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Tanz
Tánz, m., –es; Tänze; Tänzchen, lein, el; -:
1) eine Reihenfolge taktgemäßer Körperbewegungen in Sprüngen und Schritten (Pas, s. d.):
a) Es ist des Wohllauts mächtige Gottheit, | die zum geselligen T. ordnet den tobenden Sprung. Sch. 86a etc. (s. z. B. Brant N. 61; Düringer 1029 ff.; 111 ff.; Schm. 1, 449; W. Luc. 4, 373 etc.); ferner Zsstzg. und die eignen Namen von Tänzen, z. B. Walzer, Galopp, Reigen ꝛc: Einen T. tanzen, haben mit Einem (s. II Ein 2c); Tänze schlingen (s. d. 1c), aufführen etc.; Eine Dame zum T. auffordern, aufziehn (Pfeffel Pr. 8, 18; V. Weber 2, 361) etc.; Den T. versagen (G. 12, 50), abschlagen (Weichmann 1, 243) etc.; Zum T. aufspielen; sich schmücken; sich stellen, reihen, ordnen etc., auch = T.-Fest, z. B.: Auf Tänzen und Kindelbieren. Immermann M. 4, 51 etc.; Sprchw., s. Schuh 1a; Ein Tänzchen in Ehren | darf Niemand verwehren etc. (s. b; c).
b) (s. a; c; Waffen-, Kriegs-T. und tanzen 2a, Schluß etc.) = Gefecht etc.: Bei Kolberg hat es flinken T. Arndt 199; Fouqué Dr. 1, 303; Pumm! puff! piff! krach! pladderadauz geht der T. los. Holtei Lammf. 1, 22; Nicolai 1, 173; 6, 44; Diesen blutigen T. Scherr Bl. 1, 41; W. 20, 17; Nehmt euch in Acht | an diesem scharfen T. Wackern. 2, 185³⁷ etc.
c) (s. a; b; Bettel-, Todten-T.; umspringen I 1a) Etwas, wobei man den Gegenpart (Partner) in Bewegung, in Athem setzt und erhält etc.: Die drei Sätze, um welche der Herr Pastor den T. mit mir angefangen. L. 10, 170; Nur sein hohes Alter rettet den Mann von einem bunten T–e, den ich sonst mit ihm verführen würde. 12, 534; Einen T. mit ihm wagen. 13, 138; So will ich mit derselbigen Braut [dem Bischof] ein Tänzlein thun über Stock und Stein etc. Luther SW. 60, 358; Man sollt den Fröschen ein T. machen, | daß ihnen das Hüpfen verging. Rollenhagen Fr. 492; Das war ein T. um unser Schwein! V. 4, 130, wir haben darum viel auf den Beinen sein müssen etc.; So geht der T. [der Skandal, das Schelten] wieder von vorne an. Wagner Kind. 27; Ingleichen hat Herr Dasila eben an einen solchen T. gemusst. Weise Mas. 85; Der T. von vorhin war nicht aus dem Balle (s. d. I). Wes Dian. 3, 7 etc., auch z. B.: Wie wär’s, wenn wir den T. kurz (s. d. 3) machten und heiratheten uns? vHorn rhD. 2, 160, vgl. Frauen-T.
d) iron. z. B. von der Bewegung eines Fallenden (Rutschpartie etc.). Sch. 126a etc.
e) übertr.: Weßhalb der Poet .. nie selbst den Kothurn [s. d.] festschnallt an die Knöchel und ernsteren T. tritt [in der Tragödie auftritt]. Platen 4, 108 etc.
f) auch in Bezug auf Nicht-Pers., vgl. z. B.: Führt der gleiche T. der Horen (s. d.) | freudig uns den Lenz zurück. Sch. 55a etc. (s. u.: Waldau); Der Sphären (s. d. 1c8) mystischen verworrnen T. W. 3, 6 (Luc. 4, 381) etc.; Seinen [des Hexameters] T. in bestimmten Wortfüßen .. nachzubilden. V. Br. 1, 26 etc.; Der T. der Wellen, wie der T. der Begebenheiten umtost uns. Waldau N. 1, 124; Schifflein, | das dort dahintanzt den schlimmen T. Heine Lied. 346; Sch. 641b etc.
