wöhnen
Wöhnen, tr. etc.:
s. wohnen2; 3, in Zsstzg.: Árg-: s. argwohnen. — Ent-:
1) vereinzelt intr. st. entwohnen (s. d.), z. B.: Ich bin wohl alt genug, der Mutter zu e. W. 4, 310; So muß er [zu]vor der alten Laster „entwenen“. Schimpf (1555) Kap. 171, — gw. aber:
2) als Faktitiv, ir. und ref. (im pass. Partic. oft zusammenfallend mit entwohnen), z. B.:
a) mit Genit.: [Sie] können ihren Leckersinn | des Honigs nicht e. 89a; Schwer möchte man sich dieser Benennung e. 4, 236; Ein Mann, der Thränen streng entwöhnt. 3, 74; 3, 234; 1, 152; 1, 109; 3, 33; 810a etc. — c) zuw. mit Dat. st. Genit.: Die Bergbewohner waren nie dem Waffendienst entwöhnt worden. 37, 617a; Dem Hof und dem Geräusch entwöhnt. 1, 17; U. 2, 349; R. 8, 286; 2, 190 etc. — d) mit von, z. B.: Den „Entwehneten“ von der Milch. 28, 9 Fastn. 14, 16 etc. = Der Milch Entwöhnte. s. b); 330; Das Heer entwöhnte längst .. von dem blut’gen Dienste sein Gemüth. 13, 60; 15, 89; Du willst mich von der Welt „entwähnen“. 175; 8, 43b („entwe nen“); 6, 11; Ein Kerl, mehr gemacht, von Sünden zu e. als dazu anzureizen. 201b; Vom Höchsten, | wie vom Gemeinsten lernt er sich e. 399b; 5, 132; 31, 438 etc. — e) mit Jnfin. und zu: Du wirst es nicht, zu singen, mich e. 4, 60; NB. 34, 440; Unmöglich kann er noch sein Heldenherz e., | ins Weltgetümmel sich mit Macht zurückzusehnen. 20, 249 etc. — f) ohne abhäng. Vhe, nam.: Einen Säugling etc. e. [von der Brust]. Weihn. 86 etc.; „Entwenen“. 3, 9a (s. Span II, Anm.); Ps. 131, 3 etc.; aber auch z. B.: Sich den Panzer anzuschnallen, | der die [seiner] entwöhnten Glieder niederzog. 34b etc. — g) pass. Partic., s. b–f; auch (s. b): Ein zärtlich Ohr, | der Stimme der Natur noch unentwöhnt. 169; verschmelzend: Lust-,schmerz-entwöhnt etc.; ferner meton. (s. entwohnen 2c), z. B.: Mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen. 11, 4; Die entwöhneten Sterne zu schauen. Ov. 1, 295. — h) Die Entwöhnung von der Gesellschaft, vom Wein, vom Trinken etc.; Das Werk .. allmählicher Entwöhnungen. Ap. 1, 187; Entwöhnung eines Säuglings, z. B. 23, 270 etc. —
Ge-: 1) zuw. (volksüblich bes. in Ostreich) mit Acc. st. gewohnen (s. d. 1b; 3b), gewohnt werden, z. B.: Eh wir das Licht g. können, | umringt uns eine blinde Nacht. 1, 121; Dort lernst du Gottes Licht g. 182; Daß es nur auf die ersten Stockstreiche aukommt; dann gewöhnt man’s. Chr. 1, 120; Verdammte Wirthschaft! Wie werd’ ich’s g.? N. 2, 186; „Man gewöhnt’s! wie in seinem „deutschen Krieger“ sagt. DW. 5, XVII; Dem allein | die blöde Menschheit zu vertrauen, bis | sie hellern Wahrheitstag gewöhne. Nath. 4, 4; Sie sind Alle nicht anders und du wirst es auch schon g. E. 1, 225 etc., vgl. im subst. Infin.: Der Erniedrigung G. 10, 239 = Das Sich-G. an die Erniedrigung (vgl. 2g) — gw. aber:
2) faktitiv tr. und refl., z. B.:
a) mit an und Accus.: Einen Hund an sich g., es dahin bringen, daß er gern und traulich um Einen ist; Sich an einen Hund g., dahin kommen, daß man nicht ohne denselben sein mag etc.; „Gewehne“ dich nicht an die Lügen, denn Das ist eine schädliche „gewonheit“. 7, 14 etc.; Der Beste selbst gewöhnet seinen Geist | an Grausamkeit. 13, 33; Man sieht, du bist nicht an Verlust gewöhnt. 34, 197 [,gewoohnt“. 13, 69]; 11, 5; Wenn wir an die täglichen Assembléen gewöhnet wären. Ph. 2, 82; 6, 11; „Das bin ich nicht gewohnt.“ Sie werden sich | an Manches noch g. 346a etc.; ugw. (oder Drckf. ?): G. Sie sich an Ordnung und friedlicher Gemeinschaft. Els. 312, vrsch.: Ich werde an der Spree mich g. [= ein-g.]. 7, 132. —
b) mit zu: Ein Mensch, der sich zu Lügen ,gewehnet“ (s. a und e). 20, 27; Gewehne deinen Mund nicht zum Schwören. 23, 9; 1. 1, 51 etc.; Fluchwürdige Gewalt der Stimme, die | mich einst so glatt zur Folgsamkeit gewöhnte! 13, 329; Zur Sklaverei gewöhnt der Mensch sich gut. 73; 6, 300; 296a; Der zu keiner harten Lebensart gewöhnt war. Luc. 4, 38 etc.; —
c) Den Haaren, die sich in einzelne Locken [zu legen] gewöhnt hatten. Mer. 291 etc. —
d) mit Angabe des Wie oder Wohin oder zuw. auch allein: Wie man einen Knaben „gewehnet“, so lässet er nicht davon. 22, 6; Du hast sie so „gewehnet“ wider dich, daß sie Fürsten .. sein wollen. 13, 21; Sich hart, weich g.; Den zärtlich, weich gewöhnten Fuß. 405b etc.; Heraus in eure Schatten .. | tret’ ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl | und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher. 13, 3 (s. 7: her-, hin-g.); Ich hatte mich gewöhnt, mich angehänget. 5, 21 etc. —
e) mit abhäng. Satz, nam. mit Infin. und zu, z. B. 19, 3; 5, 532b; Gewöhne dich — dein Kind —, früh aufzustehn etc.; seltner: daß du früh aufstehst; daß es früh aufstehe; Ein Kalb, „gewenet“, daß es gern drischet. 10, 11. —
f) adjektiv. Partic. s. a—e, sich oft nah berührend mit gewohnt (s. gewohnen 3), auch z. B. mit Genit.: Eine feine Gesellschaft! Ich bin besserer gewöhnt. 9, 167 und verschmelzend: Der kriegsgewöhnten französischen Heere. 6, 291 etc. oder mit Acc.: Du wirst sie [die Studenten] bald gewöhnt werden. Hdschr. 1, 308 etc. — nam. der sachl. allgm. Fw. —: Der Ruf des Herrn, | des Herrn ertönt; | wir folgen gern; | wir sind’s gewöhnt. 10, 224 etc.; auch Ggstz.: Das jungewöhnte Weib | sucht irgend anderswo ein besser Zeitvertreib. 7, 531; Zu Seufzern ungewöhnt, fremd in galanter Kunst. 1, 53 etc. —
g) Dazu: Die feste Gewöhnung an die kleinen Gewohnheiten des Lebens. B. 2, 294; 33, 88 etc., auch in Mz. (vgl. Gewohnheit): Pol. 4; So hat ihre Seele mir Gesinnungen eingepflanzt und Gewöhnungen angebildet, die etc. Saalf. 3, 125; Begehrst du, daß .. ich | den läßlichsten Gewöhnungen entsage. 3, 128; Mißd. 95; 4, 120519 etc.; Zsstzg.: Die geringe Marschgewöhnung. 12, 76, das geringe Gewöhntsein ans Marschieren etc. Ferner Doppelzsstzg. zu 2, z. B.:
3) Ab-g.:
a) gw.: Einem 2, 189 etc.), sich 11, 14; 15, 55 etc.) Etwas ab-g., es dahin bringen, daß er oder man das Gewohnte ablege. —
b) Wie es dieser Mann anfing, einen kleinen Hund von sich ab und an den Siegelbewahrer zu g. 29, 256 etc.; zuw. auch = a, z. B.: Sie von dieser otahitischen Gleichgültigkeit gegen diese Rechte ab-zu-g. [vgl. ent-w.]. 33, 35; Wenn er ihn wenigstens von den wilden Ausschweifungen abgewöhnte. 6, 44 etc., auch mit Genit.: Aller Wollust sich abgewenen. 2, 2, 32b und (s. ent-w. 2f): Ein Kind ab-g. [von der Brust]. Lammf. 1, 95 etc. —
c) Dazu: So schreckt mich von der Süßigkeit der Angewöhnung | ab die Verdrüßlichkeit der Abgewöhnung. Mak. 2, 223. —
4) An-g.:
a) Einem oder sich Etwas an-g. (vgl. 3a) zur anhaftenden Gewohnheit machen, z. B.: eine Tugend, ein Laster, das Trinken, den Trunk, das Kännchen 1, 486) etc. (s. f u. h). —
b) Einem oder sich ein lebendes Objekt an-g. (vgl. 3b), selten st.: es an ihn oder an sich g., z. B.: Die deutschen Völkern eingebürgerten .. und angewöhnten wilden Stämme. V. 157; Wie die Hunde mit Schlägen ihrem Herrn angewöhnt werden. Kl. 3, 240 etc. Ferner (c—g): Einen oder sich an-g.:
c) an Etwas, z. B.: Ein besonderes Ceremonial .., an welches die Scheschianer so mechanisch und pünktlich angewöhnt wurden. 8, 222; Wer an tausend überflüss’ge Dinge | sich angewöhnt hat. HorSat. 2, 50 etc. —
d) Seine Hände, | die zum Zepter „angewehnt“. 2, 114; 4, 99; Würden sie ihre Kinder .. zur Gottesfurcht „angewenen“. 1, 420; Auch Triebe der Natur, die herrschbegierig wachen, | gewöhnt sie [die Weisheit] zum Gehorsam an. 2, 92; 1, 13 etc., s. e. —
e) (s. d) mit Infin. und zu, sehr gw.: Ein Knabe . ., den man angewöhnt, Alles .. zu vergleichen und Acht zu haben, ob etc. 5, 418; 1, 26; Angewöhnt, lauter idealische Wesen um dich her zu sehen, wirst du etc. 4, 71; 7, 208 etc.; selten refl.: Daß die Völker sich gar bald an-g., ihre Herren für . . höhere . . Wesen anzusehen. 30, 296. —
f) (veralt.) mit sachl. Acc.: Hündlein, die man alle Affenspiel lernen [lehren, s. d., Anm.] und an-g. mag. 13 (s. a) oder mit Genit.: Sich der römischen Sitten an-g. A. 2, 1124 etc. —
g) zuw. allein: Es hat einige Mühe gekostet, mich an-zu-g. [daran zu g.]. W. 219, vgl. anlehren etc. —
h) pass. Partic., s. c—g; aber auch meton. (vgl. a und angewohnt), z. B.: Mit gewissen angewöhnten.. Tänzerbewegungen. 315 [die er sich angewöhnt hatte]; In einem .. angebornen und angewöhnten Vertrauen. 25, 4; Seinen angewöhnten Gang fortgehen. 6, 295; Seine erworbenen und angewöhnten Tugenden. Dr. 2, 2, 141; DBl. 2, 271 etc. —
i) Der Angewöhnung des werthen Publikums zu schmeicheln. 18, 201; R. 3, 242; Angewöhnungen, die (wie man sagt) eine andre Natur sind. Anthr. IX; (s. 3c), vgl.: Es wäre ein An- gewöhnis für eine kleine Zeit. B. 2, 298 = man gewöhne sich bald daran. —
5) Ein-g. (vgl. einwohnen 5; 6), zuw. intr. st. eingew ohnen (s. d.): Wer in den Bergen daheim .. ist, kann hart ein-g. in der Ebne. 9, 482a etc., gw. faktit., tr. und refl.: Ich bin nun eingewöhnt und verwöhnt, dir anzugehören. Stein 3, 52; Da ich mich im ruhigen Besitz eingewöhnt habe an den Segen ihrer .. Liebe. W. 4, 164; Die große Masse des Volks war so in fremde Sprache und Sitte eingewöhnt. 15, 1, 211; 9, 19 etc.; Die eingewöhnte sten Trunkenbolde. Irl. 1, 201 etc.; Seiner Eingewöhnung. 22; Dicht. 1, 249 etc. — 207*
6) In ihrem zum Himmel .. emporgewöhnten Gesicht. 8, 447 etc. —
