Faksimile 0339 | Seite 331
Faksimile 0339 | Seite 331
dunken
I. Dǘnken, intr. (haben), tr. und refl. (ſ. däuch-
ten): 1) intr.: Es, ein Gegenſtand, eine Perſon
(z. B. Kinkel E. 49; Simrock Gudr. 312), dünkt mich
oder mir ſo und ſo, Das und Das, auch mit beigefügtem
„zu ſein“ (z. B. 1. Kor. 12, 23), veralt. ohne „zu“
beim Infin. Zach. 8, 6; Sprüche 16, 2 ꝛc. = es erſcheint
meinem Denken ſo, kommt mir ſo vor. Es dünkt
mich oder mir, daß —, als ob —, als wenn ꝛc., ich halte
dafür, habe die Anſicht, auch: Mich dünkt, ſie ſind hier
entflohn. G. 8, 34; Mir dünkt, bedeutſam ſchweige . .. die
Flur. Uhland 73; Dann dünkte ihr, ſie ſähe Niemand. W.
11, 134 ꝛc.; auch mit abhäng. Infin.: Dünkte mich,
Feuer hervorfunkeln zu ſehn. Chamiſſo 4, 207; Bald dünkte
es ihnen, eine Hellung zu bemerken. Novalis 1, 75; fer-
ner eingeſchobnes: Wie mich oder mir dünkt, oder: Dünkt
mich oder mir = meiner Anſicht nach, meines Bedün-
kens. Dat. und Accuſ. der Perſon ſchwanken (ſ. o.)
wie im Ahd., während im Mhd. der Dat. vor-
herrſcht und die goth. Beiſp. ihn nur allein gewäh-
ren —, zuw. unmittelbar neben einander: So dünkt es
manch es arme Mädchen und zuweilen auch einem Buben.
Gotthelf G. 248; Dünkt es dir, daß ich zu ſchlecht dir ſei, |
ſo dünkt es mich, ich ſei für dich zu gut. Rückert Mak. 1,
189. Die Fügung mit Accuſ. in der Bibel; B. 15a;
Chamiſſo 3, 311; 4, 153; 295; Forſter R. 1, 6; Br. 1,
239; 393; 402; 414; 440; G. 10, 294; 13, 302; 31,
41; 14, 37; Heine Verm. 1, 117; Rom. 31; H. R. 7,
41; Immermann M. 3, 300; L. 2, 198; 8, 1; 12, 78;
105; 368; 11, 136; 140 ꝛc.; Lewald W. 2, 151: Men-
delsſohn 4, 1, 50; Novalis 1, 39; 105; Prutz Woch. 125;
W. 11, 134; Zinkgräf 1, 214; 274; 250; 319 ꝛc.,
mit Dat. dagegen: Alexis H. 1, 1, 208; Börne 2, 263;
Wie deiner Laun’ am beſten dünket. B. 18b; Forſter R. 1, 99;
133; 244; 252; Gervinus Sh. 1, XIII; G. 13, 24; 20,
124; Heine Verm. 1, 86; Heinſe A. 2, 175; Hölderlin H.
2, 122; Lewald W. 2, 151; Mendelsſohn 4, 1, 49; Novalis
1, 75; 40; Sch. 449a; Tieck A. 2, 103; V. 4, 12; Od.
17, 378. 2) (ſ. 1) refl.: Jch dünke mich oder mir
Etwas, Etwas zu ſein, veralt. Etwas ſein, Etwas ge-
than zu haben = ich glaube, meine, oft auch: ich
wähne, bilde mir ein ꝛc. In Verbind. mit Accuſ.:
Ich dünke mich ein Held oder einen Helden; Sich ein Solcher
d. Claudius 6, 42; Dünkt ſich einen Eingeweihten. Kühne
Char. 1, 301; Einen Herold dünkte ich mich. Fr. 346;
Stärker doch als Jenen dünk’ ich mich an Kunſt. V. Ar. 3,
188 ꝛc.; Dünke dich nicht weiſe [zu] ſein. Sprüche 3, 7;
1. Kor. 3, 18; Sie dünket ſich gut verſteckt. B. 10a; Ich
dünkte mich darob erwacht zu ſein. Chamiſſo 4, 24; Ich dünkte
mich von böſem Wahn befreit. 92; Er dünkte ſich ſchon früh
Etwas zu bedeuten. Fichte 8, 13; Die ſich die Weiſeſten d.
