Weile
II. Wēīle, f.; (–n); Weilchen:
die sich hinziehnde, über Etwas hingehnde Zeit nach ihrer Dauer, z. B.:
1) als ein ungefähres (auf Schätzung beruhndes) Zeitmaß: Es währt eine W.; eine ganze, geraume, lange etc.; eine kleine, kurze W., ehe (oder bis) etc.; Bleib eine W. bei ihm, bis sich der Grimm deines Bruders wende. 1. 27, 44; 11, 6; Ich bin noch eine kleine W. bei euch. o 13, 33; 5, 35; Und über eine kleine W. traten hinzu, die da standen. 26, 73; 10, 37 etc.; M. 126; Nachdem die zwei Krieger lange W. vergeblich sich bemüht. 8, 903 W. 1, 321; Nach kurzer W. N. 1540; Es däuchte sie .. nur spannen-lange W. Gudr. 384; Die W. währte lang, | eh etc. 862; Besann sich kurze Weil. 471; 387; Nach einiger W., wann das Unkraut aufgeschossen. Georg. 11; Nachdem er ihn eine geraume W. betrachtet. 2, 188; Nach einer W. 9, 283; Die eine W. her lebloser Marmor schien. 20, 186 etc. —
a) Hier auch verkl., z. B.: Wart ein Weilchen (s. warten 1c); Ein Weilchen hier zu rasten. 2, 246; Nur ein kurzes Weilchen. 1, 143; LvS. 368; Ein ziemliches Weilchen verging, bis etc. 23, 51 etc. —
b) nach ältrer Weise: Wir säumten uns allda auch „ein Weil“. 24; Siehet .. „ein weil“ zu. 5, 315a etc., vgl. (in ugw. Bed.): Das wird doch über’nweil gar der Kerl nicht sein? F. 123 = am Ende (s. d. 2e). —
c) als Maß in Betreff der Silbenquantität (selten): Wie diese Worte sich wieder in der Rede nach W. und Ton [Quantität und Accent] zu einander verhalten. 3, 20. —
2) (vgl.
1) die Zeit, insofern sie Einem schnell oder langsam zu verfließen scheint, s. (auch für die Belege) lang 2b und die Zsstzgn Lang(e)-, Kurz-W., ferner:
a) Einem ist Rost. 1a etc.); wird 17, 125; 15, 241; 16, 140), währt N. 787 etc.) die W. lang; Einem die W. lang 12, 317, gw.: ihm Lange-W.) machen etc.; Die W. will alle Tage länger werden. Sch. 6, 62; So vertrieben sie die W., die däuchte sie nicht lang. N. 754 etc.; Stillingen wurde Zeit und W. lang, bis sie wieder kamen. 2, 176; Laß dir die Zeit und Weil bei mir nicht lang sein. 44b etc. und (veralt.) Denn mir danach mein Weil fast lang ist. 63a, ich sehne mich sehr danach. —
b) (s. a) W. = Lange-W., z.B.: Doch dünkt mir daneben, euch plage viel W. 66a; Will er nicht müßige W. haben, so etc. 1, 208; Den Unmuth abzuthun, die W zu verzehren. 2, 70; „Übungen der Feder, | des Kerkers traur’ge W. zu verkürzen.“ | In müß’ger W. (s. 4) schafft der böse Geist. 405a; Daß man gut die W. | mit Wurst und Bier sich kürzt. 137; Durch Gesang der Arbeit W. sich lindernd. Ländl. 3, 27; 3, 144 etc.; selten (vgl. a, Schluß) = bange sehnende Erwartung etc.: Bis dahin blieb sie eine Beute der grausamsten W. N. 2, 243 etc. — 3) (selten) = Aufschub: Die Lust des Glücklichen kennt keine W. 4, 58, s. 4d, e. — 4) Außer 1—3 wie Zeit (auch verbunden damit) nur noch in einigen stehnden Verbindungen:
