Faksimile 0870 | Seite 1692
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Zag Zage Zagel zageln zagen Zager zaghaft Zagheit zaglich Zagnis Gezäh
II. Zāg, m., –(e)s; 0:
(veralt.) das Zagen, die Scheu: In solchem Z. Waldis Ps. 77, 2; Wenn ich denn solchen Z. und Flucht des Lichtes spüre. Luther 1, 373a etc.; Mit einem Ver-Z. leiblicher Gewalt und demüthigem Vertrauen Gottes die Sach angreifen. 289a etc.
~e, M., –n; –n:
s. zag 2.
~el, m., –s; uv., Zägel (ahd. zagal, mhd. zagel, s. Benecke 3, 839, engl. tail, s. goth. tagl, Haar, vgl. auch Tagel 1) mundartl.:
1) Schwanz, z. B.: Ein Fuchsschwanz. . . Die rothen Z. Langbein L. 453; Ryff Th. 6 u. o.; sprchw.: Kopf, Strumpf und Z. [Alles] daran wagen. Fischart B. 65b etc.; auch zsgzgn: Zahl. Schm. 4, 229 und z. B.: Eines gehörnten Thier, das einen Ochsenzahl hat. LSchefer Rom. 5, 208 etc. Zsstzg. s. die von Schwanz, z. B. Affen- Z. Goltz 2, 387 etc.; auch als Name von Thieren, z. B. Roth-Z. oder -Zahl (Adelung), ein Vogel; Strich- Z., ein Fisch, Perca asper. Schm. etc.; ferner: Säu-Z. ebd., eig.; dann auch als Schimpfw. und (auf der Rhön) = Wirbelwind etc.; ferner als Pflanzennamen, z. B. Hunds-Z.; Katzen-Z. Schm.; Wolfs-Z. Fischart B. IV etc.
2) (s. Schwanz 2) männl. Glied. V. Ar. 3, 26; Droysen A. 1, 69 etc.
3) Haar-Z., Haarzopf. Adelung.
4) Forstw.: Zopf-Ende (Wipfel) eines Baums; After-Z., Afterschlag.
5) Bergw.: Wie schon die Kleinen als Kläuberjungen Bruch und Z. ausschieden. Spindler V. 4, 143, vgl. Berg 7.
6) Hüttenw.: „der vierte Theil von einem Deul (s. d.) des gefrischten Eisens“. Adelung; bei Scheuchenstuel 266 Zaggel, vgl. zängen und s. Scherbel 2; Massel.
7) Schaf-, Schach-Z., Umdeutung von Schach-Zabel (s. d.).
~eln, zägeln, zegeln, intr.:
wedeln (s. d. 2, auch wehzegeln. ebd.). Schm.
~en, intr. (haben):
zag (s. d.) sein; sich so beweisen; vor Etwas zurückscheuen etc.: Sei getrost und unverzagt! fürchte dich nicht und zage nicht! 1. Chr. 23, 13; 2, 20, 15; 17; Wie ich so kläglich zage und heule. Ps. 55, 3; Luk. 21, 25 etc.; Meine Seele zagte und mein Leib zahnklappte. Arndt E. 14; Ich will . . nicht z. Cham. 4, 189; Sie zagte, über den gebogenen Steg zu gehen. Freytag Hdschr. 3, 299; Wer ist so feig, der jetzt noch könnte z.? Sch. 544a; Auch die Tapfersten zagten. 946a; Zagt er wieder, den entscheidenden Streich zu thun. Tieck DBl. 2, 119; 118; V. Ov. 1, 146; Z–d vor Atreus’ Sohn. Il. 3, 37 etc. Substant. Infin.: Mit Zittern und Z. Ap. 9, 6; Ifland 9, 1, 6 u. o.; In meinem Z. Ps. 31, 23; Richt. 5, 22 (zages Fliehn); Du zauderst, zu ihr zu gehen? .. Dein Z. zögert den Tod heran. G. 11, 198; 206; Durch Zaudern und Z. 14, 51; Mit freud’gem Z. Uhland 454 etc.; Die Z–dste der Sterblichen. Höfer Fremdh. 1, 35. Zsstzg. z. B.: Er-: selten statt ver-z. (s. d.), z. B. intr. (sein): Durch sie erzagt der Feind. Fronsperg 1, 174b und tr. (faktit.): Meines Erachtens würd’ er sein Volk e. Schertlin Br. 177. Nāch-: (selten) Jedes Vor-Fürchten und N. IP. 36, 78. Sêêl-: (mundartl.) in der Seele zagen, bangen: Seelzag nur nicht, Ernstchen! es wird so schlimm nicht werden. Suder Altpr. 41 etc.; Partic. Präs.: Sie hörten kaum halb die s–de kenntliche Stimme ihres geliebten Knaben. Stilling 1, 146 etc. Ver-:
1) intr.: zag werden, den Muth verlieren (vgl. verzweifeln):
a) ohne abhäng. Vhe (s. e): Uns ist bange, aber wir ver-z. nicht. 2. Kor. 4, 8; Ihr Herz muß ver-z. Nah. 2, 11 u. v.; Deutsches Herz! verzage nicht! | thu, was dein Gewissen spricht! Arndt; So schützt uns der Herr; wer wollte thöricht ver-z.? G. 5, 11 u. o.
b) mit abhäng. Präp. (oder Kasus), nam. oft: Wehe Denen, so an Gott ver-z. und nicht festhalten. Sir. 2, 14; Wer an seinem Amt verzaget. 10, 31; Fingen an zu ver-z. an der Erlösung. Luther 6, 168a; Ich erwog die Schwierigkeiten der Unternehmung, ohne an der Ausführung zu ver-z. W. Luc. 6, 250 etc.; ferner z. B.: Nur muß man nicht gleich beim ersten schiefen Maul, das Madame Fortuna Einem macht, ver-z. Forster Br. 1, 508 etc.; Sich im Glück nicht überheben und im Unglück nicht ver-z. etc.; Mein Weib verzagt [vergeht in Zagen, in Angst; ist in Verzweiflung] um mich [oder meinethalb, meinetwegen etc.]. Sch. 541a, dafür dichterisch: Herr, ihr müsset Dessen [= deßhalb] nicht verz. Cham. 6, 247; Wieder, Deß v–d, troff der Regen | ihrer Augen. 249 etc.
c) mit abhäng. Satz, mit oder ohne daran (s. b), z. B.: Ich verzage (daran) —, daß es mir gelingen wird oder: es zu bewerkstelligen; Jch entdeckte die Kluft, welche die Herzen beider Gatten trennte und verzagte, sie ausebnen zu können. Zschokke 1, 127 etc., auch mit pleonast. nicht (s. d. †, vgl. verbieten etc.): Sie hatten (s. e) schon verzagt, daß sie nicht würde wiederkommen. Jud. 13, 14.
d) subst. Infin. (vgl. h): Wo aber wenig Trost im Herzen ist, da macht dasselbige V. bänger denn die Plage selbst. Weish. 17, 13, s. auch Rdgl. zu Jer. 17, 9; Zum V. Cham. 6, 256; Auf der Mittelstraße zw. Vermessenheit und V. Luther 5, 235b; Voll V. Rückert Rost. 67a etc.
e) adjekt. Partic. Prät. (vgl. vergeizen): ganz in Zagen verloren, aufgegangen, vgl. (s. z. B. b; c): Jemand hat an Etwas verzagt (Perf.) und —: Er ist, wird verzagt (vgl. 2); ihn verzagt machen etc., sehr gw.: Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding. Jer. 17, 9; Ich will Elam verzagt machen vor ihren Feinden. 49, 37 u. v.; Warum seid ihr so verzagt und ängstlich gewesen? Hebel 3, 295; Den Jüngern | nenn’ ich mich, doch nicht an Muth Verzagtern. Platen 4, 283 etc.; auch: Ein verzagtes Aussehen, das eines Verzagten etc., s. f; g.
f) (s. e) Sei getrost und unverzagt. Ps. 27, 14; Sein Herz hoffet unverzagt auf den Herrn. 112, 7 etc.; Blumauer 2, 189; Gryphius Fr. 27; Es ist Niemand übler daran als ein Unverzagter, wenn ihn einmal die Verzagtheit (s. g) überfällt. Lewald Bfr. 2, 179 etc.; auch: Bei Gott! ein dreister Spieler, | ein rechter Unverzagt. Freiligrath 2, 110 etc. (selten vgl. Sanders Orth. 70 4silbig: Unverzaget. Cham. 3, 320).
g) Zu e: Eine gewisse Verzagtheit (des Herzens). König Saalf. 2, 225; DFam. 1, 275; Ense B. 3, 105; Lewald Gschl. 1, 236 etc. und so zu f: Nur Unverzagtheit kann dich retten etc.
h) (s. d) seltner: Sie machen ihnen selbst . . erschrockene .. Gewissen, Verzagung am Tod. Luther 1, 186a etc.
2) tr., faktitiv zu 1, selten, z. B. mit Uml.: Das .. entkräftigt’ und verz ägt ihm sein Heer. Stumpf 622b etc.; auch (vgl. 1e): Also sind die Helvetier .. erschrocken und verzägt worden. 301b.
Zāg~er, m., –s; uv.:
Einer, der zagt (selten, s. zag I 2), vgl. Fortbild.: Durch Zagerei [Zaghaftigkeit] entmannt. B. 170a etc.
~haft, a., –est:
zagend, zag, ängstlich etc.: Sein Herz war z. über [wegen] der Lade Gottes. 1. Sam. 4, 13 [unruhig um etc. Zunz]; Jes. 37, 27; Cham. 3, 307; Das Herz sei ein trotzig und verzagtes Wesen. Von dem menschl. Geist darf man wohl Ähnliches prädicieren. Er ist .. anmaßlich und zugleich . . z. G. 39, 105; Sie schreibt langsam und steif, wenn man so will, doch nicht z. und ungestalt. 15, 32; Verfällt in z–en Kleinmuth. WHumboldt 1, 27; Sch. 414b; Wich z. und unentschlossen .. zurück. 804b; Einen so z–en Schritt. 833b; Die erste Liebe ist z. Tieck Schr. 4, 303; Gelegenheiten, die den Z–esten hätte unternehmend machen sollen. W. 4, 57 etc.; Z–igkeit. Gervinus Sh. 2, 41; Sch. 840b etc., auch: Er sei die Schlauheit selbst (s. d. 1d), aber auch die Z–igkeit. Ense T. 1, 266 etc.; selten: Ich sank, durch dich gestärkt, un-z. auf die Knie. Gryphius Fr. 353.
~heit, f.; –en:
1) (ohne Mz.) das Zag-Sein, Zaghaftigkeit. 273; Die schnellen Wechsel von Z. und Muth. Freytag NB. 522; Gellert 3, 351; Mit Z. oder Zuversicht. Günther 61; Haller 16; Er schalt seine unthätige Z.; hier sei der Moment zum Handeln. WHumboldt 3, 210; Nur Muth! denn Z. kann den Untergang nicht fristen. Lohenstein Soph. 86; Z. des Geistes. Mathesius Pr. 109; Nicolai 3, 54; 4, 268; Rückert 6, 365; Morg. 1, 25; Schlegel Somm. 2, 1; JESchlegel 1, 238; Silesius 4, 102; Simrock N. 1739; Die Furcht und die angeborene Z. V. Ov. 2, 172; 296; Werder Tass. 3, 29; W. 9, 68; 11, 272; 20, 204; Das nennen .. gutherzige Leute . . Bescheidenheit, aber die Herzhaftern nennen’s Z. Luc. 5, 122.
2) (mit Mz.) Außerung, Kundgebung der Z. (1); zaghafte Handlung.
~lich, a.:
(alterthüml.) zaghaft, zag: Blöde und z. Görres H. 1, 42; 166; Warum seid ihr also z. um diesen Diw? 188 etc.
~nis, f.; (n., –ses); –se:
Zagheit: Voll Trotz und voller Z. Giesebrecht Ep. 51; In seiner Zagnus“. Mathestus Pr. 60; Mannhaftigkeit entfernt von Trotzigkeit und Z. Rückert W. 2, 117; Eine leicht begreifl. Z. überfällt mich. Heine 7, 163; 11, 287; Rom. 119 etc.; Eine bleierne Ver-Z. im Herzen. Sal. 1, XX; Lut. 2, 193 etc. I.
Gezǟh, n., –(e)s; –e:
Gezau (s. d.).