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eignen Eigenen geeignet
Ēīg(e)nenĒīg(e)nen, tr., refl. u. intr. (haben):
1) tr.:
a) Etwas, Einen (sich) Einem zu eigen geben od. machen, so daß es ihm gehört, er als Herr und Eigener dar- über frei schalten kann etc., vgl. widmen, weihen, ergeben etc.: Wie das Fett am Opfer Gott geeignet war. Sir. 47, 2; Sie spähet |-sorglich den Wünschen des Manns, dem sie sich eignete, nach. G. 1, 224; Von wannen er sich eignet sehr | gut Exempel und gute Lehr. 2, 120; Daß er [Amor], Lida, dich mit sanfter Neigung | mir, dem lange Sehnenden, geeignet. 2, 84; Nur weil es dem Dank sich eignet, | ist das Leben schätzenswerth. 6, 52; Führen .. den Anschlag aus, der mir das Mädchen eignet. 8, 25; Möchte sie Vergangnes mehr beherz’gen, | Gegenwärt’ges formend mehr sich e. 10, 314; 12, 23; 13, 318; Was könnte mich von Dir scheiden, von Dir, der ich auf ewig geeignet bin! 18, 6; So auch als Briefschluß statt des gewöhnlichern u. abgeschliffnern ergebenst etc.: Treu ge- eignet, Goethe (G. Reinh. 161); Sich deinem strengen Dienst zu e. Gotter 1, 291; So hast du, Feiger, ganz zum Sklaven dich geeignet? 2, 270; Den Flüchtling, den des Muttermordes Frevel | unserm [der Furien] Rächerarm ge- eignet. WHumboldt 3, 100; V. Ov. 2, 19 v. 173; Wann zum Lohn er die Ziege sich eignete. Th. So eign’ ich dich zu meiner lieben Braut. W. 20, 120 etc. Versch.: So wird er an das Grundstück geeignet [erhält Eigenthumsrecht an demselben, wird Eigener desselben]. Möser Ph. 2, 100 u. veralt. Des Königs geeignete [leibeigene] Knechte. Stumpf 3086.
b) Etwas seinen Eigenschaften, seinem eigenthümlichen Wesen nach einem Zweck, einer Bestimmung eigen machen, anpassen: Beschen v. Zwergpalmen, die man mit weniger Abänderung zum Fächerdienst e. könnte. G. 23, 292. So als tr. selten, dagegen sehr häufig als Reflexiv: Phänomene, die sich zu Repräsentanten von vielen Fällen qualificieren und sich daher gerade in ein Lehrbuch aufgenommen zu werden, vorzüglich e. 39, 464; Er eignet sich zum Lehrer; Die Bücher e. sich zu Geschenken, etc., seltner m. Dat.: So gilt dies doch eigentlich nur von gewählten, der größten Ausführung sich e–den Werken. G. 31, 177. Im Partic.:
Geeignet, a.:
passend: Im g–en Moment; Die g–en Schritte thun; Er ist der g–e Mann dazu; Schien mir das G–ste. G. 27, 248; Ottiliens Theilnahme zu erregen, g. 15, 54; 140 etc. Seltner: Die Geeignetheit etc. Es ist Campe’sVerdienst, dies Wort für „qualificieren“ in Aufnahme gebracht zu haben, wofür früher auch (be-)eigenschaften galt und zuw. noch gebraucht wird: Besonders geeigenschaftet [mit besondern Eigenschaften versehn]. G. 40, 362; Die Zeit, welche einen Perikles hervorzubringen geeigenschaftet war. Stahr Jahr. 2, 254; Dieser Theil seines Werks ist berufen und geeigenschaftet, einen Einfluß auszuüben etc. (Nat. Zeit. 10, 211); Völlig dazu geeigenschaftet etc. W. 22, 264, s. L. 8, 292 (Scultetus) etc. 2) intr., 1 in beiden Bed. entsprechend: Etwas eignet mir, als ausschließliches Eigenthum od. als etwas meiner Eigenthümlichkeit Gemäßes, besonders Passendes (geziemen), vgl. 3b: Der Darstellung eines erhabenen Märtyrerthums eignete seine ganze Jndividualität. Devrient 3, 373; Dieser Tiefsinn, der ihm allerdings nicht recht eigne. Immermann M. 2, 228; Hüften und Schenkel, | wie der geflügelte Fuß e. dem Hermes allein. Jacobs Verm. 2, 59; Den Löwen .. eignet es, einsam zu lagern. König (Hausbl. 56) 1, 148; Wem eignet Gott? was ist das für ein Gott, | der einem Menschen eignet? L. Nath. 3, 1; Logau (L. 5, 314); Nur der Körper eignet jenen Mächten, | die das dunkle Schicksal flechten. Sch. 72a; Der epische Vers der Römer und Griechen eignet [passt] uns nicht. Tieck Nov. Kr. 3, 309; Wann eignete [gehörte als Eigenthum] . .. dir eine Syringe? V. Th. 5, 5 etc. 3) refl.
a) s. 1b.
b) unpers.: Es eignet sich, für: es geziemt sich. [Logau] Sinnged. 1771; So sagt man auch noch im gerichtl. Stil: Wie es einem treuen Anwalte eignet [2] und gebühret. L. 5, 314; ferner hervorgegangen aus Vermischung mit dem veralt. sich äugen (s. d. u. Anm.) = sich vor Augen stellen, sich zeigen, doch jetzt nur noch unpers. v. einer eignen (s. d. 2d), eigenthümlichen, wunderbaren Spukerscheinung, die sich zeigt (vgl. deuten 2a): Da pocht’s dreimal an ihr Fenster, als ob sich’s eignete. Musäus M. 2, 47; Es eignete sich sogar am hellen, lichten Tage in dem gräflichen Hause. 3, 142; 145; G. 12, 283 etc.
