Faksimile 0480 | Seite 472
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flügeln
Flügeln, tr. und refl.: 1) mit Flügeln verſehn,
Einem Flügel geben; ihn (es) eilen, fliegen machen ꝛc.,
zuw. intr. (ſ. ein) ſ. empor-f., vgl. über-, um-f. =
fliegen: Des Tugendgeſangs, welcher mich himmelan |
oft geflügelt. Hölty 127; Ein froher Abend, welchen der
heitre Scherz | der Freundſchaft flügelt. 83; Sie flügelt ihxe
Schritte. Körner 111a; Flügle deinen Lauf! Roquette W. 21;
Rückert Roſt. 111a; Schwab 342; Sein Herz .. flügelt ſich
[fliegt] zu dir. Denis ſ. G. 32, 58; Ein poetiſcher Geiſt ..
flügelt ſich mit göttlicher Vernunft. Schottel 00; Wenn das
folgende [Geſchoß] nicht zu große Gewalt des Entſenders |
flügelte. V. Ov. 2, 76 ꝛc. a) Geflugelt, eig.: G–e
Drachen, Schlangen, Löwen; Der g–e Fuß [des Hermes].
Jacobs Verm. 2, 59; G–er (beflügelter) Wald ꝛc., mit
Flügeln (ſ. d. 2p). Döbel 2, 60b ꝛc.; übertr. = ge-
ſchwingt, raſch, flüchtig ꝛc.: Der g–e Reigen. Hölty 19;
Der g–e Sieg übereilte die Hoffnung ſelbſt. Hölderlin H. 2,
43; Die g–en | Freuden zu haſchen. Matthiſſon 75; G. biſt
du ohne Flügel. Rückert Morg. 1, 57; Sprach die g–en
Worte. V. Od. 1, 122 ꝛc. In Zſſtzg. eig. u. übertr.:
Fuß-g–e Roſſe. V. Ov. 1, 69; Bienen .. ſumſen gold-g.
heim. V. 3, 100; Groß-g. Platen 4, 280; Schwarz-g–e
Sturmwinde. V. 3, 3; Wie kraft-g.! | wie geniusſtark!
Koſegarten Po. 2, 169; Rannt er ſturm-g. nach. Rückert
Roſt 10a; Die dicht einfugende Pforte | zwei-g. (ſ. Flügel
2b). V. Od. 2, 346 ꝛc. 2) weidm.: Einen Vogel f.,
in den Flügel ſchießen.
Zſſtzg. zu 1 z. B.: Áb-: (Forſtw.) abfliegen,
von dem geflügelten Samen, z. B. der Kiefer, des
Ahorns ꝛc., vgl. Anflug. Āūf-: emporheben,
empor-f.; refl.; ſich aufſchwingen: Warum flügeln ſollt’
ich mich | auf zum Himmelsbogen? Rückert 1, 353; 2, 158.
Aūs-: im Partic.: Weit ausgeflügelt. Gutzkow Zaubr.
3, 393, mit weitausgedehnten Flügeln. Be-: ge-
wöhnlicher als flügeln 1: Bei ihrem holden Koſen | be-
flügelt ſich die Zeit. Alxinger D. 115; Sturmbeflügelt.
Chamiſſo 3, 366; 4, 288; Neugier nur beflügelt ihren
Schritt. G. 11, 8; 17, 397; Zweigleinbeflügelte [Roſen].
12, 295; Er beflügelt ſich mit Stahle den Fuß. Kl. 1, 258;
Dieſe Beflügelungen des Stahls [Schrittſchuhe]. 198; Die
Sporen der Reuter b. die Pferde. LNicolai 2, 50; Platen 4,
282; 292; Ruder, mit welchen ſich Schiffe b. V. Od. 23,
272; Schnellfüßiger Roſſe Beflügeler. 18, 263.
Empōr-: auf-f.: Vögel . . ., | flügelt ſein Lob empor
mit euren Schwingen und Stimmen! Koſegarten Po. 1, 42;
Eile mich emporzuflügeln. Matthiſſon 31 ꝛc.; auch intr.:
So flügeln [fliegen] tauſend Seelen für ihn zu Gott em-
por. Grün R. 24. Ent-: Ggſtz. be-f., nam. eig.:
Wenn es Entflügelung iſt, noch keine Beflügelung wahr-
zunehmen. V. Myth. 1, 223. Entgêgen-: Flügel-
ten [wehten] die Lüfte mir | lyriſches Getön entgegen.
Tiedge. Fórt-: Kuß und Flüſtern und Lächeln | flügelt
Stunden an Stunden fort. Hölty 75. Hêr-, Hín- ꝛc.:
Mit thatenluſtiger Eile | erhebt ſich Geiſt und Sinn | und
flügelt goldne Pfeile | durch alle Fernen hin. Mörike N. 1,
109. O flügelt ſie, ihr Winde, | an dieſe Laub’ heran!
Hölty 171. Flügle dich hinauf, mein Adler, ſonnen-
wärts! Rückert 2, 439 ꝛc. Über-: 1) Kriegsk.: mit
den Flügeln des Heers, der Schlachtordnung ſich wei-
ter ausdehnen als der Feind: Beide ziehen ſich während
des Vorrückens rechts, ſo daß die rechten Flügel hier und dort
die gegenüberſtehenden linken ü. Rüſtow gK. 143; Den Feind
ü., ihm ſo in die Flanken kommen oder gar in den
Rücken; Piccolomini erwählt ſich die fetten Ufer der Weſer
zu Winterquartieren, aber, überflügelt von Banniern, mus
er ſie den Schweden einräumen. Sch. 993u ꝛc.; Sich vor der
Überflügelung bei geringerer Truppenzahl zu bewahren. Rüſtow
gK. 118 ꝛc. Ubertr.: In Geſchäftsverträgen wohlgeübt,
durchlief er ſchnell, was er zu ſagen habe; indeſſen ſchien die
Geſellſchaft in einen förmlichen Halbcirkel gebildet, ihn zu ü.
G. 18, 125; Der Nebel überflügelte uns und hüllte uns ein.
14, 200 ꝛc. Dann aber auch: Einen ü., ihn überholen
und hinter ſich laſſen: Hat dieſer größte Adler der Dicht-
kunſt diesmal wirklich die Zeitgenoſſenſchaft ſo allmächtig
überflügelt. Heine Lut. 2, 81; Die Maſchinendruckerei hat
auch die wohlfeilſte Handarbeit .. bereits überflügelt. Kar-
marſch 2, 349; Ich überflügelte [überbot, übertreibend]
ſeine Meinungen. G. 22, 208 ꝛc. 2) ſelten: mit den
Flügeln überdecken: Zwei Cherubine ü. die Lade des Herrn.
B. 372a. Um-: mit den Flügeln umgeben: Bis
der Feind uns, überlegen an Zahl, vielleicht umflügle [ſ.
über-f.]. Baggeſen 3, 7; Von des Glaubens Sternenhügeln
wird der Engel Ruhe dich um-f. Koſegarten Rh. 2, 359;
Um ſie, ſtatt [als Vogel] zu um-f., zu umarmen [als
Menſch]. Rückert 2, 128; Es iſt der Liebe Wehn, das dich
umflügelt. Uhland 169. Wég-: Sende Boten, der
Freundſchaft Seufzer, uns nur weg | nur wegzuflügeln. H.
15, 141. Zurück-: Du magſt dich mit ſichern Zu-
geln | zurück nach Ajodia flügeln. Rückert N. 293 u. ä. m.