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viel
Vīēl, a.:
Ggstz. zu wenig (s. d.) zur Bez. der Menge und Fülle:
1) Für die Steigrungsgrade gilt mehr (s. d. 3 ff.) und meist (s. d.).
2) Die Bed. von viel wird nüanciert durch davortretende Wörter (s. d.), z. B.: sehr; gar; recht; ziemlich; zu; allzu; so; wie; welch (selten, z. B.: Welch v–es Volk ist hier versammelt. Sch. 506a = welche Menge Volks); etlich (s. d., Anm.); etwas (s. d. 3); ein wenig, ein bischen (s. Bissen 3b); gleich (s. d. 1e); eben (s. d. 5) etc.
3) Vor Zahlw. (vgl. manch 7), z. B.: Ich sollt’s in acht Tagen haben. Nun sind schon v–e acht Tage [Wochen] vorbei und ich hab’s noch nicht etc.; bes. oft: V(–e) hundert; tausend; hunderttausend; Millionen etc.; Ich fürchte mich nicht vor viel hundert Tausenden. Ps. 3, 7 etc. In Schlesien (und der Lausitz): „Viel mit zwanzig zur Bezeichn. einer unbest. Menge: Viel zwanzig kommen den Tag zum Herrn und wollen ihn sprechen.“ Weinhold 102a (vergl. Stiege 2; Schock 1; 2) und so: Da es v–e zwanzig Jahre her, | daß dieser Bruder nicht mehr lebt. L. Nath. 1, 2 (vgl. auch Einig III 1a, Schluß).
4) Wo es sich um Menge und Zahl handelt, stehn Hw. neben viel in der Mz. (und substantivisch sächlich: Vieles, s. g); wo es sich aber nicht um eine Zahl von unterschiednen einzelnen Ggstdn, von einer Menge handelt, sondern um eine Fülle, stehn Hw. (z. B. Stoffnamen und Abstrakta) in der Ez. (und substantivisch sächlich Viel, s. 5). Das partitive Vh. wird bez. durch die von viel abhäng. Präpos. von, aus, unter oder den Genit., s. b; f.
a) Steht vor dem attrib. Ew. viel der best. Artikel od. ein besitzanzeig. Fw. etc., so wird viel immer (ganz in gw. Weise) flektiert: Das v–e Geld; Sein v–es Geld; Trotz seines v–en Gelds nicht glücklich; Die v–en Gelder (Kapitalien) unterbringen; Die v–e Sorge —, die v–en Sorgen, die er hat etc.; auch substant. in Mz. von Pers.: Die V–en, die dir huldigen etc., vgl. im seltnen Vokat. ohne Artikel (vgl. f): Ihr, verehrte V–e, die etc. G. 6, 343 (= Verehrtes Publikum, das etc.); ferner in sächl. Ez.: Das V–e in demokratisch vereinzelter Wirksamkeit [ver]mag nirgend etwas Gedeihliches zu schaffen. Fallmerayer Or. 2, 25; O möchte doch das V–e, das dir bleibt, | nach dem Verlust als Etwas dir erscheinen. G. 13, 285; „Ich würde ohne Marwood V–es nicht wissen.“ V–es? Was ist das V–e? L. Samps. 5, 4; Zwar viele [Journale] giebt es, doch das V–e ist nicht gut. Sanders Kutr. 99 etc., vgl. das seltne: Ein V–es (s. g), wie über das substantivierte: Das V.; das Zu-V., 5b. Ohne Artikel etc. findet sich das attrib. Ew. viel (vgl. manch 3—5) mit und ohne Flerion und zwar:
b) Im Nomin. ist Nichtflexion das Gewöhnlichere für die Ez. der männl. und sächl. Hw. (a, s. 8) und etwa gleich üblich mit der Flexion bei substant. Infin. (); für Feminina in Ez. () und für Hw. in Mz. (d, doch s. 5hy), z. B.: ) Viel Lärm um Nichts; Viel Geschrei und wenig Wolle; Dort wächst viel guter Wein, viel schönes Getreide und v(–er) Taback; Wo viel Licht ist, ist starker Schatten. G. 9, 24 etc. ) V(–es) Sorgen macht vor der Zeit grau; Zu v(–es) Sitzen schadet etc. γ) V(–e) Milch, Butter etc.; Wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens (s. öha). Pred, 1. 18 etc. d) V(–e) Hunde sind des Hasen Tod; V(–e) Köche versalzen den Brei; Viel Köpfe, viel Sinne; Soviel Stern’ am Himmel stehen | ..; soviel Schäflein, als da gehen | . .; soviel Vöglein als da fliegen . .: | sovielmal sei du gegrüßt; Daher „vil“ Baier, Schwaben und Hessen .. in ihrem Lande wohnen. Franck (Wackern. 3, 336²⁵); V–e Baiern; Nur durch die Gunst der Musen schließen sich | so v–e Reime fest in Eins zusammen. G. 13, 103; Wie viel neue Feinde! Sch. 93; Um das viel Degen mußten verlieren Leben und Leib. Simrock N. 2 etc. und in nachdrucksvoller Inversion: Ritter viel und Knechte. 596 etc. und mit partit. Hw., gw. (wie auch in den andern Kasus) flektiert: V–e von oder unter diesen Büchern; v–e dieser Bücher sind unbrauchbar etc.; Wer sich der Blumen recht v–e verflicht. G. 1, 101 4 04 etc., vgl. öhy.
