Faksimile 0396 | Seite 388
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Fahr
II. Fāhr, f.; –en; -: eine Lage, die geeignet iſt,
Furcht zu erregen; die nahe Möglichkeit eines Ubels
und dies ſelbſt; ein Wagnis, wobei man ſich einem
ſolchen ausſetzt, zuw. auch = Hinterliſt, ſ. Schm. 1, 550.
Anm. Das einfache F. in der Basler Bibel von
1523 noch als „ausländig“ erklärt durch „Fährlichkeit,
Sorglichkeit“ iſt im Allgem. durch Ge-F. verdrängt;
doch findet es ſich nicht bloß oft noch in der Bibel, z. B.
1. Sam. 20, 21; 2, 18, 13; Klagel. 5, 9; Lebens-F.
1. Chron. 12, 19 ꝛc., ſondern auch nam. dichteriſch: Wir
ſtehen in der F., daß wir ... verklagt werden möchten. Clau-
dius 6, 4; Er witterte nicht Furcht noch F. 7, 64; In Noth
und F. Reithard 76; Die Furcht vor gleicher F. 282; Die
F. beſtehn. 365; 366; 58; Mit einer kleinen ... Schaar |
ging der König an dieſe F. Rückert Nal. 297; Roſt. 44a;
54b; Mak. 2, 239; Weish. 4, 5; Aus jeder F. und Noth.
Sch. 532a; Laß hier auf deine F. mich bleiben. V. Sh. 3,
489; Mit meines Lebens F. W. 20, 20; Ich ſoll von un-
gewiſſer F. mich ſchrecken laſſen. 39; 134; 11, 62 ꝛc.
So auch: fahrvoll. Chamiſſo 4, 80 ꝛc. und: fahrlos.
Beck Arm. 147; Brockes 9, 589; Simrock Gudr. 363; V.
Hor. 2, 35 ꝛc., ſ. auch fahrläſſig. Veralt iſt auch die
Zſſtzg. Be-F.: Ich entdeckte ihm meiner Seele B–en. Bod-
mer (L. 5, 307); Schweinichen 1, 165; 2, 11, oder Bei-
F. 1, 108; 3, 83 = Furcht, Beſorgnis. Dazu: Be-
fāhren, refl., intr. (haben) und tr.: = fürchten, das ſich
von der gleichlautenden Zſſtzg. von fahren (ſ. d.) durch die
ſchwache Abwandlung unterſcheidet (ungenau: Er befährt,
der Dampf freſſ’ ihn an. IP. 7, 13) und wovon L. 5, 307
bemerkt, daß es „noch an vielen Orten im Gebrauche“ ſei.
Ferner z. B.: Ich befahre, daß ein Mann | ergrimmen wird,
der ꝛc. B. 142b; 148b; Daß die Franzoſen in Deutſchland
ſich einiger Oppoſition zu b. hatten. G. 33, 106; Daß er
von dorther Nichts mehr zu b. hatte. 6, 294; Was haſt
du zu b.? Haller 100; Der Menſch hat Nichts von. ihren
Liſten zu b. Linck Schl. 60; Ich aber befahrete mich eines
Ärgern von dieſem Benehmen. Muſäus M. 3, 95; Ich be-
fahre, der Buchhandel ſchreie über Nachdruck. IP. 8, 125;
9, 92; 10, 90; Ein Schlaf, den du nicht befahreſt [den
Tod]. Rückert 184; Den nahen Untergang b–d. Nal. 71;
Was habt ihr zu b.? Sch. 68a; 853b; Sein Nichts b–des
Herz. W. 15, 76 ꝛc. Stellen aus ältern Schriftſt. ſind
häufig; wir erwähnen das veralt.: Einen b., ihm Gefahr be-
reiten, nachſtellen. Spee Trutzn. 262; Weckherlin 7 (vgl. be-
fährden), und die Formen: Hätteſt du ja müſſen dich be-
fohren | vor deines Vaters Zorn. Opitz 1, 142; Eh als
ich mich befohre. 231 ꝛc., und: Sich befehrn. Waldis 2,
57. Zu jenem vgl.: Furcht (ſ. d., Anm.), zu dieſem: ver-
fähren (Spate 402; Friſch 1, 240b; Brem. Wörterb. 1,
348 ff.), z. B.: Erſchrocken und verfehret. Rachel 4, 273,
und „erfähren“ (Schm. 1, 549) = ſchrecken, als faktitiv zu
erfahren, d. h. zuſammenfahren, erſchrecken, ſ. verfährden
und feiern, Anm. Schwzr. auch: Gefahren, tr.: = Ge-
fahr laufen: Die Hauptſache, die ein Dorf gefahret, wenn es
einen gelehrten Schulmeiſter hat. Peſtalozzi 4, 71.
Zſſtzg. ſ. Anm. und: Ge-: In G. ſein, ſchweben,
ſtehn, ſich befinden; ſich begeben, gerathen, kommen ꝛc.
G. leiden: Die falſche Maxim .. . leidet hier ſogleich G.
G. 39, 249; Einen in G. bringen, ſetzen, ſtürzen ꝛc.
Außer G. ſein. Einen aus einer G. erretten, von der G.
befreien; Die G. abwenden; Der G. entgehn; Die G. über-
ſtehn; Mit G. des eignen Lebens, mit Lebens-G. Einen
retten (Ungw.: Auf G. deines Lebens. Klinger F. 388);
Der mich . . . oft der G. mit Selbſt-G. entriß. Raupach
Jſ. 39; Mit G–en ringen, kämpfen; Aus großen G–en glück-
lich hervorgehn; Etwas hat G., hat keine G.; Als wäre G.
an Mann [zu fürchten], daß ſie könnten eingeholt werden.
Rank SchM. 59; Es iſt keine G. [Riſiko] dabei; G. lau-
fen = Etwas riſkieren, ſich einer Gefahr ausſetzen:
Ich hätte G. gelaufen, mich zu verſchnappen. L. 12, 196;
Sch. 261a; Liefe ich doch die ganze G. Meißner FvH. 1,
224; Im Fall alle Übrigen gleiche G. mit ihnen laufen
wollten. W. 19, 153; Er läuft nicht die G. einer falſchen
Überbildung. Temme SchM. 1, 144 ꝛc. Der Wider-
ſprechende mußte aber auch ſodann ſeine G. ſtehen. Möſer
Osn. 1, 216. Auf meine G. [ſo daß ich den etwaigen
Schaden trage]. Fichte Nic. III; W. 15, 96 u. o.
G.-los nicht vor luftigen Geſchoſſen [nicht unbedroht da-
von]. G. 6, 88 ꝛc. Lebens-G. (ſ. o.), die dem
Leben droht, = Todes-G. (V. Od. 9, 566 ꝛc.), die
den Tod droht ꝛc.; dagegen: Feuers-G., die vom
Feuer droht; Bedräuen dich mit Kriegs-G–en. Sch. 57a;
Nach mancher Streit- G. Alxinger D. 26 ꝛc. Veralt.:
Gedenkt, daß ihr ... mehr und größer Gefähr erlitten.
Schaidenraißer 52a (12, 209); Ohne all Gefähre. Zinkgräf
1, 194 ꝛc. S. auch: Das Gefahr, Gefähr = böſe Ab-
ſicht, Hinterliſt. Schmeller 1, 550, z. B.: Es iſt wahrlich
nicht mit Gefähr [Abſicht] geſchehen. Theuerdank 43 ꝛc.;
Sie kamen daher ohn alls Gefähr. Uhland V. 651, und
vgl. Gefährde.