Faksimile 0502 | Seite 1324
Faksimile 0502 | Seite 1324
Faksimile 0502 | Seite 1324
Tief Tiefe tiefen Tiefheit
II. Tīēf, n., –(e)s; –e:
ein Wasser, Kanal etc. von gehöriger Tiefe für Schiffe. Körner Sch. 3, 522; Preuß. Ges. (59) 454; [Das Schiff] ging nach dem Land- T. zu der Kanonenbootflotille. Volksz. 12, 70.
~e, f.; –n:
I. (niederd.) Hündin (s. d. und Debe): Hund und T. Olearius Reis. 299b, gw. Tiffe (s. Ziffe und Brem. W. 5, 57). II. zu tief (s. d., vgl. Tiefheit, Teufe), z. B. mehrfach ineinandergreifend:
1) das Tiefsein und das Maß desselben:
a) räuml. in der Richtung von oben nach unten: Das Wasser hat eine T. von so und so viel Fuß; Die T. des Wassers, Grabens, Brunnens, Schachts, Abgrunds etc.; Bis er geprüft hatte ihrer Wasser T. und Seichte. Rückert Mak. 2, 76; Die T. des Zwischendecks etc., des Segels etc.
b) räuml., in der Richtung von vorn nach hinten: Das Gebäude hat eine T. von so und so viel Fuß; Die T. des Hauses, Saals etc.; Die Aufstellung der Truppen nach einer T. von acht Mann etc.
c) (vgl.
a) bildl., übertr., z. B.: Die T. der Auffassung, der Betrachtung, der Demüthigung, der Einsicht, des Elends, der Erniedrigung, der Farbe (Karmarsch 1, 240; 187 etc.), der Gedanken, des Geists, Gemüths, des Grams, des Jammers, des Leids, der Noth, der Ohnmacht, des Schlafs, der Stimme, des Tons, der Trauer, der Überzeugung, des Wehs etc.; auch ohne abhäng. Genit.: Wo das Wissen nur noch in der Breite gewinnt, aber in der T. nicht mehr. Börne 2, 14; Ein Gemisch von T. und Flachheit [des Geistes]. Gervinus Lit. 5, 140; An T. so wie an Fleiß hat es dem Deutschen nie gefehlt. G. 39, 22; Schreckt | sie Alles gleich, was eine T. hat, | ist ihnen nirgend wohl als, wo’s recht flach ist. Sch. 335b etc., vgl. 2.
2) etwas Tiefes, nam.:
a) örtl., z. B.: Es war finster auf der T. 1. Mos. 1, 2; Da aufbrachen alle Brunnen der großen T. 7, 11; Die Wasser .. ängsteten sich und die T–n tobten. Ps. 77, 17 u. o.; Jch übergab dem Tod mich in der T. Cham. 4, 156; Rings um die Inseln, die unter einander und mit dem [in der Ebbe] zurückgewichenen Ocean zusammenhängenden sogen. T–n. Gude Les. 3, 82 (Biernatzki); Aus dem von den Gletschern abbröckelnden und in die T. rutschenden Eise. Kohl A. 3, 39; Ungeduldig stürzen die .. Vögel | in die T. der Luft. Zacha- riä Tag. 6 etc.
b) übertr.: Der Geist erforschet . . auch die T–n der Gottheit. 1. Kor. 2, 10 etc.; Deine Seele ist bis in ihre innersten T–n von feindseligen Mächten besessen. G. 9, 129; Worte, welche aus der T. der Empfindung heraufquellen. Guhrauer Less. 2, 49; Das Nationalgefühl ist aufgeregt bis in seinen abgründlichsten T–n. Heine Lut. 1, 67; Hölderlin H. 1, 27; Immermann M. 2, 299; Meißner Gd. 113 etc. Zsstzg. leicht zu verstehn und zu mehren nach folg. Bsp.: Berges-T. [2a]. Goltz 1, 121; Indem sie mich in eine Fenster-T. [2a, -Vertiefung, Nische] zog. G. 22, 25; In der glühenden Flammen-T. [2b] des Künstlergemüthes. Heine Sal. 1, 65; Ohne feste Ge- danken-T. [1c]. Ense D. 2, 327; Wer darf | in seiner Plane Götter-T. [2b] spähen. G. 35, 181; Aus der Herzens-T. [2b] seines neuen Lebens. Heine Sal. 1, 107; Aus unsichtbaren Höllen-T–n. Lenau A. 120; Die un- ermeßnen Jammer-T–n [2b], | die unter unserm Fuß den Wolfesschlund | auflauernd dehnen. Fouqué Dr. 1, 146; Das Stift liegt in einer Teller-, um nicht zu sagen Kessel-T. [2a]. G. 23, 1; Der .. | in allen Lebens- T–n [2b] zittert. 11, 23; An Lebensbreite gewinnen, was wir an Lebens-T. [1c] verlieren. Heine Reis. 1, 127; Was aus den geistigen Lebensbächen anderer Völker den Meeres- T–n [2a; b] unseres Volksgeistes zurieselt. Kolatschek StdZ. (1860) 131; Die Mittel-T., z. B. eines Fasses (Spund-T.); Mondes Überschimmer, | Schatten-T. [1c]. G. 10, 290; Aus seinen [des Waldgrunds] nächtlichen Schatten-T–n [2a]. Kürnberger Am. 319; Um die Marsch zu entwässern . . Kanäle, sog. Siel-T–n [2a]. Grube 3, 24; Spund-T., s. Mittel-T.; Teller-T., s. Kessel-T.; un-T.:
a) die Seichtigkeit [1a; c]: Die Un-T. und Halbigkeit des „großen Geschichtsforschers“. Humboldt Ens. 33 etc.