c) im Accus., ohne Präpos., wie für b, und mit Präpos. (e), wo Flerion und Nichtflerion sich etwa das Gleichgewicht halten, z. B.: α) Dies Land erzeugt v(–en) Wein, v(–es) Getreide etc.; Einem viel Glück und Segen wünschen; Viel Dank zum Gegengruß! G. 11, 89; Habt . . v–en Dank! L. Nath. 5, 4 etc.; Viel Geld verloren. Engel 1, 97; Daß der alte Mann | noch so viel Blut .. hätte. Sch. 577b (= B. 310b) etc.; nicht so viel grobes Brot; Das kostet viel schweres Geld und v(–en) sauern Schweiß; Ich hör viel süßes Wort. Heine Reis. 1, 16 (vgl. : viel süße Worte); Sie hat mir soviel Gutes, soviel Böses | erwiesen. L. Nath. 5, 6, seltner: sovieles Gute etc. ) Ich scheue v(–es) Schreiben, v(–es) Laufen etc. γ) Die Kuh giebt v(–e) Milch; Einem v(–e) Freude wünschen; Gott laß euch viel Freud’ .. erleben. G. 9, 23; Wir haben zuviel Lebensart, | um .. zu maulen. 11, 189 etc.
d) Viel Grüße hat er uns an Jeden aufgetragen. 90; V–e Fratzen lockt sein Klang. 187; Denken die Himmlischen | Einem .. | v–e Verwirrungen zu. 13, 56; Sie gehn täglich so [gw.: so und so] v–e Stunden hin. 20, 214; So saß er viele Tage, | saß viel Jahre lang. Sch. 65a; Das mich so v–e Nächte gekostet, so v–e Gefahren und Blut. 157b; Viel Wunderdinge melden die Mären. Simrock N. 1; Der .. soviel herzkränkende Leiden erduldet. V. Od. 1, 4 etc. ε) Durch v(–en) Fleiß, durch v(–e) Arbeit, durch v(–es) Arbeiten, Studium ist er dahin gelangt; Ohne v(–e) Mühe; Ohne viel Bedenken. L. Nath. 4, 1; Das thät ich für (oder um) v(–es) Geld nicht etc. d) im Dat., gewöhnlicher mit als ohne Flerion: Ich hab es v(–en) Freunden, v(–en) guten Freunden mitgetheilt; V(–en) Gefahren ausgesetzt; Mit v(–er) Mühe verknüpft; Mit v(–er) Mühe und Noth hab ich’s erlangt; Man kann bei v–em Geld unglücklich und ohne viel Geld (s. ce) glücklich sein; Du kannst von v–em Glück sagen etc. Wir geben einige Belege der Nichtflexion: Mit viel Städten und Schlössern. Franck (Wackern. 3, 334³³); Mit viel Wucher. ³⁰; Mit wenig Witz und viel Behagen. G. 11, 88; Mit viel Vergnügen. 192; Der zweite Theil . . ist viel Interpretation unterworfen gewesen. H. R. 7, 176; Bei viel Weisheit ist viel Gram (s. bα). Zunz (Pred. 1, 18) etc.