Forſter A. 3, 47; Ich dünke mich, über den Gebrauch ver-
ſtändlichere Dinge geſagt zu haben als irgend ein Schrift-
ſteller. L. 8, 7; Daß er .. . Einer der Unſern ſich dünke zu
ſein. Sch. 51; Deſs[halb ꝛc.] dünkſt du dich Paulus zu
ſein? V. Hor. 2, 68 ꝛc. Öft: Sich Etwas d., eine
hohe (zu hohe) Meinung von ſich ſelbſt haben (vgl.
Dünkel und denken 3d): Da ruhn ſie ſtolz und d. ſich
’was. G. 12, 165; 20, 207; Er dünkt ſich ’was darauf.
Alexis H. 1, 1, 173 = bildet ſich was darauf ein, iſt
ſtolz darauf; Sich mehr als Andre d. B. 11a; Daß man
ſich mehr dünkt als man iſt und ſich: weniger ſchätzt als man
werth iſt. G. 3, 154 ꝛc. Im Partic. auch ohne „ſich“
(ſ. d. †): Einige Klug-d–de. Leibnitz Erm. 4. 3) zu 1
und 2 auch die Wendung: Ich laſſe mich (mir) Etwas d.
= ich gebe mich dieſem Dünken, dieſem Gedanken hin,
ſtelle mir Etwas vor, bilde es mir ein, meiſt von
irrigen Gedanken, = wähnen: Laß dich nicht klug d.
Sir. 6, 2; 7, 5; 8, 11; So ſich Jemand d. läſſet, er wiſſe
Etwas. 1. Kor. 8, 2; 14, 37; Gal. 6, 3; Jak. 1, 26; 4,
5 ꝛc. (vgl. Laßdünkel). Früher auch: Laſſet euch d. [be-
denket], daß ihr dem Herrn dienet. Epheſ. 6, 7; Laß dich’s
nicht ſchwer d. [der Gedanke falle dir nicht ſchwer, be-
läſtige dich nicht], daß du ihn frei losgiebſt. 5. Moſ. 15,
18; Maccabäus ... ließ ſich wohl d. [merkte, begriff], es
bedeutete nichts Gutes. 2. Macc. 14, 30 ꝛc. 4) veralt.,
unperſönlich mit Genit.: Es dünkt mich ja noch gut der
erſten Kinderſpiele. Günther (ſ. denken 9). 5) ſel-
ten tr.: Was die Franzoſen von ihm denken und d. [wäh-
nen]. Dorow. 1, 108; Verdienſt du’s beſſer? dünk’ es nicht.
G. 12, 133, wohl = wähne Das nicht, bilde dir Das
nicht ein.
Anm. Goth. thugkjan, ahd. thunkan, dunchan, mhd.
dunken, ſ. däuchten und denken. Die alte Form dunken
z. B.: Wenn es ſie gut dunkt. Fiſchart B. 48a; Es dunkt
mich. Gotthelf G. 54; Weidner 402 ꝛc., ſ. Be-d. ꝛc.
Zſſtzg., z. B.: Be-: Bedünkte es ihm faſt ſonderbar.
Chamiſſo 3, 231; Mich wollte fort und fort b., als hätt’
ich ihm .. das Erfreulichſte ſtiften können. G. 27, 165;
Wenn du dich ſo bedünkteſt, wäre mehr Gefahr. 13, 367;
Räumlicher wird dann | unſer Stübchen dir b. Göckingk 1,
47; Was dem Erasmus bedünkte. L. 8, 517; Eine Lesart,
die mich die nächſte zu ſein bedünkte. 9, 130; Daß es die
Zwei auch mochte ſo bedunken. Rückert 1, 141; Was nun
bedünket den erlauchten Ständen? Sch. 663b; Sie laſſen
glücklich ſich zu ſein bedunken. Tieck 10, 252; Der Knab’
will mich b., als ob er Gutes brächt. Uhland 423; Da be-
dünkt ihn, eine Stimme zu hören. W. 11, 201 ꝛc.; O, ich
ließ mich’s wohl b. Logau 3, 8, 56 ꝛc. Ge- (veralt.
mundartl.). Miß-: mißfallen ꝛc.: Der Mann von
altem Schrote, dem neuen Witz mißdünkt. Haller 111;
mundartl. = Einem Argwohn erregen. Brem. Wörterb.
1, 273. Ver-: Auch habe es ihm verdünkt, wie wenner
ꝛc. Novalis 1, 58 ꝛc.