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zeugen
II. Zēūgen, intr. (haben), tr., refl.:
(s. Anm. zu Zeug; zeigen; ziehen): 1) Zeuge sein; Zeugnis ablegen, geben (s. 2) etc.:
a) ohne abhängige Vhe: 1. Joh. 5, 7; 8; Joh. 15, 27; Z. dies Zepter! B. 188b; G. 5, 267; Des laut z–den Volkes. Kl. M. 8, 247; Wie die Historien z. Luther 6, 493a; 8, 174b; So hätten deine Schreiber falsch gezeugt? Sch. 443betc.
b) mit abhäng. Präpos., z. B.: a) Personen oder Sachen z. für, gegen, wider Einen oder Etwas, zu Dessen Gunsten etc., z. B.: Lose Buben zeugeten wider Naboth vor dem Volke. 1. Kön. 21, 13; Hiob 8, 16 etc.; G. 13, 149; Der Brief zeugte für die Wahrheit der Geschichte. 17, 254; L. Samps. 5, 10; Sch. 53b; 413a; 452a; Thümmel 3, 4; Hundert Merkmale, die gegen das herkulische Kostüm z. W. Luc. 6, 57 etc. 8) Personen oder Sachen z. von Einem oder Etwas, z. B. Joh. 5, 31 ff.; Die Kinder, so aus unehelichem Beischlaf geboren werden, müssen z. von der Sünde, wider (s. a) die Eltern. Weish. 4, 6 etc.; Fouqué 8, 103; G. 18, 222; 26, 233; Lichtenberg 3, 537; Schlegel Dr. 1, 378; Tiedge Ur. 2, 185; 198; V. Ant. 2, 83; Die Sache zeugte von sich selbst. W. 19, 178 etc.; selten: Erstlich zeug’ ich von mir selbst auf mein gut und rein Gewissen. Günther 838 etc.
c) mit Genitiv, gw. nur „Deß“ = davon (s. b8) im gehobnen Stil: Werden mir Deß z. alle frommen Herzen. Luther 5, 288a; Deß zeuget Cäsar’s Herz, durchbohrt von euch. Schlegel Cäs. 5, 1.
d) mit Dativ, im gehobnen Stil: dem im Dativ Genannten mit seinem oder als Zeugnis bekräftigend zur Seite stehn: Da steht es .. | zu z. meinem Wort. Freiligrath SW. 4, 138; Seinem gefeierten Muth zeugt Marathon. Jacobs Verm. 2, 1, 157; Schlegel Sh. 3, 79; V. 3, 28; Mitkundige Götter | z. dem Bund. Ov. 2, 9; Od. 1, 274 = Die Himmlischen mögen dir z. Wiedasch etc.
e) mit Obj. oder Objektssatz, im gehobnen Stil (vgl. in der Prosa: be-z.): Was Diese wider dich (s. ba) z. [aussagen]. Matth. 26, 62 (Kl. M. 6, 428); Joh. 3, 11; Daß ich die Wahrheit z. soll [lehre. Eß]. 18, 37; Dem Zeugnis, das Gott ’zeuget von seinem Sohn (s. b8). Joh. 5, 10; Der Geist .. zeuget, daß Geist Wahrheit ist. 6, 4; 14; G. 2, 88; H. R. 9, 183; [Wir, Erinnyen] z. wahrhaft den Erschlagenen gegen ihn [vertreten als Zeugen ?]. WHumboldt 3, 100; Können Salamis’ Gestade z., | ob [= daß nicht] dem Joche sich Hellenen beugen. 1, 348; Kl. M. 13, 108; Der soll mir’s (s. d) z., ob [= daß nicht] die Fahrt zu wagen. Sch. 518a; Die z. mir’s (s. d), ob [= daß] Wahrheit ich geredet. 663b; 55a; 443b; V. 3, 124; Wenn ein Zeuge . . auftritt . ., wider ihn zu z. eine Übertretung. Zunz (5. Mos. 19, 16) etc.; selten pass.: Von diesem Vogel schreibt Plinius, wiewohl es nicht wohl gezeugt werden mag, daß etc. Ryff Th. 108 etc. 2) veralt. (s. 1 und Zeug, Anm. 1): Einem Etwas vor Augen stellen, vorstellen; es ihn sehn, wahrnehmen, erkennen lassen; es ihm zu erkennen geben etc., z. B.: Ich habe eure Väter bezeuget (s. d. 1a) .. und zeugete früh und sprach: Gehorchet! etc. Jer. 11, 7; 6, 10; Ps. 81, 9 etc. [bei Zunz (ver)warnen]; Off. 22, 20 = H. R. 7, 379. 3) mit dem zugehörigen Zeug versehn, gw. nur Schiff. (s. Zeug 20): Ein Schiff z.; eine Rah z., zu-z., auftakeln; Ein breit Ggstz. schmal gezeugtes Schiff, nach der Breite der Segel und Länge der Rahen. 4) schaffend hervorbringen etc., z. B.:
