .., wenn wir nicht, ſchleunig rettend, ihm b.
Sch. 356b; Einem dritten Fallhatte [Anm.] Lykurgus nicht
begegnet. 1020b. 2) der Dativ, der auch ſonſt zuw.
wegbleibt (ſ. 1d u. in der eig. Bed. z. B. Logau 2,
Zug. 120; 124) fehlt gewöhnl.: a) beim Part.: Fragte
einen zufällig [ihm] b–den Studenten. Kinkel E. 240;
Jeder [mir] B–de rathfraget mich. V. Hor. 2, 179; Jeder
[dir] B–de prieſe dich glücklich. Od. 15, 137. b) im
ſubſtant. Inf.: Nach einem ſo unvermutheten B. mitein-
ander fortwandern. G. Sch. 1, 21; Beim erſten B. König.
Kl. 1, 117; Die Art ſeines letzten B–s mit der Gräfin.
Lewald W. 2, 9; Ein ſchön B. zwei erwählter Herzen.
Schlegel Sh. 3, 79. Das veränderte B. [ſ. 1e = Be-
nehmen] von wohldenkenden Schwiegereltern [gegen ihn].
G. 22, 294 ꝛc. Vgl. Begegnung.
Anm. Außer der Verbindung mit ſein findet ſich auch
nicht ſelten die mit haben u. auch die Fügung eines Tranſi-
tivs, z. B.: Als zum erſtenmal | du den Fremdling ängſtlich
liebevoll | begegneteſt. G. 2, 42; Er hatte Philinen mit
entſchiedener Verachtung begegnet [1c]. 16, 188; Wenn
man auch nicht weiß, was man unterwegs antreffen, unter-
wegs b. werde. 18, 171; Iſt Jhnen . . . eine treffliche Ge-
gend aufgeſtoßen? Haben Sie ein Schauſpiel reizender
Unſchuld .. begegnet? 34, 225; Daß ich ihr noch freundlich
begegnet [1e] hätte. Z. 3, 162; Hätte .. das Schwert
ergriffen und dem .. Feinde ſo begegnet [1g], wie es Pflicht
u. Gewiſſen verlangten. Heine Sal. 1, 99; Seit der Zeit
habe ich ihm zwar zwei oder dreimal begegnet. B. 257;
Da ich Glock eilf das Pärchen hier begegne. HvKleiſt Kr.
72; Und hätt’ ich meinen Bruder dort begegnet. Körner
114b; Welche ihn mit ſovieler Grauſamkeit begegneten
[1e]. L. 6, 215; Hat man jemals einem Frauenzimmer ..
ſo begegnet? 1, 283; Denen Rom im Glück herriſch be-
gegnet [1e] hatte. JvMüller 1, 210; Andreas wurde her-
eingerufen und mit Anſtand begegnet. 24, 335; Selbſt den
infaillibeln Käſtner ſoll’s begegnet ſein [1d], ſich verrechnet
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zu haben. Muſäus 2, 26; Dich ſelten zu b. und beklommen|
dich anzuſchaun. Platen 2, 101; Die ihm unfreundlich be-
gegnet haben. Rabener 3, 18; Ein Gärtner hatte | den
Prinzen dort begegnet. Sch. 273a; Nur einem Traurigen
hab’ ich begegnet. 469a; Beide hatten einander auf der
Bahn des Ruhms .. begegnet [1a]. 804b; Zum erſten Mal
habe ich ihn mit vollem Zutrauen begegnet [1e]. FSchlegel
Flor. 282; Als ſie ihn einmal im Park begegnete. Waldau
N. 1, 129. Die Fügungen mit „haben“ u. als tr. haben,
wie man ſieht, gute Gewährsmänner für ſich, trotzdem muß,
mit Ausn. von 1g, wo das Hilfszeitw. haben ſprachüblich
u. berechtigt erſcheint, weil hier wie bei abhelfen ꝛc. ein thä-
tiges Eingreifen bez. wird, als Sprachgebrauch bez. werden:
Ich bin Einem begegnet; ungewöhnlich aber iſt das dieſer
Fügung entſprechende Partic.: Die uns ſo oft begegneten
Wünſche. Auerbach Dicht. 2, 55. Ahd. bigaganan, mhd.
begegenen (mit Dat. u. Acc.).
Ent-: 1) tr.: dagegen ſagen, erwidern, nam. in-
ſofern man damit Einem entgegentritt: Er entgegnete
mir Folgendes: „Wie?“ entgegnete er, „ich ſollte“ ꝛc.; Ihm
wurde darauf entgegnet, daß ꝛc., vergl. Entgegnung.
2) intr. (ſein): Einem entgegentretend ſich zei-
gen: Entgegnete uns [kam uns entgegen] vor Mosbach
ein italiäniſcher Gipsgießer. G. 26, 197; In einem großen
Erdſaale entgegneten ihm zwei Frauenzimmer. 18, 54; 10,
300; Entgegnet ihm, daß er euch nicht entgeht! 12, 131;
154; Und mir entgegnet [ſchallt entgegen], was mich ſonſt
entzücket, | der Leier Klang. 220; Hier entgegnet uns nun
das höchſte dieſer Symbole. 21, 93; 6, 137; 25, 202.
Anm. Die Bed. 2 iſt ſelten, vgl. mhd. engegene.