Anm. S. eigen Anm. Das alte und noch mundatl. augen äugen (s. d.) hatte den allgem. Sinn: zeigen, z. B.: Dann diese Zeit sich alle Feuchten äugen und erzeigen. Ryff Sp. 197; Keler Fastn. 1264 (sich eigen). Andre Bsp. s. Frisch 1, 426; Adelung unter: Eräugenen; Grimm 1, 801; nam. auch Stalder 1, 118, wonach „eine Kuh äugt“, die am Vorfall der Bärmutter leidet, diese sehen lässt. So auch in der Zstzg. mit Er-, z. B.: Zur Rechten um die Wiek erauget sich die Stadt. Dach; Die Felsenadern, so beiderseits unter den Armen sich eräugen. Ryff Sp. 172b; 142a; Wie der helle Tag sich thut eraugen. Schaidenraißer (lIIb); Das Hohl, daraus sich das Feuer eräuget hatte (Vl); Adelige Söhne, wie ihr euch dann eräuget. 14a; 29a; Bei dir eräugte sich die Sanftmuth .. | des Königs, der zuerst den Namen Gustav trug. Weichmann 2, 183; [Das] eräuget sich aus Diodori Paß. Zinkgräf 1, IX u. o., versch. von dem nhd. „ereignen“ s. d., wofür sich freilich noch bei Kant, L u. A. die Schreibw. eräugen(en) erhielt.
Zsstzg. z. B. An-, tr., refl. u. intr.:
1) Jch eigne mir Etwas an, mache es zu meinem Eigenthum, und zwar gew. zu einem innern, so daß es etwas zu meinem Wesen Gehöriges, mir Anhaftendes wird in Bezug auf ein äußres Eigenthum, ein Besitzthum, aber nach heutigem Sprachgebrauch gw. nur: ich reiße etwas mir nicht Gehörendes als Eigenthum an mich, vgl. zu-e.: Sich fremde Bücher widerrechtlich a. etc.; Sich Gewohnheiten, Manieren von Einem a. [annehmen]; Schon vorhandne Ideen sich a. Börne 2, 5; 119; Herr Campe, der sie [meine Schriften] sich angeeignet. 1, V [ungew. = sie als Eigenthum erworben]; Also auf die Weis haben die alten Hebräer ihren Kindern Namen angeeignet [zu Eigen gegeben]. Fischart (Wackernagel 3, 1, 482 Z. 19); Fasst, was ihm begegnet, eignet’s an sich. G. 10, 314; Kaum hatt’ ich ein paar Berge mir angeeignet. 6, 46 [ungew.: durch Zeichnung zu meinem geistigen Eigenthum gemacht]; Du sollst, was deiner Art, was deinem Sinn kann eignen, | wo dir’s auf deiner Fahrt begegnet, die a. Rückert W. 3, 164; Die sich Fremdes | a. kann mit Wahl. Sch. 350a etc. Auch im Pass. s. 2, ohne Dat.: Das Christenthum wurde niemals von ihnen wahrhaft durchdrungen und angeeignet [ihr wahres geistiges Eigenthum]. Fichte 7, 344.
