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Wägen
Wǟgen, wog, wöge; gewogen:
s. Wage, Anm.:
1) intr. (haben): ein angegebnes Gewicht haben, eig. und übertr. Das Gewicht wird bez. durch ein Adv. oder einen Accus. und allgem. üblich ist hier statt w. das starkformige wiegen: Etwas wiegt (wog) leicht, schwer, schwerer, gleich mit etwas Andrem; einen Centner etc.; Heil, Cäsar Joseph, dir, daß deiner Deutschen Ruhe | dir mehr als Ruhm des Sieges wog [galt]. Kretschmann 1, 151; Das gerechteste Vorurtheil wiegt auf der Wage der Gerechtigkeit soviel als Nichts. L. Gal. 5) 5; Der [Baum] wog in seiner Hand nicht eines Vogels Flaum. Rückert Rost. 1b; Eines der schwerwiegendsten [oder: schwerstwiegenden] Blätter in dem Lorbeerkranze. Scherr Bl. 1, 136; Vergiß nicht, was ein Freund wiegt in der Noth. Sch. 469b; Ich sänk im Preis und wöge gleich mit dir. Tieck Cymb. 3, 6; Eine Ursache, die darum nicht weniger wog, weil etc. W. 14, 35 etc. Bei Einzelnen auch: Dann muß jeder Karpfen drei Pfund wägen. Oken 6, 326; 7, 1276; 1321 etc., vgl. (in ältrer Schreibw.): Ein recht groß Gehörn soll wohl 16 oder 18 Pfund „wegen“. Stumpf 609a; Sie wegen weniger denn Nichts. Ps. 62, 10 [Auf der Wage hebt ein Hauch | sie allesammt empor. Mendelssohn]. Veralt. Impf.: Wug. 2. Sam. 14, 26 etc.; Sie „wagen“ am Gewicht zu schwer. Fischart Garg. 150a etc.; Partic.: So schwer Gold .. als sie „gewägen“ hat. Eppendorf 25 etc.
2) (s. 1) tr.: mit Angabe der Wirkung: Etwas zu Boden (s. d. 4) wiegen (W. 13, 3 etc.) oder wägen (33, 367; HB. 2, 241), vgl.: auf-, nieder-, überwiegen. 3) tr. (auch ohne Obj.), faktit. zu 1: das Gewicht von Etwas bestimmen oder zu bestimmen suchen, eig. und übertr. Die Belege ordnen wir mit Bezug auf die Form (vgl. 1):
a) Wiegen in allen Formen außerm Impf. und Partic. Prät., sehr gw. nam. in der eig. Bed. in der Spr. des gw. Lebens: Der Krämer wiegt Kaffe und Zucker; wiegt richtig, falsch, gut, knapp, spitzer (vHorn Wildl. 4) etc., s. auch Droysen A. 3, 470 und veralt. selbst (vergl. fliegen etc.): Das Stück weugt von 6 bis in 7000 Pfd. Garzoni 650b. Im gehobnen Stil und so auch bildl. und übertr. gilt häufiger wägen (s. b und er-w.), wozu auch (s. Wage, Anm.) bei Alteren die Formen: wiegst, wiegt; wieg! wohl zu rechnen find, z. B.: Wer wieget die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Wage? Jes. 40, 12; Lohenstein Himm. 6 etc. (s. 3b); Ehbruch „wigt“ [achtet] man als [so] gering, | als ob etc. Brant N. 33¹; 66 ¹1³; 73 1⁵: Man „wicht“ hoch die [Ge-]Fahr. Luther 1, 212a etc.; Ehe „wiegs“, dann wag’s! Weidner 227 (u. o.), aber auch: Ein Newton .. wiegt die innre Kraft, die etc. Haller 54; Er [der Nachruhm] wieget nicht den Werth der Thaten. 16 etc., wie auch im Jnfin.: Man muß die Menschen nur mit dem Krämergewicht, keineswegs mit der Goldwage wiegen. G. 23, 260 etc.
b) Wägen in allen Formen außerm Impf. und Partic. Prät., vergl. a, z. B. eig.: Es war nicht zu „wegen“ [w. Zunz] das Erz aller dieser Gefäße. 2. Kön. 25, 16; Handelsleute, die nicht ganz richtig w. Dingelstedt 10; Die Goldstücke genau zu w. Immermann M. 1, 264 etc.; bes. aber übertr. u. bildl.: Die Weisheit ist höher zu „wegen“ [schätzen] denn Perlen. Hiob 28, 18; 31, 6; Sir. 28, 29; Er fragt und wäget [prüft etc.] alle Worte. G. 1, 190; Das Glück deiner Tage | wäge nicht mit der Goldwage. 3, 19; 12, 15; „Lobst du Den, der, was er thut, nicht schätzt?“ | Man tadelt Den, der seine Thaten wägt. 13, 8; 144; 247; 261; Wägt einmal das Gute und Böse [gegen einander]! 29, 218; Hebel 2, 136; Wie das ernste Gericht furchtbar die Wage nimmt | und die Könige wägt, wenn sie gestorben sind, | also wägt er sich selbst jede der Thaten vor, | die sein Leben bezeichnen soll. Kl. Od. 1, 80; 236; Du stutzest? wägst [misst] mich mit dem Auge? L. Nath. 3, 5; Du siehst, wie ich die Sache wäge; bedenk sie auch. JvMüller 5, 215; Nicolai 8, 24; IP. 21, 119; Zeus .., | w–d mit gerechten Händen. Sch. 53b; So an mich halten, Wort’ und Blicke w. 346a; 211b; Man muß die Stimmen w. und nicht zählen. 665b; M. 1, 78; Wäg Eid an [gegen] Eid, so wirst du gar Nichts w. Schlegel Som. 3, 2; Wir messen die Silben nicht, sondern w. sie. FSchlegel Lit. 2, 270; Tieck Cymb. 5, 4; V. 3, 186; Wackern. 2, 92717 ff.; 930⁴; 4, 966²; Wernike R. 73, W. Luc. 4, 134 etc., auch (s. a) verbunden: Im Wägen und Wiegen und Abschätzen der Sünden. Fischart B. 114a (Daß er alle Sünden gegen die Strafen soll recht wiegen und ab-w. 112a); Was hilft dein Wiegen und dein Wägen? Möricke N. 602 etc., auch mit persönl. Dat.: Einem Etwas w., in best. Gewichtsmenge zollen, geben: Gold muß ihnen jede Landschaft w. Sch. 101b; Wenn ich euch meiner Gabe die Fülle dürfte w. Simrock N. 2118 etc.