a) Ein lebendiges Wesen, Kind, einen Sprößling z., durch geschlechtliche Vermischung (s. fortpflanzen 4 und gebären 1): c) insofern dabei von beiden Eltern die Rede ist: Epimetheus nannten mich die Z–den. G. 10, 269; Dem Sohn auch, den wir [ich, Penelope, und Odysseus] gezeuget. V. Od. 23, 61 etc., s. auch ohne Obj.: Verschiedene Arten, welche fruchtbar mit einander z. [sich paaren; fruchtbare Sprößlinge z.] und auf diese Art die Mischvölker producieren konnten. Vogt Köhl. 71 etc., auch z. B.: Welches Blut [s. d. 8 = wer] hat dich gezeugt? G. 35, 213; Die zeugete kein sterblich Haus [s. d. 6 = Geschlecht]. Sch. 58b etc. ) vom Vater allein: 1. Mos. 5, 3 ff.; Matth. 1, 2 ff. [wo die beiden Ausg. von 1522 statt zeugete überall lesen: hat geporn, s. Heynatz 6, 49; 63] u. o., s. (vgl. γ) gegenübergestellt gebären (s. d. 1a) von der Mutter. Jes. 45, 10; Weil Dem, der sie gezeugt, die Angst nicht wissend war, | mit der die Mutter rang, indem sie sie gebar. JESchlegel 1, 432 etc. γ) Von der Mutter allein gilt heute nicht z., sondern gebären, doch z. B. (veralt.). Hohel. 8, 5; 1. Tim. 2, 15; 5, 14 etc., vgl. 6a und er-z. 1a.
b) (s. a und gebären 2) ver- allgemeint und bildl., sehr oft, z. B.: Wer ist des Regens Vater? wer hat die Tropfen des Thaues gezeuget? Hiob 38, 28; 29 etc.; [Worauf das Licht] tausend Bindungen von Farben zeuget. Brockes 9, 449; Gefahr zeugt List. Freiligrath Ven. 45; In der Liebesnächte Kühlung, | die dich [Schmetterling] zeugte, wo du zeugtest. G. 4, 16; Was Himmel zeugte, Hölle fand. G. 10, 234; Vom Himmel seid ihr [Glaube, Liebe, Hoffnung] uns gezeugt. 249; Den Zweiten [Seinesgleichen] zeugt nicht Gäa wieder. 12, 118; Du bist Eins und lebendig, gezeugt und entfaltet, nicht zusammengetragen und geflickt. 31, 22; Diese Mauern, | die mich gezeugt [meine Vaterstadt]. 35, 179; Die z–de Kraft ist mehr zur Einwirkung, die empfangende mehr zur Rückwirkung bestimmt. WHumboldt 4, 281; Diese hübsche, zarte Lüge(n), die danach viel andere Dekret und große Bücher gezeuget hat. Luther 6, 492b; An des warmen Strahles Kräften | zeugt Natur den goldnen Wein. Sch. 52a; Die Blätter glänzen und hauchen Duft, | doch können sie Früchte nicht z. 89a; Willst du nur Früchte von ihr [der Kunst], die kann auch die Sterbliche z. b; Der Überfluß | und Friede z. Memmen; Drangsal ist | der Keckheit Mutter. Tieck Cymb. 3, 6; Bei diesem Zepter, der niemals Blätter und Zweige | wieder zeugt. V. Il. 1, 234; Sein System. .. Er hatte es aus sich selbst gezeugt. W. 14, 161 etc. Adjektiv. Partic. in Zsstzg. z. B.: Auf seine Dichterphantasie wirkte die ganze Reise farben-z–d und lebendig. WhMüller 1, XXXII (Schwab); Frucht des träume-z–den Abends. W. 26, 60; So ahnt ihm für höhere Geister das Gelingen, aus allem Erschaffenen ein Ur-Z–des zu formen, was aber denn doch freilich nur ein Urgezeugtes gewesen wäre. Gervinus Lit. 5, 124 ꝛ:.; Ewige, ungewordene und ungezeugte [Götter]. Schek. ꝛg 2, 2, 398.