b) [2a] Un-T. oder Trockne: eine seichte Stelle in der See [im Wasser], wo Schiffe leicht fest zu sitzen kommen. Bobrik 703b; Veränderung, welche die Flüsse durch Bildung von Un-T–n .. zu erleiden pflegen. Burmeister gB. 1, 37; Gsch. 16; Forster R. 1, 25; G. 28, 116; Niebuhr Nachg. 201 etc.; bildl.: Gerathen wir .. in eine wahre Un-T. des Erzählens hinein, worin unser Verstand nothwendig Schiffbruch leiden muß. Immermann M. 1, 36 etc.
c) zuw.: unergründliche Tiefe, Abgrund, z. B. eig.: Quell, der .. sich aus seiner Un-T. ergießt. Thümmel 2, 183 etc.; bildl.: Schaudert dich nicht vor den Un-T–n der Laster, in die du leider schon hast einblicken dürfen? Gutzkow R. 7, 467 etc.; Schon vor Mosen und den Propheten in der ägyptischen Zeit-T. [2b, Urzeit]. Heinse A. 2, 104 etc.; Die Dreischlitze und Zwischen-T–n [2a, -Vertiefungen] als Zierrathen des Frieses. Sulzer 1, 747b etc.
~en, tr.:
1) tief machen, z. B.: Seit Hans .. den Sprudel getieft. V. 1, 21; SFranck sagte: Gottes Wort soll Gottes Bild in uns t. [tief einprägen]. 183, vgl.: Man säubert auch und tiefert den Graben. Stumpf 400a etc., s. auch teufen, auch refl.: Steil wie ein Thurm tieft hier sich die Felswand. Sonnenberg, geht in die Tiefe hinab etc.
2) Schiff.: das Loth werfend, die Tiefe des Wassers bestimmen, „lothen“.
3) Dazu: Tiefung:
a) das T. 1; 2.
b) etwas Ausgetieftes, z. B.: Zwischen den Tiefungen des Bodens. Goldammer Lith. 162; 40 etc.
c) (s. b) Bauk.: „die sich abstufende Leibung des Bogens.“ Brugger 2, 250. Zsstzg. z. B.: Áb- [1]: Da, wo das Wasser hinabstürzt, ist die Rinne auf mehre Klaftern völlig perpendikulär abgetieft. Kohl Südr. 2, 67. Án- [2]: tiefend, lothend sich dem Land annähern. Āūf- [1]: eine Blechplatte durch Hämmern auf ihrem mittlern Theil hohl machen, auch „treiben“, das aber auch das Ein- oder Aufziehen (s. d.) mitumfasst. Karmarsch M. 1, 347; 367; Techn. 2, 875, vgl. reihen II 2. Aūs- [1]: tiefend aushöhlen: Auerbach D. 4, 274; Verschlammte Häfen .. ausgetieft. Bobrik 85a; Gleich den Stollen in den Salzbergwerken von Wieliczka ausgehöhlt und ausgetieft. Immermann M. 3, 349; Daß .. sich immer tiefere Tiefen a. 2, 299; Das Gewissen hat seine Seele ausgetieft. OLudwig Himm. 106 etc. Eīn- [1]: tiefend einsenken, z. B.: Eingetieft [gw.: vertieft] in Wald und Klüfte | .. wiegt’ ich alles Streben ein. KMayer 139 etc.; bes. refl.: Eine Bucht, welche sich hier eingetieft hatte. Kürnberger N. 2, 26; Grube 3, 326; Schwab 225 etc. Er- [1]: s. erteufen; ferner z. B.: [Vom Wind wird der Wellen] Größ’ ertiefet und erhöhet. Werder Ar. 24, 9, es bilden sich tiefre Wellenthäler und höhere Wellenberge etc.