c) Impf., in der Regel starkformig: Wenn man meinen Jammer wöge. Hiob 6, 2; Sparsam und mit Würde wog der Fürst | mir jedes Wort des Beifalls (s. b, Schluß). Sch. 387b; V. Il. 8, 72 u. o. (veralt.: wug. Luther SW. 64, 7; Rollen- hagen Fr. 169 etc.).
d) (s. c) zuw. auch: Er wägt’ Alles gar bedächtig. G. 2, 181; Ich zählte und maß nicht nur, ich wägte die Silben. H. 11, 98; Wenn man ästhetische Aussprache läse und wägte. IP. 41, 14; Er wägte das Kapital, welches ihm die Tasche niederzog. Tieck NK. 2, 145 etc., vgl. 3b.
e) Partic. Präter., in der Regel starkformig. Dan. 5, 27; Kl. Gel. 16 etc., auch: Ihm ist in der richtenden Wage sein Blut zum Tode gewogen. M. 4, 136, der Tod vom Geschick bestimmt, zugewogen etc.; Im Felde . ., da wird das Herz noch gewogen [der Muth geschätzt]. Sch. 330a etc. und: Die Weiber verzeihen es .. leichter, als wenn sie mit anbrüchigen Pers. gewogen [gleich gestellt, behandelt] werden. Hippel Ehe 177 etc. und in veralt. Form: Der vor Andern höher gewegen und geschätzet ist. Stumpf 197a; Jm eig. Sinn auch verneint: Flachs ungewogen und ungezählt. Möser Ph. 2, 40; Dem heiß ich Goldes messen reichlich ungewogen. Simrock Gudr. 496 etc. (versch. 3e; 4).
f) (s. e) zuw. auch: Die Liebeswag’. . . Gewägt sind eure Triebe. FMüller (Wackern. 2, 930¹); Unser Geprägtes | und Gewägtes [Geld]. Rückert Mak. 1, 96 etc., s. 3b. 4) An 3 schließen sich noch folgende minder gw. Anwend.:
a) Etwas mit und nach der Wasserwage (s. d.) messen, nivellieren (auch ab-, er-w.). Adelung; Schm.
b) (im gehobnen Stil) Etwas so einrichten, daß es im Gleichgewicht schwebt, z. B. (vgl. 2a: Jes.): Die Meisterhand, | die Welten wägt und Himmelssphären wälzt. Kosegarten Po. 1, 45; Forster; Kl. (versch. d); Nur die eine große Jdee der Allmacht ist’s, die dies Getriebe gegen einander wog. H. Ph. 3, 31 etc., auch (s. 2d) schwachform. Impf.: Bonarotti | wägte des Pantheons Dom stolz in den Äther hin- auf. Schlegel (Wackern. 2, 1305⁷) und (s. 3f) Partic.: Wo noch nicht gewägt auf luftigen Bogen | stand des Kapitoles Herrlichkeit. WHumboldt 1, 343; So war ihr Wesen ruhig gleich gewäget. 4, 351; Du fühlest, daß ein Hauch dich jenes Odems trägt, | von dem im Gleichgewicht die Schöpfung ist gewägt. Rückert W. 4, 211.
c) (s. b) refl.: im Gleichgewicht schweben, eig. und übertr., z. B.: Es wiegt mir sich [ich schwanke], ob ich gehen solle. Gotthelf U. 1, 112; Keiner Überwinder, noch besiegt, | so wäget gleich sich dieser grimme Krieg. Schlegel Sh. 8, 245; Schwebte die Erd’ in rings umgossenen Lüften, | w–d sich selbst durch eignes Gewicht. V. Ov. 1, 2.
d) schaukelnd, schwingend im Gleichgewicht hin und her bewegen. In der angegebnen Bed. gilt in der Regel schwachformiges wiegen (s. d.), doch findet sich auch nicht bloß, was sich unmittelbar an 2 anschließt: Etwas in der Hand w., um Dessen Gewicht danach zu schätzen, z. B.: Als er’s wog in freier Hand, | das Schwert er viel zu schwer erfand. Uhland 382, vgl.: Er wiegt und wählt aus einem Haufen Speere | sich den, der ihm die meiste Schwere | zu haben scheint. W. 20, 337 und: Der Goldschmied wiegte den Kessel in den Händen. Schwab V. 1, 201, um das Gewicht zu taxieren (gw.: wog) etc., sondern auch ohne Bezug auf Gewichtsbestimmung, z. B.: Da ich zweifelnd in der Hand ihn [den Helm] wog [hielt]. Sch. 450b; Wie der hagre Mann einst den Erdball in der Hand wägte. Forster A. 1, 169; Er .. | wägt in der schreckenden Rechte[n] dann den Mond und die Sonne, | in der Linken die Morgensterne [gleichsam als Geschoß]. Da kommt er und tödtet! Kl. M. 2, 492 etc.; ferner: zum oder im Flug, im Gleichgewicht schwingen, z. B.: Er [der Adler] wägt den Körper schon | bereit zum Flug. L. (Ramler F. 1, 225); Umsonst von seines Staubes Hügel | blickt auf der Geist und wägt die Flügel. V. 3, 219; Nie mit 1J 1453 schwerem Schwung | wägt Begeisterung | brausend ihr Gefieder. 4, 36; Sie w. den Flug durch leere Gewölk’ hin. Ländl. 4, 697; W–de Schwingen. Ov. 2, 64; Er .. auf den Flügeln sich da in den Lüften wug. Werder Tass. 1, 14 etc. (s. f, Schluß), auch: Mit welchem Anstande sie sich in den Hüften wog. Lichtenberg 3, 350 etc. u. in Alliteration oder Reimverbind.: Auf daß wir nicht mehr Kinder sein und uns „wegen und wigen“ lassen von allerlei Wind der Lehre. Eph. 4, 14 [hin und her schaukeln etc.]; Sie [die treue Liebe] wegt sich, sie regt sich, | doch ändert sich nicht. G. 8, 133 (s. bewegen).
e) (veralt.) foltern. Schm.; Ungemartert und ungewogen. ebd.