c) (veralt.) Etwas durch darauf gewandte Pflege wachsen machen (vgl. züchten 2c; zügeln 2c): So er lange Haare zeuget. 1. Kor. 11, 14; 15; Ist Jemand beschnitten berufen, Der zeuge keine Vorhaut. 7, 18 [Der erkünstle sich etc. Eß], vgl. bei Adelung als hochd. selten: Kanarienvögel; Bäume; Weizen; Hanf; Flachs z. [ziehn, erz.].
d) (veralt., mundartl.) Etwas durch Arbeit etc. fertigen: Aus allerlei köstlichen Materien hat man sie [die Götzenbilder] gezeuget. Bar. 6, 24; Schnalle, womit sie ihr selbstgezeugtes Hemd befestigte. Möser Ph. 1, 222 (vgl. c: Flachs z.) etc. 5) (vgl. 4) veralt., mundartl.: Sich Etwas z.: mit Aufwand anschaffen. „Das Töpfchen ist unter 4 Pfennig nicht gezeuget worden“, sagte man in Luther’s Zeitalter. In Niedersachsen blieb diese Bed. alltäglich. V. 1, 183 als Anm. zu: Nehmt, und zeugt euch | einen erquickenden Trunk! 16 etc., s. er-z. Und zähmen 2; ferner: Anzuschaffendes ein-z. (s. Hoffmann-Fallers- leben Spend. 2, 15); Etwas zu-z. (Brem. W. 5, 122), zu dem schon Angeschafften. Zu z. (doch gw. nur in Bed. 4a; b): 6) Zeuger = Vater (im gehobnen Stil): Der Sterblichen Zeuger und Welt Herr. Schlegel (Wackern. 2, 1296¹), auch weibl. (s. 4aγ) = Mutter: Amor’s grausame Zeugerin. V. H. 1, 243; Ov. 1, 64; Zeugerin ist ja die Erd’. 33, vgl.: Werft sodann die Gebeine der großen Erzeugerin rückwärts. 32 etc. 7) Zeugung:
a) das Zeugen, eigentl. (s. fortpflanzen 4) und übertr.: Ihre [der Natur] unbegreifliche Zeugung. Breitinger (Wackern. 4, 6¹); Zeugung und Empfängnis. WHumboldt 4, 295; Mein Satz erklärt zwar nicht die Zeugung der Jdeeen | und wie sie aus dem Schoß der Geistigkeiten gehen. W. 25, 71 etc. Zsstzg. z. B.: Bastard zeugungen in der Wildnis kennt man zwischen Hund und Wölfin. Ausland 37, 701b etc.; Indem man eine s. g. Urzeugung (Epigenese, generatio quivoca s. spontanea) annahm. Virchow Trich. 7 etc.
b) ein erzeugtes Geschlecht, eine Generation (s. d.): Geschworen hat sie, ganze Zeugungen | hinabzusenden in des Vaters Grab. Sch. 549a; Nach aller Achaier Geschlecht und Zeugung forschend. V. Jl. 7, 128; Da erwuchs die silberne (s. d. 1d) Zeugung. Ov. 1, 11; Zerreißende Tiger sind fern und grausamer Löwen | Zeugungen. Ländl. 3, 229; Einige hielten Weiser und Bienen für die edlere Zeugung der Weiser. 4, 799; Die Zeugungen der Menschenkinder sind wie die Blätter auf den Bäumen. W. 36, 159.
Zsstzg. z. B.: Āūf- (selten):
1) [1] als Zeuge auftreten: Wenn alle die verkrüppelten von ihnen in die Welt gesandten Kinder an jenem Tage gegen sie a. werden. FMüller F. 30.
