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Weide
II. Wēīde, f.; –n; -:
1) ein gras- und krautbewachsner Platz, auf welchem Thiere bes. in engrem Sinn: eine Viehherde grasend, äßend ihre Nahrung suchen, diese Nahrung und —: das Grasen, Aßen daselbst:
a) in Bezug auf Viehherden nam. bibl. auch bildl. u. übertr. (vgl. Herde 2b, Hirt 3, Schaf 2b etc.): Die Kühe gingen an der W. im Grase. 1. Mos. 41, 2; Deine Knechte haben nicht W. für das Vieh. 47, 4; Die Widder, die keine W. finden. Klag. 1, 6; Gott, warum bist du so grimmig zornig über die Schafe deiner W.? Ps. 74, 1; 95, 7; Hes. 34, 14, 18 etc.; [Die Disteln] nehmen einen unglaublichen Raum ein, der zur W. von ein paar großen Landgütern hinreichte. G. 23, 361; 362; 11, 74 (s. Heide I 1) etc.; Hagedorn 3, 164; Ihr graset die fette W. ab. Hartmann Unst. 2, 272 [bildl.: nehmt den fetten Verdienst]; Wenn . . sich das Grün der W. | mit Veilchen unterwebt. Jris 3, 210; Möser Ph. 2, 108; 3, 198; Auf den kalten, sauern W–n, wo die Herden aussterben. Niebuhr Nachg. 67; Salis 55; Sch. 1010a; Stumpf 607a; Flugsand machte .. den Morast zur Wiese, dann zur trocknen W. etc. Volger EE. 339; Garten, Feld und W. | umgrünt hier jedes Haus. V. 3, 116; Il. 13, 493; Schafe, von grasiger W. gemästet. Th. 16, 90; Ländl. 4, 604 etc. Sprchw.: Einem Hut (s. d. II 5) und W. aufkündigen (Oppenheim 9, 255), ihm Heide (s. d. I1) und W. aufsagen (Dyk Th. 8, 24), keine Gemeinschaft weiter mit ihm haben wollen, sich auf den Fehdefuß stellen etc.
b) von Wild: [Das Wild] schaut nach den Bergen, da seine W. ist. Hiob 39, 8; Sie [die Repphühner, Haselhühner] fallen auf die W. oder Gräß. Döbel 1, 50b; Das auf fette W–n erpichte Reh. L. 3, 358; Die Gemsen .. stellen klug. wo sie zur W. gehn, | ’ne Vorhut aus. Sch. 517a; Nieder zum Bach entsprang aus der W. des Waldes | jener [Hirsch]. V. Od. 10, 159; Weil der Hase immer bei Nacht auf die W. geht. .. Wenn er von der Atzung in sein Lager zurückgeht. W. 22, 126 etc.; Weidm. auch: das im Magen und den Gedärmen des Wilds befindl. Gras. Frisch; Adelung (vgl. III); s. ferner 2a.
2) (s. 1) nur noch selten allgemeiner (s. Anm.):
a) Nahrung, der ein Thier aufsuchend nachgeht, auch wenn sie nicht in Gras und Kräutern besteht: Ein jedes Thier geht seiner W. nach. Frisch; Die Thier’ im Walde ließen ihre W. stehen. Simrock Gudr. 389.
b) Nahrungs- und Aufenthalts- ort von Thieren: Wo ist nun die Wohnung der Löwen und die W. der jungen Löwen? Nahum 2, 12; Wird eine Behausung sein der Drachen und eine W. für die Straußen. Jes. 34, 13 etc.