2) (s. 1) Tonstück zum T., vgl.: Zum T.– und: einen T. spielen.
Anm. Ahd., mhd. tanz; tanzen, mhd. tanzen, s. frz. danse, danser „von ahd. dansôn, ziehen“. Diez 121, vgl. Graff 5, 197 und dunsen. Seltne Mz. o. Uml., Affentanze. WhMüller 2, 399.
Zsstzg. leicht zu verstehn nach folg. Beisp. (vgl. Reigen): Abend-: Rolenhagen Fr. 493 etc., vgl. Morgen- T. W. Luc. 4, 393.
Affen-: den oder wie ihn Affen tanzen (s. Affenschwanz). G. 2, 121; Feil ist.. ihr Leib zu einem A. Gökingk 1, 28; HSachs G. 2, 123; W. Luc. 1, 435 etc. s. [Anm.]; Gaukeln wieder euch die Wälschen | mit dem Freiheits-A.? Arndt 419. Atōmen- [1e]: W. Luc. 1, 379.
Āūf-: Tanzaufführung. Grube 3, 297.
Bacchánten-: Düringer 1029. Ballétt-.
Bǟren-: Bärentanzen und Affensprüngen beizuwohnen. G. 3, 259; W. HB. 2, 63 etc.
Bāūern-: G. 7, 284.
Béttler-: Ich sah den Bettlerdantz auch wohl große Herren dantzen und den Philippinendantz dantzt auch wohl ein Bauer. Fischart Garg. 5; B. 197b; übertr.: Vielleicht wird Wittenberg, wie sich’s anlässt, mit seinem Regiment nicht S. Veits-T. Tanz noch S. Johannis-T., sondern den B. oder Beelzebubs-T. kriegen. Luther SW. 56, 139 und so s. [1c] bes. oft: Der Bettel-T. fängt an (Alexis H. 2, 1, 52), geht los (Laube Kön. 1, 76), geht an (Weise Mas. 228), war schon vorüber (Is. 39) etc.
Bīēnen-: wozu die Tänzer summen. Hackländer Erl. 1, 31.
Bouteillen-: JKohl Par. 3, 215, „Flaschen-T.“ ebd., auf oder zw. Flaschen, die nicht beschädigt werden dürfen, ähnl.: Eier-T. etc.
Brāūt-: Schütze Holst. 1, 163 etc.; übertr. [1b] Wir mit 100000 Lanzen | wollen dir den B. tanzen. Rückert 1, 153 etc.; [1c] Dann geht der B. los! IBMichaelis 66.
Bǖhnen-: Theater-T.
Chōr-: Matthisson 104 etc.; Taktbewegt | ein kräft’ger Hammer-Ch. G. 10, 275.
Ehren-: insofern man Jemand damit ehrt. Möser Ph. 3, 221; IP. 22, 36, vgl. Pflicht-T.
Eīer-: (s. Bouteillen-T.) G. 16, 118.
Eīs-: Schrittschuhlauf. Gartenl. 10, 124b.
Ernte-: im Erntefest und: dies selbst. WhMüller 1, 181; Pfeiffer Germ. 2, 219 etc.
Fáckel-: Uhland Ludw. 228; W. Luc. 3, 205.
Fāūnen-: W. 20, 46.
Fēīer-: G. 1, 94; Matthisson A. 11, 250 etc., vgl.: Fest-T. Wackern. 2, 1308⁴¹.
Fláschen-: Bouteillen-T.
Fórt-: Wo die Politika den Vor-T. hat, allda hat die Wahrheit den F. SClara EfA. 3, 917².
Frāūen-: den Frauen tanzen, nam.: Der F., Kehraus, lange Tanz, Rüttelreihe. V. 2, 198 (s. Schütze Holst. 1, 161).
Frēūden-: B. 112b. Fúnken- [1e]: Tanz der sprühenden Funken. Grün Gd. 235; Stahr Par. 2, 35 etc.
Gāūkel-: V. Od. 14, 465.
Gefécht-: Gefecht-, Schwert- und Waffen-T. (s. d.). Düringer 1124.