f) (mundartl.) mittels Hebelkraft behandeln. Schm., mit dem Bsp.: Einem Rasenden das Messer aus der Hand; einen Baumstamm mit der Axt von einander „wegen“; Die Diebe haben die Thür „aufgewagen“ (vergl.: Er hatte das Thor schon aufgewogen. Lohenstein Arm. 1, 803); Der Riegel ist ausgewegen etc. vgl.: Der mich durch Fuchsschwänzen .. hatte ausgewogen. Schweinichen 3, 39, aus meiner Stelle verdrängt etc.; auch (s. d): Friedrich II. wog uns in die Höhe in Europa. Rahel 1, 373. 5) adjekt. Partic.: Gewogen (vgl. 1): mit Wohlwollen geneigt (s. d. 4b) und zugethan: Einen Bürger hofft er sich gewogen, | beide Väter waren gastverwandt. G. 1, 188; Ich bin dem Mädchen sehr gewogen. 11, 37; Der nicht sonderlich gewogene Kritiker. 33, 251; Mir und den Meinigen mit Gnaden gewogen zu sein. Weidner 6; Einem Spielgesellen, | dem ich gewogner war. W. 12, 230; Wenn der Himmel ein gewogeneres [günstigres] Geschick über uns aufgehen heißt. 27, 60 etc.
a) Wortspielend: „Ist ein Betrüger, wer Andern zu leicht gewogen [ist, nicht: hat]?“ | Nein, sondern er ist leicht betrogen. Rückert Mak. 2, 60 etc.
b) iron.: Nimm die Antwort in Bausch und Bogen | und bleib mir gewogen. 158 = ich empfehl mich (als Abschiedsformel); nun ist’s genug etc., vgl. auch euphemistisch (s. Arsch, Anm.): Kannst mir dreimal gewogen bleiben. Kühne Fr. 354 etc.
c) In veralt. Form: Die alten Edlen wollten mit Wohlthat ihnen die terthanen geweegen und willig machen. Franck (Wackern. 3, 327 ¹²); Dem gemeinen Mann auch wohlgewegen (s. d). HSachs G. 1, 145 etc.; auch: Euch baß bewogen. Ayrer Fastn. 115b; Gryphius Säug. 37; Logau 1, 7, 74; Lohenstein Soph. 12; Opitz W. 1, 218; 2, 12 etc.
d) Zsstzg.: Zwei Göttinnen sind Menelaos hilfegewogen. B. 212b [= mit Gunsten zugethan. 156a, s. V. Il. 4, 6]; Ich bleibe nach wie vor Sein vielgewogner Freund. Spindler V. 3, 327 etc.; Dem alle Mädchen | so wohlgewogen. Daumer 1, 258 etc. und als Ggstz.: Das Volk ..; das .. dem Könige so un gewogen. Börne 1, 392; Bei diesem mir früher nicht uugewogenen bedeutenden Manne. G. 25, 139 etc.
e) Fortbild.: Erneurung früherer Gunst und Gewogenheit. 27, 337; 22, 61; Mendelssohn Ph. 1, 76; Ders. (1. Mos. 24, 49); W. 27, 402 etc.; Die Gegengewogenheit zwischen gemeldten Personen. Olearius B. 5b, die gegenseitige Neigung etc.; Wohl- gewogenheit. G. 22, 342; Gotthelf 5, 108; Heinse Petr. 1, 197; Die allgemeine Wohlgewogenheit gegen das menschliche Geschlecht. Kant SchE. 20 etc. 5) Genaue Wägungen machen. Karmarsch 3, 576 ff.; Pouillet 1, 69 etc.; Wasserwägung, hydrostatische oder (nach Campe): Nivellierung. 6) Wäger:
a) persönl.: Jemand, der und insofern er wägt: Den falschen Wäger. Claudius 6, 29; Ihr Präger und Wäger echter Gewichte. Rückert Mak. 1, 45 etc.; Frohnwäger: ein landesfürstlicher Beamter, welcher die bei den Hüttenwerke erzeugten Metalle abzuwiegen . . hatte. Scheuchenstuel 85, die Frohne (s. d. 2) danach zu bemessen; Der Seelenwäger | hat sie gewogen auf derselben Wage. Platen 1, 341, Gott; Wasser- wäger: Nivelleur. Campe etc.
b) sachl., s. Weger. Zsstzgn., wobei wir die Belege, wie in [3] nam. mit Rücksicht auf die Form ordnen, (vgl. wiegen und wegen) z. B.: Áb-: in Bed. [3; 4a; b]:
1) [3a] Ein Pfund Zucker oder Kaffe abwiegen. Hackländer Hdl. 1, 2; G. 10, 138 etc.; bildl.: Er wiegt all sein Thun und Reden nach Drachmen ab, als stünde Tod und Leben auf Mehr oder Weniger. Börne 2, 261; Zum gewandten abwiegenden Weltmanne. G. 16, 312; Ein Abwiegen aller und jeder Handlungen. 17, 118 etc., versch. schwachformiges: abwiegen (s. d.).
2) [3b] Den Fall des Wassers mit der Wasserwage a. [3a]. Adelung; Jch zähle nicht, ich wäge sie ab. Alexis H. 2, 3, 285; Burmeister Gsch. 501; Die Weisheit, die das Schicksal der Menschen abwägt. Forster Br. 1, 325; Daß wir des Königs Rechte und die unsrigen wohl [gegen einander] ab-zu-w. wissen. G. 9, 181; 15, 57; So wägt sich immer Eins gegen das Andre ab [4b; c]. Klinger 12, 201; Die Gabe | nach dieser Ursach filzig abzu-w. L. Nath. 1, 3; Der alle kleinen Scherze krittlich abwägt. Lichtenberg 1, 331; Nach der Strenge der Wahrheit die Gründe a. Mendelssohn Morg. 135; „Das Volk hat aber doch gewisse Rechte“ | Die ab-zu-w. ist jetzt keine Zeit. Sch. 545b; In meiner unsträflichen Seel’ a–d | sinnen umher, ob etc. V. Od. 16, 237; H. 2, 36; W. 23, 246; Zimmermann Nat. 28 etc.
3) [3c] Da nun der Stolz die Wage hielt, worauf sich Giafar gegen Andre abwog. Klinger Giaf. 25; Alle, welche diese Unternehmung mit seinen Fähigkeiten abwogen, warnten ihn. Sch. 901b; Er wog alle seine Worte auf der Goldwage ab. Stilling 4, 57; Thümmel 2, 191 u. v. (Ugw.: Als sie sich von den Andern abwogen. Rollenhagen Fr. 588, sich absondern, sich unterscheiden). 4) [3d] Man wägte das Geld ab. Adelung; Daß sie die Rechte .. gegen einander abwägten. Kriegk 1, 250. 5) [3e] Auf welcher Wage ward dein Leben abgewogen. Bodmer Gd. 93; Gartenl. 12, 449b; Die Gründe habe ich bei mir abgewogen. G. 22, 413; 9, 209; Kunst, wo .. Alles in der lebendigsten Form mit dem feinsten Wahrheitsgefühl so abgewogen wäre [4b]. Heinse A. 2, 70; Die Grenzen waren noch nicht abgewogen. WHumboldt Son. 334; Die militärischen Hilfsmittel der Römer und Karthager waren sehr verschieden, jedoch in vieler Beziehung nicht ungleich abgewogen [3b]. Mommsen 1, 326; Platen 4, 276; Er hatte .. seine Stärke und Schwäche gegen einander abgewogen. Sch. 1017a; 432b; Nachdem sie, was ihr Herz ihr hieß, | mit ihrer Pflicht leicht abgewogen. [4b] W. 10, 155; Ein Herz . ., eines so zärtlich abgewogenen Gleichgewichts zwischen einer Freiheit und einer Zurückhaltung .. fähig. 6, 194; 31, 487; Eine zwischen Winter und Sommer abgewogene [4b] Witterung. Winckelmann (W. 4, 358 ¹⁰) etc.; veralt.: Wer hat die Berg und -Bühel abgewä gen. Fischart B. 195 etc. Dazu [4b]: Eine strenge Abgewogenheit der Gruppen. Stahr Jahr 2, 33. 6) Der Kurfürst von Baiern .. suchte durch eine weise Abwägung seines Beistandes Meister von Östreichs Größe zu bleiben. Sch. 1000b; W. 5, 191 etc.; Sorgfältige Abwiegung der Gründe und Gegengründe. FKMoser Schr. 2, 370; Kant 2, 564 etc. Āūf-, tr.:
1) [2] Etwas wiegt etwas Andres auf, macht, auf die Wagschale gelegt, die Gegenschale mit diesem Andern aufschweben, als mindestens ihm gleich (vgl. überwiegen), eig. und übertr., z. B.:
a) Einziger Augenblick, in welchem ich lebte! du wiegest | alle Tage, die sonst kalt mir verschwindenden auf. G. 1, 242; Wiegt denn er allein | die [Wag-] Schale meines Werths und aller Liebe, | die ich so reichlich sonst besessen, auf? 13, 201; In ew’gem Wechsel wiegt ein Wohl das Weh | und schnelle Leiden unsre Freuden auf. 319; 17, 274; 19, 154; Das Bestreben beider Religionsparteien, sich einander, wo nicht aufzuwiegen, doch im Gleichgewicht zu erhalten. 22, 98; Gerechter Richter! .. wie furchtbar und aufwiegend [mit genau einstehnder Zunge, mit gleichschwebenden Schalen] hängt deine Wage! H. R. 7, 103; Gold und Edelsteine wiegen keinen Zauber | auf wie diesen. Platen 4, 275; Was vereitelt, was gewonnen, | wiegt sich auf. 1, 174; Warum ein Quintchen Salz wieg’ auf, von Mehl ein Pfund. Rückert BE. 34; Ein Herz, wie eures, | wiegt Tonnen Goldes auf. Sch. 352a; Talvj 1, 230; 2, 146 etc.
b) Sie wägen Äonen des Kampfes auf, die Augenblicke der Befreiung. Hölderlin H. 1, 92; Dein Blick wägt ein Leben eitler Tugend auf. Klinger 2, 390; 419; Weil süßes Vergessen allein aufwägt den unendlichen Schmerz. Platen 2, 205; Das Gold, das Dank aufwägt, | ist wohl .. ausgelegt. Rückert Mak. 1, 48; Menschen wägen auf deinem mörderischen Dolche keine Luftblase auf. Sch. 122a; 963b; An Reichthum wägt er die Könige alle gesammt auf. V. Th. 17, 95.
c) Jmpf. und Partic. starkformig: Wenn Jeder .. sich ein Stück Fleisch .. abzwicken ließe . ., es wöge diese Thränen nicht auf. Sch. M. 2, 161 (fälschlich: wiegte. Sch. 143a, s. das schwachformige aufwiegen unter den Zsstzg. von wiegen); ferner z. B. im Pass., sich nah berührend mit 2: Wenn ihr mir auch das größte Übel zufügtet, so würde doch dadurch nicht der tausendste Theil des großen Guten aufgewogen werden etc. G. 28, 314; Der gefallne Regen wird durch die Verdunstung aufgewogen, wohl gar .. überwogen. Volger EE. 335 etc.
2) faktit. zu 1, z. B.:
a) Eine geweihte Person, die nur dadurch ein ungeheures Übel für sich und Andere aufzuwiegen vermag, wenn etc. G. 15, 284, die nur dadurch bewirken kann, daß das Übel aufgewogen wird; Und müsst’ ich Sie mit Gold | aufwiegen. Gotter 1, 201, soviel Gold für Sie geben, wie Sie wiegen; Mit Gold aufwiegen wird man jeden Zopf. Prutz W. 9 etc.
b) Wollte Priamos auch dich ganz aufwägen mit Golde. B. 238b (= V. Il. 22, 351); L. 2, 327; Sie mögen mich gegen meine Landsleute oder gegen Ausländer a. 4; Gründe und Gegengründe .. gegen einander a. [ab-w.]. 5, 64; Nicht mit Dünger wägen sie sie hier mir auf. Platen 4, 7; Wo dein Leid du mit Geduld aufwägst. Rückert BE. 163; Ders. (Wackern. 2, 1532³⁴); Bescheidenheit aufzutreiben, um diese Demuth auf-zu-w. Tieck N. 1, 38; W. Luc. 1, 46 etc.
c) Starkformiges Jmpf. und Partic.: Wog er ihnen | jedes Wort mit Perlen auf. Platen 4, 331; Und würde dir jeder Angsttropfen .. mit einer Tonne Goldes aufgewogen. Sch. 199a; Nicht wird Silber gewogen als ihr Kaufpreis, nicht aufgewogen wird sie gegen Ophir-Gold. Zunz (Hiob 28, 16; s. 19) (nach Campe nur: A. nicht aufwiegen mit schwacher Abwandlung).
3) [4d] im Gleichgewicht emporschwingen: Beginnen den Kampf der geründeten Scheibe. | Diese zuerst a–d entsandt’ .. | Phöbus. V. Ov. 2, 176.
4) [4f]. Āūs-, tr.:
1) [3]:
a) Etwas im Einzelnen, bei Kleinem nam. vereinzelnd (s. d. 1), aushökernd (s. d.) wägen, z.B.: Euer Brot soll man mit Gewicht „auswegen“. 3. Mos. 26, 26; Der Teufel solle ihn lothweise a., wenn etc. Gotthelf Sch. 107; Mathesius Sar. 98b etc.; Hundert Pfund .. bei kleinern Theilen wieder auszuwiegen. Möser Ph. 2, 172; Fischart Garg. 189a; 247b etc.; Er wog das Geld gewissenhaft bis auf ein Quintlein aus. Musäus M. 2, 76; Wog Zucker und Kaffe aus in des Vaters Laden. Wildermuth Heim. 276 etc. (veralt.: Der große Name der päpstlichen Heiligkeit, darunter man solche Ablaß auswug. Mathesius Lthr. 11b); Gewürze . ., beim Kaufmann ausgewogen. Auerbach J. 172 etc.; dazu: Die Salz-Auswägerin [-Verkäuferin, vgl. Schenk 1a]. Gotthelf Sch. 215 etc.
b) durch Wägen herausbringen, aussuchen, ausfinden etc., eig. und übertr. auf Geistiges (er-w.): Eine gute Apothekerwage der Themis, die Skrupel auswägt. IP.; Jhren [der Bilder] artistischen Gehalt aus-zu-w. 21, 183; Indeß Dieser sehr bald den .. Wildling richtig auswog [tarirte]. 165; [Da] erwog er ab und auf, ob siegen ob erliegen | er würd’ im Kampf der Welt, nicht wusst er’s auszuwiegen. Rückert BE. 40; Viel schwer[e] Gedanken ich auswag. HSachs 1, 332a; Erhatte.. | aus einem großen Haufen Speere | .. den schwersten ausgewogen. W. 11, 115 etc. Daher: Ausgewogen, wie ausgesucht (exquisit etc.), z. B.: Verdiente ich nicht die ausgewogensten und eindringlichsten Schläge? Tieck 14, 278 etc.
c) Ich will dir ihn neunmal mit Gold a. [auf-w.]. Schwab V. 1, 368.
2) [4f]. Be-:
1) [3] veralt. z. B. statt des Grundw.: Die Weisen b. ihre Worte mit der Goldwage. Sir. 21, 27 etc. und übertr. = er-w., z. B.: Maria .. „beweget“ sie [die Worte] in ihrem Herzen. Luk. 2, 19; Das Wort betrachten und fleißig bewegen. Luther 1, 119a; Die Prüfung, damit der Mensch seine Sünde erforschet und „bewigt“. 544a; 5, 265b; Solchem Wort fleißig nachgedacht und wohl bewogen. 317b; 6, 6b; 394b; SW. 64, 276; Logau 3, 10, 21; Ich bewag [erwog]. HSachs 1, 278b, Bewieg’s, ehe du’s wagst. Schweinichen 1, 147; 3, 136; Wackern. 2, 255²⁵ etc.
2) [5c].
3) Im Übrigen s. bewegen. Danīēder- [2]: Der Ehrgeiz .. wiegt selbst den Geiz danieder. Rückert BE. 36. Dār- [3]: s. da, Anm. und zu-w., z. B.:
1) [3a] Ein Kikar Silber wiegst du dar. Zunz (1. Kön. 20, 39) = Du sollt einen Centner Silbers „darwegen“ (2). Luther.
2) [3b] „Darwegen“ (s. 1) 2. Mos. 22, 16; Hiob 28, 15; Jes. 46, 6; Gold . . meiner Gebieterin d. Musäus M. 3, 22; V. H. 2, 318 etc.
3) [3c] Er [Gott] wog mir dar, | was er mir geben wollte. Gellert 2, 160; Welchen Ausdruck die Übersetzung .. vielmehr darwog als darzählte. V. Ländl. 1, 147 etc.; Wenn sie auch . . zwanzigfältige Lösung .. darwögen. Il. 22, 350 etc. (veralt.: Wug ihm das Geld dar etc. Jer. 32, 10; Zach. 11, 12 etc.).
4) [3e] Solange uns die Kräfte dazu nicht dargewogen werden. Lichtenberg 4, 411; Dem er die Bissen dargewogen. Pfeffel Fab. 2, 16; Zinkgräf 1, 288 etc. Dúrch-: Bis ich das Geld .. aufgezählt, sie es durchgewogen und eingestrichen. Thümmel 2, 216. Eīn-:
1) [3] wägend in ein Behältnis thun: Du „wegest“ dein Gold und Silber ein. Sir. 28, 29.
2) refl.: beim Verwägen an Gewicht einbüßen etc.: Gutgewicht wird bewilligt, weil die Waare sich etwas einwiegt. Er-:
1) selten = ab-w., z. B. [3]: Ich habe das Geld nicht erwogen. Rückert 2, 277 und [4b]: Der von Ewigkeit her den Busen reizender Frauen | zum besten Spielraum der Männer erwog. Thümmel 5, 203 etc., gw. aber:
2) [3] übertr.: Etwas im Geiste wägend bedenken, in Betracht ziehn etc. (vgl. ermessen):
a) [3b] Lasst uns nun ,,erwegen“ [,e.“ V. Il. 4, 14], wohin die Sache gedeihn soll. B. 212b; Ihre Vhe und Bezüge zu e. G. 22, 373; Heine Lut. 2, 224; Der die Folgen vorsieht und erwägt. Klinger Giaf. 334; L. 2, 179; 394; Ich „erwege“ die Gewalt. Mendelssohn Ph. 1, VIlI; Platen 4, 276; 287; Sch. 269b; Sobald man die Ursachen erwägt. W. 9, 100; 23 etc.
b) [3c] Bescheiden erwogst du den Preis. G. 1, 244; 5, 46; Sie erwog im Geist die verständige Rede. V. Od. 1, 362; Viel erwog er darauf .., ob etc. 20, 10; Il. 17, 108; Ländl. 2, 501; W. Luc. 6, 250 etc., s. d.
c) [3e] Eine nach ihren wirklichen Folgen noch zu wenig erwogene Bemerkung. Engel 8, 216; Bevor er nicht Alles nach dem Richtscheit erwogen. Hagen Nor. 195; Sch. 491a; W. 9, 138 etc., seltner:
d) [3d] Erwägte man doch diesen Lehrsatz etc. Brockes 9, 525; Indem er den Scharfsinn und die Dummheit des Sancho erwägte. Tieck DQ. 2, 517; Er erwägte, wie sehr etc. 1, 303; Wenn ich indeß bei mir selber erwegte, daß etc. Zachariä Hint. 104 etc.
e) [3f] Nicht bloß das Beste seines Schwähers .. mag Jethro bedacht, sondern auch sein eignes Wohl erwägt haben. G. 4, 271; Lohenstein Ros. 57 etc. g) veralt. [3a]: Wenn er [der Geist] den .. Schluß . . erwiegt. Bodmer Gd. 102; Breitinger Kr. 2, 97; Drollinger (Wackern. 2, 5771); Klärlich besehen und erwiegen. Fischart B. 10a; Jselin Tr. 309; Opitz 2, 117 etc. h) veralt. Partic. (vgl. 4b): Hab ich erwegen, daß etc. Luther 1, 155b etc. Dazu: i) Erwägung aller begleitenden Umstände. G. 39, 225; Die Schreckbilder eitler Erwägungen. Gutzkow R. 2, 261; „Ich will den Vorschlag in Erwägung ziehn.“ In keine gar zu lange! Sch. 364b; In Anbetracht, daß etc. .. und in Erwägung, daß etc. Volksz. 12, 194 u. v., auch (vgl. l): Daß er nicht eiferte, in „erwegung“ er [da er doch = obgleich er] die schönste Gemahlin hätte. Weidner 37 etc. k) Solche Kleinigkeiten sind unerwogen geblieben. Jv Müller 15, 71 etc., veralt. auch (s. l8) im absoluten Genit.: Dessen unerwogen, so etc. Berlichingen 107.
1) Doppelzsstzg.: a) Erwog er ab und auf [hin und her], ob etc. Rückert BE. 40 (s. aus-w. 1b). ) gw. nur im absoluten Partic., bindewörtlich (im kanzleimäßigen Stil): Anerwogen, daß [= da, weil]. Döbel 1, 34a etc. und ohne daß. 3, 108a; IGMüller Lind. 1, 150 etc., auch = denn. Döbel 3, 79b etc.; seltner (s. i): Gemeinschaftliche Anerwägung. Hippel 7, 111. Ferner (3—5) veralt.: erwegen, nam.: 3) gw. schwachformig = bewegen:
a) [4d] Als Rinaldo . . den .. Schild erweget. Werder Ar. 18, 135 etc.; Das Tanzen .. eine .. Erwegung des Leibes. Wiedemann Juli 64.
b) übertr. = erregen: Einen Krieg (Lranck Weltb. 51a), Aufruhr (117a) erwegen; Dadurch das Volk zu’n Waffen erwegt war. Stumpf 331b; Dagegen auch die Herzogischen in ihren [zu ihrem] Beistand erwegten die Fürsten von Mailand. 602a etc. 4) refl. (s. Wage, Anm., vgl. 5): mit Wagemuth, kühn auf Etwas sich gefasst machen, sein Vertraun setzen, sich unterfangen (vgl. ermessen 4) etc. (s. be–, er-, verwëgen. Benecke 3, 631; 633; 634b): Daß sich Alle des Todes [vgl. 5: Lebens] erwogen hätten. Kantzow 2, 235, darauf gefasst, ihn erwartet hätten; Der muß sich erwegen, Undank zu verdienen. Luther 5, 272a; Muß sich .. Deß erwegen, daß das Kreuz nicht werde außen bleiben. 311b; Daß ihr euch auf Gott .. erweget [verlasst, vertraut]. 331a; 1, 172b; 186a u. o.; Jch will euch zu Gut mich Deß erwegen [unterfangen], | zwerchs über diese Bach zu legen. Waldis Es. 3, 97; 86; 93 u. o.; [Der] Will[e] ist, der sich erwiegt [entschließt], nach Ermessen und Erkenntnis des Verstands, das Verstandne anzunehmen oder nicht. Zwingli 2, 206 etc. (s. Grimm 3, 1049 ff.), auch ohne sich (s. d. †), z. B.: Lasst (s. d. 8) uns nur frisch und fröhlich erwegen [vertraun] auf seine klaren Worte. Luther 1, 520a etc., bes.:
a) substant. Infin.: Mit Freudem und ganzem Erwegen [Zuversicht] ihm gerne trauen. 5, 468a etc.
b) adjekt. Partic. Präter. (s. 3h und verwegen): Ein erwegen [freche] Ehebrecherin. 2, 124b; Zu Sünden allezeit erwegen. 1, 229b; Glaube ist eine lebendige, erwegene [getroste] Zuversicht auf Gottes Gnade. SW. 63, 125 etc. 5) refl. (s. Wage, Anm., vgl. 4): Etwas, als aufs Spiel gesetzt, aufgeben, darauf verzichten, bes. oft (vgl. 4, das erste Bsp.); Sich des Lebens erwegen. Luther 5, 272b etc. (Impf.: Erwegeten. Weish. 17, 15 etc.; erwog. Ettner Apoth. 271; Maulaff. 863 etc.; Partic. Prät.: Erwegen. 2. Kor. 1, 8 etc.); auch: Ich hatte mich selber erwegen [,vor verloren gehalten“]. Berlichingen 56; [Ich] sollt mich meines Buhlen erwegen. Uhland V. 129; 128; Sich der Ehren (Waldis Es. 3, 98), aller Wohlfahrt (4, 55), dieses Lebens und Alles, was darin ist (Luther 6, 247a) erwegen etc., vgl.: Vom .. ehrerwegenen [ehrlosen] pludrichten Hosenteufel. A Musculus (s. Alexis H. 1, 2, 60). Gêgen- [1]: ein Gegengewicht bilden etc.: Mephistopheles als die ungleiche gegenwiegende Kraft im Universum. Schubarth G. 2, 478. Hêr- etc.: s. z. B. [4b] Schlegel; ferner [d] z. B.: Mit leisem Gewicht und Gegengewicht wägt sich die Natur hin und her. G. 37, XIV; Man wiegt die Gunst hier nicht für schwere Kisten hin. Haler 28 (vgl. dar-w.) etc.; zumeist aber, ohne hervortretenden Bezug auf die Wage, als Zsstzgn vom schwachformigen wiegen (s. d.). Nāch- [3]: etwas wägen, um nachzusehn, ob das Gewicht richtig gewogen ist, eig. und bildl.: Der Silberlinge Werth . . erst jüdisch nachzuwägen. Thümmel 1, 68; Den Werth der Menschheit nachzuwiegen. 2, 192 etc. Nīēder- [2]: zu Boden wiegen (vgl. auf-w. 1; 2; danieder-, über-w.), z. B.: [Das] wägt jeden Kranz des Nachruhms nieder. Hölty 83; Einer, der auch Räuber niederwägt, ein schleichender Teufel. Sch. (Palleske Sch. 1, 167) etc.; korrekter: Beide [Schmerzen] wiegt die Ehre nieder. Rückert Morg. 1, 196; Ein solches Ansehn niederzuwiegen. W. 9, 188 (s. nieder 1c). I. Über-: 1) [2] Etwas überwiegt etwas Andres, wiegt schwerer als dies, hat ein Übergewicht (s. d., vgl. auf-w. 1):
a) in seltner Form: Hält dir [der Schönheit] die Wage Nichts, so überwäg’ ich [die Schöne] Alles. Lohenstein Ros. 64; [Seine] Sünde will seine guten Werk ..überwegen. Mathesius Wag. 102; Sich einen Anhang zu verschaffen, der die lothringische Partei ü. (s. 2a) könnte. Sch. 1047a etc., gw.:
b) Umsoviel das Gold auf Erden Verdienst und Tugend überwiegt. Cham. 4, 248; Ein Quentchen Danks wird .. | die Centner Undanks völlig überwiegen. G. 12, 147; 40, 352; H. R. 9, 352; L. 10, 167; Schlegel Dr. 2, 2, 155; W. 26, 283; 27, 58; 33, 21 etc.
c) Jmpf.: So überwog sein Witz noch seine Tapferkeit. Bodmer44; Sch.804b; Simrock N. 180 etc.
d) Partic. Prät.: Alles dieses Streben jedoch .. ward von dem physiognomischen Genie überwogen, das ihm [Lavater] die Natur zugetheilt. G. 22, 377; Wie sehr das Verlangen, sie glücklich zu sehen, die Begierde, mich selbst durch sie glücklich zu machen, überwogen habe. W. 2, 93; Kleine Unvollkommenheiten, die von wirklichen Schönheiten überwogen oder wenigstens im Gleichgewicht erhalten werden. 36, 244; 33, 40 etc.
2) (s. 1) auch ohne Obj. oder scheinbar intr. (vgl. vorwiegen), z. B.: Sein Hang zu gelehrten Arbeiten überwog [alles Andre]. Ense D. 5, 249; O wäre sie, der bessern Thaten Schale, | so schwer, daß sie überwöge [die andre]. Kl. Od. 1, 50; Wenn ganz gleich die Gewicht’ in jeder | der zwei Schalen der Wage liegen, | leg in die eine noch eine Feder | und sie wird ü. Rückert 2, 411; Mein Glücksstand hält die Wag’ auf alle Weise | dem seinigen, wenn er nicht überwiegt. Schlegel Somm. 1, 1; Dein böser Dämon überwog. W. 10, 30 etc. (veralt.: Es überwug aber die Bürd’. Rollenhagen Fr. 647); besonders oft im Partic. Präs.: Ein überwiegender Hang zur Sinnlichkeit. W. 6, 311; Alle Eintheilungsgründe sind doch nur von einem Überwiegenden hergenommen. G. 39, 88 etc., selten (s. 1a): Mit überwägender Rücksicht auf etc. Pestalozzi 4, 21 (44; 101). Einzelne behandeln das objektlose Zeitw. als trennbare Zsstzg.: Die Form wiegt bei uns über. KlGroth Plattd. 82; 114 etc.
3) (s. 1) das Obj. aus dem Gleichgewicht bringen, z. B.:
a) (veraltend) eig.: Hat der Spieß den Kurfürsten etlichermaßen überwogen. Schweinichen 1, 39; Ihn überwiegt | des schwarzen Ritters stürzendes Gewicht, | er schwankt etc. W. 11, 117 etc.
b) (s. a) häufiger übertr., z. B. (ver- alt.): Er ward vom Schlaf überwogen [überwältigt. Eß] und fiel etc. Ap. 20, 9 (in der Bibelausg. von 1545 fehlend) etc., ferner z. B.: So sehr war die Vernunft von Leiden überwogen [überwältigt]. Bodmer Gd. 103; Nie hat den gleichen Sinn ein Unfall überwogen. Haller 117; Sch. (s. 1a); Dankbarkeit etc. .. überwogen [überwanden] ihre Bedenklichkeiten. W. 9, 236 etc.
c) (veralt.) Zanke nicht mit einem Reichen, daß er dich nicht „vberwege“, denn Viele lassen sich mit Geld [bestechen. Sir. 8, 2, meide Processe mit Reichen, die durch Bestechung des Richters dich zu Boden wägen können, vgl.: Er überwiegt den Geizhals [Bileam] mit großem Geschenk, daß er dem gottlosen König Rath gab. Mathesius Lthr. 50b, besticht, bringt ihn dazu etc.
4) überlegend erwägen (veraltend): Wer es überwiegt, Der sieht etc. Opitz; Eine ganz reiflich überwogne That. Lengfeld Sch. 288. II. Über-: s. I 2. Ver-: vgl. vermessen: 1) [3]
a) tr.: eine Waare etc., nam. insofern dafür nach dem Gewicht zu zahlen ist (z. B. vom Käufer, Versteuernden etc.) wägen, z. B.: Nicht das geringste Quantum, bevor es nicht amtlich verwogen ist. Oppenheim 9, 341 etc.; Zu Verwiegungen auf Brückenwagen. Mecklb. Strel. Offic. Anzeig. (61) S. 26 etc.
b) refl.: sich beim Wägen versehn, irren. 2) s. er-w. 4 und vermessen 4, mit Genit. oder mit Infin. und zu oder auch ohne Komplement, z. B.:
a) selten im Präs., Infin. etc.: Ehe er begreifen kann, wer sich so sehr verwäge. W. 12, 194; Der ist des Todes .., der je des Frevels sich verwäget | und etc. 20, 266 etc., auch: Er musst sich stetigs besorgen und verwegen, die Stadt .. zu verlieren. Stumpf 603a, sich gefasst machen.
b) Jmpf.: Den Mann. ., | der sich verwog [spätre Lesart: vermaß], der Christen Gott zu lästern. W. 20, 137 etc., veralt.: Erverwug sich einer großen Heerfahrt. Frisch 2, 415a etc.; auch: Petrus verwag sich zu ertrinken. HSachs G. 1, 171 = machte sich darauf gefasst, s. er-w. 4.