3) (s. 1; 2) öfters bildl.: Nahrung und: Etwas, das und insofern es Einem zum freudigen Genuß (s. d.) und zur Wonne (s. d.) dient; woran man sich letzt, labt, erfreut (weidet) etc., auch von Pers.: Das Dritte, deutscher Männer W., | am hellsten soll’s geklungen sein! | Die Freiheit heißet deutsche Freude. Ausw. d. L. 13 (Arndt); So stehn wir, ich und meine W. [die Geliebte]. Daumer 1, 21; Aufsuchend ihre süße W., | der Sonne Töchter. 231; Versagt hab’ ich .. den Augen keine W., | den Ohren keinen Klang. Gleim 6, 233; Ist dieser Anblick dem Aug’ eine rechte W. G. 14, 198; Ward unsres Lebens W. | so grausam in der Blüthe abgepflückt? 28, 187; Was die W. meiner stillen Stunden | und der Lieblingstraum des Knaben war. Kosegarten Rh. 2, 5; 3, 377; Gott hat unserm Glauben hie eine W., Tisch und Mahlzeit bereit; der Glaube weidet sich aber nicht, denn allein von dem Wort Gottes. Luther 1, 333b; [Er] sucht noch in der verschobenen Gestalt | die W. [Nahrung] künft’ger Lust. Nicolai 6, 237; Dieser Schmerz . . | ist eurem Auge süße Weide. Sch. 606b; Sein Dünkel fand eine stattliche W. W. 16, 14 etc.
Anm.
1) Ahd. weida, mhd. weide, in umfassenderer Bed. (wovon die heutigen nur Reste sind), s. nam. Schm. 4, 23 ff.; 27 ff. und Benecke 3, 551, wo die Bedd. so angegeben sind:
a) der Ort, wo ein Thier sein Futter sucht (vegetabilisches oder andres);
b) Aufenthaltsort überh.;
c) das Ausgehen auf Futter oder Speise, nam. Jagd und Fischerei [s. Weid];
d) in abgeschwächter Bed.: Ausfahrt, Fahrt;
e) mit Zahlw. = mal, z. B. anderweide [vgl. nhd. anderweit, -ig];
f) Futter, Speise für Thiere und Menschen; g) bildl. [wie nhd., s. o.: 3], s. auch die Zsstzgn dort, z. B. auch (s. Weid) Fisch-W.: Fischfang; Gerechtigkeit zu fischen; Vogel-W.: Ort, wo wilde Vögel zu weiden pflegen oder gehegt werden [auch: Vogeljagd]; Zeidel-W.: Waldbezirk, worin Bienenwirthschaft getrieben wird (Schm. 4, 226) und: das Recht dazu, Bienenzucht. 2) Zu W. gehören abgesehn vom Veralt., Mundartl., s. Frisch; Schm. etc. folg. Ableit.:
a) weiden (s. d. II), ahd. weidôn, mhd. weiden, auch ahd. weidanôn, mhd. weidenen, auch (s. 1c und Weid), wie ags. vädhan = jagen, dazu ahd. weidinari, mhd. weidenaere = Jäger, vgl. Weid(e)ner 2; 3.
b) (s. 1c und vgl. jägerlich) mhd. weide(n)lich, zunächst jägermäßig, dann wie nhd. weidlich, s. bes. Schm. 4, 27. c) (s. 1c) Zu Weid = Fischfang, Fischerei: Weidling (s. d.) = Fischerkahn, vgl. Weidnachen (am Main): Der Weidschältig [s. schalten, Anm.]; bair.: Die Weidzüllen. Schm. 4, 28 und 255, altn. veidibâtr. d) (s. Weide 1b, Schluß) Geweide, mhd. geweide, urspr. wohl: die in den Gedärmen enthaltne Speise, dann die Gedärme selbst etc. oder auch unmittelbar = Genieß 2 (s. d., vgl.: So man das Geweid aus dem getödteten Gewild den Jagdhunden vorwirft. Pictorius etc.); niederd. weide (Brem. W. 5, 220), häufiger: Eingeweide, mhd. ingeweide (s. Benecke 3, 554; Schm. 4, 29); dazu: weiden (s. d. III), mhd. weiden, û–, entweiden, s. auch: Weidbruch; -wund; -Loch (= Fiestweid. Keller Fastn. 