e) Im Genit. überwiegt die Flexion, durch die oft allein das Kasus-Vh. erkennbar ist, z. B. (vgl. drei, Anm.): Er ist im Besitz v–er Gemälde; von hundert Gemälden etc.; Er erfreut sich v–er Freunde, v–en Lobes, v–er Ehre etc.; V–er Menschen Städte. V. Od. 1, 3 etc.; Trotz v–er Reichthümer, v–en Reichthums (Geldes) nicht glücklich etc.; V–es [heute häufiger: v–en] Lichtes bedürftig. Humboldt K. 2, 224 etc.; auch mit hinzutretendem Ew. (s. drei, Anm.): Er ist im Besitz vieler schönen Gemälde, seltner: viel schöner Gemälde; Er erfreut sich v–er guten Freunde, v–en hohen Lobes etc.; Trotz v–er großen Reichthümer oder: Trotz v–er [und] großer Reichthümer, wo das fortfallende und füglich durch ein Komma zu ersetzen ist (s. Sanders Orth. 124): In Gesellschaft so v–er würdigen Männer. G. 21, 82; Das Zutrauen sovieler andern Hilfsbedürftigen. 22, 292; Nach Aussage v–er unparteiischen Ausländer. Mühlpforth 1, V etc., seltner: Die Fundgrube so v–er trefflicher, aber auch mittelmäßiger Stücke. Guhrauer Less. 1, 207 etc.
f) substant. in Mz. von Pers. = v–e Leute etc., immer flektiert als Genit., fast immer als Dat. und zumeist auch als Nomin. und Acc., z. B.: Das Glück, wenn nicht Aller, doch V–er; In Gegenwart V–er; Dies Wort ist in V–er Munde; V–er Zugriff | hält ein Schiff. Körte Sprchw. 6313 etc.; V–en sollst du Viel (s. 5) zum Erbe geben und Wenigen Wenig. 4. Mos. 26, 54; Wie ist meiner Feinde so viel [s. 5hγ] und setzen sich so viel wider mich. Viele sagen von meiner Seele etc. Ps. 3, 2 ff.; (= Wie sind der Feinde so v–e! so V–e, die sich setzen wider mich! so V–e, die von mir frohlocken etc. Mendelssohn); 4, 7; Du hast Viel unterweiset. Hiob 4, 3 (Du belehrtest V–e. Zunz); Viel [V–e. Eß] sind berufen, aber Wenig [Wenige. Eß] sind auserwählt. Matth. 20, 16; Zur Erlösung für V–e. 28 etc.; Gegen V–e hegt er ein Mißtrauen, die etc. G. 13, 105; In Gegenwart von V–en. ebd.; Wenn so V–e sind, die etc. Lichtwer 99; Thyrsusträger sind V–e, Bacchen, d. i. wahrhaft Begeisterte nur Wenige. DMus. 14, 1, 385; Ganz in jedem Paar stellt sich die Menschheit dar, | von all wie V–en auch [gw.: von wie V–en auch immer] schon die Welt besessen war. Rückert W. 3, 174; V–e sind gut. Sch. 92b; Kannst du nicht Allen gefallen . ., | mach’ es Wenigen recht, Vielen gefallen ist schlimm. ebd.; Alle, soviel dem Verderben entrannen. V. Od. 1, 11 etc.; V–e aus den sog. niedern Ständen; sehr V–e oder (s. b, Schluß) v–e unter oder von den Bauern, der Bauern sind edler als die meisten Adligen; Ich verkehre mit V–en aus der Stadt oder: mit v–en von den Städtern etc.