2) Ich eigne Etwas, Einen, mich einem Gegenstande oder einer Person an = gebe, mache es (ihn, mich) ihnen zu eigen, widme mich ihnen; gestalte es (ihn, mich) ihren Eigenthümlichkeiten gemäß, so daß es (er, ich) dazu passt, damit Eins wird und verschmilzt etc.: Weder Lichtmassen noch Wolken haben beständige, ihnen angeeignete [eigenthümlich anhaftende] Formen. Forster Ans. 2, 316; Er fühlt des edlen Landes Glück, | ihm eignet er sich an. G. 6, 23; Hatte der Freund vorher das edle Mädchen aus gewisser Ferne gesehen, nach einem allgemeinen Eindruck, und sich [Acc.] schon herzlichst angeeignet. 18, 107 [= sich ihr ergeben. „Sich“ als Dat. (nach
1) zu fassen, widerstrebt hier dem Sinn]; Dies Alles weiß der Künstler zu ergreifen, durch Beleuchtung und Färben der jedesmal geschichtlich erregten Stimmung anzueignen 276; Seiner Vaterstadt leidenschaftlich angeeignet [ergeben]. 26, 250; Sie ließen mich gewähren, jedoch mit .. Hoffnung, mich ihrer Gesinnung völlig anzueignen. 27, 33; Einem vieljährigen Freunde und Angeeigneten. 256; Der angenehme Raum [ward] Kastellen und Wohngebäuden angeeignet. 26, 266; Hatte es nie gebilligt . ., daß ihr jenes französische Wesen angeeignet [anerzogen, durch Erziehung zu eigen gemacht] wurde. Lewald W. 1, 48; Deren einsames Leben ihr .. eine matronenhafte Haltung angeeignet [zu eigen gemacht, verliehn] hatte. 2, 407; Den forschenden Blick .., den die Nothwendigkeit der Menschenbeobachtung dem Vielgereisten angeeignet hatte. 3, 66; Deßhalb eignet sich uns, wie kein anderer Dichter, .. Shakespeare an. Tieck Dr. Bl. 2, 195. 3) selten intr.: Den Platz, der ihm aneignet [für ihn passt]. 332 etc. 4) Dazu: Aneignung: Wie diese sich dem Freund um den Hals warf, mit der Wonne einer .. zärtlichsten A. [Hingebung]. G. 19, 116; Eine unerlaubte A. [Anmaßung fremden Eigenthums]. Gutzkow R. 3, 275. etc. Be-: veralt., Einem Etwas b., zueignen. Fischart (Wackernagel ³, 1, 498 Z. 22) etc. Er-: s. [3 u. Anm.]; refl. = sich zutragen, begeben, geschehn, nam. v. etwas Eignem od. Besondrem, in die Augen Fallendem, vgl. Ereignis; Das Wichtigste, was sich eräugnet hat. Alxinger D. 37; Indessen kann sich doch ereignen, | daß auch der Unschuld selbst Nichts übrig bleibt als Leugnen. 138; Es e. sich .. Schwierigkeiten. Engel 4, 133; Am 1. Nov. 1755 ereignete sich das Erdbeben v. Lissabon. G. 20, 29; Gestrigen E–s denkt’s nur selten. 10, 314; Ein Vorzugsstreit [ist] läppisch und, wo er sich er äugnet. Kant SchE. 80; Wo sich die Gelegenheit etwa eräugen sollte. L. 3, 39; Nun er äugnete sich jetzt der Fall. 6, 326; Eine Sammlung aller Eräugnungen und Wahrnehmungen. 12, 109; Das dürfte aber so bald sich nicht ereignen. 377 etc. In dieser Form jetzt gew. Zuw., nicht nachahmungswerth (s. sich): Eine fich ereignete unerhörte Begebenheit. Eckermann G. 1, 319; Geißler Tageb. 38 etc. Leib-: als Leibeigener dienen. Klencke Gsp. 2, 112; Sie wollen, die vergänglichen Himmelslichter sollen den würdigern .. Menschen zu einem Sklaven l. Gervinus Lit. 3, 125. Ver-: tr. (veralt. u. mundartl.): Einem Etwas ver-e., als freies Eigenthum übergeben. Schmeller u. Adelung. Zū-, tr.: Einem (sich) Etwas z., zu eigen machen od. geben, beilegen, zuschreiben, widmen, dedicieren etc., vgl. An-e., das aber den Begriff des innig anhaftenden, mit der Person zu Eins verschmelzenden Eigenthums voraus hat: Wenn man mir auch den verhaßten Namen eines Aristokraten zu- eignete [beilegte]. G. 10, 191; Wir sollten es uns nicht z., wir sollten es lieber mittheilen. 13, 161; Der Glaube das Einzige, wodurch wir Christi Verdienst uns z. 248; Wilhelm sah den Knaben mit einer ängstlichen Freude an, er durfte sich das Kind noch nicht z.; „er ist dein!“ rief Mignon. 17, 235; Schätze, die ich ihr zuzueignen dachte. 18, 23; Die zierliche Pracht dieser Gabe hatte so gar kein Verhältnis zu dem, was ihn gewöhnlich umgab, ... daß er sie sich, obgleich dargereicht, kaum z. konnte. 232; Indem sie [die Haufenwolken] an ihrem obern Umriß immer abgezupft und der allgemeinen Atmosphäre zugeeignet wurden. 40, 321; Solche Unsinnigkeit, die sie uns zumessen, wüßte ich keiner Sau zuzueigen. Luther 8, 90b; Eigenschaften, die ihm Fabler .. zueigen. Musäus M. 2, 95; Der alten Religion die scheinbarsten Empfehlungsgründe des Christenthums zuzueignen. JvMüller 1, 491; Die Anmaßlichkeit, mit der sich der Kanzler die Führung der Geschäfte zueignete. Sch. 970a etc. So auch: Zueignung f.; –en, Widmung eines Werks etc.; Z–s-Schriften. W. 7, 110 etc. Das Part.: Zugeeignet, zuw. = eigenthümlich zukommend. Was wir sonst nur diesem oder jenem Lande zugeeignet glaubten, wissen wir jetzt an 100 Orten zu finden. G. 27, 241 etc. Vgl. auch: Fürnehmlich ist dies Bad dem Milz zugeeignet [dafür passend]. Ryff Sp. 135b.