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währen
Wǟhren: 1) intr. (haben):
(s. wahren, Anm. 4) eine angegebne Zeit hindurch nicht aufhören, sondern fortfahren zu sein, fortbestehen (vgl. dauern I 1—3): Seine Güte „weret“ ewiglich. Ps. 106, 1 etc.; Daß seine Jahre „wehren“ immer für und für. 61, 7; Unser Leben „wehret“ siebenzig Jahr. 90, 10; Sein Zorn „weret“ ein[en] Augenblick. .. Den Abend lang „weret“ das Weinen etc. 30, 6; Solange die Sonne und der Mond „weret“. 72, 5 etc.; Der leidige Krieg und die Noth und die Plag’ | in die 16 Jahre schon w. mag. Sch. 329a; Hätt diese Unmusik noch lang gewährt. Uhland 207; Freut euch . ., we eernhg wisee. Ō„ sn„.— a ( ς7) Tage währt’s, Jahre dauert’s, daß etc. G. 4, 87; Es währte in die Nacht, bis ich zur Ruhe kam. Gutzkow Otfr. 101; Doch währt’s ein Vaterunser kaum, so etc. Thümmel 3, 41; Mit Einem (Etwas) wird’s nicht lang w., er (es) hat nicht auf Bestand zu rechnen. b) Während, s. u. c) vereinzelt: Die nur sechs Monate gewährte [gewährt habende] Regierung. HMaltitz Jer. 1, 141, s. dauern, Anm. 2) Veralt., mundartl., s. nam. Schm. 4, 132, z. B. (s. auch Stalder 2, 429; Weinhold 103b) tr.: Eine Schuld, ein Reichnis w., ge-w., ab-(ge-)w., bezahlen, abliefern (Bei Abgewährung des Gült- und Zehntgetreides. 2, 686); vor-(ge-)w., dabei vormessen oder vorwägen etc., vgl. auch nam. bei den ältern Schlesiern: Etwas an-(ge-)w., an den Mann bringen, anwenden, s. zahlreiche Bsp. Grimm 1, 352; 516; Wurm 309; 480; 484, wozu wir nur noch eins fügen: Soviel als Indien gleich Elephanten nähret, | hat keiner seinen Zahn noch besser angewehret. Lohenstein Ros. 135, kein Elfenbein fand je beßre Anwendung etc., wohl urspr. Umdeutung des veralt. anwerden (s. ohne 1c und Anm.) = losschlagen etc., s.: Der, was er heute nur möglich verthun und anwehren kann, nicht auf morgen sparet. Simplicissimus 1, 332; Will immer der Ersparer wieder einen Anwehrer haben. 354, auch: Die Anwehrung [Hohberg 2, 81a), Anwehrt (60a), Absatz an Käufer etc. Zsstzg. s. 2 (vgl. wehren), ferner zu 1 die von dauern, z. B.: Aūs- [1], tr.: Etwas a., so lange währen, bis dies aus (zu Ende) ist, vgl.: es über-w., länger währen: Mein Lebenslauf ist wie ein Mittagstraum: | wie hofft er dann den deinen aus-zu-w.? Haller 172. Be-: als wahr (s. d., Anm.), verallgemeint: als gut, echt, probehaltig etc. be-, erweisen (vgl. er-w.): 1) tr.: Wie der Ofen „bewert“ die neuen Töpfe, also „bewert“ die Trübsal des Menschen Sinn. Sir. 27, 6; 2, 5 u. o.; Die sicher die Wahrheit seiner Angaben bewährt [bestätigt] hätten. Arnim 382; Mit falscher Verwendung .. ihre Herrschaft suchen zu beweren. Fischart B. 47a; So konnt’ ich . . | der Duldung stille Lehre dir b. [durch mein Dulden]. G. 13, 126; Ihr das Recht | der fürstlichen Geburt vor seinem Hofe | .. aus seiner Gnadenfülle zu b. [bestätigend ge-w.]. 233; Die strengste Rechtsform sollte meine Unschuld | vor aller Welt b. und besiegeln. Sch. 435b; Wollen’s mit heil. Schrift b. Stumpf 308a; Lang in den Wind schien Solches geweissagt; endlich bewährt es | That und Erfolg. V. Ov. 1, 469 etc., s. das Folgende. 2) (s. 1) mit abhängigem Satz: Welcherlei eines Jeglichen Werk sei, wird das Feuer b. [beweisen etc.]. 