1135). 3) Versch. das niederd. wieten= gäten (s. d.), z. B. Bucher (Nat.-Z. 15, 326), weden, Brem. W. 5, 216 (ags. wëodjan, engl. weed), auch: Sie müssen das Unkraut ausweiden. Olearius Reis. 367b etc. Zsstzgn s. Weid u. [Anm. 1, Schluß; 2, Schluß]; ferner vgl. zu [1a], was unbez. bleibt, die von HutI; Trift und als versch. die von I, s. nam. die mit * bez. z. B. nach der Beschaffenheit des Viehs, welches —; nach der Zeit, wann dies und: nach der Beschaffenheit des Bodens, wohin es auf die Weide getrieben wird, nach dem dort Wachsenden etc., leicht zu mehren und zuverstehn nach folg. Bsp.: *Ácker-: wenn Acker, z. B. brach oder als Dreesch (s. d.) liegender; Saat-, Stoppelacker etc. zur Weide benutzt wird. Gartenl. 12, 582a; Wo auf den kräuterreichen Alpen- W–n .. das Herdenvieh gesömmert wird. Körner Sch. 4, 49. Án-: (veralt.) Anrecht auf die Weide. Grimm Weisth. 1, 55, vgl.: Anweidig sein, weideberechtigt. 51; Einweidig. 2, 134. *Ánger-. Āūgen- [3]: Unglaublich fast, was wir | an eurer angestrahlten Zier | für A.’ und Anmuth haben. Brockes 9, 394; Manche dienten, nach ausgestochenen Augen etc. .. ihren höllischen Feinden zur A. B. 406a; A. am hervorsprossenden Grün. Forster Br. 2, 142; Süßer Anblick! Seelenfreude! | A.’ und Herzens-W.! G. 8, 240; A.’ und Seelen-W. 242; Ich bin ihr Herzblatt, ihre A. Gutzkow R. 7, 188; Heinse A. 1, 11; Schlegel Gd. 1, 103; Simrock Gudr. 23; 27; 756; Die beste Seel- und A. Wackern. 2, 371³² (SDach); Du Reiters A., | heraus, mein Schwert! 1521¹⁰ (Körner); 4, 361¹⁰; 408³; Ohne sie . . | ergetzt kein Ohrenschmaus und keine A. W. 3, 188; 11, 161; 235; 12, 243; Daß die meisten historischen Sujets wenig Schauspiel und A. darbieten. 34, 91 etc.; (veralt.) Meines Herzen Augel-W. Uhland V. 642 etc.; Sich zum Stolz und mir zur Herzen-A. Rückert 1, 247. die außerhalb gelegne, z. B.: Prediger, welcher Theil an des Guts oder Dorfs A. hat. Erbvgl. 13; Beil. 51 etc. und bes. (s. Außen-, Binnendeich): Die A., d. i. die stundenlange Fläche außerhalb des Deiches, die im Sommer zur Weide benutzt wird. .. Daß die Binnen-W. an stagnierender Nässe leidet. Natur 13, 239a etc. Vom Unterschied der Berg- und Thal-W–n. G. 32, 269; Er sömmerte auf seinen B–n eine Herde Stiere. Tschudi Th. 592 etc. (s. Alpen-, ähnlich: Harz-W. etc.); in engrem Sinn: Weideplatz für die Saumthiere, die zum Transport bei Bergwerken in unwegsamen Höhen dienen. Scheuchenstuel 32. s. Außen-W. s. Acker-W. s. Wald-W. Zum Esel kam der Fuchs auf seine D. Hagedorn 2, 234. Drēēsch-, Drēīsch-, Drīēsch-: s. Acker-W. und Dreesch (auch: Triesch-W.). s. Acker-W. wor- auf Vieh sich fett mästet (Mast-W.). In .. Frühlingstagen treiben sie erst nach verduftetem Reif auf die Weide hinaus. . . Diese F. . . Die Sommer-W. im Ausgange des Aprils etc. V. Ländl. 