c) nam. aber Partic. Prät. (s. d): Er hatte zwar schon lange sich verwogen, | mit schmachtender Begier die Dame anzusehn. 158; Wo .. ist der Trotzige, der gegen | die Stadt so kühner Drohung sich verwogen. Sch. 238a; Hat sich der Landmann solcher That verwogen. 542b; Solcher Gewaltthat hätte der Tyrann | wider die freie Edle sich verwogen? 543b; Sie ward nicht erbauet von Menschenhand, | es hätte sich’s [= Dessen, s. Es 8] Keiner verwogen. 50a (veralt.: Als er sich des Tods verwegen. Stumpf 212a; Daß Alle .. sich Verderbens hatten verwegen. 602a etc., vgl.: Als wir uns All des Lebens verwegen hätten. Schaidenreißer 36a, s. er-w. 5; auch: Eines Abends nach einem Maienregen | hätt’ ich Spazierens mich verwegen. HSachs = unterfangen etc., spazierte ich).
d) (s. c und vermessen
5) adjekt. Partic. Prät.: in Nichtachtung des Beachtung Verdienenden furchtlos mit kühnem und zwar gw.: mit überkühnem Wagemuth und: in solchem Muth gegründet etc. (vgl. tollkühn etc.): α) zuw.: Der Kerl war sehr verwogen. Houwald 2, 7; Jacob Hor. 2, 43; Frech, verwogen. L. 4, 72; Durch den Riß geborstner Klippen | trägt sie der gewagte Sprung; | aber hinter ihr verwogen | folgt er. Sch. 50b; Schücking Mark. 1, 248 etc., s. γ. ) gw. aber in der ältern Form: Verwegene Übelthäter. Ps. 59, 6; Und wenn den Hals der Eine brach, | der Andre bleibt verwegen. G. 4, 25; 8, 45; Solche Jünglingsthat | verwegen auszuüben. 13, 11; Ein verwegener [kühner] Ausdruck, der sonst nicht gebräuchlich ist, kann im Affekte schön werden. Gellert Br. 68 (L. 3, 207); Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd. Körner 25; Lichtwer 122; Platen 2, 225; Ein verzweifeltes Übel will eine verwegene Arzenei. Sch. 168b; Auf ewig, | und in des Worts verwegenster Bedeutung. 254a; 334b; W. 3, 25; 6, 64 etc., auch: Ein überverwegener Spieler. Mommsen 3, 294 etc. Dazu: γ) (s. c) Muthwillen und Verwogenheit. Gervinus Lit. 5, 719; Rückert Mak. 2, 126 etc. d) gw. (s. 8): Freche Verwegenheit. G. 23, 251; Ein Geist, den jede Gefahr zur Kühnheit, ja zur Verwegenheit aufruft. 25, 59; 27, 25; 13, 248; König Kl. 3, 92; Mit unerhörter Verwegenheit, ja frevelhafter Frechheit. Lichtenberg 4, 200 etc. c) Wenn euch der Gatte, der Vater verstößt, | die heiligsten Bande verwegentlich löst. G. 1, 142 (vgl. vermessentlich) etc. 3) veralt. (s. er-w. 5) refl. mit Genit.: auf Etwas verzichten, es aufgeben, fahren lassen. Brant N. 13⁵² (und Anm. 325a); Schm. 4, 43 mit zahlreichen Belegen, wozu wir nur wenige fügen: Darüber er selbst und viel ander gute Leute sich seiner gar verwagen [an seinem Aufkommen verzweifelten]. Mathe- sius Lthr. 122b; Daß er sich schier seines Lebens darüber verwegen hatte. 127a; Die Königin verwegt sich auch willig ihrer königlichen Krone und ganzen Reichs. Pr. 51; HSachs G. 1, 130; 2, 208; Nachdem männiglich sich seiner Wiederkunft verwegen hatte. Schaidenreißer 99b etc. Vōr-:
1) intr. [1; 2], vgl. über-w. 2, z. B.: Wiegt Gezier, wiegt Weiberlaun’ und Tücke | dem Männerwort, dem königlichen Eid | auf eurer Wage vor? Alxinger D. 18; Daß das aufgelegte Schießen gestattet ist; der freie Handschuß soll jedoch .. bei Weitem vorwiegend bleiben. Gartenl. 10, 442a; Nicht einmal das Lob der Feinde wiegt so entschieden vor. JP. 36, VIII etc.
2) tr. [3]: Einem Etwas vor-w., -wiegen, so wägen, daß und damit er es sieht, nam. sich von dem Gewicht, der Richtigkeit überzeugt (s. dar-w.): Das Gold wird hurtig vorgewogen [dem Verkäufer]. W. 20, 243 etc.; bildl.: So wägt er sich selbst jede der Thaten vor, | die etc. Kl. Od. 1, 80; Die vorgewogene That. Sch. 277b etc. Zū- [3]:
1) Einem Etwas z., abwägend zutheilen (vgl. dar-w.)z eig. und übertr.:
a) [3a] Welche .. einem Jeden, soviel Pfund er verlangt, eilig zuwiegen. G. 24, 230; Mendelssohn (2. Mos. 22, 16), versch. schwachformiges zuwiegen (s. d.).
b) [3b] Unmöglich .., ähnlichen Prädikaten [Homer’s] .. richtigen Gehalt im Deutschen zuzuwägen. B. 184b; Das Zünglein in der Wage, die ihm die Götterspeise zuwägt. H. 11, 309; Kl. Gel. 301 etc.
c) [3c] Abraham wog ihm das Silber zu [,dar“. Luther]. Mendels- sohn (1. Mos. 23, 16) etc.
d) [3e] Dein zugewognes [vom Geschick beschiednes] Glückstheil, das ist dein froher Muth. Cham. 3, 331; Geibel 186; Der Mond ist der Erde zugewogen, wiē sie sich selbst und der Sonne zugewogen ist. H. Ph. 4, 311; Sch. 21a; ESchulze 3, 23; Die Wage, worin uns Freuden und Leiden zugewogen werden. W. Denkw. 1, 154 etc. (veralt.: Denn die fremden Schreiber den .. Germanis wenig Ruhms „zugewegen“ haben. Stumpf 58a).
e) Die Zuwägung der Wärme. Volger EE. 324 etc.
2) wägend hinzufügen etc. Zurück- [3]: z.B.:
1) wägend zurücknehmen (abrechnen): Die Emballage z. etc.
2) wägend (oder nach dem Gewicht) zurückzahlen, eig. und übertr.: Traun uns wägen zurück die gestrige Schuld die Achaier | reichlich. V. Il. 13, 745; So ist Dies nur das entsprechende Z. mit dem Gewichte des Empfangenen. Volger EE. 424 etc. (s. schwachformiges zurückwiegen).