Faksimile 0819 | Seite 1641
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wittern
Wíttern, intr. (haben), tr., refl.:
(vgl. wettern): 1) mit Angabe des Wie: so und so beschaffnes Wetter werden lassen, geben, z. B.: Es (s. d. 7), Gott, der Himmel, die Luft wittert so und so; Wie’s wittert an den 40 Rittern [9. März], | wird’s 40 Tage weiter w. Sprchw.; Wenn die Luft ’was trübe „wüttert“. Gryphius Fr. 37; Gott .. weiß baß zu w. weder du. Keisersberg Sünd. 18a; Dem Kalender, wie es w. .. soll. Schuppius (Wackern. 3, 750¹¹); Was zeihst du Gott, | daß er deinem Kopf nach w. sott [sollte]. Zarncke Br. 155b (Brant); 358a (Murner) und pass.: Wir haben so große Sorg’ auf Erden, | wie es doch soll gewittert werden. 357b (Ders.). 2) ein Gewitter (s. d. 1) geben, eig. und übertr., vgl. donnern, winden I 1, wettern etc., z. B.: (vgl.
1) Es, Gott, der Himmel wittert etc.; Wenn es wittert, donnert, blitzt und hagelt. Agricola 503; Wenn ein Ungewitter am Himmel steht, so sagt man: es wittert. Breitinger Krit. 2, 75; Laß Gott thun seinem Willen nach, | . . laß w. ihn, laß machen schön [Ungewitter und schön Wetter geben]. Brant N. 28¹⁷; Brockes 1, 153; Fischart B. 189b; Durch der Fenster buntes Zittern | seh ich wetterleuchtend W. G. 12, 85; Weckt mich doch ein grauslich W. 113; 124; Sowohl beim Sonnenschein als wann es wittert. Haller 112; Wann um ihn Macht und Bosheit wittert. 13; Der Himmel [wird] w. Lichtwer 79; Es hört .. | der Geißbock .. den Löwen poltern, schmälen, w. [fluchen, toben etc.]. 136; Laß den Satan w., | laß die Welt erschüttern. Lieders. 579a (IFrank); Musäus Ph. 1, 124; Der auf den Schild .. | die schnellen Stöße w. [schallend fallen] lässt. Nicolai 4, 77; Der blaue Himmel ward geregt, | troff ab und mußte w. Opitz W. 4, 124; Weil schwarz heran die Donnerwolke wittert. Seume Gd. 77. 3) (vgl. 1; 2) Es wittert durchs Dach. Adelung, das Wetter mit Schnee, Regen etc. dringt hindurch. 4) das Wetter im Freien genießen, nam.: Die Bienen w. oder sommern, säubern (sich), w. (sich) aus, ver-w. (sich) etc., vgl. auch: Wenn ich in den Jagdrock mich gehüllt, | dann wollen wir die frischen Winde w. Houwald 5, 66. 5) (s. winden I 1b) zunächst weidm.: durch den Geruch dann verallgemeint Etwas wahrzunehmen, aufzuspüren suchen (vgl. 6), z. B.:
a) W. oder sichern. Gartenl. 9, 15a; Während die wahren, beobachtenden Füchse [der Policei] grade da schlichen und witterten, wo man sie am wenigsten vermuthete. Gutzkow R. 4, 256; Seine Hunde witterten und schnoberten hier nicht wie auf dem Anschlag. 9, 7; Laube Br. 109; 302 etc.
b) Der Adler wittert in die ferne Kluft. IGJacobi 3, 167 etc.; Die Thiere, die nach der Atzung w. Alexis H. 1, 2, 177; Der Rabe witterte nach seiner Lieblingsspeise. H. 9, 37 etc. 6) (s. 5) spürend wahrnehmen, z. B.:
a) Man wittert hinter aller Kränklichkeit sein gesundes Herz. Augsb. Z. (44) 1338a; 1346a; 1347b; Jch wittre Morgenluft. B. 15a; Der keusche Rosinante, der | nicht mehr die Stuten wittert. Blumauer 297; Er witterte nicht Furcht noch Fahr. Claudius 7, 64; Wir w. Wankelmuth. G. 6, 251; 1, 184; Gotthelf Sch. 185; Dort witterte ihn Bello [der Hund]. Gutzkow R. 2, 28; Den [Schrank] umschnüffelt er. Da wittert er Gold. 288; Die Bestien w. den Leichengeruch | mit schnupperndem Fraßgelüste. Heine Verm. 1, 139; Herwegh 1, 188; Sch. 163a; Schlegel Sh. 2, 209; Da der frühe Hahn | Aurora’s Morgenpferde wittert. W. 20, 75; Indessen wittre ich doch einige Schwierigkeiten. 22, 359; HB. 1, 123 u. o.
b) mit mehr oder minder belebt gedachtem Subj.: Der [Zauber-] Schlüssel wird die rechte Stelle w., | folg ihm hinab! G. 12, 68; Wenn Berg und Kluft den Hagel wittert. JGJacobi 3, 129; Es [dies Schiff] wittert unbelehrt der Stürme fernes Dräun. W. 25, 66 etc.
c) mit abhäng. Satz: Wilhelm fing an zu w., daß es in der Welt anders zugehe. G. 16, 213; W. 11, 207 etc.; Keine von den 3 Marieen wittert, | wie Meister Ralph den heil’gen Leib gefüttert. 236 etc.
d) bes. im Partic. Präs., ohne Obj.: Wohl-w–d scheint die Fremde gleich dem Hund der Jagd | zu sein. WHumboldt 3, 70 etc. 7) (vgl. 5; 6) sich spüren lassen; sich wahrnehmbar zeigen, sich regen etc.:
a) refl., nam. bei den schles. Dichtern, s. Adelung; ferner z. B. Wie .. der Versteckte sich, sie anzusprechen wittert. Gryphius Fr. 274; Weil sich die Sünden bei mir w. ChrGryphius 35; Wenn sich nur ein Fieber wittert. Günther 837; Gruft, wo sich die Schlangen w. Mühlpforth 2, 43; 26; Opitz (s. Weinhold 106a) etc.
b) intr. (vgl. auch 1; 2; um-w. 1;
2) z. B.: Siehst du nicht Furcht in meinem Auge w.? Freiligrath Ven. 43; Wie seltsam glimmert durch die Gründe | morgenröthlich trüber Schein | und selbst bis in die tiefsten Schlünde | des Abgrunds wittert er hinein. G. 11, 172; Apollo sei .. eher hager .. und es wittre daraus Etwas von einem röm. Kaiserprinzen. Heinse A. 2, 78; O Liebe, dein W.! JG Jacobi 3, 40; Ein dumpfes Murren begann im Saal zu w. W. 20, 28 etc. c) Nach Etwas w., riechen (s. d. 1d) z. B.: Hier wittert’s nach der Hexenküche. G. 12, 67; 206