Wehr
II. Wêhr, f.; –en:
1) (s. wahr, Anm. 3) das Sich- Wehren, Sich-Vertheidigen gegen einen Angriff, bes. abhängig von zu: Sich zur W(–e) stellen 46, 14 etc.); setzen 123b; Luc. 4, 47 etc.); Zur W. dienen; Ein Stock, eine Waffe zur W. etc.; minder gw.: Die ungebrochne W. der Wehren (s. I). 558; Vergießend | nicht so viel Blut in ihrer letzten W. Byr. 8, 323; Mich dünkt, daß solche W–e von Fraun nicht wieder geschah. N. 617; Wie sehr sie sich auch wehrte, die W. ward endlich schwach. 622d; Wir müssen doch ersterben .. | So soll uns Niemand scheiden von ritterl. W. 2043 etc. und verallgemeint = Kampf, Krieg (den Angriff mitumfassend, vgl. 2): Wollgewirk erlernt er für [statt] W. Bion 7, 16 etc. —
2) (s. 1, Schluß) Waffen, — urspr. zur W. (1), Schutzwaffen, dann auch zum Angriff, bes. oft: W. und Waffen (s. d.), ferner z. B.: Ein Jeglicher mit seiner W–e in der Hand. 2. 11, 8; Nehmet eure „Woffen“ und fallet allesammt hinaus! .. [Sie] nahmen ihre W–e und fielen hinaus. 14, 7; Der zum Siege | .. besprechen lässet Arm und W. SW. 5, 42; Das Haupt der Meduse, eine dem Träger selbst furchtbare W. V. 100; Verwandelte sich des Feldbaus friedliche Rüstung | nun in W. 5, 55; Jegliche W–e, die ihr getragen. 8, 53; Noch hat der Deutsche eine Hand | und eine starke W. 1, 22; Herakles’ knotige W. Verm. 2, 45; Den Gebrauch, den er [der Feind, die Kreuzotter] von seiner furchtbaren W–e [dem Giftzahn] macht. Schl. 114; 4, 266; Tr. 36; 56a; 80a; „Ist Heinrich Hereford rüstig?“ | In voller W. Rich. II. 1, 3; Greif nur muthig zu den W–en. 520; 50; 397; 399; Il. 18, 137; Od. 23, 366; Wie der wüthende Löwe .. | gegen die W. mit der Brust und empfangende Spieße hinandringt, also, nachdem in den Winden die Fluth sich beschleunigte, drang sie | gegen die W–en des Schiffs [bildl., vgl. 4]. Ov. 2, 225; Seine W. [Schwert]. 1, 288 etc.; bei Altern auch (s. III 1) neutr. (Mz.: W–e oder uv.), wozu einzelne der obigen Stellen gehören können, ferner z. B.: Begehrte ein bloß W. 27; 1, 273; Schlug .. auf sein Seiten-W. 268; Er ordnet den Zug, er zücket das W. 2, 547²² etc., vgl.: Das Schwert oder „Weher“. 69a, Mz.: Die „Weher“. ..| Zu den W–en. ebd. (Enthalt dich gegen Scyllam aller „Wör“ und Waffen. 56b) und bildl.: Das sind die W–e, damit sich die heiligen Marterer gewehret haben wider die Tyrannen. 6, 478a. —
3) (s. 1) Befestig.: ein Werk, aufgeführt zum Schutz und zur Vertheidigung, zur Abwehr des andringenden Feinds etc. (s. Letze 1; Wall 2): Bollwerk zu machen zur W–e. 33, 4; Allwo . die W–en niedrig sind. 134a; Die W–en der Basteien. Kriegsb. 2, 28b; Die zerschossenen W–en. 24, 133; Mz.: Wehrenen; „werinen“. 400b; 744b etc. —
4) (s. 1; 3) Schutz, Schirm: Der eine W. bedrängter Unschuld ist. D. 184; Er flehe nicht zu Gott für Schlechtes | um Schutz und W. Pol. 36; Er suchte in den .. Entschließungen der Vergangenheit eine W–e gegen die Gefühle der Gegenwart. Pr. 178; 224a etc. —
a) das vor dem Her- unterfallen schützende Treppengeländer: Eine hölzerne Treppe ohne W. 17, 505. —
5) (s. 4) Kriegsk.: in Zsstzgn (s. d.) eine zum Schutz und zur Vertheidigung aufgebotne, dienende Mannschaft, Truppe (vgl. Wehrschaft). —