1. Kor. 3, 13; Wer will .. b., daß etc. Hiob 24, 25; Ap. 9, 22; Daß sie „beweret“ [geprüft] würden, ob etc. Jud. 8, 18; Der Glaube muß bewährt werden, ob er gerecht sei, mit und an der Schrift. Zwingli 3, 2 etc. 3) refl.: Jemand etc., eine Lehre etc. bewährt sich; Dann bewährt sich auch das Neue | nächst dem Alten erst beständig. G. 4, 44; Deine Weisheit hat sich schlecht bewährt. Sch. 400b; Daß das Sprichwort sich bewährt. Schlegel Sh. 8, 218; Ders. (Wackern. 2, 1298¹⁷) etc., auch (s. Herrig 20, 66): Jemand bewährt sich als ein Held oder: als einen Helden, z. B. die letztre Fügung: Wenn er sich als einen Solchen bewährt hat. H. Ph. 4, 241; Kinkel E. 409 etc. 4) adjekt. Partic. pass. = erprobt etc. Ps. 12, 7; Sir. 31, 10; Röm. 16, 10 u. v., auch mit Steigrung: Zu bewährterem Verdienst. Schlegel Rich. II. 2, 3 etc.; Von der bewährtesten Redlichkeit. W. 33, 67 etc. 5) Zu Bewährung meiner Unschuld. Ayrer 418b; Wackern. 2, 1302³⁷ etc. Ent-: s. entwehren. Er-: selten statt erwahren (s. d.), tr., be-w., z. B.: Damit ist erwehret, daß die Ehe nicht ein Sakrament heißt. Luther 2, 159b und noch: Ohne ihren Beruf in ähnlicher Weise erwährt zu haben. Wurm Spr. 91. Fórt- [1]: Der armenische Krieg währte noch fort. Mommsen 3, 312 etc., nam. auch [1b]: Sich f–d zu tadeln. G. 39, 296; Zu einer f–den Marter. Tieck N. 5, 117 etc., s. während 1. Ge-:
1) [1] selten: Wir können euch ohne Gram entbehren, | wenn Wein und Liebe bei uns g. [ausdauern]. Tieck 16, 238, s. 2.
2) (s. 1) Etwas g. (fort-g.) lassen, es fortgehn, in seiner Weise bestehn und fortwirken lassen, ohne ändernde Eingriffe, z. B.: So laß es denn g., | da Genesung nicht gelingt. B. 45a; Man ließ eben von beiden Seiten Alles so fort-g. G. 15, 245 etc., bes. oft: Einen g. lassen, z. B.: Die Welt wird uns .. vergessen und uns g. lassen, wie wir können. 263; 40, 419; 27, 32; 29, 232; Zu formvoll, die Baronin von sich zu weisen, ließ er sie g., ohne jedoch ihre Zärtlichkeit zu erwidern. Lewald W. 3, 136; B. 56b; Sch. 490a etc.
3) Gewähr (s. d.) leisten für Etwas, garantieren, bürgen:
a) intr.: Nur der ew’ge Kampf gewähret | für des Siꝛges Ewigkeit. Sch. 81b; Welches Pfand gewährte mir für Euch? 428a; Ihr seid mein Gast, ich muß | für Eure Sicherheit g. 524a; 745a; 820b etc.
b) mit Obj. (selten, weil der Mißdeutung unterworfen, vgl. 5): Einem seinen Schaden g. Adelung; Jch gewähre aus diesen Stämmen 20 Klafter. Frisch 2, 419c, stehe dafür, daß sie mindestens soviel liefern; Auf ein Feld von Ähren .. | jedweden Korn- und Strohhalm Zoll für Zoll | vergleichen, messen und g. Thümmel 7, 25 = für ein Feld von Ahren als Ertrag des Halms etc.; auch mit abhäng. Satz: An einem verkauften Pferde muß der Verkäufer dem Käufer dreierlei g., nämlich, daß es nicht anbrüstig, nicht stätisch, noch schnöbisch sei. Lübeck. Stadtr. (Adelung, vgl.: Gewährsmängel. Falke Th. 1, 339b) etc., auch: Jch gewähre dir (aber folge Allem, was ich dir anrathe), inner zwei Jahre das Deutsche vorzüglich zu schreiben. JvMüller 14, 380.
4) [2] z. B. mund- artl.: Wem ihr seid verpflicht | zu Zollen, Schoß und Ehren | und, was des Dings mehr ist, | Dem thut es auch ,gewehren“ | treulich etc. Doman (Wackern. 2, 246²⁵) etc., vgl.: Weil du Vater bist, | will sie es [das Kind] öffentlich in deinen Arm g. Günther 548 etc., s. das Folg.