a) veraltend als Obj. — wofür bei persönl. Subj. oberd. auch der Theil-Genit. steht, s. 4, 55 —, z. B. (alphabet. nach den Zeitw.): Gut Ding will W. haben. (Sprchw.) 18, 32 etc.; Jemand hat (der) W. [Muße]: Jetzt aber hab ich nicht der Weil. G. 2, 122; So wir hierin davon zu disputieren, Weil und Platz hätten. 549a etc.; Es hat mit Etwas W. 4, 2, 220 etc.), gute W. 3, 328; 7, 201), keine Eile, gute Wege (s. d. 6b) etc. — Sich der Weil lassen. Sonsten ließen sie unserm Herrn .. nicht so Viel der Weil, daß etc. 1, 279 etc. — Nimm dir die W. dazu. 8, 346b; Sich der Weil nehmen. etc.; Das Alles zu zählen, nähm viel „Wile“. N. 99¹¹⁸, nähme viel Zeit in Anspruch etc. — Mit solchem Streit verliert man Zeit und W. 12, 137 etc. — Ferner:
b) adverbiell (und als Bindew.), s. II weil und Zsstzgn; außerdem nur noch:
c) Bei nächtlicher Weil(e), bei Nachtzeit. 1, 160b; 38b; 5, 240 etc., auch im bloßen Genit.: Tagüber „Soldätles“ und nächtlicher W. Puppen spielen. Bl. 1, 62. —
d) Mit der W., mit der Zeit, nach und nach, nicht sofort (vgl. 3). 12, 8; 10 etc.; In Geduld abzuwarten, wozu sich mein eigensinniges Herz mit Zeit und W. entschließen wird. 2, 61; Daß es uns mit Witz, Geduld und W. [geduldigem Abwarten] | bei strengen Tugenden [Frauen] am sichersten gelingt. 12, 187 etc. —
e) Bergb.: In der W. arbeiten, in den Freistunden. dazu: Weilarbeit. (dagegen nach 262: die periodische Bearbeitung einer Grube, zur Aufrechterhaltung der Bergbauberechtigung, alle 14 Tage mit einer Schicht, — vgl. 3 und unterweilen 2 etc.)
Anm. Goth. hveila, ahd. hwila, mhd. wîle, Zeitpunkt; Zeitraum; Stunde; Geburtsstunde als schicksalbestimmend etc., s. 3, 668 ff.; 4, 56. Dazu ahd. (Dat.) hwīlom, wilôn(t), mhd. wllen(t), weiland (s. d.). Außer 4b kommt nhd. die Mz. schwerlich vor.
Zsstzg. (s. Schm.): Fēīer-: Feierstunde. —
Kälblein-: Schlenkel-W. —
Kúrz-: was die Weile [2b] kürzt und die dadurch bewirkte Zeitkürzung (s. d. und Zeitvertreib), z. B.:
1) Die Damen machen sich 100mal aus bloßer platter Langeweile — K. 7, 141; So oft sie .. der K. pflagen. N. 130; Zu einer K. 891; Das Spiel .. macht ihr so wenig K. mehr. 23, 365 etc. —
2) oft ohne das End-E, z. B.:
a) fem.: Eitel Fabelei zur Kurzweil ausgedacht. M. 2, 84; Eine Kurzweil anstellen. 3, 743²³); Zeus, der die Kurzweil liebt. 3, 177; Nachdem man lang auf neue Kurzweil sann. 185; 9, 199; 12, 329; Wiewohl der Alte Raspeln oder Schanzen | für eine beßre Kurzweil hält. 20, 331; Leichte bloß zur Kurzweil vorgenommene Beschäftigungen. Att. 3, 1, 115; 1, 216 etc. —
b) ohne erkennbares Geschlecht: Der Ernst kehrte sich dann in Kurzweil. A. 1, 167; Ph. 1, 102; Denjenigen, so Kurzweil aus deutschen Büchern .. suchen. IX; Schiebt meine Vernunft nicht in Kurzweil her- um! 151b [haltet mich nicht verierend mit Räthseln hin]. N. 633; 757; 3, 187; 6, 88; 23, 32 etc. —
c) masc.: Die den Kurzweil der Jugend leitete. Lit. 5, 346; Von der langen Weile und dem Kurzweil. Anthr. 172; So wenig | sind sie Kurzweils gewohnt aus eurem Munde. 537a etc., vgl.: Da Jedermann sein Kurzweil und Gelächter mit hat. 134a (neutr. oder sein = seine?). Hierzu auch Mz.: Hauptspäße und Kurzweile der Pickelheringe. Hamb. 42; Daß eine Komödie, die kein Ende nimmt, die langweiligste unter allen K–n sei. 13, 45; 16, 142; Deren Laune zu solchen K–n gestimmt war. 17, 134 etc. — Láng(e)- [2]:
1) viersilbig, sei es in 2 Wörtern od. als eins geschrieben:
a) Hier wird dann in der Regel (s. Hoherpriester) das Ew. flektiert, s. lang 2d, wozu wir noch einige Belege fügen: a) In einen Kübel L. kömmt ein Tröpfchen Zeitvertreib. 4, 343; In der Langenweile ihrer Übersättigung. Voln. 220; Jt. 2, 87; Dem Volke . ., | das mir lange Weile giebt [gw. macht]. 8, 81; Die Zeit fängt mir an unerträglich lang zu werden. .. L., du bist ärger als ein kaltes Fieber. 9, 59; 11, 8; 14, 75; 15, 21; 17, 64; Nun hatten wir .. manchmal L. .. und, ehe wir’s uns versahen, ward unsere Weile noch länger. 341; 29, 246; 5, 44; So macht’s mir diesmal wirklich L., daß etc. 3, 173; Hypochondrisch vor langer Weile. 97b; Ästh. 1, 432; Ich müßte schier vor Ärgernis | und Langerweil’ krepieren. 3, 94; 2, 45; Die lange Weile schleicht den guten Göttern nach. 3, 177; Durch alle Stufen der langen Weile. 184; 4, 56; 10, 121; 13, 70; 23, 178; Die gähnende L., die ihm das Stück verursacht. 34, 104 etc. — 8) Aus Langerweile. 9, 169 etc.; Der folgt mir nicht vor Langerweile [ohne Zweck, Absicht, zum bloßen Zeitvertreib etc.]. Sieh, | wie schielt er nach den Händen. Nath. 1, 5 etc. und veraltend (s. † Für): Mag nicht für Lange rweile schwitzen. 3, 134; 11, 190 etc., vgl.: Eine Frage.., die nicht so ganz für die L. [müßig, zum Spaß etc.] sein dürfte. 8, 364; 12, 390; Morg. 188; Daß die Feen nicht für die lange Weile zu drohen pflegen. 2, 111 [daß ihre Drohungen ernst gemeint etc.]; Weil ich denn | nun einmal hier bin, will ich’s wahrlich auch | nicht für die lange Weile sein, will lärmen etc. 34, 257; Daß ich meinen Knittel nicht für die L. führe. Luc. 1, 423; 6, 70 etc.; auch: Die Schnur Korallen ist schön und das Jagdkleid meines Mannes ist auch nicht für die L. [nicht schlecht etc.]. DQ. 2, 390 etc. — γ) scherzh. Bez. für Koventbier (s. d., vgl. Langfahne). —
b) vereinzelt unflektiert (vgl. 2): Spannung, die nur selten .. mit Langeweile und Abspannung wechselte. gB. 2, 93; Aus Überdruß und L. 4, 298; Vor L. 3, 230; Die leibhafte Göttin der L. Lut. 2, 269; A. 99; 13, 12 N. 7, 105 etc.; Ich bin an Herzens-L. krank. 5, 134 etc. —
2) als vollständige Zsstzg. (nicht bloße Zusammenschiebung) in der Form: Langweil(e), z. B.: In der Langweile trieben sie allerlei. 3, 105; Zu Vertreibung der Langweil. IV; 73a; Die Art von Langweile .., welche aus allzugroßem Überfluß an Kurzweil entspringen soll. 23, 32; 3, 176; 12, 52 etc. (mundartl. auch = Trübsal etc. vgl.: Langweil mit Freud vertreiben. Fr. Liedl. 3, 25 und schwzr.: Das sei das läntwyligst Dabeisein, da erleide Einem das Leben selbst. Sch. 249). — Schlénkel-: (bair.) die Zwischenzeit, die ein aus einem Dienst in einen andern ziehnder Dienstbote für sich zur freien Benutzung hat. auch „Kälbleinsweil.“ — Schūster-: (bair.) die Ruhezeit in der Dämmrung bei Schustern und andern Handwerkern, die auf der Stör (s. d. 2) arbeiten. — Sítz-: (bair.) auf dem Lande: die Abendzeit im Winter, wo man sich von den Draußen-Arbeiten zu Arbeiten oder Unterhaltungen beim Stubenlicht zurückzieht. 3, 299; 4, 56. — Wárte-: die Zeit, die man mit Warten hinbringt: Die unruhigen Gedanken, in denen der Alte seinen Gast zurückließ, verkürzt diesem die W. eben nicht. Saalf. 1, 239 etc., s. auch warten.
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