6) (s. 3) weidm.: Lebendige (s. d. 1a) W. (auch: „das Gewehr“. Verlorne W. (s. verlieren 3l); Treib-W., Reihe von Treibleuten; Schützen-W., von Schützen. Br. 300. —
7) (s. 3) ein das Wasser stauender Damm, der es, bevor es eine best. Höhe erreicht hat, abzufließen hindert, zumeist n. (s. III 2), doch z. B.: Der Fluß des komischen Genusses schäumt über eine W. Ästh. 1, 479; bildl.: Über eine W. gehn. 2, 250 [ein Hindernis überwinden]; 2, 250 etc.; Brūch-W–e (f.), in einem Bruch (s. d. II) Behufs des Fischfangs. 1, 143a; (Wasser-) W–e [f.]. 261 etc. und so namentl. auch: Bei dem Salzbergbau im Haselgebirg sind die W–en höchst wichtige Verdämmungen der Laugwerke. ebd. (vergl. Sinkwerk; W.- Himmel); Süße Wässer in diese Öffnungen geleitet . ., die man durch künstliche Dämme (W–en, Laug- W–en, Damm- W–en) so lange darin hält, bis sie vollkommen mit Salz gesättigt. 125 = Gruben-W–en. 113; Pütten-W–e . ., wobei .. die Soole durch die Pütte [s. Pfütze, Anm.] ausgehoben werden muß. 185; Roll- W–e .., wobei schon in der Anlage des Dammes auf die ērforderliche Säuberungsrolle [s. d.] Rücksicht genommen. 196 etc. —
8) Fisch.: die statt der gw. Schnur dienende Metallkette an der Hechtangel, die dem Hecht das Durchbeißen wehrt (plattd. wir — und so wahrscheinl. eig. nur = Draht, s. 5, 271). —
9) Die Hufe eines freien Mannes und der Mann selbst [s. I] trugen mit der Waffe [s. 2] einerlei Namen; die hieß die W., weil ein bewehrter Mann von ihr ausziehen sollte. .. Man fragt nach dem Tode eines Bauers: Wer von den Kindern hat die W. bekommen? Man fragt: Ist das Gut wohl in der W.? d. h. ist Vieh, Saat, Feldgeräth, Feldbestellung, wie sie sein sollte? E. 298; 304 (vgl. lat. arma, s. Ländl. 3, 93 etc., doch s. 10; Ge-W. 1; 2 wahr, Anm. 2); Ph. 13, 192; M. 1, 446; Rh. 2, 80; W–e heißt bei uns des Bauern Haus und innerer Hofraum. Osn. 1, 12 etc. —
10) W–e ist hier valor. Man sagt Geld und Geldesgewehr. W.-Geld [s. d.]ist also valoris valor. 25 (vgl. Währung).
Zsstzg. (vgl. auch III, s. Spate 2512), z.B.: Ab- [1; 4]: Den Gottes ewige Gerechtigkeit | zur A. dieser Sünde hat erlesen. Cham. 4, 44; Die franz. Noblesse betrachtet die Religion als eine A. gegen die herandrohenden Schrecknisse des Republikanismus. Heine Lut. 1, 29; Nach jungfräulicher A. V. 3, 75; 227; Od. 2, 60; Dir schaff’ ich des Wehs A. 10, 286; 22, 232 etc. —
Bāūer-:
1) [9] Hofstelle eines Bauern, vgl. Koth-W., die eines Kothsassen. 5, 189 etc. —
2) [5] Einrichtung einer B. Soll 3, 4, vgl.: Die erste Übung der Guts-W. 11; Bürger-W. — Brūch- [7]. — Brúst- [3]: bis zur Brust der Besatzung emporreichender Theil des Walls etc. (s. Parapet). M. 4, 11; 1, 228; 866b etc. (veralt. Mz.: B–e. 2. 26, 15, s. III); übertr. [4]: Hütet euch, Verbrechern euch zur B. | aufzuwerfen. 4, 357; 11, 10; 5, 89; HB. 1, 263 etc. — Bürger- [5]: aus Bürgern bestehnd, im Ggstz. des eig. Militärs: Die Hilfs-W. als Zweig der B. T. 5, 78; Pol. 1, 68; Hat sich die Jugend ernstlicher in Waffen geübt als die Väter im J. 1848 in den B–en. 11, 282. — Dámm- [7]. — Féld- [5]: Land-W. — Fēūer- [5]: Löschmannschaft. — Ge-: (s. wahr, Anm. 2, vgl. 4, 127 ff.; 5, 187 etc.)
1) Investitur (s. d.); rechtlicher Besitz, z. B.: „Sie sitzen in der G. und Verjährung, d. i. possessorium praescriptio; nun sagen alle Rechte, man solle Niemand aus der G. heben.“ Gott ist Gott; Der gestehet keiner Kreatur weder G. noch Verjährung wider sich oder sein Wort. . . Wenn’s zeitlich und weltlich Gut beträfe, da gülte G. und was dgl. ist; aber in geistlichen, ewigen Sachen .. ist Possessorium etc. Nichts, sondern .. Gott .. will und muß ungefangen, ungewehret und unverjähret sein oder er wird’s Alles überjähren (s. d. 2) und überwehren [durch ein stärkres Recht der G. überbieten] in der Hölle. 8, 6; 1b etc. (s. entwehren; verwähren 2; Gewährbrief). — 2) (s. 1, vgl. [9]) Hofstelle; Inventar derselben, Gutsinventar und allgemeiner: Hab und Gut: Das übrige Vieh, so mein gewesen und nicht in die G. [zum Gutsinventar] gehörig. 3, 191; Behaltet alle G. und Hausrath in die Höhler. 44a = Das Gut verbergt im Geklüft und alle Geräthschaft. Od. 10, 404 etc., häufig n. (s. III): Der Hof mit seinem G–e. Ph. 3, 269 etc.. Hof-G. ist in Westfalen das nothwendige Inventarium eines Bauerhofes. 250, vgl. [s. 9]: Das Hof-G. ist diejenige geheiligte Rüstung, womit jeder Unterthan zum gemeinen Dienst allezeit dienst- und marschfertig sein muß. 258 ff.; 2, 66 etc. — 3) (s. 1) Bergb.: G. (f.; n.) oder W. (n.), ein zum Behuf des Bergbaus zu Lehen (s. d. 2; 4) gegebnes Feld, auch als best. Maß, — vergl. gewähren 9; Gewährschein: die Bestätigung über die erfolgte Eintragung eines erworbenen Bergwerkseigenthums in das öffentliche Bergbuch. 101 und Währzug. — Gêgen- [1]: Trotz aller G. F. 2, 198; Nach tapfrer G. gK. 332; 73a; 854b: 877b; 993b; Was hast du uns zur G. [Vertheidigung] zu sagen? 3, 173 etc.; seltner mit e: Da wir zur G–e nicht gefasst. Luc. 4, 155; Daß ich nicht zu Krieg noch Aufruhr, noch G–e will Jemand hetzen. 5, 289a; 4, 98 etc. — Grénz- [3]: Anstalten zur Vertheidigung der Grenzen (vgl. Land-W. 1). M. 164. — Grūben- [7]. — Gūts-:
1) s. Bauer-W. 2. —
2) Hof-W. — Hílfs-: s. Bürger-W. — Hōf-: Gutsinventar, s. Besatzung b; Ge-W. 2 und [10]. — Jūgend- [5]: (vgl. Bürger-W.) Freunde unserer wohldisciplinierten J–en. 11, 286 etc. — Klíppen-: s. Wehr III 2. Kōth-: s. Bauer-W. 1. — Krīēgs- [2]: 32, 27. — Lánd-: (s. 4, 130)
1) [3] veraltend: vergl. Grenz-W., eigentl. und zuweilen übertr. [4]: L–en und Wahrthürme. Ph. 1, 194; Eine solche „L.“ bestand in der Regel aus zwei Gräben mit dem dazwischen aus der ausgeworfenen Erde hoch aufgeschütteten Walle. 15, 342 Wenn der Wald dort oben nicht | als eine L. sich dagegen [gegen die Lawinen] stellte. 535a; Gleich unter Näfels ist noch eine alte Mauer und Landweer, genennt an der Letze [s. d. 1]. 469a; 603b; 655a; 734b; Ein Spaziergang auf dem .. Steinwalle dieser zitternden L–e [Festung]. 4, 105; Er hab eine gute Mauer und L. vor sich, solang etc. 1, 84 etc.; auch neutr.: War ein L. zu graben etc. Ph. 2, 177 etc.; Mz.: Für künftige L–e muß besser gesorgt werden. 15, 63. —
2) [5] Das Heer zerfällt:
1) in das stehende Heer und
2) in die L. und zwar:
a) in die L. ersten Aufgebots;
b) in die L. zweiten Aufgebots. Die Marine: 1) in die stehende Marine und 2) in die See-W. Der Landsturm [s. d.] etc. preuß. be- (1860) § 3; B. 3, 301; T. 6, 244 etc.; bildl.: Nesseln und Disteln als L. der Blumen wurden einbeordert. Wald 54 etc., vergl.: Daß wir durch die Schöpfungskraft unserer Vorlinge, Inlinge und Endlinge eine Wort-W. und einen Wörtersturm aufbieten können. M. 45 etc. — Lāūg- [7]. — Nōth- [1]: wozu Einen die Noth zwingt: Nun hielt ich den Entschluß .. erst recht für N. 21, 31; Eine Staats-N. ähnlich der eines Einzelwesen .., welche wider den Mörder in einen billigen N.-Stand einsetzt. 33, 53; Erschlägt sogar unter dem Protektorium einer N–e nur mit Widerwillen einen Mann. Fat. 2, 239; Aus N. thu ich | den harten Schritt, den mein Bewusstsein tadelt. 363a; 551a etc. — Pütten- [7]. — Bez. von Pflanzen, die, den Flugsand (s. d.) festigend, dem Verwehen desselben wehren: Der Sandhalm und der Strandhafer. Außerdem sind Heidekräuter und Nadelhölzer jeder Art vorzügliche S–en. 37, 223a etc. — Schútz- [3; 4]:
Sánd-: 1) eig.: Warf er längs der Schiffsbrücke noch eine besondere Sch. auf. 871a; Il. 7, 437 etc. —
2) bildl.: Ab. 246; Unmächtige | Sch–en gegen Venus’ Macht. 612a; 896a; 1130a; 4, 1019²⁴; Der diese Eigenschaft zur Sch–e für seine .. Laster mißbraucht. 32, 270; 8, 177 etc.; auch (s. 1): Die Dünen als die Haupt-Sch. des Landes gegen die Überschwemmungen. 37, 226b. — Schützen-:
1) [5]. —
2) [6]. — Sēē-:
1) [5] s. Land-W. 2: Der Plan der S. 10, 195. —
2) [3; 7] Die holländischen Dünen zeigen sich ’uns als eine wohlgepflegte S. 37, 226b (s. Schutz-W., Schluß). — Sélbst- [1]: Selbstvertheidigung: Ein Werkzeug zur S–e. Att. 3, 1, 91. — Sícherheits- [5]: vgl. Bürger-, Land-W. 2: Die Errichtung einer S. T. 4, 276. — Strēīch-:
1) [4] von wo aus man ein Terrain mit Geschütz bestreichen (s. d. 2b) kann. Old. Chr. 388 (s. 1, 345c); Tass. 6, 2 etc. —
2) [7] s. WehrIII2. — Trēīb- [5]. — Tyránnen- [3; 4]: Schutz-W. gegen Tyrannenmacht. 20a. — Vōr- [3; 4]: vgl. Schutz-W.; Vormauer etc.: Das Schloß hat an drei Seiten den See zur V. 391b etc.; [Der Krebs] hält seine Scheren als eine V–e vorwärts heraus. 4, 104a etc. — Wáffen- [2]: Hätt’ ich nicht aus euren Händen | meine W. empfangen. Cid 1; Die noch in W–e entgegen dir stehen. N. 2275. — Wásser- [7]. — Wīder-: Gegen-W. — Wórt-: s. Land-W. 2. — Zínnen- [3]: (veralt.) H. 67, vgl. Brust- W. u. ä. m.
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