Faksimile 0257 | Seite 249
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bäßen
Bǟßen, tr. und intr. (haben): 1) tr.: Etwas aus-
beſſern, flicken, heil und ganz machen. Mundartl. und
veralt.: Keſſel, Schuhe, Garne, Netze b. [flicken]; Die
Lücken [der Mauer] b. Nehem. 4, 7; Die dazu gehörigen
lücken-b–den und ergänzenden Schriften. Arndt Ber. 163;
Burmeiſter gB. 2, 51; Sie ſelbſt hatte nur auf kurze Zeit die.
Lücke gebüßt [erſetzt]. Mörike N. 232; ſchwzr.: bützen.
Stalder 1, 252. 2) tr. und intr.: Etwas, namentl.
begangnes Unrecht gut machen, dafür Vergütung, Ent-
ſchädigung, Erſatz, Genugthuung geben: Wenn ſie mir
nicht b. des Raubes vollgültige Buße. V. Od. 12, 382;
daher: a) Strafe leiden für Etwas, wobei das zu Süh-
nende als Obj. oder mit „für“ ſeltner im Gen. ſteht;
Das, wodurch geſühnt wird, mit,,mit“ (oder,,durch“):
Und gab er nicht das Kummet her, | wird nur der Gaul es
b. [dafür leiden]. Chamiſſo 3, 209; Der Könige Zwiſt büß-
ten die Griechen. G. 1, 240; [Die Liebe] büßet | nicht ſchnel-
len Rauſch mit Ekel. 13, 101; Weil er den Fehler ſelbſt zu
b. hat. 140; Ihr war’t mir hilfreich, theuer büß’ ich Das.
182; Mein Stolz, zu theuer büß’ ich ihn. 288; Jede Ver-
ſäumnis .. mußte mit Geld gebüßt werden [ſ. 4]. 20, 17;
Müſſen b–d irre gehn [als Geſpenſter]. Heine Rom. 61;
Er werdr nun für ſeine Narrheit b. L. (Danzel 518); Daß
ihr ſolchen Frevel .. mit eurem Leben müſſt b. und härtiglich
bezahlen. Schaidenraißer 6b (Od. 2, 145); Sünde, | die du
noch nicht gebeichtet und gebüßt (ſ. b). Sch. 443a; Ein üppig
laſtervolles Leben büßt ſich [wird gebüßt] | in Mangel und
Erniedrigung allein. 406a; Schwur den großen Eid und
mußte b. des Eides. Stolberg Jl. 19, 113; Stehſt b–d im
Kirchengang. V. 4, 142; Schuld bleibt Schuld, b. muß ſie.
HVoß JP. 41; W. 20, 180 ꝛc. b) intr.: Buße thun, ſich
ſittlich beſſern, Reue über die Vergangenheit und Vor-
ſätze der Beſſrung haben: Warum büßt und beſſert man
ſich nicht ſchnell? Rahel 1, 518; In Sack und Aſche b. ꝛc.
So wenig als der Kardinal .. ſich gebeſſert, ſondern un-
gebüßt [ohne Buße] in ſeinen Sünden geſtorben ꝛc. Luther
8, 248a. 3) tr.: Eine Luſt, Begierde ꝛc. b., gleichſam
ihr Genugthuung geben, ihr genugthun, ſie befriedi-
gen: Seine Luſt b. Pſ. 78, 29 ff. (Mendelsſohn „Wolluſt
b.“); B. 70a; Chamiſſo 4, 174; G. 10, 183; Immermann
M. 4, 42; Sch. 519b u. o.; ſo auch: Seine Zerſtörungs-
luſt b. Chamiſſo 4, 299; Seine Reiſeluſt b. Tieck NKr. 2,
2 ꝛc.; Den alten Haß .. gebüßet am Schaden meines Volks.