4, 605; ähnlich: Herbst-, Winter-W. (s. Almende) Gleich hinter dem Ort erstreckt sich eine große G. G. 26, 165; 20, 25 etc.; Gemeinde-W. Kohl Jrl. 1, 41; Tieck DQ. 2, 71 etc. Grās-. Stoppel-W. des Haberfelds „als die späteste und trostloseste“ (Schm. 4, 25): Das Vieh auf die H. schlagen (s. d. 2b, Schluß), daher bildl.: Einen auf die H. schlagen, fortjagen, ins Elend etc. Fischart B. 96a; HSachs H. 83 u. o. (s. Belege. Schm.); vgl.: Das Haberfeld- Treiben (s. treiben 2nγ). s. Berg-W. die geschloßne (s. schließen 7b und offen 1, Schluß) Zeiten hat. auf Heideland. s. Frühlings-W. Hérzens- [3]: s. Augen-W. s. Wald-W. die keine geschloßne Zeit hat (s. Ggstz.: Hege-W.); nach Adelung = Koppel-W. (?) Hege-W., deren offne Zeit erst nach Johannis (s. d.) ist [also Sommer-W.], vgl. für Frühlings-W–n: Pfingst-, Walpurgis-W. etc. s. Koppel 4. Landw. Zeit. (55) 540b; Die Herde ist auf der K., darf nicht aus der K. gehen etc.; daher übertr.: Wann er [der Vf.] aus der Kuhweid gangen. Fischart Garg. 16, aus den Schranken etc.; auch: Die Alp hat so und so viel K–n, kann so viele Kühe sömmern (s. d.). s. Lehde 1. Fett-W. die Einem mit Andern gemein ist, und: das Recht auf solche Weide (vgl. Koppel-W.). Wie Amsterdam mit abgewässerten M–n umgeben. Niebuhr Nachg. 1, 57. im Ggstz. zu Vor-W., s. Nachhut 2. Ihre Rosse .. auf der N. hüten, s. Schm. 3, 137; übertr.: Hört das junge Füllen! mochte durch den Stall brechen auf die N. Alexis H. 1, 1, 176. Öhren- [3]: (vgl. Augen-W.; Ohrenschmaus) Zur Lust und O. Bodenstedt 2, 181. s. Johannis-W. und Pfingstochs. Rínder-. vgl. Ziegen-W. auf den Wintersaatfeldern. Begraste Halden, die als Sch. benutzt werden. Gartenl. 12, 584a; Kohl E. 3, 91 etc. Schāū- [3]: veralt. (s. Augen-W.): Du hast sein Heer und ihn .. dem Volk für ein Schauweid | in der Einöd gegeben. Weckherlin Gd. 64 lps. 74, 14]. Schnābel- [2a; 3]: Speise für den Schnabel (s. d. 3d), zum Schnabelieren (s. d.): Daß wir so gute Sch. hatten. Freytag B. 1, 211; Ihr irret Beide | mit eurer schlechten Sch., | ich weiß wohl einen bessern Schmaus. Lichtwer 112; V. 3, 162 etc. Sêêlen- [3]: s. Augen-W. und z. B.: Mitten unter dieser S. Heinse A. 1, 59. V. Ländl. 4, 603; 604 etc., s. Frühlings- und Johannis-W. Sónnen- [3]: So schwing’ ich [Vogel] mich auf in den blauen Tag, in die goldene S. WhMüller 1, 120, Sonnenlust etc. s. Acker-W.: Die St. . . Das Vieh hat sich an der magern Weide so müde gefressen und Alles hungert so sehr nach den Stoppeln. Möser Ph. 3, 198. vgl. Nacht-W. s. Berg-W. Möser Osn. 1, 20. s. Nach-W. Reich an durchholzten W–n. Linck Schl. 145; W–n suchte man für Rinder auch des Laubes wegen. V. Ländl. 3, 349 etc. (Holz-, Busch-W.) s. Johannis- W. Wīēsen-. Z.’ ist jene [Insel], doch werth vor Weide der Rosse. V. Od. 4, 606.
Alp-: Aūßen-: *Bérg-: Bínnen-: Brāch-: *Búsch-: Dīstel-: *Féld-: Fétt-: Frühlings-: Gä́nse-: Gemēīn-: Hāber-: Hārz-: *Hêge-: Hēīde-: Hérbst-: Hólz-: Jāhr-: Johánnis-: *Kóppel-: Kūh-: Lēhden-: Mást-: Mít-: *Mōōr-: Nāch-: Nácht-: Pfíngst-: *Róß-: Sāāt-: *Schāf-: Sómmer-: Stóppel-: Tāg-: Thāl-: Vīēh-: Vōr-: Wáld-: Walpúrgis-: Zīēgen-: