Faksimile 0501 | Seite 1323
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tief
I. Tīēf, a. (s. tauchen, Anm.):
von der Oberfläche oder dem Oberflächlichen durch große Entfernung getrennt, von oben aus weit hinab- oder: von außen her weit hinein-gehnd, -reichend, -dringend etc., daher übertr.: intensiv etc., vgl. als Ggstz. in eig. Bed. flach, seicht und zur Bez. der entgegengesetzten Richtung hoch (s. d. 1b; 2; 2a, Schluß):
1) als Maßbestimmung mit fragendem wie, dem ein Acc. (veralt. Genit.) antwortet, z. B.:
a) ,Wie t. ist das Wasser, der Brunnen, Schacht, Keller, das Gefäß?“ etc. Soviel Fuß t.; Schüsseln, die einen Zoll t. sind; Eine fast einen halben Zoll t–e Wunde; Wunde .., die eines Nagels t. . . ist. Schottel 326a etc., s. Zsstzg.
b) Wie t. ist das Gebäude? etc. [wie groß ist seine Ausdehnung von der Front aus nach der gegenüberliegenden hintern Seite]. So viel Fuß t.; In einer acht Mann t–en Schlachtordnung (s. hoch 1b) etc.
2) ohne Maßbestimmung in ausgesprochnem oder gedachtem Vergleich:
a) s. 1a, z. B. inein- andergreifend: α) T–e und flache Gefäße, Schüsseln, Teller etc.; Ich dacht auch wirklich, dein Pokal wär t–er. Wackern. 2, 775ē etc. 8) Hohe Berg’ und t–e Thäler; T–e Schluchten, Schlünde, Abgründe etc.; Das Geschöpf, das .. im Fluge seiner Gedanken so hoch und selig ist und dann wieder .. so t. am Boden liegt. Wackern. 4, 450²⁰; T. sinken; Den Menschen adelt, | den t–st-gesunkenen das letzte Schicksal. Sch. 441b, vgl.: den t.-gesunkensten; Einen t., aufs t–ste beugen, demüthigen, erniedrigen, beschämen; T–e Demüthigung, Erniedrigung; T–er Fall, Sturz; In t–er Demuth, Scham; Sich t. bücken, beugen, neigen, verbeugen; Hab ich .. | vor Ops und Rhea tiefstens [gw.: aufs t–ste] mich gebückt. G. 12, 141 etc.; Die Lanze t. senken; Sie grüßen sich mit t–er [gw.: gesenkter, geneigter] Lanzenspitze. Nicolai 6, 42 etc.; Von hoch oben bis t. unten; T. auf der Stufenleiter stehn; Das Barometer, Thermometer steht t., nach der Skala; T–e Töne (versch. γ), nach der Skala oder Tonleiter (s. d. und vgl. Ggstz.: Hohe Töne); Das Lied um eine Terz t–er spielen; T–e Baßstimme etc. γ) T–es (Ggstz. seichtes) Wasser; T–e Flüsse, Meere, Seen etc.; Aus des Meeres t–em, t–em Grunde. WhMüller 1, 282; Bis ihn | jäher Todessturz .. t. in die t–e See hinabtaucht. Platen 4, 277; Den Hammer werf’ ich in den t–sten See. Sch. 520b = in den See da, wo er am t–sten ist etc.; T–er Brunnen, Graben, Schacht etc.; T. graben, eindringen etc.; T. eindringender Dolch, Dolchstich; T–e Dolchstiche, Wunden; T. eindringende oder t–e Blicke; T–e Einsicht, Forschung; T–er Verstand, Geist etc.; Die Wurzeln einer Pflanze gehn t.; Etwas schlägt t–e Wurzeln, wurzelt t.; Sollte .. in mir der Christ | noch t–er nisten als in ihm der Jude? L. Nath. 5, 3; T. wurzelnde oder t–e Überzeugung, Treue. Heinse A, 2, 260 etc.; Der Grund liegt t–er, nicht so auf der Oberfläche; Den Grund t–er suchen; Etwas tiefer be-, ergründen; Gervinus ist nicht oberflächlich, aber auch nicht t. Ense T. 1, 364; Räsonnement, das t. oder flach .. vorgebracht wurde. G. 39, 274 etc.; Aus t–er Brust oder t. aufathmen, seufzen; T–e Seufzer; Ein t–es Schluchzen. Wackern. 4, 1310³⁶; T. im Herzen oder im t–en, t–sten Herzen liegt, ruht, keimt, sprosst Etwas; Aus des Herzens t–em, t–em Grunde. WhMüller 1, 283; Die t–sten Töne unsres Herzens hinausklingen zu lassen. Auerbach Ab. 129 (versch. 8); Ein t–es Gemüth, Gefühl, Mitgefühl; Etwas t. empfinden, fühlen; T–er Gram, t–es Weh, t–e Wehmuth, t–es Grauen; Leerten sie den Kelch | höchster Lust und t–sten Leidens. Heine Rom. 69; Er fühlt es t. [,,hoch“. 34, 159] in seiner großen Seele. G. 13, 10; Was das Herz im T–sten mir bewegt. 124; Was sinnst du mir | .. schweigend in der t–en Seele? 79; Mir ist’s im t–sten Herzen beschlossen. 5, 34; Mehr noch | kränkt’s mich t., daß etc. 22 (vgl.: T–er noch kränkt’s mich); Zu-t–st in deine Seele schlägt | der Zweifel seine Tigerpranke. Hungari 1, 642 etc.; T. in der Scheide | ruhe das Schwert! Sch. 490b; Etwas t. verbergen, verheimlichen etc.; Er offenbaret, was t. und verborgen ist. Dan. 2, 22; O Neigung, sage, wie hast du so t. | im Herzen dich verstecket? G. 1, 173 etc.; Ein t–es Geheimnis, ein streng bewahrtes etc.; Doch will ich .. | mein t–es Schweigen brechen. 1, 153 etc. (s. ε). d) Je schwerer das specifische Gewicht eines schwimmenden Körpers ist, desto t–er sinkt er ein; T. gehnde Schiffe (vgl. leichten 1a); T. in den Sumpf, Morast, Schmutz, Schnee einsinken; T–er Sumpf, Schmutz, Koth; In t–em [vgl.: in hohem] Schnee | nach dem Wege tappen. Göckingk Lieb. 29; T–e [sumpfige] Wege, Straßen; Wegen der vielen Moore und t–en Gegenden. Möser Osn. 1, 157; Überschuhe anziehn, weil es (s. d. 7) draußen sehr t. ist etc.; T. im Schlamm, Sumpf etc., in Noth, Elend etc. stecken; T. (vgl.: bis über die Ohren) in Schulden stecken; T. in der Patsche (s. d.) oder auch bloß: drin sein; Einen sehr t. hineinreiten (s. d.) etc.; In t–es Elend, in einen t–en Schlaf, in t–e Ohnmacht sinken etc.; Aus t–er Noth schrei ich zu dir; Aus t–em Schlaf erwachen; In t–em Schlaf liegen; Was nennst du den t–sten Schlummer? vermuthlich den, unter welchem sich kein t–erer denken lässt. W. 18, 237; In t–en Gedanken stehn, versunken sein etc.; ferner: mit versch. Nüance: In t–er Trauer sein, entw.: t. versunken darin, oder (s. γ): sie t. (im Herzen) fühlen, s. auch ́. e) zuw. zur Bez. der Jntensität, des „hohen“ Grades einer Eigenschaft, worin Etwas gleichsam „versunken“ (s. d) ist, z. B.: Man wird nur t–er dumm [dümmer], je t–er daß man sinnt. G. 7, 94, je mehr man sich ins Sinnen versenkt, desto t–er sinkt man in die Dummheit; Der t.-Erkrankte. 13, 315; Seine Miene war eine t. finstere (s. ́). Höfer Leb. 253; Die so t. blind sind. Luther 1, 84b; Die t–e Gleichgültigkeit, worin mich alle diese Reizungen ließen. W. 5, 30 etc. ς) (s. c) bes. von einem hohen Grad des Dunkels, z. B.: Aus allert–ster Mitternacht (vgl. b), | wo wir umsonst nach eines Sternbilds Troste spähn, | die Sonne schwebt ja dennoch endlich himmelan. Prutz W. 149 etc.; Wagt euch kühn zum Abgrund t–ster Nacht! (s. γ) .. Nur muthig in die Teufe! G. 6, 25 etc.; Neben dem hellsten Licht auch das t–ste Dunkel zum Kontrast. Forster Br. 1, 518 etc. und von intensiven, satten (s. d. 4) Farben (vgl. blau 1; dunkel 1): Überall t–e satte Farbentöne. Immermann M. 1, 43; Ein t–es Schwarz, Blau etc.; T.-blau, -braun etc. (s. vertiefen 1c); In t–er Trauer (vgl. d, Schluß), ganz schwarz (s. Ggstz. Halbtrauer).
b) (s. 1b) T–e Gebäude, Schlachtreihen; Fest an einander stehen sie, | die t–en Panzerreihn. Lavater (Wackern. 2, 834²⁴); Geweihte Lispel schwimmen | dann durch den t–en Wald. Tiedge 2, 59; T. in Silbertannen-Schatten. Salis 25; T. in den Wald, in die Höhle, Schlucht etc. hineingehn; T. in See sein. Bobrik 690 (= auf offner, hoher See); T. ins feindliche Land; bis t. nach Indien vordringen; Das Gebirge zieht sich bis t. nach Deutsch- 166* Tief land; Urtheilen Sie [nach dem Anfang des Buchs], wie es t–er hinein aussehn mag. L. 6, 5 etc.; Er ist t. in den Funfzigen, auch: Ein t–er Funfziger. ETAHoffmann Ausgw. 7, 189 etc.; T. in der Nacht hörte ich etc. Kühne Fr. 169 etc.; Abends, ja t. in die Nacht [hinein] konnte man von mir fordern etc. G. 22, 235; Bis t. in die Nacht. FSchlegel Fl. 31; Bis in die t–e Nacht hinein. Zschokke 1, 328 etc.; Schlief in den folgenden Morgen t. hinein. Ruge Rev. 2, 217; Man findet Spuren davon noch bis t. ins 16te Jahrhundert etc. Zsstzg. oder meist Zusammenschiebungen, nam. dem Wie des Vergleichs oder Maßes (s. 1) entsprechend, leicht zu mehren und zu verstehn nach folg. Bsp.: Ábgrund-: tief wie ein Abgrund: Die a–en Felsenketten [von oben gesehn]. Hausbl. (60) 1, 335; Menschenseele, die noch tiefer, | a–er als das Weltmeer. Heine Rom. 241; Mit einem tiefen, a–en flehenden Blick. Reis. 2, 174; Hinab in die Tiefe einer a–en Verzweiflung. Lewald W. 3, 302; Stahr Par. 1, 231; 2, 332 etc. so tief, wie ein Berg hoch ist (vgl. abgrund-t., das erste Bsp.): B–e Schlucht. Pückler Verst. 1, 110; Platen 2, 171 etc.; Unter mir lag’s noch berge-t. Sch. 64a; DMus. 1, 2, 594 etc. So b. steht .. Hackert unter der Landschaftsauffassung unserer Zeit. Stahr It. 2, 419. tiefbedeutsam. Daumer 2, 75. Ein Lächeln .. so e. Höfer VrgT. 218, voll tiefer Erinnerung. G. sein Wort. Freiligrath SW. 4, 278; Das g–e .. Antlitz. Keller gH. 3, 255. Bei g–ern Nationalitäten. Kohl Pet. 1, 299. tief- eindringenden Klangs wie eine Glocke. Kinkel 477. bis auf den Grund gehnd: Welche g–e Veränderungen! Gervinus Lit. 5, 403. tief wie die Hölle. Fischart B. 174b, gw.: höllen-t. Kláfter- [1a]: Spindler St. 1, 17 etc. K. in den Koth versinken etc. Sealssield Leg. 2, 120; 116; Scherr Bl. 1, 54. L–e Augen. Spielhagen Pr. 1, 163; 3, 134 etc. ungemein tief (wie das Meer): Das war m. erlogen. Kürnberger Am. 500; Aus ihrem meeres-t–en Schmerz. Echtermeyer 597 etc. Púrpur- [2b́]: DMus. 1, 1, 63. S–es Pferd, mit zu tiefem Widerrist, s. Stalder 2, 301, auch: „sattelweich“. Sch. im Wasser watscheln. W. 34, 52. von tiefen Schmerzen zeugend etc. Heine Lut. 2, 6. von Seelentiefe zeugend etc.: Die s–en Augen. Holtei Mensch. 1, 163; Welch ein s–er Blick! König Mar. 1, 88; Ihre s–en Ansichten. 147; S–e Stimme. Kühne Char. 1, 117 etc. seicht; von geringer Tiefe. Luther 6, 119b. von geringer Tiefe: Ein u–er Damm. Keller gH. 3, 128, vgl. Bettine 1, 285; nam. von Gewässern: seicht. Kohl A. 3, 209; Möser Ph. 2, 135 etc. In der Natur u–e (–⏑) Kräfte dringet. WHumboldt 3, 425, die als Ursprung Allem zu Grund liegend, un- ergründlich tief sind. z. B. [2b]: W–er geht mein Lauf. KMayer 300, tiefer in den Wald hinein. von wunderbarer Tiefe. tief bis zur Wurzel. KlSchmidt Br. 58.
Bérg-: Brúnnen-: Dēūtungs-: Erínnerungs-: Gedánken-: Gemǖths-: Glócken-: Grúnd-: Höll-: Knīē-: Līēbe(s)-: Mêêr-: Sáttel-: Schénkel-: Schmérzen-: Sêêlen-: Sēīcht-: Un-: Nr-: Wáld-: Wúnder-: Wúrzel-: