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wirr Gewirr wirrbar Wirre Wirren Um-Wirr Um-Wirr Wirrheit wirrig wirrlich Wirrnis Wirrsal wirrsalen wirrsam Gewirrsel
I. Wirr, a.:
im Zustand ordnungslosen Durch- einanders, und: solchem gemäß, z. B. von Haaren: Lasst mich erst das w–e Haar euch schlichten. Freiligrath SW. 1, 429; 343; Gutzkow R. 4, 335; 8, 280; Das sonst so saubere Haar jetzt w. und struppig. Höfer Vrst. 198; Waldau N. 1, 207 etc.; ferner: Ihr spinnet w–en Faden. Rückert Mak. 1, 44; W–er hatte sich der Knäul geschlungen. Cham. 3, 363 etc.; W. und wild .. verschränken sich die Stauden. Höfer V. 141; Schlingpflanzen, w–e, allhinrankende. Rbsenkranz Centr. 31 etc.; auch: Wenn’s ihm zu kraus und w. ward. Alexis H. 1, 1, 101; Ein schreckliches Gewimmel | w–er Triebe um und um. Arndt 398; W. und dämmernd wie ein Traumgewimmel. B. 96b; Im w–en Strudel. Fouqué Dr. 1, 57; Die Wolken flogen w. und wild. Freiligrath SW. 1, 457; Dieses irre und w–e Treiben. Görres V. 163; W–es Durcheinander. Gutzkow R. 2, 274; In dem trüben, w–en Empfinden. Lewald Ad. 33; Mit engen, krummen und w–en Gassen. Natur 13, 152 etc.; ferner: W. im Kopf sein. Auerbach Ab. 208 etc.; Als w–er Phantast. Ense T. 2, 51; Mit dem w–en Blick und zerwühlten Haar. Kinkel E. 267 etc.; Einen w. und irre machen. Logau (L. 5, 353); Den Sänger macht der Spott nicht w–e. KEEbert (Sänger im Palast) etc.; Zusammenschiebungen: Ich bin noch ganz freude-w. [vor Freude w., verwirrt] und dumm. Möricke N. 402 etc.; Das zeit-w–e [die Zeiten verwirrende, anachronistische] Ineinanderschütteln der Scenen. IP. 1, XXIII. II.
Gewirr, n., –(e)s; –e:
wirres Durcheinander (vgl. Wirrwarr; Wirrsal; Wirrnis, Labyrinth etc.); Ihr [der Schlingpflanzen] unordentliches G–e. Burmeister gB. 2, 234; Das G–e der Leidenschaften etc. G. 16, 92; Wir befanden uns . . in dem größtmöglichen G. und Gewimmel. 25, 107; 29, 336; 31, 173; Den Lärm und das G–e. 34, 285; Dies G. und Geschwirr. Gutzkow Diak. 43; R. 4, 236; Heinse A. 2, 46; H. 11, 440; Mich durchs unermeßliche G. herauszuwinden. R. 9, 343; Klinger Giaf. 587; Das von den Zähnen [der Hechel] zurückgehaltene G–e von Fasern, das „Werrig“, „Werg“ [s. d.]. Knapp Techn. 2, 626; Dieses G–e zu entwirren. Rüstow gK. 260; Seltsamer Sprachen G. braust in das wundernde Ohr. Sch. 76a; Über einem G. solcher unterirdischen Wölbungen, Aquädukte. Stahr Rep. 2, 322; In labyrinthischen G–en | schwankt ungewiß der Mensch dahin. Tiedge Ur. 2, 16; V. Il. 18, 229; W. 28, 359 etc.
a) Landw. = Wirrstroh (s. d.): Weil .. durch das Nachharken viel ungebunden G–e mit in den Tast kommt. Krünitz 9, 576 etc.
b) Schloss.: das vielgewundne und ineinandergeschlungne Eingericht (s. d.) eines Schlosses. Zsstzg. z. B.: Vollkommen im Baum-G. versteckt. Roquette NE. 294; Aus dem Blätter-G. Frenzel Watt. 1, 4; Ein wüstes Felsen-G. FMBartholdy 1, 231; Nat.–Z. 17, 449; Das fromme Fest-G–e. G. 24, 39 (vgl. Festgewühl); Das Gassen-G. des quartier latin. Stahr Par. 1, 25; Das Durcheinander des Gespräch-G–s. 2, 192; Sein künstliches Haar-G–e zerstören. Bronner 1, 99; Mit Hügel- und Felsen-G–e. Fallmerayer Or. 2, 5; Die engen Kanäle in diesem Insel-G. Natur 13, 290b; Das blutkostende Kampf-G–e. Schütze Hamb. 108; Man windet sich am sichersten an diesem Leitfaden .. aus geologischem und politischem Länder-G–e. G. 21, 251; Das bunte Mythen- G–e. Oppenheim 13, 185; Der Anfang von einem neuen Mord-G–e. 12, 232; Durch dieses Pflanzen-G. Natur 13, 142b; Sagen-G. DMus. 14, 2, 595; Spuk-G–e. Heine 17, 187; Ausgänge aus dem zackigen Stein-G. Fallmerayer Or. 1, 7; [Der Mond steuert] durchs Stern-G. Reithard 374; Verstummte das Stimmen-G. Stahr Par. 2, 193; Hinter allem dem mächtigen Triumph-G–e. G. 31, 101 [s. Triumphzug]; Wir wanken irr | .. im Welt-G. Matthisson 163; Zelter 1, 204 etc.; Im Zweig- G. Natur 13, 335a etc.
Wírr~bar, a.:
sich wirren (s. d., Zsstzg.) lassend, in meist verneinten Zsstzgn: Ein fast un-auf-w–es Gewühl. Temme SchwM. 2, 60 etc.; Verwickeln sich immer un-ent-w–er in die Labyrinthe. G. 19, 103; 40, 472; Höfer V. 141; Ein un-ent-w–es Chaos. Hartmann Unst. 2, 340; Die Zöpfe un-ent-w. zusammenflechten. Immermann M. 1, 63 etc.; Ich bin nicht so leicht ver-w. etc.
~e, f.; –n:
1) Verfitzung (s. d. und Karte 8; mundartl. Verhedderung, s. Hader, Anm.): Die Seide gehörig aus der W. bringen. Mendelssohn 5, 529, (s. entwirren); Wer kann einen verwirrten Knäuel in Ordnung bringen, wenn ihm Jemand den Faden geflissentlich wieder zerzaust und in die W. bringt? 373 etc.
2) (s. 1) Etwas, was nicht ganz glatt und eben ist, wo man nicht leicht oder ohne Anstoß heraus-, hindurchkommt etc., z. B.:
a) Wo Blache und W., d. i. unebenes Feld, mit einander abwechseln. Pröhle J. 150; Der sich in dieser W. verdrungen und vergessen sah. Kretschmann 5, 323 (vgl. Labyrinth etc.), nam. aber:
b) in Mz., von Zuständen, in denen man befangen ist und durch die man sich nicht leicht hindurchwinden kann, zumal auch von der Schlichtung und friedlichen Beilegung noch ermangelndem Zwist und Hader (s. d., Anm.): Wäre Ephraīm’s Blick nicht von diesen vielfachen W–n umdunkelt gewesen. Auerbach Dicht. 1, 193; Als Vermittler der nordischen W–n. Bülau Geh. Gsch. 7, 247; Um diese W–en auszugleichen. Devrient 2, 394; Daß es in allen diesen W–n doch noch einen festen Anker der Hoffnung .. gäbe. Gutzkow R. 9, 312; Dieser versöhnliche Ausgang der jüngsten W–n schien ihm eine Bürgschaft für die friedl. Gestaltung der Revolution. Häußer 1, 301; Die furchtbaren W–n, die über Abessinien hereingebrochen. Natur 13, 284a; Die kirchlichen, die politischen W–n etc., sehr gw. (nach Schm. 4, 136 v. Zschokke in die Literatur eingeführt). Zsstzg. z. B.: Die Kriegs-W–n hatten sich immer mehr verwickelt. HSmidt Meeresst. 140; Natur 13, 371b; Die Lebens-W–n. Auerbach Dicht. 1, 193; Ein Opfer der politischen Welt-W–n. Monatbl. 1, 131b; In Zeit- W–en, aus denen wir bald erlöst sein werden. Gutzkow R. 3, 405 etc. –—
3) Die W–n (Erdkrebse). Landw. Z. (55) 468a, s. Werre.
~en (im Partic. auch geworren, s. 5):
1) Etwas oder sich wirr in, durch etc. einander schlingen, bewegen etc.:
a) tr., z. B.: Etwas durch, in, unter einander w.; Er wirrte das Garn unter einander. Immermann M. 3, 168 etc.; Wer mag diese 2 so versch. Kreise in einander w.? Falk G. 73; Den Leuten die Haare (s. d. 1d) in einander w., auch: Haben die Päpste mögen durch Teufels Hilfe die Könige in einander w. Luther 1, 289a [es dahin bringen, das sie einander in den Haaren liegen, s. 2] etc.; ferner: Mein Haar | will ich in Knoten wirr’n. PhKaufmann Sh. 1, 71; Wirrt Etwas von seiner Weisheit in Eure Bärte! König Kl. 3, 18; Sie wirrt der Pferde Mähnen [in einander]. V. Sh. 1, 239 etc., s. 4.
b) refl. (s. a): Alles wirret sich in einem Schlangenknoten. G. Stolb. 75; Er wirrte sich immer dichter in Teufels Garn. Hausbl. (62) 3, 375; Um welche das unselige Getümmel sich wälzt und wirrt. FHJacobi 5, 44; Die Haare .. bilden, indem sie sich .. in einander w., den Filz. Karmarsch 2, 219; Die Gestäude . . w. sich diesem Thier um sein Gehörn etc. Ryff Th. 3; Um meine Füße fest und fester wirret sich | der Zauberknäul. Sch. 464a; Der Hörer Versammlung | wirrte sich jetzt. Sonnenberg D. 1, 333; Wirrte sich in ihm der Todten Haar. Stolberg 104; Alles wirrt sich so in meinem Gemüth in einander. Tieck NK. 4, 244 etc., s. 4.
c) intr. (haben) sich wirr bewegen etc.: Herren und Damen .. walzten und wirrten da bunt durch einander. Eichendorff 3, 21; Wie Das .. wirrt und schreit! Phil. 50; Lärm 38 etc.; Alles erscheint mir nun verschoben und wirret gegen einander. Musäus Ph. 1, 121; 2, 36; Jetzt kribbelt’s, krabbelt’s, wirrt’s und schwirrt’s. Roquette W. 25; Um den Thron, wie wirrt es durcheinander | von Rebenfürsten! 32; Alles wirrt und schwirrt mit tausenden Fragen. 34; Das war ein W.! 36; Die Fackeln wirrten durch einander. Hün. 270; Da schwirrt es und wirrt es, da läuft es und kriecht es. Sanders Gspr. 104 etc. 2) (s. b) zuw. noch: Etwas wirrt Einen, macht ihn wirr, irre (irrt ihn); bringt ihn in Wirren (s. Wirre 2b), quält ihn etc.: Er wirret die Erde mit bösem Rathschluß. Görres H. 1, 124 (vgl. 1a Luther); Weil die Sache nicht meine ist und also Selbstsucht mich nicht w. darf. H. Dünz. 2, 162; Oheim, was wirret [fehlt etc.] euch? Hungari 1, 638 (Kurz); Was wirret dich? Rückert Erb. 1, 17 etc. (s. ge-w.); Wenn schrecklich stumm | uns Kerkernächte w. Schubart 1, 97 etc. 3) (s. 1 und binden 3f; schlingen 2c) Etwas aus einander w., aus der Wirre bringen, z. B.: die Fäden (Musäus M. 3, 159); die verwickelten Zügel (Thümmel 5, 15), Fragen (4, 144); unbegreifliche Dinge (V. Myth. 1, 45) etc.
4) adjekt. Partic. Präs., z. B.: Durch des Lebens | w–de Beugung. G. 1, 88 (vgl. 1b; c) die sich wirr, labyrinthisch windet etc.; Vom Schwall w–der Satzungen. Stolberg Gd. 12 (s. 1a; 2), die uns wirrt, verwirrt; In der w–den Masse [des Chaos]. V. 1, 6 (vgl. 1c) u. ä. m.
5) adjekt. Partic. Prät., z. B.: Schlingpflanzen und Bäume, bunt in einander gewirrt (s. 1b). Frenzel Watt. 1, 278; In einem krausen durch einander gewirrten Busch. Immermann M. 3, 218; V. Od. 5, 329; Sonderung einer unförmlich gewirrten Masse von rohen Urstoffen. Myth. 1, 14; Th. 22, 14; Krausgewirrt. Ar. 1, 105 etc.; auch: Ein Chaos, aus Verstand und Leidenschaft geworren. Broxtermann 289 etc., bes. von Zsstzg.
6) Die fröhliche Wirrung der Zurüstungen. Eichendorff Lärm 28 (vgl. Gewirr); O Welt, voll wunderbarer Wirrung! G. 2, 145; Hält des Lebens Wirrung ihn umwunden. Uhland 176 etc.; Zu der heillosen Durchein- anderwirrung des Geistlichen und Weltlichen. Mundt Rom 134 etc. Zsstzg. z. B.: Áb-[3]: ein Gewirre abwickeln, auch refl.: Der Faden wirrt sich ab. Waldau N. 2, 232. Āūf- [3]: Daß man das Verworrene säuberlich „ufwerr“. Alberus, s. aufwirrbar. Be-: gw. nur im pass. Partic. (un)beworren: in Wirren (nicht) verwickelt etc.: Den in sein [des Schicksals] Spiel beworrenen Personen. Hegener Molk. 2, 141 etc.; Mit der Policei unbeworren! Musäus M. 2, 103; Gewünscht, mit diesem gefährl. Handel unbeworren zu sein. 5, 79; Laß dich mit Dingen unbeworren, die dir zu hoch sind. Ph. 1, 30 etc., s. Brem. W. 5, 288. Durch-: mit Gewirr oder sich wirrend durchschlingen etc.: Deines seltsam durchwirrten Gartens. V. Sh. 2, 418; Eine ähnliche Durchwirrung[Durcheinander- wirrung] von gespreiztem Pathos und gemeinster Plattheit. Gersdorf Repert. (1846) 34, 277. Eīn-: in einander wirren: Sie wirren leichter 10 Processe als 10 Haare ein. JP. 2, 85. Ent- [3]: sehr gw., vgl. Ggstz. ver-w., z. B.:
1) tr.: Den Faden, woran er seinen kasuistischen Knäuel e. könnte. Engel 12, 190; Freiligrath SW. 5, 208; Du [Gott] weißt mich zu e. G. 4, 5, aus der Wirre des Irrthums etc.; Diese Zustände zu e., aufzulösen. 15, 263; 22, 88; Eine nicht zu e–de Verwicklung. 31, 116; 39, 336; Der Geist, der das Verwickelte sich entwirrt. Br. 467a; Heine 5, 74; H. 15, 72; Sch. 382b etc.
2) refl.: sich lösen, entwickeln etc.: Jene düstern Elemente klären sich auf, e. sich. G. 3, 337; So entwirrte sich vor ihr gar leicht, was uns .. verwirrte. 22, 246; Das Innere der Stadt verwirrt den Fremden und er entwirrt sich nur mit Hilfe eines Führers diesem Labyrinthe. 23, 284 [entzieht sich dem Gewirr etc.]; 35, 290; PHeyse Mer. 268; Von Schmach und Gräuel | entwirrt sich ihm [zeigt sich ihm, sich abwickelnd] | ein langer Knäuel. Platen Pol. 41; Wie sich’s auch e. mag und lösen. Sch. 483a; 509b; 600b etc.
3) pass. Partic.:
a) Wie entwirrt die verworrensten Geschäfte .. vor seinem Auge lagen! H. Ph. 10, 261 etc.
b) Das Verworrene zu lösen, das Entworrene zu genießen. G. 18, 237; Da noch durchaus die Sache nicht entworren. HKleist Kr. 81 etc.
4) Entwirrung des Knotens (Fallmerayer Mor. 1, 42), aller Verlegenheiten (G. 33, 13), der italiänischen Vhe (Momm- sen 3, 294) etc. Ge- [2]: (veralt.) Es gewirrt [fehlt] und mangelt ihm Nichts. Schaidenreißer 57b [13, 421] u. o. (s. Anm. und Schm. 4, 135). Hêr- etc.: z. B.: Dies Alles erlaubt er sich in die mythische Zeit hinein-zu-w. [wirrend hineinzumischen etc.]. V. Ant. 1, 327; Das gestampfte [Eingeweide] reißt er und wirret | selbst um die Beine herum. Ov. 2, 269 etc. I.
Um-: wirrend umschlingen:
Dies Tosen hat mir so das Haupt umwirrt, | daß jede Regung Schmerz wird. Fouqué Dr. 1, 160; Wer sich einmal dir ergeben, | Den erpackst, umwirrst, verführst du. Müllner 1, 2, 60; Wo die Blumen mich umwirrten. Rückert 2, 231 etc. II.
Um-: in der Wirre um- oder umhertreiben:
Wie umgewirrt das Leben? V. Ar. 3, 18 (τταρcρeς τoύ Zioν;). Ver-: sehr gw. st. des seltnern Grundw.:
1) tr.:
a) ohne abhäng. Vhe: in die Wirre oder in Wirren bringen: Fäden, Garn etc.; eine Angelegenheit, Sache, einen Proceß, den Staat etc. ver-w.; Verwirret die Gewissen nicht! [macht sie nicht irre]. Röm. 14, 1; Der Gottlose verwirret gute Freunde [erregt Wirren, Hader unter ihnen, entzweit sie]. Sir. 28, 11; 15; 1. Kön. 18, 17 ff. (veralt.) etc.; Keiner kann die Meinung mehr verirren noch ver-w. Arndt B. IX; Dich verwirret, Geliebte, die tausendfältige Mischung | dieses Blumengewühls. G. 1, 291; Das Gefühl zu v. 5, 43; Was Tausende verwirrten, löst der Eine. 6, 284; „Ich war bei Clavigo. Er ist nicht zu Hause.* Und Das verwirrt Dich? 9, 295, konsterniert, bringt aus der Fassung etc.; 10, 25; 11, 8; 13, 60; 128; 186; 249; 310; 320; Wirklich verwirrte sie das Gegenwärtige und das Eingebildete dergestalt [in, durch einander, s. b]. 15, 178; 22, 331; 25, 115; 33, 15; 34, 278; Zu viele Dankbarkeit verwirret [Einen] nur. 35, 308; 39, 219 etc.; Was ich verwirrt in deinem Leben, Das will ich ent-w. Lewald W. 4, 108; 1, 381; Sch. 419a; V. Ar. 1, 49; W. 12, 313; Zinkgräf 1, 234 etc.
b) mit abhäng. Präpos.: Etwas in, durch, unter einander ver-w. (häufiger: wirren), z. B.: Hatt’ ich ihm das Haar in einander verwirret. Berlichingen 26 etc.; Einen in Irrgänge v. G. 39, 453 etc.; Einen durch Allerlei v. 6, 97 etc.; Eine Frage durch viele Nebenknoten v. Mendelssohn 5, 486; Den Blick durch oder mit Etwas v., z. B.: So verwirret mit dumpf willkürlich verwebten Gestalten, | höllisch und trübe gesinnt, Breughel den schwankenden Blick. G. 1, 283 etc.; ferner: Versch. Dinge mit (oder unter) einander v., sie wirr vermischen, durch einander bringen, verwechseln etc., z. B.: Wodurch man Das, was eig. episch und lyrisch ist, auf eine unangenehme Weise mit dem Dramatischen mehr verwirrt als verbindet. 15, 190; Voltaire verwirrt Ägypten mit dem Delta. Haller Br. 2, 12; 176; Verwirrst du mächtige Terzinen | mit einem kleinen Triolett? Schlegel (Wackern. 2, 1287²).
2) refl.: Der Faden, der Knäul verwirrt sich; Ein faltenreich und künstlich sich v–des | Gewebe. G. 13, 37 etc.; Mein Geist verwirrt sich. 329; Meine Sinnen ver-w. sich. 7, 331 (14, 123 etc.); Da die ganze Welt sich wieder zu ver-w. [in Wirren zu gerathen] drohet. 26, 172; Im Westen hatten sich die Angelegenheiten verwirrt und die Entwickelung schien auf neue Verwirrung zu deuten. 33, 304; Daß das Urtheil der Menge sich durchaus an solchen Schriften [durch sie etc.] verwirrt. 29, 371 etc.; Er verwirrte sich augenscheinlich [gerieth in Verwirrung, außer Fassung]. Sch. 749a (G. 5, 203) etc.; veralt.: Die sich mit der Poesie ver-w. [abgeben, einlassen], ohne zu wissen, was dazu gehört. Weichmann 3, 22 etc., s. 4 (unverworren). 3) adjekt. Partic. Präs.: Die v-dsten Gerüchte. Ense D. 6, 5; Süß-v–d Lied. Freilig- rath SW. 1, 430; Gewimmel, | das v–d nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt. G. 2, 293; V–d ist’s, wenn man die Menge höret. 6, 89; 13, 326; H. 11, 72; Allerlei v–den Zauber. ETAHofmann Ausgw. 7, 264; Der .. durch Höllenkünste das Gemüth v–d | erhitzte. Sch. 408b etc., auch verschmelzend mit Obj.: Sinn- (Spielhagen Rösch. 150), sinne- (G. 23, 268; ETAHoffmann Ausgw. 7, 279) v–d; Die sinn-v–dste Regellosigkeit. Gartenl. 13, 262a etc. 4) Im Partic. Prät. bez., nach heutigem (schon von Gottsched bemerkten) Sprachgebrauch verworren (= wirr) den Zustand, worin sich Etwas befindet, während bei verwirrt mehr oder minder entschieden der Gedanke daran hervortritt, daß es durch Etwas oder durch Einen in diesen Zustand versetzt ist. So z. B. gw. nur: Jemand hat Etwas verwirrt (veralt.: Die hohe Pracht hat die Natur verworren| und ihren Zier beschämt. Opitz W. 3, 283, sie hat die Natur gleichsam konsterniert) und pass.: es ist von ihm verwirrt, z. B. Von der Parteien Gunst verwirrt, | schwankt sein Charakterbild in der Geschichte. Sch. 319a etc.; ferner meist: Etwas hat sich verwirrt; seltner: Der Faden seines Schicksals hatte sich so sonderbar verworren. G. 16, 289; Mir hat sich Traum und Wachen so verworren. Schlegel Gd. 1, 148 etc.; vgl. ferner: Jemand ist verwirrt, (augenblicklich) außer Fassung gebracht, konsterniert; ihn verwirrt machen (oder ver-w.) etc., dagegen: Jemand ist verworren (häufiger als verwirrt), dauernd-konfus, der Klarheit und Ordnung des Denkens ermangelnd; Das absichtlich Verwirrte und das durch Nachlässigkeit Verworrene entwirren etc. In vielen Fällen können natürlich mit leichter Nüance beide Formen des adjekt. Partic. stehen:
a) Verwirrt, z. B. Ordnungslos und verwirrt. G. 5, 8: Jsegrimm redet verwirrt, er scheint nicht völlig bei Sinnen. 274; In einer so verwirrten Sache Rath zu schaffen. 9, 269; 11, 30; 13, 72; Zu den düstern verwirrten Locken. 18, 248; 260; 265; Ganz verwirrt ward es unserm Freund. 319; 22, 162; 23, 50; Durch soviel V–des verwirrt. 26, 213; 35, 222 etc.; Gutzkow R. 5, 369; Der verwirrte [konsternierte] Blick. Haller 99; 69; Ein verwirrtes Geräusch. Humboldt KlSchr. 1, 375; Mit verwirrtem Kopfe. Immermann M. 4, 73; L. 11, 504; Mendelssohn Ph. 1, 61; 77; Mercks Br. 2, 187; Platen 2, 52; 3, 22; Ramler F. 3, 161; W. 11, 128; Luc. 5, 99; Wackern. 3, 473³¹ ff.; auch Zsstzg.: Altverwirrtes Gras. Brockes 1, 10; So wonnetrunken, so gramverwirrt. Rodenberg 106 [vom Gram]; Da hab ich .. gewüthet sinnverwirret. Cham. 4, 160 [im Sinn] etc.; Dem von Eigensucht unverwirrten Sinn. Görres V. 85; Knoten, deren Fäden .. klar und unverwirrt in deinen Händen liegen. Gutkow R. 2, 371 etc.
b) Verworren, z. B.: Einen der verworrensten Köpfe, welchen die Verwirrung unserer Tage hervorgebracht. Fichte 8, 385; Fouqué Dr. 1, 60; Verworren strebt sie fluthwärts. G. 1, 201; Bei so verworrnem Spiele. 3, 77; 5, 88; 203; 241; 271; 297; 6, 88; Wo Deutschland in und mit sich selbst entzweit, | verworren wogte. 243; Jch sehe verweint, verworren aus. 10, 79; Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient. 11, 15; 12, 171; 13, 18; Die verworrnen Pfade. 26; 64; 105; 245; 250; 301; 321; Sind wir noch verworrner und ungewisser als vorher. 15, 20; 16, 64; 331; 18, 237; 246; 261; 271; Die Sache wird immer verworrener. 20, 151; 250; 21, 210; 213; 22, 101; 120; 23, 51; 29, 398; 32, 200; 35, 177; 221; 313; Du scheinst bestürzt, ich selber bin verworren. 307; 39, 110; 179; 413; 40, 91 etc.; Erflehet er seinem verworrenen [in Wirren befindl.] Vaterlande Eintracht. H. 13, 135; Ph. 10, 261; WHumboldt 1, 393; Das Verworrenste | vermög er zu ent-w. Rückert Morg. 1, 199; Mak. 2, 136; Verworrner Ton. Sch. 62a; 136b; 450b; 492b; 513a; 1134b; Schlaf, der des Grams verworr’n Gespinnst entwirret. Tieck Makb. 2, 1; V. Georg. 3, 366; W. 2, 57; 3, 6; 4, 7; Luc. 1, 221 etc.; Zsstzg. z. B.: Bunt- (G. 18, 277), wild- (Lenau A. 110) verworren; Lamm und Olymp kämpfen um die Seelen der gottverworrenen Menschen. Immermann M. 3, 396 etc.; Sich rein und unverworren halten. G. 13, 68; Etwas (Luther 6, 6b) oder Einen (5, 70a etc.) mit Etwas (6, 147a) unverworren lassen, in Ruhe, zufrieden; Unverworren bleiben. 6, 198a; Seid unverworren mit ihnen! 8, 308b, gebt euch mit ihnen nicht ab; Daß die Heiden, durch den Glauben gerecht worden, sollten mit dem Gesetz unverworren sein [ungeschoren etc.]. 6, 321a; Spr. 20, 19 etc.
c) zu b Verworrenheit, das Verworrensein und (mit Mz.) die Außerungen und Kundgebungen desselben (vgl. 5): Die Verworrenheit der Menschen über den eig. Ggstd. ihres Wollens. Fichte 8, 203; Ihm seine Verworrenheiten vorzuzählen. 397; G. 6, 343; 10, 208; 13, 231; Menschen bei sittlichen Verworrenheiten zu Hilfe zu kommen. 15, 139; Sie vor völliger Verworrenheit retten. 225; 16, 33; Die Verworrenheiten, in denen ich mich befand. 17, 203; 333; 18, 125; 129; 21, 91; Wie in der griech. Tragödie ein Gott die Verworrenheiten . . aufzulösen weiß. 22, 311; 23, 260; 276; 25, 210; 27, 6; 512; 30, 405; 32, 319; 33, 334; 38, 99; 40, 508 etc.; Die Verworrenheiten [Wirren] in Deutschland. König Kl. 1, 373; So trennen endlich in Verworrenheit | unheilbar sich die Guten und die Besten. Sch. 494b; 509a; 689b; 692b; W. 34, 7 etc. 5) (vgl. 4c) Einen Irrthum durch hinterlistige Verwirrungen .. vertheidigen. Fichte 6, 46; In der Verwirrung des Kriegs und im traurigen Hin- und Herziehn. G. 5, 39; Die Verwirrung zu lösen. 84; 6, 246; Denken die Himmlischen | einem der Sterblichen | viele Verwirrungen zu. 13, 56; 123; 14, 142; 16, 92; 18, 336; 29, 418; 33, 325; Die Ordnerin, die aus Verwirrungen | entwirrend webt den Knäuel der Natur | zum schönen Teppich. H. 15, 72; 11, 416; Ph. 3, 281; Lauter Verwirrung scheint der sumsende [Bienen-] Korb und ift lauter Ordnung. 10, 163; Der die Verwirrung sandte, wird sie lösen. Sch. 481b; 1033a; Schlegel Haml. 3, 1; Die Verwirrung [Konsternation], worein sie mich setzte. W. 5, 23; 6, 154; 313; 25, 350; Sich vor Verwirrungen [wirrem Verwechseln, Durch- einanderwerfen] der Zeiten und Orte .. hüten. 34, 123; HB. 2, 221; Zschokke 8, 180 etc.; Unklarheiten und Be- griffsverwirrungen. DMus. 14, 2, 373; Geistesverwir- rungen. 14, 2,653; Fichte N.62; G. 18, 59 etc.; Die Grenz- verwirrungen zw. so nahen Disciplinen. Humboldt K. 1, 51; Lösung dieser seltsamen Kriegs verwirrung. Ense B. 3, 536 etc. 6) Einen Verwirrer des Staats. G. 9, 32; Die Verwirrer und Plünderer der Welt. JvMüller 14, 427 etc.; Weltverwirrer. G. 35, 190 etc. wirrend zerstören, zersetzen etc.: Daß dir S. Asmus Haspel die Därm zerwirr! Fischart Garg. 149a etc.; Partic. pass.: Die zerwirreten Schichten. HKöster L. 147 etc.; Mit vom Winde zerworrenem Haar. Eichendorf Lärm 26; Diese Weltsprache wurde .. also zerworren, verdorben. Schottel (Herrig 14, 57) etc. durch- einander wirren: Seit ich dich sahe, wirrte mir die Welt | zusammen sich. Fouqué Dr. 1, 75; Zusammengewirrte | und mißhellige Samen der nicht einträchtigen Dinge. V. Ov. 1, 14.
Zer-: Zusámmen-:
Wirr~heit, f.; 0:
das Wirrsein. Tasso’s .. Liebe und W. Frese G. 2, 139.
~ig, a.:
1) wirr (nam. von Pers.), konfus etc.: Die andern Mädchen sind zu w. und jede denkt nur an ihren Part. Alexis H. 1, 1, 65 etc. 2) Mein w–es, störrisches Wesen. G. 21, 111, vgl. schwzr.: „Wirrisch“: rappelig, launisch, von einem Menschen, dem’s im Kopfe herum wirrt. Stalder 2, 454 (s. wirsch).
~lich, a.:
(selten) W. wie ein Ohrwurm (s. Öhrling); Absonderliche und ver-w–e [wirre] Gedanken. Brentano Fr. 1, 173.
~nis, f.; (n., –ses); –se:
die Verwirrung, Wirre, Gewirr etc., sehr häufig (bei Adelung und Campe fehlend), z. B. fem.: Als er die ganze W. aus einander zu haspeln suchte. Auerbach D. 4, 140; Alle W. und Beschwerung des Alltagslebens. 132; Lichtete sich .. die chaotische W. seines Innern. Dicht. 2, 209; Ed. 264; Ense D. 2, 335; Godin Kat. 261; Dort herrschte die schrecklichste W. Heine 14, 175; Die orientalische Frage, die bei jeder W. uns so höhnisch angrinst. Lut. 1, 213; Eine grüne W. [des Walds]. Keller gH. 2, 46; 1, 271; Oppenheim 13, 217; Rank Arm. 79; In dieser schaurigen W. von Hecken und Büschen. Schücking Gs.E. 4, 179; HSmidt Meeresst. 56 etc.; neutr.: Ordnung in das W. zu bringen. Kompert Pfl. 1, 79; Kürn- berger Am. 499; Oppenheim 12, 391; Reithard 132 etc.; Mz.: Auerbach Jvs. 216; Heine Lut. 1, 200; 202; Hettner gR. 44; Lewald W. 2, 36 u. o., auch: In den spanischen Ver-W–sen [Wirren]. Ense Gal. 2, 137; Heine 8, 347; Schubarth G. 2, 489; In solcher Fluth der Ver-W. Tieck A. 2, 104.
~sal, n., –(e)s; –e:
Wirrnis etc.: Er wußte sich nicht anders aus dem W. zu helfen. Auerbach Barf. 72; Gutzkow R. 2, 111; 3, 379; In dem W. der Meinungen. 5, 264; Das W. von Obstbäumen und Dachgiebeln. Keller gH. 2, 22; 440; 1, 92; Zur Lösung des unseligen W–s. König Saalf. 3, 245; Fam. 1, 198; Die W–e und Herzenskämpfe. Lewald Reis. 2, 374; Roquette W. 49; Scherr Bl. 1, 296; 3, 52; Sch. 1, 154 etc.; Nach langer Noth und W. (fem. ?). Schücking Gschw. 2, 146; Tieck NK. 4, 108; (von einer Pers.: Das fremde W., ja man könnte ihn Scheusal nennen. 121) etc.
~salen, intr. (haben):
sich wirr (durch einander) bewegen: Wenn ich das Treiben und W. dieser Menschen mit anschaue. 232; Hingen, wirrsalten. Goltz 3, 287 etc.
~sam, a.:
wirrend, wirrig, auch: Die Form der Fichte’schen Schriften ist unruhig und ver-w. Heine 5, 210 etc.
Gewirrsel, n., –s; uv.:
allerlei wirres Zeug durch einander etc.: Es war aber nichts Gründliches in diesem G. Tieck NK. 4, 154 etc.
Anm. Wirren, ahd. (starkformig) werran, mhd. wirren, s. Benecke 3, 742b ff.; Schm. 4, 135; dazu ahd. werra, mhd. wërre (f.; m.), gewërre (n.), Wirre (Verwirrung; Zwietracht), z. B. noch: Weil der Satan gern Hindernis und viel Gewerres macht durch böse Zungen. Luther SW. 61, 173 etc.; dazu it. guerra, frz. guerre etc., s. Diez 190). Formen mit e s. Schm. und z. B.: Laß Cäsar in sein Gut und Hoffahrt sich verwerren. Opitz 1, 64 (Verwörrt. Hoffmannswaldau Heldenbr. 52); Durch den Neid und Widerwerrn der Satanas. HSachs G. 2, 166 (s. widerwehren); Das schlechtste Bauerndeutsch .. so nachdrucksarm, so werricht. Meerheim (s. Gervinus Lit. 3, 280) etc. Wahrscheinlich gehört hierzu auch das komparativische goth. vairs, ahd., mhd. wirs, mit neuer Komparativbildung wirser = übler, schlimmer (engl. worse), z. B. noch: Welches uns wahrlich wirs kümmert weder [als] alle Schmach. Zwingli (Wackern. 3, 265³⁰); Wir können falschen Brüdern nicht wirscher thun noch kein größer Pein .. anlegen. Luther SW. 61, 55; Und immer wirser that es ihm im Herzen. Gotthelf G. 52; Stalder 2, 455; Am wirsesten. ebd.; Schm. 4, 157; Frisch 2, 452c etc. Dazu wohl sich vermischend mit wirrisch, s. wirrig 2 —: wirsch (s. d.) und mit verstärkendem „un“: unwirsch (was Schm. freilich lieber als aus unwirdisch zsgzgn ansieht, vgl.: Du hältst mich unwirs und unwerth. HSachs H. 362), vgl. schwzr.: wirschen, wirsen: quetschend, verwundend beschädigen. Stalder und daneben: Schmerzen der Verrenkung und verunwürseten Glieder. Ryff Sp. 130a; Verunwirsung. 113a; Th. 22; 41; 50 u. o.; auch: Daß eine [Leibesbewegung] geringer, die andre unwürser und mühsamer ist. Sp. 22a, unangenehmer, lästiger etc.