5) s. 4, verallgemeint: etwas Gewünschtes od. Wünschenswerthes zukommen, zu Theil werden lassen: (Einem) Etwas g., mit persönl. und sachl. Subj.: Einem etwas Erbetnes oder seine Bitte, eine Frist etc. g., bewilligen (s. 7, vgl. gewärtigen 2); Jemand oder Etwas gewährt [bietet] Einem Schutz; Diese Einrichtung gewährt (uns) manchen Vortheil, bietet ihn uns dar, wir haben ihn dadurch etc.; Gewährt das Grab ihm keine Rast? Cham. 3, 287; Alle Wonne zu genießen, die so zwei Herzen einander g. G. 9, 36; Was eine Gottheit Diesem frei gewährt | und Jenem streng versagt. 13, 143; Die wahre Freundschaft zeigt sich im Versagen | zur rechten Zeit und es gewährt die Liebe | gar oft ein schädlich Gut, wenn etc. 197; Eine Stelle . ., die ihm nach seiner Weise einige Zufriedenheit g. kann. 15, 21; Gewähre Gott mir nur, vor ihr zu sterben! 35, 274; G. Sie das Nähere! Platen 4, 101, theilen Sie es uns gefälligst mit; Dem Thor, das Rettung uns gewährt. Sch. 36b; Jch sei (gewährt mir die Bitte!) | in eurem Bunde der Dritte. 63a; Schlegel Gd. 1, 173; Die griech. Hetären genossen, indem sie gewährten. FSchlegel GR. 1, 259; Die Weiber . ., die den Freiern sich zugesellet .,, | wechselsweis ein Gelächter und fröhlichen Scherz sich g–d. V. Od. 20, 8; Nimmermehr auch sollst du | unseres Muthes vermissen, soviel die Kraft uns gewähret. Il. 13, 786 etc., s. das Folg.
6) (s. 5) zuw. refl.: Etwas gewährt sich (s. d. †), wird gewährt, findet Gewährung: Wünsche, wie meiner, g. an Ort und Stelle sich leicht. Hölderlin H. 2, 55 etc.; Die Frage lässt sich leicht g. G. 12, 119.
7) (s. 5) Jemand gewährt Einen eines Dings, eines Wunsches, einer Bitte etc. = gewährt sie ihm, z. B.: Der Herr „gewere“ dich aller deiner Bitte. Ps. 20, 6; Jer. 33, 6; Breitinger KrDichtk. 1, 251; Ob Gott einst wollt bescheren | die liebe Einigkeit | und euch dadurch gewehren | der alten Herrlichkeit. Doman (Wackern. 2, 241¹¹); Ich ward meines Wunsches gewährt. G. 9, 60; Einer Hoffnung doch gewährt. WHumboldt 3, 50; L. 7, 180; Unverhofft gewährte ihn der Zufall seines Wunsches. Musäus M. 3, 73; Schaidenreißer 6a; 55a; 72b; Sch. 218a; Simrock N. 94; Gudr. 19 etc.; Gewähre mich edleres Ruhmes. V. Od. 3, 380; Nachdem er seiner Bitte gewährt worden. Myth. 1, 97; Ov. 2, 304; Ländl. 2, 311 etc.; Weckherlin 5; Wernike R. 97; W. 8, 111; Deß will ich sträcklich euch g. 10, 186; Mich eures Anschauns zu g. 193; 11, 111; 16, 196; 27, 302; 33, 84; Luc. 3, 432; 4, 45; HB. 2, 205 etc.; seltner ohne Genit.: Einen g., ihn befriedigen etc.; Die See heischt meinen Tod | und, wenn ihr sie [ihres Willens] gewehrt, so etc. Opit 2, 79. 7) (s. 5; 6) substant. Infin., z. B.: So ist’s dem Alter süßes Lust-G. [es gewährt ihm süße Lust], | wenn etc. WHumboldt Son. 315 etc.; ferner oft: Hoffnungen, .. ohne Aussicht einer glückl. Gewährung. G. 9, 258; Freiheiten werden gewährt, Freiheit dagegen ist ein Gut, das wahren soll vor allen Gewährungen und Schenkungen. Volksz. 9, 178 etc.
8) (s. 5; 6) verneintes Partic. pass.: Allen, welchen der Anblick der erhabenen Urbilder noch ungewährt blieb. Matthisson E. 1, 235 etc.; Der Niemand „ohngewert“ lässt von sich gehen. SFranck (Schm.) [unerhört, unbefriedigt etc.].
9) Doppelzsstzg., s. [2]; ferner (Bergb.): Ab- und zu-s.: die berggerichtliche Besitzumschreibung im Bergbuche an einen neuen Erwerber. Scheuchenstuel 7 etc., vgl. abschreiben 3u. Gewehr (f.) 3. Nāch- [1]: nachwirkend währen: Dies Leuchten wurde zu einem hellen Glanze, der einige Zeit nachwährte. Arnim 160. Über- [1], tr., vgl. aus-w., z. B.: Der Rink [an der Thür] wird seinen Dienst „überweren“. Agricola 274; Der Bund .. überwährt das Sternenlicht. Lenau Sav. 20; Schm. 4, 130 etc. (versch.: Das währt den Tag über oder durch etc.); ferner s. überjähren 2 (vgl. Gewehr f.; 1). Ver-:
1) (ver- alt.) Kein Zahn „verwärt“, das Feuer verzehrt ihn auch nicht. Eppendorf 14, verwest, hört auf zu währen [1] oder zu dauern, zu bestehn.
2) (Rechtsspr.) Rechts- verwährte Zeit, eine durch das Recht festgesetzte Zeit des Besitzes, nach deren Verlauf der bis dahin unangefochten im Besitz Gewesne als rechtmäßiger Besitzer gilt (vgl. verjähren 1a und Gewehr f., 1). Erbvgl. 294; Rabner 4, 23 etc.