Ver-:
1) [1]
a) eig. (vgl. auf-, aus-t.): Zum Bade flach vertiefter Raum. G. 12, 114; Kleine vertiefte Ggstde aus .. weichem Bleche zu pressen. Karmarsch M. 1, 367 (Vertiefstempel. ebd.) etc., auch refl.: Hub sich die Ringmau’r .., vertieften sich Wölbungen unten. Wackern. 2, 1295³³etc.; dazu: Vertiefung: das V. und —: etwas Vertieftes, z. B.: Flöze .. in muldenartigen Vertiefungen. Burmeister Gsch. 231; Platte, auf deren Fläche sich .. halbkugelige oder auch flachere Vertiefungen befinden. Karmarsch M. 1, 367; Feinere Erhöhungen und Vertiefungen. Sulzer 4, 235a; Fenster- (G. 17, 400); Zwischen-Vertiefung od. -Tiefe (s. d.).
b) übrtr.: [Aristoteles,] der das gesammte Wissen seiner Zeit umfaßte, erweiterte, vertiefte. EHFMeyer GschBot. 1, 79 etc.; Die Gemüthsvertiefung und den hochfliegenden Jdealismus. Scherr Bl. 1, 217.
c) (Mal. etc.) s. den Ggstz. höhen 2c, vgl. tief 2á: tief, d. h. dunkel erscheinen machen: Erhöhte dort noch ein Licht, vertiefte hier noch einen Schatten. Kretschmann 5, 375; bildl.: Den Stolz und die Bescheidenheit mit dem Pinsel jener Schelmerei so ver-t., vermischen, vertreiben .., daß die Abstiche gar nicht bemerkt .. werden. Möser Ph. 3, 17; Die verschiedenen Abschattungen, kleine Vertiefungen, Erhöhungen. G. 31, 48.
2) in die Tiefe senken:
a) selten tr.: Verlaß den wehmuthvollen Gedanken, | der dich traurig vertieft. Kl. Od. 1, 83, der dich tief in Trauer versenkt (vgl. Tiefsinn 2), zumeist refl. oder im pass. Partic., so:
b) zuw. eig., z. B.: [Der badende] Frontin vertieft, erhebt und wirbelt sich. Hagedorn 2, 267 (auch Ramler F. 3, 313); Der Fuß .. vertiefet sich und plätschert in der Lache. 278 (Ram- ler F. 1, 94); Wo .. ganz vertieft, die bärt’ge Barbe streicht. 1, 107; Er schleppt mich .. fort, | vertieft sich in das Dickicht. Nicolai 4, 99; Zum innern Schlunde, | der steil und eng und finster sich vertieft. 83, vgl.: Die Mädchen machten statt der Verbeugung eine Vertiefung [Knicks]. IP. 1, 87.
c) (Mus.) Erhöhte und vertiefte halbe Töne. Pouillet 2, 45, der um das Intervall eines halben Tons höher oder tiefer als der Grundton: Cis ist der erhöhte, Ces der vertiefte halbe Ton zu C etc.
d) gw.: sich geistig tief in Etwas versenken, z. B. mit Infin. und zu: Jch vertiefte | mich Jahrtausende schon, das künftige Wunder zu lernen. Kl. M. 6, 22 etc.; mit in und Acc.: Du hast dich sehr in diese Wissenschaft | vertieft. G. 13, 101; Lewald W. 1, 151; Schefer Laienbr. 504; Tieck A. 1, 185 etc., im Partic.: Alle sind vertieft in die Kinder. Heinse A. 2, 201; W. 15, 176 etc.; daneben (mit leichter Nüance) mit in und Dat.: Wenn ich kindisch mich in solchem Spiel vertiefte. Freytag DW. 132; Heine Reis. 1, 101; Weichmann 2, 109 etc.; im Partic.: Er war so vertieft in seinen Gedanken und in seiner Arbeit. Hebel 3, 299; Lichtwer 90 etc., vgl.: Weil sie noch im Irrthum „verteufft“ [versunken], also in Sünden untergingen. Luther 8, 174b, und mit Bstw.: Schrif tvertieft. Kosegarten D. 1, 15 = in die Schrift vertieft. Dazu: Die Vertiefung der Frauen in die theologischen Geheimnisse. Gervinus Lit. 3, 288; G. 3, 161 etc.; Die Zeit aus ihrer Selbst vertiefung und Selbstabgötterei herausgeschreckt. Wackern. 4, 1189¹⁶ etc.
~heit, f.; 0:
das Tiefsein (selten, s. Tiefe): Ein Geist von seltener T. Rumohr Kochk. 25.