g) substantivisch in sächl. Ez. Schon oben haben wir den Untersch. bemerkt, daß Vieles dabei die Ver- einzlung bez. (= viel Einzelnes), Viel (s. 5) dagegen zusammenfasst, ein Gesammtes, ein in sich geschloßnes Ganze bezeichnend nach seiner Fülle und Intensität, z. B. in prägnanter Gegenüberstellung (vgl. latein. multa und multum): „Zuviel arbeiten müssen kann ihn um den Namen Künstler bringen.“ Ich meine nicht: Vieles, sondern: Viel, ein Weniges, aber mit Fleiß. L. Gal. 1, 2; Gesehen habe ich schon Vieles, hier und da auch Viel. Stahr Jt.1, 152 etc., vgl.: Nichts Übertriebnes wollend, aber Viel und Vielerlei wollend. G. 15, 12 etc., doch tritt dieser allerdings für ein feineres Ohr noch immer wahrnehmbare Untersch. in andern Fällen minder scharf hervor, z. B.: Wem die Gaben dieser Holden [der Grazien] fehlen, | Der kann zwar Viel besitzen, Vieles geben, | doch etc. 13, 130 etc., wie denn z. B. im Dat. (denn der Genit. wird gemieden) fast immer die Flerion gilt, vgl.: Mit Vielem hält man Haus; | mit Wenig kommt man aus und: Wer Viel hat, wirth-, schaftet aus dem Vollen; aber wer Wenig hat, kommt, es zu Rath haltend, auch aus etc.; ferner z. B.: V–es kann der Mensch entbehren, nur den Menschen nicht. Börne 2, 204; Wird V–es vor den Augen abgesponnen, | .. da habt ihr in der Breite gleich gewonnen. . . Wer V–es bringt, wird Manchem Etwas bringen. G. 11, 7; V–es erlebt’ ich. 12, 170; Kennst du das Buch? Nicht das Ganze, aber V–es davon, daraus etc.; auch: Um V–es besser, größer etc.; ferner: Um V–es nicht, vgl.: Um (oder für) v–es Geld nicht; Um Alles in der Welt nicht etc., z. B.: Ich möchte um V–es nicht heute | Vater heißen. G. 5, 16 etc., auch (freilich seltner) mit unbest. Artikel: Er hätte ein V–es darum gegeben. Engel 12, 31; Um ein V–es ruhiger und kälter. 7, 82; Um ein V–es leserlicher. L. 10, 469 (s. 5c; 5g) und: Kein Lebend’ges ist ein Eins, | immer ist’s ein V–es. G. 2, 294, ein Vielfaches etc.
5) Flexionsloses Viel:
a) Wo dies nach heutigem Gebrauch (s. Anm.) als attribut. Ew. gilt, ist unter 4 ausgeführt. Außerdem, vielfach ineinandergreifend:
b) als Prädikat, z. B.: 100 Thaler ist nicht viel; ist viel, sehr viel, ein bischen viel; ist zu viel, ein bischen zu viel, viel (s. 5g) zu viel; Nein, was zu viel ist, ist zu viel und der menschlichen Geduld sind ihre Grenzen gesteckt. Immermann M. 1, 35 etc.; Zwei mal zwei oder vier, Das ist gleich viel; Ich habe keinen Friedrichsd’or. „Nimm Thaler, Das ist (gilt) eben so viel, gleich viel.“ Mir ist es aber nicht gleich (s. d. 1e) viel, ob ich Gold oder Kourant habe; Feile Buhlerinnen, denen es gleichviel ist, von wessen Beute sie sich bereichern. L. Samps. 2, 3; Sei Christin oder Jüdin oder Keines. | Gleichviel! Nath. 5, 5 und veraltend: Auch eben (s. d. 5) viel. 6; Es gilt Alles eben viel. Opitz 1, 322 etc.; Der Proceß ist gewonnen oder soviel [= so gut, s. d. 9) als gewonnen, und so z. B.: [Das Werk], das der Löwenwirth soviel als bestellt hatte. Auerbach Ed. 121; Jetzt bin ich daheim oder soviel als. Gotthelf U. 2, 252; Da nun auch Leukonoe soviel als gewonnen ist. W. 21, 223 etc., vgl. als Anglicism: Ohne auch nur soviel wie [= einmal] ein Haus gesehen zu haben. Sealsfield Leg. 3, 156 etc.; ferner z. B.: „Es ist viel, daß ein Hund Das kann“ [bewundernswerth etc.]. Das ist noch Nichts, er macht ganz andre Kunststücke etc.; Es isf soviel: ich weiß nun, woran ich bin [wenn’s auch nicht mehr ist, was ich erreicht] etc.; Viel und laut war ihr Schreien. G. 14, 140 etc. Hieran schließen wir gleich substantiviertes Viel mit Artikel (versch. c): Es kommt nicht aufs Viel, sondern aufs Wie an, nicht auf Quantität, sondern Qualität; nicht darauf, daß Etwas viel, sondern wie beschaffen es ist; vgl. mit Zahlw.: Drei Viel und drei Wenig sind höchst schädlich. Körte Sprchw. 6315, drei Dinge, wobei es „Viel“ heißt etc. und bes. (s. cc): Jene selbst, die stark und viel (s. c; d) begehren, | ermüdet ein Zuviel. Freiligrath SW. 5, 224; Die glückliche Mitte zw. dem Zuviel und dem Zuwenig. Garve Pfl. 1, 54; Güte, die vollblütig wird, erstirbt | im eignen Allzuviel. Schlegel Haml. 4, 7 etc.
c) (s. 4g) als artikelloses sächl. Hw. (vgl. die folg. Nummern), z. B.: Welchem Viel gegeben ist, bei Dem wird man Viel suchen und, welchem Viel befohlen ist, von Dem wird man Viel fordern. Luk. 12, 48; Es ist dem Herrn nicht schwer, durch Viel oder Wenig helfen. 1. Sam. 14, 6; Wer Viel hat, hat v–e Grillen. Göckingk (Matthisson A. 8, 298); Sparsamkeit der Natur, die mit Wenigem Viel leistet. G. 39, 333; Viel und Manches. Prutz W. 89; Wie Viel er vollendet mit ihm und wie Manches erduldet. V. Il. 24, 7; Eine Schöne, die nicht gesonnen ist, Viel zu geben, muß die Gabe besitzen, das Wenige auf eine Art zu geben, daß es Viel scheint. W. 22, 165 etc. Wir erwähnen bes.: c) Zuviel gegessen, getrunken haben; Allzuviel ist ungesund etc.; Einem zu Viel thun [zu nahe treten]. W. 6, 76 (vgl. 5hs); Es ist theuer; aber er könnte doppelt so Viel fordern, ohne daß ich es zu Viel fände. 22, 210 etc.; Mehr durch zu Viel als durch zu Wenig fehlen. 11, 183 (s. b, Schluß, ferner 5f Schluß). 8) Soviel (= Das) ist klar, bestimmt, sicher etc.; weiß ich: er thut’s nicht wieder etc. und anknüpfend, mit Wegfall des relativen wie, z. B. (selten): Dafür belud sie ihm auch Schultern und Arme mit soviel [wie] er nur tragen konnte. Alexis H. 1, 1, 67 etc., dagegen gw., gleichsam bindewörtlich: Thu, soviel du kannst, in deinen Kräften steht; Wirke, soviel du willst. Sch. 93b etc.; Und, soviel ich weiß [meines Wissens], blieb Dies auch nicht ohne Wirkung. G. 15, 6; Soviel ich gehört, erfahren habe, mich besinne etc.; ferner z. B.: Nicht ein bischen haben Sie mich lieb, flüsterte Karoline .. und ließ ein Fädchen Seide aus ihren Fingern schweben —, nicht soviel. Börne 2, 142; Um so viel ist das Band zu schmal; Um soviel breiter, größer, mehr etc. = desto, z. B.: Daß ein schöner Mund, der sich ein wenig spöttisch verzieht, nicht selten um soviel schöner ist. L. Gal. 1, 4; Um soviel mehr, als etc.; auch ohne um (s. 5g), vgl.: Es wird Telemachi . . Gut so viel mehr verzehret, wie viel länger wir .. warten. Schaidenreißer 7a etc.; Daß, um soviel das Gold auf Erden Verdienst und Tugend überwiegt, um soviel der Schatten höher als selbst das Gold geschätzt werde. Cham. 4, 248 etc.; ferner: Soviel man auch dagegen einwenden mag, so ist doch etc.; s. auch 5f, Schluß. γ) (vgl. 8) Wieviel? nach der Zahl fragend, z. B.: „Wieviel oder (s. 4): Wieviel Thaler beträgt die Rechnung?“ Zwanzig Thaler etc. Dazu, entsprechend den Ordnungszahlen: Der wieviel-ste oder: -te, z. B.: Den wievielten [Tag des Monats] haben wir heute?; Die wievielste Liebschaft ist Dies wohl? GvSee Eg. 1, 19 etc.; ugw. in einer Art Ellipse: Denke nun zum [etwa: ich weiß nicht, wie] vielten Male, | was etc. G. 6, 136.