7) Viel . . Müßiggänger hat er her- gewöhnt. N. 5, 406; Hast du dich nicht hingewöhnt [zur Kirche], | sie [die Glocke] kommt und wird dich holen. 1, 178; In Vieles werde ich schnell wieder von den Menschen hineingewöhnt. 14, 299); Ich habe mich einmal in die Minnesängerkleidung so hineingewöhnt. Phil. 120 etc. —
8) Umgewöhnt zu dem Waffenklang, | sieht er etc. Od. 1, 4, von dem Frühern ab- und zum Waffenklang hingewöhnt etc. —
9) Ver- g., ugw. st. verwöhnen, so auch: Aus frühzeitiger Vergewöhnung an die deutschen Schriftzüge. Du XI. — 10) Sich vor-g. 168, sich vorbereitend zu Etwas g. — 11) Zu-g., zu Etwas im Dat. Genannten hin-g. etc., z. B.: Den Kriegern ist er zugewöhnt. 6, 22; Eh sich sein Sinn der Ordnung zugewöhnte. 208; Zeitig | von den Mohren zugewöhnet | ihren Sitten und Gebräuchen. Span. 2, 78 etc.; Einem zugewöhnteren Publikum. Mak. 1, VII. — 12) Zurück-g., z. B.:
a) zu Früherem: Seine Offiziere zu jener strengen und geschlossenen Haltung zurück-zu-g. Y. 1, 204; Die verwilderte Kunst zu Gesetz und Ordnung, Zucht und Sitte zurück-zu-g. GschTh. 225. —
b) Wenn ich mich je von dir zurückgewöhne [zurückzuweichen gewöhne]. 12, 79. — 13) Sich zusammen-g., sich zusammenzuhalten, Eins zu sein g. etc., auch: Bei Völkern, unter denen mit der Zusammengewöhnung der Geister in allen Beziehungen des inneren und äußeren Lebens sich auch eine literarische Sprache festgesetzt hat. 2, 226a. —
Ver-: 1) Einen etc. v., tadelhaft oder in einer Weise, wie es nicht sein sollte, ge-w., z. B.:
a) mit an: Man war an den Schwulst und Unsinn der damaligen Schauspieler schon verwöhnt [gewöhnt]. 8, 45; Ich bin verwöhnt an Jammertön’ und mag | das Singen nicht mehr leiden. NSch. 10, 93; Der Erzieher, ans Alte verwöhnt, will etc. Lev. 658; auch mit zu: Auf diese Weise werden die Kinder zu einer unglücklichen Art zu empfinden .. verwöhnt. Zur Üppigkeit verwöhnt, wie kann er edel denken? 2, 138 etc., s. auch ein-g. (vgl. c). —
b) seltner mit von (vgl. ent-w.): Sie [die Wollust] verzärtelt, schwächt und verwöhnt den Geist von den alten Tugenden. Ph. 1, 131; — zumeist aber:
c) ohne abhängige Verhältnisse, besonders gar zu zart und empfindlich oder — verzärtelnd (s. d., vgl. verhätscheln), verziehend gewöhnen: „Verwehne“ sie [deine Töchter] nicht. 7, 26; Wer seinem Kinde zu weich ist, Der etc. .. Ein „verwehnet“ Kind wird muthwillig. 30, 8; Selbst verwöhnt und verzärtelt, verwöhnt und verzärtelt er auch die Kinder seines Geistes: er windelt sie gegen die Luft bis zum Halse ein. 1, XXIV; 13, 175; „Jndessen hat Ottilie sich in unsrer freundlichen Gesellschaft so verwöhnt, daß ihr eine andre wohl schwerlich willkommen sein möchte.“ Wir haben uns Alle verwöhnt. 15, 126; Wann ihn sein Stolz „verwehnet“ [dünkelhaft macht]. 13; Verwöhnter Sohn des Glücks! Dr. 20; 3, 19 etc. —
d) Seine noch unverwöhnten Sinne. 4, 61 etc. —
e) Verwöhnungen (s. c). 33, 335; Saalf. 2, 238 etc.; veralt. in untadelhaftem Sinn = Gewohnheit, Brauch: Den vorgehenden „Verwenung“ und Abschieden (s. d. 5) ungemäß. Lthr. 120a etc. —
f) Die Verwöhntheit. — 2) Etwas v., mundartl. = verlernen; sich davon ent-w. etc.: Dar- über hab ich die Bauernarbeit verwöhnt. 13, 211a.
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