Faksimile 0915 | Seite 1737
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Zeuge Zeugen
Zēūge, m., –n; –n; –n -:
(s. Zeug, Anm. 1 und Schm. 4, 232)
1) Jemand, der und insofern er bei einem Vorgange zugegen ist und durch sinnliche Wahrnehmung Kenntnis von demselben hat, was, erforderlichen Falls, dazu dient, das Wahre des Vorganges festzustellen; dann auch von etwas Sachlichem (s. 2) in mehr oder minder hervortretender Belebung desselben:
a) Z. sein bei einem notariellen —, bei einem kirchl. Akt, bei einem Testament, einer Verlobung, Verheirathung, Trauung, Taufe etc.; Er ist mein Z. (dafür), daß es sich so verhält; Ich habe viele Z–n dafür; Einen als oder zum Z–n über Etwas vorschlagen, anrufen; Als Z. über Etwas vom Gericht vernommen werden; Die Z–n fragen, ab-, verhören, vereidigen etc.; Treue, zuverlässige, unverwerfliche, glaubwürdige etc.; falsche, lügenhafte, frevle Z–n etc.; Gott, der Himmel ist (sei) mein Z., daß etc.; Deß sind wir Alle Z–n. Ap. 2, 32; 1. Mos. 31, 48 ff. etc.; Die Welt sollte Z. der wundervollen That sein. G. 7, 332; 21, 204; Holde Z–n süßverträumter Jahre, | falbe Blumen, abgewehte Haare. 22, 280; Persönlicher Z. höchst bedeutender .. Umwendungen gewesen. 27, 21 etc.; Sich von dem Orte zu entfernen, der Z. unserer Leiden .. gewesen [sie gesehn]. Lewald W. 2, 364; Dich, frevelhafter Stahl,: den Mordgier auf mich zückte; | dich, priesterliches Band, das meine Schläfe schmückte, | euch ruf ich jetzt zu Z–n an. Sch. 30a; Jhre Thränen bringt kein Z. [Keiner, der sie gesehn] | vor der bangen Mutter Blick. 54b; Wie aus dem Nichts entsprungen, | steht das Bild. .. Ausgestoßen hat es 218 jeden Z–n | menschlicher Bedürftigkeit. 72b; Alles, was diese erkennen lassen könnte; Z. dem Wundergeschick war .Cyknus [er hatte es gesehn]. V. Ov. 1, 95; Wo jede Grotte ein Z. genossener Glückseligkeit war. W. 4, 235; 14, 67; 34, 326; Dieses Märchen hat eine ganze Wolke von Z–n zu Gewährsmännern. Luc. 1, 129; Att. 2, 2, 47 etc.
b) vereinzelt die Form: Der Himmel ist unser Zeugen. Merck’s Br. 2, 15 (s. Schm. 4, 232); Sich eines beschwerlichen Zeugens seiner Unwürdigkeit zu entledigen. Möser Ph. 1, 217 etc.
c) Z. prädikativ in Bezug auf eine Mz.: Verwirrung, von der wir Zeug e [= Z–n] waren. G. 27, 438; Gervinus Sh. 1, 139 etc., vgl.: Der Mönche sünderbleiche Zunft war Z. Sch. 256b; Rabner 1, 113 etc. und d.
d) (vgl. c;
e) Z., nam. prädikativ auch von Frauen, z. B.: Jch wollte dich [Arabella] bitten . ., Z. zu sein. Benedir 7, 77; Cäcilie: Ich will ein Z. deines Glückes sein. G. 9, 357; Nicolai 2, 108; Hanna Kennedy: Ich bin ein Z. eurer Besserung. Sch. 409a etc., seltner: Aussage der Aufwärter in. . . Der vom vorigen Z–n erwähnte Freund. Beta 2, 203. e) mit Hervorhebung des weibl. Geschlechts (vgl. d) von Pers. und Personif.: Zeugin, z. B.: Diese Laube .. war die einz’ge Zeugin meiner Thränen. MBeer Arr. 64; Die getreue Kerze, | die Zeugin keuscher Gluth. Bodmer 53; Danzel 296; Euch nicht zur Zeugin seiner Schwachheit haben. 527 (L.); Günther 925; 1041; Hagedorn 3, 71; 77; Haller 153; 187; HHerz 73; Immermann M. 4, 137; Polko Mus. 110; Sch. 15b; 503b; Noch lebt des Eides Zeugin. Schlegel Rich. III. 3, 7; Schubart 1, 110; Asia sei die Zeugin der Wahrheit! W. 26, 298 etc.
2) (s. 1) sachl. als Kunstausdr.:
a) Rechtsspr.: Todte (s. d. 1, Schluß) Z–n, z. B. Gerstäcker Äq. 2, 106.
b) = Stein-Eier (s. d.) als Zeugnisse gegen Verrückung der Grenzsteine (auch frz. témoins) etc.