Heſ. 25, 15; Riß ihm das Bubenherz heraus, | recht ihren
Zorn zu b. Hölth 63 ꝛc. 4) faktitiv zu 2a: Einen b., ihm
eine Buße, Strafe auferlegen, ihn in Strafe nehmen,
mit „um“ zur Bezeichnung ſowohl der Strafe nach
ihrer Größe als auch des beſtraften Vergehens: Über-
tretungen wurden durch die Ephoren gebüßt. JvMüller 1, 66;
Den Mann um hundert Seckel Silber zu b. 5. Moſ. 22,
19 ꝛc.; Der Landenberger büßte ſeinen Sohn | um kleinen
Fehlers willen. Sch. 523a; 533a; Ich will dafür ſo ſtreng
Euch b., | daß mein Verluſt Euch ewig ſoll verdrießen. Schle-
gel Sh. 1, 91; Welcher eigner Mann ohne eines Prälaten
oder Gerichtsherrn Erlauben ein frei Weib zur Ehe nimmt,
der wird darum gebüßt. Stumpf 308b ꝛc. 5) dazu: Alle
Büßungen [Bußen], alle Entbehrungen. G. 15, 282;
Gerechte Büßung heißt Laokoon’s Geſchick. Sch. 31a; W. 11,
193; Selberbüßung. IP. 1, 9; Lücken büßung. G. Stein
1, VIII ꝛc.
Anm. Ahd. buoza, Buße; buozan, büßen ꝛc., zuſammen-
hängend mit „beſſern“, ſ. d. und vgl.: baß, batten, goth.
bôta, Nutzen, bótan, nützen, ferner plattd. Füer böten,
eigentl. Feuer ſchüren, dann überh.: es anzünden, vgl. engl.
to beet the fire. Manche, namentl. Schweizer, unterſch.
genauer 2a von 4 durch den fehlenden Umlaut: Alle Fingers-
lang muß ich ins Schloß und bußen [Strafe zahlen]. Gott-
helf Sch. 29; Zwar wird er nicht gebüßt [in Strafe ge-
nommen]. 23.
Zſſtzg., z. B.: Áb-: tr. und intr.: durch Buße
Etwas tilgen: Ein Unrecht a. Alxinger D. 55; Nun wär’s
abgebüßt, Alles iſt verziehen. G. 18, 135; Leute, die abzu-
büßen hätten. Gotthelf Sch. 213; 66; G. 82; Ich habe da-
durch ſelbſt für ſpätre Fehler im Voraus abgebüßt. Hackländer
Stillfr. 2, 143; Verklärte, die für uns abbüßten. V. 3, 67;
Gepräng’ abbüßendes Tempeldienſtes. 42; Seine Bekehrung
und die Abbüßung ſeines vorigen Lebens. Rückert Mak. 1,
XIII ꝛc. Āūs-: 1) tr.: a) [1]: Vom A. oder Aus-
beſſern der Netze. Döbel 2, 263 ff.; Die Lücken der gedruckten
Stücke a. L. 13, 442; 446. b) [2] Etwas büßend
ausbaden, dafür zu leiden haben: Was die Fürſten ra-
ſen, immer büßen’s | die Griechen aus. W. Br. 1, 62.
2) intr. [2]: zu Ende büßen: Er hat ausgebüßt.
Eīn-: urſprüngl. Etwas in die Buße geben, dann
allgem. um ein Gut kommen, es verlieren: Daß man
den richtigen Geſichtspunkt .. ganz eingebüßt hat. Danzel
140; Ein Durcheinander zum E. aller Beſinnung. Gutzkow
R. 2, 342; So gewann der Held .. den Antheil, welchen er
auf dem einen Felde eingebüßt hatte, auf dem andern ſich
zurück. Immermann M. 2, 55; zuw. mit „von“ (ſ. d. †):
Von der Achtung e. Zſchokke 8, 118, oder ohne Obj.:
Ihre Allmacht büßet vielmehr durch Übung und Jahre ein.
IP. 1, 35; Frankreich hatte gegen die Spanier eingebüßt.
Sch. 992b. Nāch-: ſpäter b. Ver-: tr. [2]:
Seine Strafzeit ver-b.; Vielleicht hat unſer Volk die ſündhafte
Vorliebe ſeiner Großen und Herrſchenden für franzöſiſche
Sprache und Bildung zu ver-b. König Kl. 3, 64. Zū-:
tr.: 1) [1] zuflicken, durch Flicken ſchließen: Ausſchnei-
den und ſofort z. Döbel 2, 263b. 2) ſ. Zubuße und
einbüßen, Geld zuſchießen und einbüßen ꝛc.