2) [4a] Aufgezeugt von eines Vaters Samen. Schubart 2, 53 etc. Aūs- (selten), z. B. [4] refl.: zeugend sich erschöpfen und ausgehn, ausarten: Und zeugt sich der kräftigste Stamm, nur in sich fortgepflanzt, bald aus. Jahn M. 334. Be-:
1) [2] s. bezeigen 1—5; außerdem veralt. außer wo Fügung und Bed. an 2 grenzt z. B. s. Gesenius s. v. n; Teller 57; Adelung etc.:
a) mit persönl. Obj. (vgl. über-z.): Deine Propheten, die sie bezeugten [,,verwarnten“. Zunzl, daß sie sollten sich zu dir bekehren. Neh. 9, 26; 29; Jer. 11, 7; Ich bezeuge aber Alle ..: So Jemand dazu setzt, so wird Gott zusetzen auf ihn die Plagen etc. Off. 22, 18 = Jedem ..bezeuge ich (s. b). Eß; H. R. 7, 378; Daß sie beweisen, des Gesetzes Werk sei beschrieben in ihren Herzen, sintemal ihr Gewissen sie bezeuget. Röm. 2, 15, sie belehrt etc.; 1. Thess. 2, 11; Denn ihr eigen Gewissen sie reichlich bezeugt, wie sie so gar Nichts wissen. Luther 1, 549a; Welche [Werke] .. von Gottes Güte etc. .. die Menschen haben b. sollen. Mathesius Sar. 42a; Wer’s Vatern Lieb . . erkennet und mit seinem Geist darüber bezeugt und vergewisset ist. Pr. 160; Lthr. 21a etc.
b) mit persönl. Dativ statt des Acc. (a): Bezeuge ihnen und verkündige ihnen das Recht des Königs. 1. Sam. 8, 9 [Nur daß du sie verwarnest und ihnen kund thust die Weise des Königs. Zunz]; Hab ich .. nicht .. dir bezeuget [dich verwarnt. Zunz] und gesagt etc.? 1. Kön. 2, 42; Daß er ihnen bezeuge [sie dringend warne. Eß], auf daß sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Luk. 16, 28; Drang Paulum der Geist, zu b. den Juden Jesum, daß er der Christ sei. Ap. 18, 5 [die Juden von Jesu Christo zu über-z. Eß]; Ich habe bezeuget beide den Juden und Griechen die Buße zu Gott etc. 20, 21 [Juden und Griechen habe ich ermahnet zur etc. Eß]; Nehmet zu Herzen alle Worte, die ich euch heute bezeuge. 5. Mos. 32, 46 [mit welchen ich euch heute vermahnt habe. Mendelssohn], vgl. was zu a oder b gehören kann —: Wisset, daß ich euch heute bezeuge [verwarnet. Zunz]. Jer. 42, 19; Zach. 3, 6 u. o.
c) (s. a; b) ohne persönl. Dativ oder Acc.: Daß der heilige Geist .. bezeuget und spricht [mir ankündigt und sagt. Eß] etc. Ap. 20, 23; Da sie bezeuget und geredet [eingeschärft und verkündigt] das Wort. 8, 25;- Ich bezeuge [beschwöre dich. Eß] vor Gott . ., das du Solches haltest. 1. Tim. 5, 21; Solches erinnere sie und bezeuge vor dem Herrn, daß sie nicht um Worte zanken. 2, 2, 14 etc.; So bezeuge ich heute über euch, daß ihr umkommen werdet. 5. Mos. 28, 19 (auch Mendelssohn), ich verkünde betheurend euch das über euch Verhängte etc.; Bezeug [beweis, bekunde] uns erst, daß Nichts in dir dich hemmt. Platen 2, 14 etc., s. 2; 3.
d) verneintes pass. Partic.: Gott hat sich selbst nicht unbezeuget gelassen. Ap. 14, 17 [So hat er doch nicht unterlassen, sich ihnen zu erkennen zu geben. Eß]; H. Ph. 3, 229 etc.