3) (s. 1) Z., Jemand, insofern er für die Wahrheit von Etwas Zeugnis ablegt, und so auch (best.: Blut-Z., s. d.) = Martyr (s. d.), Märtyrer. Ap. 22, 20 etc.; Hebel 3, 421; Immermann M. 3, 395; W. 26, 187; 28, 7; 29, 39 etc. Zsstzg. z. B.: Ānklage-: durch den die Anklage bezeugt wird. Gneist Pol. 12 etc. Āūgen-: Zeuge, der Etwas selbst gesehn („sichtiger Zeuge“. Mathe– sius Pr. 89), vgl. Ohren-Z., der es gehört, z.B.: Diese Posse gewinnt für den Augen- und Ohren-Z–n unendlich. G. 23, 91; Begebenheit, von der Sie A. sind. 17, 182; Sch. 636b; Ein A. wie Mr. de Caumartin . ., ein Ohren- Z., wie Herr von Voltaire! . . Bei solchen Zeugen. W. 36, 165; Von vollkommen glaubwürdigen Augen- oder Ohren- Z–n. 30, 175; Da wir das Zeugnis eines A–n haben, das dem Vorgeben des Athenäus, der nur von Hörensagen schrieb, deutlich genug widerspricht. 34, 137 etc., auch [1d]: Eine Amerikanerin, A. des .. Sklavenlebens. Hackländer Skl. 1, 77 und [1e]: Augenzeugin meines Vergnügens zu sein. Kretschmann 5, 85. Belástungs-: Anklage-Z., s. Entlastungs-Z. Bewēīs-: gerichtlicher, durch dessen Aussage Etwas bewiesen werden soll. Blūt- [3]: Pfeffel Fab. 2, 115; Stahr (s. Martyrer) etc. Entlástungs-: dessen Aussage den Angeklagten zu entlasten dient, (Schutz-Z.): Belastungs- und E–n. Auerbach SchV. 211; Die beiden Haupt-E–n. Mag. d. Ausl. 33, 773a etc. Ge-: veralt., mundartl. st. des Grundw., z. B.: Keine Lüg . ., die nicht einen G–n finde. Eppendorf 59; Märterer oder G–n [3] des Herrn Christi. Fischart B. 56a; Deß G–n sind die löbl. Gesetze..; Deß G. ist etc. Luther 1, 257a; Notarium und zween G–n. 148b; Die Schriften sind fürwahr G–n unsrer Herzen. Rachel 8, 181; Strelitz. Gesetzsamml. 2, 2, 25 etc., auch (vergl. Schm.) mit starker Abwandlung: Der Gezeug, des Gezeugs; die Gezeug(e), z. B.: Damit er je mein unwilliger und soviel desto stärker Gezeug ist, daß ich ein recht[er] fromm[er] Christ(en). Luther 1, 385b; Im Beisein zweier Dienerinnen, die ihrer Wort und That, ihres Thuns und Lassens G. sind. Schaidenreißer VI etc. und in Bed. [2b]: Die Gezeuge. Scheuchenstuel 103. Geríchts-: gerichtlicher. Góttes-: Man fand ihn kohlschwarz, wie die Nacht; | doch Jener, den er umgebracht, | lag unberührt von Flammenhauch, | ein Gotteszeug’ in Schutt und Rauch. Reithard 392, worin sich ein Gottesurtheil (s. d.) aussprach. Hāūpt-: der hauptsächliche. Hóchzeits-: Einer, der der Hochzeit beiwohnt, Hochzeitsgast (s. Trau-Z.). Herrig 30, 379 etc. Instrumént-: der als Zeuge eine notarielle Akte (s. Instrument 4) unterzeichnet, z. B.: Testaments-Z. etc. Kȫnigs-: (s. Kron-Z.) Wer Hochverr. 36. Krimināl-: im Kriminalproceß. Krōn-: bes. in England: ein Mitschuldiger, den der Staatsanwalt von der Anklage ausschließt, um ihn als Zeugen gegen seine Komplicen zu gebrauchen: Möglich wohlgemerkt, ein bestimmtes Versprechen kann ich nicht geben, daß Ihr als K. zugelassen werdet. Hausbl. (64) 3, 131; Ich hoffe, daß man mir gestattet, als K. aufzutreten. 293 (vgl.: Daß man Sie .. zum Zeugnis für die Krone zulassen wird. ebd.); auch übertr. Gneist Pol. 16 etc., s. Königs-Z. Ohren-: s. Augen-Z. Schútz-: (s. Entlastungs-Z.). JKinkel Jb. 1, 356. Sélbst-: dessen Zeugnis auf eigner Anschauung, Kenntnis beruht: In denen [Ausgaben], die ich als S. anführe. Heynatz 6, 48. Tāūf-: Gevatter, Pathe. G. 15, 226. Testaménts-: s. Instruments-Z. Thātsachs-: der über eine Thatsache aussagt, Ggstz.: Urtheils-Z. Trāū-: Den er als T–n zur Hochzeit eingeladen. DMus. 15, 1, 63; Trauungs-Z. Talvj 2, V. Urtheils-: gerichtlich vernommener Sachverständiger u. ä. m. I.
Zēūgen: adj.:
aus Zeug (s. d. 1) gefertigt; Im schwarzen z–en Talar. Blumauer 2, 61 etc.; Ein schwarztüchener Rock .., ein dgl. seiden-z–er. Palleske Sch. 1, 9 etc.