d) (s. c) Viel neben Zeitw., nicht als Subj. oder Obj., sondern adverb., meist die Intensität (vgl. sehr), doch auch die Häufigkeit (vgl. oft) bezeichnend: Sich viel und angelegentlich mit Etwas beschäftigen, um Etwas bemühen etc.; Viel außerm Haus, im Wirthshaus sein; Wir haben viel gelacht und gejubelt etc.; Ob ihr schon viel betet. Jes. 1, 15; Sie hat viel [innig] geliebet. Luk. 7, 47 [große Liebe bewiesen]; Cyprian war viel [= vielmals, oft] unwirsch. Auerbach D. 4, 288; 29; Viel, ja über-v. durch die Finger gesehen. Freytag B. 2, 170; Durch Kälte, scheinende Verachtung viel | gequält. G. 8, 88; Ferrara ward .. von meinem Vater viel gepriesen. 13, 36; Der soviel | in meinem Dienst .. sich bemüht. 106; Was soll man sich viel verstellen? 18, 89; Die Weiber lieben viel und so gar Viele. Heine Verm. 1, 20; Die Eigenschaft, die ihm so viel fehlt. Lut. 1, 48; Was wiederhol’ ich viel ihre närrische Reden? L. 1, 284; Darum hat’s mich auch viel gefreut. Mügge Bild. 181; Daß das wahre Genie auf die Fingerzeige nicht viel achtet, die etc. Sch. 1133a etc.; auch in manchen Verbind. sehr häufig iron., z. B.: Ich weiß viel [= nicht], wie alle die Hokuspokusmacher heißen. Auerbach Dicht. 1, 210; Kühne Fr. 19; Zelter 5, 11; Weiße Kom. 3, 33; 262 etc.; Es ist dem Junker viel um seinen Kammerdiener zu thun, sondern (s. d. †) um sich. 234 etc.; Ich habe zu leben und frage viel nach eurem Gelde. 129; Nicolai 4, 184 etc.; Er wird sich viel daran kehren, darum scheren etc.
e) neben Partic., z. B. des Präs. (s. c): Viel-leidend, -duldend etc. und bes. des Präter. (s. d): Viel-gereist, -bewandert, -beschäftigt, -geliebt, -geehrt, -geschätzt, -gepriesen etc.; Ein vielgelesenes Buch; Eine vielbestrittene Frage. DMus. 14, 1, 384; Bewundert viel und vielgescholten. G. 12, 163 etc., auch neben ganz zu Ew. gewordnen (s. f), z. B.: Saß einst in einem Lehnstuhl still | ein viel gelehrter Mann. Claudius; Nicolai 1, 63 etc. und (wobei man auf die Steigrung achte): Der Ärzte vielerfahrenster. G. 13, 293 etc.
f) (s. e) als Adv. neben Ew. (s. g), bes. bei Altern und in der Volks- und Dichterspr., z. B.: Viel schön, viel schön ist unser Wald. Claudius 4, 6; Des viel alten Göttervaters. Fouqué Dr. 1, 53; Ein Kämpfer und der war viel stark. Heine Sal. 1, 252; Der Wald ist viel gut. Höfer V. 152; Viel schlimm ist diese Botschaft. Musäus M. 1, 98; Es ist viel ein anderer Weg vorhanden. Schaidenreißer 45a; Und drücken mich viel Armen. Waldis Ps. 143, 1 etc., so auch veralt., mundartl. (s. Schm. 1, 627): soviel, zuviel st. so, zu, z. B.: Daß ich .. gegen solchem Unfug zuviel mäßig gehandelt. Luther 1, 150b etc.; Wenn ihr soviel ungern ginget wie ich. Spindler V. 1, 304; 3, 10 u. 0.; schwzr.: Und „sövli“ dumme solle man ihn nicht meinen, daß er sei. Gotthelf G. 346; Wenn .. Gott sövli ein scharfer sei. Sch. 247; Z’Meitschi ist uns nit sövli erleidet, daß etc. G. 240, wir sind des Mädchen nicht so überdrüssig etc., vgl. auch pleonastisch: Daß sie viel genug zu thun hätten, wenn etc. 11.
g) Allgemein üblich aber ist adverb. viel (= um Vieles, s. 4g; weit etc.) bei Komparativen und vor dem das Übermaß bezeichnenden zu, z. B.: Er ist viel reicher, klüger, gelehrter, stärker etc., seltner nachgestellt: Reich [war] der goldne Griff | und reicher viel die festgestählte Klinge. W. 11, 124 etc.; Er ist viel zu reich, als daß etc.; Der .. bald viel zu Viel, bald viel zu Wenig thut. L. Nath. 5, 5 etc.
h) (s. c) Flexionsloses viel mit abhäng. Genit.:
a) der Ez. ohne Artikel: Er hat viel Weins getrunken = eine Fülle, Menge Weins (s. 4): viel(en) Wein etc.; Viel Rühmens, Preisens, Aufhebens, Wesens von Etwas machen; Wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens. Pred. 1, 18; Germania giebt sehr viel arms Volks und Bettler. Franck (Wackern. 3, 333³⁴); Viel Glücks! L. Nath. 5, 4; Fasset viel Dings in ein winzig Wörtlein. Mathesius Pr. 68; In vielen Fehden hab ich viel Dings erbeutet. Tieck Sch. 5, 59; Erlebest du viel Unglücks. HSachs 1, 373a; Der soviel Unglücks hat. Werder Ar. 13, 4; Viel Wunders Tissaphern denselben Tag beging. Tass. 20, 112; Da hört’ ich Rühmens viel | von Geron’s Tugenden. W. 11, 123 etc. 8) mit Genit. der Ez. mit Artikel: Man kann auch des Guten zu viel thun (vgl.: Dem Guten nicht zu viel zu thun. W. 22, 128); Zuviel des Hohns, zuviel der Schmach wird täglich euch geboten. Freiligrath SW. 6, 258; Vermögen mir des Bösen nie so viel | zu thun, daß etc. L. Nath. 5, 4; Edleres bleibt uns noch viel zu verrichten, | viel auch des Guten ist noch nicht gethan. Salis 10; Da wurde viel des Wildes vom grimmen Tod ereilt. Simrock N. 884 etc., vergl. (s. Es 9): Ihr macht’s zu viel. 4. Mos. 16, 7 etc. γ) mit Gen. der Mz. mit und ohne Artikel, nicht zu verwechseln mit 4b und f, was freilich oft nahe daran gkenzt, wo aber der Genit. einen großen Theil von dem Übrigen schärfer absondert, vgl.: V–e der Feinde flohen, andre wurden niedergehauen etc., dagegen (wobei man die Ez. des Zeitw. beachte): Wie ist meiner Feinde soviel! Ps. 3, 2 = wie ist ihrer solche Menge, eine so große Anzahl etc., Wenn sie umkommen, wird der Gerechten viel. Spr. 28, 28 etc. (vgl. auch Brant N. 80¹⁴), aber auch und so heute gw. mit dem Zeitw. in Mz.: Ihm helfen viel der Degen. Simrock N. 143, eine große Menge Helden = v–e Degen; Viel der [v–e] Kerzen brannten. 473 etc.; ferner z. B.: Sie haben viel seltsamer Bräuch. Franck (Wackern. 3, 336³⁵); Es giebt ja eben so viel böser Männer als der bösen Weiber. Moscherosch Gs. 2, 823 etc. Der hier angedeutete Untersch. zw. viel und viele macht sich auch mehr oder minder bemerklich, wo in 4 der heutige Sprachgebrauch Flexion oder Nichtflexion verstattet.
Anm. Goth. filu, ahd. filu, filo, mhd. vil, gw. nur unflektiert (s. Benecke 3, 312 ff.; Wackern. Gl. 178 etc.), s. gr. πoύς, wie vom selben Stamm voll, goth. fulls, ahd. fol, mhd. vol, gr. πéoς, lat. plenus, russ. noarīt etc., s. Fülle, Anm. Wahrscheinlich gehört auch zum selben Stamm Volk, ahd. folc, folh, mhd. volc, vgl. russ. nokb, (Menge, nam. Kriegsvolk) und gr. als Bez. für Volk πooí (die Vielen), πoς (die Menge). Mundartl. in vermeinter Verhochdeutschung „veil“, s. Hebel 3, 450.
Zsstzg. oder vielmehr Zusammenschiebungen, z.B.: Wenn’s nur nicht so hunds-v. kostete. Gotthelf Sch. 218 (s. Hund, Anm.); Sie verthäten mords-v. Geld. 364 (s. Mord 1h); So zart zum Scherz, so liebe-v. G. 4, 31; Vhe, die für den Geschichtsforscher des Stoffes und Reizes über-v. haben. Ense D. 2, 376; O stiehlst du mir doch gar so wunder-v. Fouqué Tr. 1, 79; Es wurden ihrer wunder-v. . . gefangen. Stumpf 742b etc.