2) s. 1 und [1]:
a) Jemand bezeugt Etwas, bekundet es durch sein Zeugnis; giebt dies als Gewähr dafür etc., z. B. als gw. Anfang von Zeugnissen, Bescheinigungen etc.: Hierdurch bezeuge ich (mit meiner Namensunterschrift) —, daß etc., oder: dem Herrn NN., daß etc.; ferner: Etwas, z. B. Jemandes Schuld, Unschuld vor Gericht b., mit einem Eide b.; Eine Thatsache b.; B., daß die Sache sich so verhält; Das kann ich dir b., deine Aussage bestätigend etc.; Diese Thatsache wäre beweisend, wenn sie wohl bezeugt wäre; aber sie ist unbezeugt [ohne Gewährsmann] etc.; Wenn ein frevler Zeuge wider Jemand auftritt, über ihn zu b. eine Übertretung. 5. Mos. 19, 16 [ihn einer Übertretung zu beschuldigen. Mendelssohn] etc. Ferner heute minder gw.:
b) mit Angabe des Erfolges: [Falsche Zeugen] haben die Strafe verwirkt, in welche sie den Unschuldigen haben b. [durch ihr Zeugnis bringen] wollen. Carol. 68. c) Einen b., ein Zeugnis in Betreff seiner ausstellen, abgeben etc.: Dein eigen Gebet straft dich und ist wider dich, bezeugt dich [zeugt gegen dich]. Luther 1, 72b; Einem solchen wohlbezeugten Pfarrer. 8, 107b, der solch gut Zeugnis hat; Der Geschichtschreiber Napoleon III. bezeugt die göttliche Sendung des ersten Napoleon (s. 2) .., aber wer bezeugt den Zeugen? [giebt die Gewähr, zeugt für diesen]. Stahr (Nat.-Z. 18, 157) etc. und refl.: Daß ich mich hierinne bezeuge. Luther 1, 352; Unerachtet ich mich .. öffentlich bedingt und bezeuget, daß ich andrer Leute und nicht meine Reden einführte. Zinkgräf 2, 3 etc. d) Sich Einem b., als Zeuge (Schutz etc.) darbieten: Achtlos bei dem Flehn Nothleidender, denen ja Zeus doch | selbst sich bezeugt. Wiedasch Od. 16, 423 etc. e) Etwas b., durch Beibringung von Zeugen oder Zeugnissen beweisen (selten): „Ich kann es mit euch b., d. h. kann euch zu Zeugen anführen.“ Adelung; Einige Kaufleute bezeugten durch Quittungen, daß sie Alles . . zurückgezahlt. Tieck NK. 4, 230 etc. f) (oberd.) Einen b., zum Zeugen anrufen: Er bezeugte die Götter, daß er die Wahrheit rede, s. Adelung.
3) (s. 1; 2a) Eine Sache bezeugt Etwas, giebt Zeugnis davon; bekundet es etc.: Jemandes Wort, Aussage etc.; ein Umstand, Vorfall bezeugt Dies; Da die Milderungen seiner Gattin es selbst am stärksten b., wie er .. eine Hausqual war. Gervinus Lit. 5, 67; Eine das mannigfaltigste Leben b–de Form. G. 36, 330; Was ich verwirkt, bezeuget meine Buße. Hagedorn 2, 281; Platen Pol. 15; W. Luc. 6, 265 etc. Dazu:
4) Der Bezeuger der Thatsache, Wahrheit etc. (s. 2a); ferner s. bezeigen 5.
5) Sich zur Bezeugung seiner Unschuld darauf berufen. Delbrück Sokr. 43; Daß ich nicht von Bezeugung der Wahrheit abtrete. Hutten (Wackern. 3, 216³), s. 2a etc.; ferner s. bezeigen 4. Eīn-, tr.: (selten) z. B.:
1) [4] (vgl. eingebären, einarten 2 etc.) Einem durch Zeugung Etwas einpflanzen: Den Reichen ist es eingezeugt, | feige zu sein. G. 33, 29; Daß ihn der klügste und billigste Vater gezeugt hat, ist kein Grund; denn weder Klugheit noch Billigkeit konnte er ihm e. H. Ph. 4, 241 etc.
2) [1] ein Zeugnis über Etwas einreichen; es be-z. Hippel 7, 210; Niebuhr 1, 341.
3) [5]. Er-:
1) [4] z. B.:
a) [4a] Nach einem ordentlichen Naturgesetz ihres Gleichen zu e. und nicht bloß auszuwickeln. Kant SW. 1, 225; z. B. gegenübergestellt dem gebären. Zimmermann Nat. 66 etc., aber auch von Frauen, z. B.: Eine Mutter . ., die ihr erzeugtes Kind nicht liebt. FMüller 1, 306; Hier, wo zu guter Stunden | dich deine Mutter hat . . erzeugt. Opitz 2, 35 [= gezeugt. Hohel. 8, 5]; Sch. 512b; V. Od. 1, 224 etc., s. f; g; h.
b) [4b]: Dieses Hirngespinnst | von schwarzer Bosheit oder Aberwitz in einem fiebersiechen Kopf erzeugt. Broxtermann 186; Diese Steinart wird aber nie anders als unterhalb dem Wasser erzeugt. Forster R. 1, 341; Die Steinarten sind schwerlich in dieser Gegend erzeugt. G. 23, 224; Der Brand lief | eilig die Straßen hindurch, erzeugend sich selber den Zugwind. 5, 18; Wenn Flammen grimmig wallen, | sich wind-e–d, glühn von eignen Winden. 4, 23; Gewitter tosend sich zu e. 7, 313; Schatten, die der Wahn erzeugte. 13, 135; Ein Gespenst, das ungeheure Schrecken erzeugt. 16, 83; „Erzeigten“ schöne Menschen schöne Bildsäulen. L. 6, 383; Lichtwer 187; Pfeffel Po. 3, 63; Enkel | erzeugt er [der Streit, personif.] sich, ein eisern Geschlecht. Sch. 469b; Aus dem Aberglauben war dieses Schreckbild des Mittel- alters erzeugt. 1033a etc., s. e; f; h.
c) [4c] Jemand oder ein Land erzeugt gewisse Produkte, z. B.: ein Land Getreide (Heeren 1, 917), Korn (918), Saaten von Näglein. Opitz 2, 267; Wolle etc.
d) [4d] mundartl.
e) refl. zu b: Ein Zugwind, der sich in den innern Thälern und Krümmungen erzeugt. G. 14, 218; Eine wahre Bitterkeit hatte sich in ihrem Verhältnis zu Ottilien erzeugt. 15, 186; Dies Sich-E. des Nicht-Seins. Hegel Log. 1, 219; Auf dem einzigen St. Katharinenberge erzeugt sich dieser Stein. Winkelmann 3, 132 etc.
f) pass. Partic. zu a: Harun Alraschid’s Erzeugter [Sohn]. Platen 4, 296; V. Od. 4, 303 etc. und in Zsstzg.: Du krieg- [im Krieg] erzeugte, schlachterzogne, junge Brut. G. 12, 173; Die Bienen, die rindererzeugten. Herrig 37, 24 (vgl.: Die Kunst, Bienen aus Rinderaas zu e. etc. V. Ländl. 4, 826 ff.); Unsrer Schwanerzeugten [Helena, die Jupiter als Schwan erzeugt]. 188; Der sonnenerzeugten | Circe. V. Ov. 2, 337 etc.; zu b: Der weinerzeugte Muth. Reithard 81 etc.; ferner: Dies verworfne, schnöde | und miß- erzeugte (a) Blut. Schlegel Sh. 7, 313; Durch Vortrag eines mißerzeugten (b) Anspruchs, | deß eigne Farbe nicht zur Wahrheit stimmt. Schlegel Sh. 7, 16.
g) Er- zeuger: α) [6a], Vater. Börne 3, 351; Fichte 6, 142; Platen 4, 293; Sch. 53b; V. Od. 9, 34; 519; W. 23, 273 etc., auch Mz. = Eltern. Att. 2, 2, 160; V. Od. 14, 187 etc. und weibl.: Erzeugerin, Mutter. Ov. 1, 33; Prop. 2, 8, 39; Sanders Kutr. 66 etc. 8) (s. b) In den .. Thieren gute Milcherzeuger zu erhalten. Gartenl. 12, 567b. γ) (s. c) Die Kohlenerzeuger [Producenten]. Scheuchenstuel 144 etc.
h) Erzeugung: das E. (ohne Mz.) und —: das Erzeugte: Diese Erzeugungen, die die Natur mit so viel Verschwendung über die Erdfläche ausstreut. Kant SW. 1, 224; In ihren vegetabilischen Erzeugungen. Sch. 1120a etc.; Krystallerzeugungen. Kant 7, 298; Auch die Erzeugung des Staats ist eine Art von Rechts erzeugung. Savigny Syst. 1, 22; Die Lehre der Selbst erzeugung. DMus. 15, 1,952, vgl. [7a]: Urzeugung; Daß der gegenwärtige Berg eine Wiedererzeugung ist. G. 30, 141; Das Zuckerrohr für Zuckererzeugung gebaut. Scherzer 1, 375 etc.
2) [5] Sie bewirtheten ihn und meine Mutter ..und ließen sie diejenigen Erquickungen .. genießen, welche sie sich zu Hause nicht e. konnten. Bahrdt 1, 26; Sind so arm gewest, daß sie nicht haben können e. so viel Zinnober. Luther 3, 356b; Br. 3, 444; Wer kaum den Kofend erzeigen kann und wollte sich täglich im Biere besaufen. Rockenphil. 1, 27 etc.
3) (veralt.) = erdulden, ertragen. Keisersberg Pilg. 120a etc.
4) veralt. [1] be-z.: Was ich vor Gott e. darf. Paracelsus Chir. 17a. Fórt- [4a; b]: Das sich ewig f–de Geschlecht der Trödler. Augsb. Zeit. (44) 2346b; Der Fluch der bösen That, |daß sie f–d immer Böses muß gebären. Sch. 357b; Der erste Kinderstreit, | der, fortgezeugt in unglückseliger Kette, | die neuste Unbill dieses Tags geboren. 493a; Fortzeugung. G. 39, 77. I. Úber- [4a]: durch Zeugung überpflanzen, übergehn machen etc. (selten): Das thierische Blut . . wird eingemischt und übergezeugt. Jahn M. 8. II. Über- [1; 2, vgl. Zeug, Anm. 1]: durch Zeugen oder Zeugnisse, überhaupt durch etwas Evidentes machen, daß jeder Zweifel, jede Einrede etc. aufhört, mit verschied. Beziehung zum Obj. etc.:
1) (veralt.) Etwas ü., evident darthun, beweisen etc.: Da hast du Siegel und Briefe dazu, damit alle obgesagten Stücke .. überweiset und „vberzeugt“ sind. Luther 5, 307a; Wie Das Alles viel Lieder und Reime ü. 6, 102a; Wie wir Das Alles reichlich mit so viel Büchern überzeuget haben, daß es öffentlich unleugbar. 113b; 8, 5b; Dadurch wird überzeuget, daß etc. SW. 35, 128.
2) (veralt.) Einen Angeklagten etc. ü., überführen (s. d. 3), überweisen, seine Schuld etc. unleugbar darthun: Paulinus ist noch nicht des Lasters überzeugt. Günther 1019; Sie ü. uns unser[er] Thorheit (vgl. 3b). Luther 8, 91a; [Das] können sie nicht leugnen. Da ü. sie alle ihre Stifte, Briefe etc. 5, 133a; So sie doch .. nie gestraft, verklagt noch überzeuget sind. 234b; So doch die Früchte den Baum gar gewaltiglich ü., daß er böse sei. 6, 199b; 420b; 8, 85b; Zuletzt sind sie schuldig, uns zu zeigen, wo doch sie eine unverfälschte Bibel [ge]funden haben, weil sie alle falsch sein sollen; sie müssen die falschen mit einer wahrhaftigen ü. oder müssen Lügner sein. 16a; Unverhöret und unüberzeuget. 6, 323b; Was sollte der arme Jnquisit thun, da er überzeugt war. Rabner 4, 136 etc., vgl.: „Ver- züg“ mich der Lüge! Zwingli 2, 6.
3) nach heutigem 218* Gebrauch: Einen (oder sich) ü., ihm (oder sich) evidente, zweifellose Gewißheit über Etwas schaffen, geben, vgl. auch für die leicht zu mehrenden Belege überreden:
a) Einen oder sich ü. von Etwas; davon, daß etc. oder bloß: daß etc.; Überzeugt sein, werden, sich halten etc.; Endlich überwunden, wenn auch nicht überzeugt, sagt er etc. Ense T. 2, 204; Nicht zu ü. vermögen, dagegen aber zu zwingen begehren und blinden Glauben .. fordern. Fichte 7, 11; Forster Br. 1, 431; Ich bin als Mensch überzeugt, daß etc. ..; ich bin als Arzt gewiß, daß etc. G. 17, 83; Wie traurig es mit dieser Rubrik .. aussehe, kann man sich ü., wenn etc. 29, 417; JvMüller 10, 91; Daß hiemit .. ihre Bedeutung richtig angegeben sei, kann sich Jeder ü. Schelling 2, 2, 382; Das gläubig überzeugte Volk. Sch. 442b; 443b; So hielt er sich nun vollkommen überzeugt, daß Kleonissa eine Betrügerin sei. W. 6, 77; Wie er sich mit eignen Augen von der Treulosigkeit seines Weibes ü. könnte. 9, 270; Wovon wir uns überzeugt halten, daß es gute Samenkörner sind. 30, 9; 31, 53 etc.
b) (s. a) vereinzelt (nach lat. persuadere): Um Dem selben zu ü., daß etc. Heynatz Br. 5, 72; Der ih m mit vielem Eifer überzeugt hatte, daß etc. Möser Ph. 2, 233; Ich wollte ihm vom Gegentheil ü. FSchlegel Fl. 123.
c) im gehobnen Stil noch mit Genitiv st. von, z. B.: Dessen sind Sie auch selbst überzeugt. Ense Gal. 1, 195; Fichte N. 8; Soviele Bemühungen voriger Jahrhunderte könnten uns .. eines Bessern ü. G. 39, 122; Alles überzeugt mich meines Unglücks. Gotter 2, 113; Je überzeugter sein Verstand einer immer bessern Zukunft sich fühlet. L. 10, 327; Der Unveränderlichkeit meines Herzens für dich bist du überzeugt. JvMüller 7, 138; Ich habe mich (Zschokke N. 3, 27) bin (351) des Gegentheils überzeugt etc.; auch (s. Das 4; Es 9): Ich bin es überzeugt. G. 10, 12; W. 12, 292 etc.; Das bin ich von dir überzeugt.
d) Partic. Präs., z. B.: a) Eduard glaubte, seine Dankbarkeit nicht ü–der ausdrücken zu können. G. 15, 22; Mendelssohn 4, 1, 69; Sch. 438b etc.; Ggstz.: Seine Gründe als un-ü–d ausschreien. G. 40, 5; Haller Br. 1, 3 etc. ) selten im pass. Sinn: Der, wenn er bei ihm schwöret, | nicht ü–d [überzeugt, mit Überzeugung] glaubt, daß Gott ihn sieht und höret. Lichtwer 227.
e) Adjekt. Partic. pass.: Keine kindische Einbildung, sondern die überzeugteste Liebe einer Jungfrau. Hartmann N. 2, 198 etc.; Daß ich noch jetzt unüberzeugt bin. Relstab Leb. 2, 93 etc.; Fortbild.: Erwiderte der Marquis mit einer Überzeugtheit, die etc. Schlichtekru LatMag. 127, s. f8.
f) Über- zeugung: α) (ohne Mz.) das Ü.: Beredsamkeit, der es .. zu thun ist .. weniger um Überredung als Überzeugung des Zuhörers. W. 23, 320 etc. 8) das Überzeugtsein und die daraus hervorgehende Ansicht als zweifellose (vgl. Glaube etc.): Er sprach nur weitverbreitete Überzeugungen aus. Freytag NB. 193; [Dadurch] mußte er eine völlige Überzeugung gewinnen, daß man .. noch heut .. Wunder müsse ausüben können. G. 22, 376; Mit Bedacht und Überzeugung. 15, 30; [Die] nur nach ihrer Überzeugung wirken .. wollten. 20, 91; Gutzkow 3, 92; Persönliche Überzeugungen vorzuschützen. Hartmann N. 1, 137; 136; 141; So bleibe es ein Unrecht vor den Augen der öffentlichen moralischen Überzeugung. DMus. 14, 2, 765; Mit schnell | vertauschter Überzeugung .. den Glauben .. ändern. Sch. 412b; 1032a; Da Ahndung eines Übels oft mehr quält | als Überzeugung. Tieck Cymb. 1, 7; Meiner innigsten Überzeugung nach. W. 30, 16 etc.; Eine Hauptüber- zeugung, die sich mir immer erneuerte, war die Wichtigkeit der alten Sprachen. G. 21, 28; Das sind unsre Rechts- überzeugungen. DMus. 14, 2, 738; Eine schwärmerische Vorüberzeugung [vgl. Vorurtheil etc.] von der Möglichkeit der Ausführung. Lichtenberg 4, 224 etc.
g) Zu kühn ist | dieser feurige Wunsch und, indem ich vergebens gen Himmel | strebe mit ihm, vergebens! ein mächtiger Überzeuger, | daß ich am Grabe noch walle. Kl. M.13, 701.
h) scherzh., z. B. burschik.: überzogen sein statt überzeugt. Vollmann 449, der auch aufführt: [Einen] überziehn = ü. s. über-z. 2 (Schluß).
Ver-: Zū-:
1) [3].
2) [5] etc.