Geséllschafts-: 1031, Ggstz.: Theater-T. etc.
Grōßvater-: gw. Schluß-T. auf Hochzeiten mit Gesang: „Als Großvater Großmutter nahm, | da war Großvater ein Bräutigam etc.“, auch bloß „Großvater“.
Hāfer-: s. Reigen-T.
Hélden-: z. B. übertr.: Der Grieche tanzt H.; der Deutsche .. schreitet dafür Heldenschritt (s. d.) B. 176b.
Héren-: (s. Blocksberg) Görres V. 165 etc.; übertr. Mügge Els. 357 etc.
Hírten-: Schäfer-T.
Hōch-: Tanzen | sie den feierlichen H. Heine Tr. 41.
Hóchzeit(s)-: Braut-T.
Hūt-: s. Schm. 2, 257; 258. Irrwisch- [2e]: übertr.: Die erfolglosen Putschmachereien, diese Irrwischtänze der Revolution. Mundt Rom. 101.
Kābel-: Art Schiffer-T.
Kä́lber-:
1) (s. kälbern 3): Tritt aber mit der Zeit das männliche Alter an, | so muß der K. sein gänzlich abgethan. Rachel 3, 24.
2) = Kabbelung (s. kabbeln 2a) etc. Kétten-: (s. Kette 7) B. 15b; Guhl 1, 301 etc. Kinder-: Ich weiß nicht, soll ich Kinder- bälle mehr hassen oder Kindertänze mehr loben? IP. 36, 104. Kírmes-. Kóntre-: Art Quadrille. Düringer 224; W. 34, 45 ff. Krānich-: Der K. der Zigeuner. Arnim 26. Krēīs-: s. Ringel-T. Krīēges-: Waffen-T. (s. d.), nam. auch [1b]: Ausw. d. Lied. 104; Sch. 115a; Schmidt-Ph. 3 etc. Kúnst-: ein kunstmäßiger. Lándes-: Gerstäcker Mon. 1, 31 = National-T. Düringer 1031. Láng-: s. Frauen-T. Lēīter-: auf einer Leiter. Schütze Hamb. 101, vgl. Seil-T. Lōbe-: (veralt.) Gottsched Nöth. Vorr. 2, 84; Opitz 2, 138; Schm. 2, 419, vgl. Singe-T. Matrōsen-. Mēīsen-: s. [1c]: Art Gestell zum Meisenfang. Döbel 2, 258. Mīmen-: s. Pantomime. Mōhren-: vgl.: Mit Moriskendäntzlin und anderm Kinderspiel. Fischart B. 158b. Mórgen-: s. Abend-T. Mücken-: der Tanz spielender Mücken (im Sonnenschein). Heine 18, 175. Nárren-: s. Affen- und Todten-T. Nationāl-: s. Landes-T. Nêbel- [1e]: Heine Lied. 147. Opfer-: gottesdienstlicher Tanz beim Opfer: Jhre Sieges-, Opfer- und Trauertänze. Düringer 1029. Pflícht-: zu dem man durch Rücksichten sich verpflichtet fühlt. Hartmann Fr. 257. Planēten- [1e]: G. 6, 192, s. Sternen-T. Plúmp-: mit plump-derbem Auftritt. V. Ar. 1, 142. Rēīf-: (s. An-Reif) Reiftänz, Schwerttänz. HSachs G. 2, 49. Rēīgen-: (s. Reigen 2) Platen 4, 323; V. Od. 1, 152; 8, 253; 23, 134 etc., auch: Reih(e)n-T. Fouqué Gd. 1, 177; W. 19, 222, bildl.: Der Reihen-T. abwechselnder Jahreszeiten. H. Ph. 4, 91 etc.; auch „Hafer-, Reiter-T.“ Adelung. Rhythmos- [1e]: V. 3, 56, s. Silben-T. Ríngel-: Kreis-, Zirkel-T. (s. d.): Uhland 375; V. 3, 141; W. 10, 53 etc., vgl.: Walzt den alten Runde-T. B. 305a; Matthisson 79; Salis 133 etc. und übertr.: Tanzet .. der butternde Rappe den Rund-T. V. 2, 18, dreht sich im Kreis. Sāū-: „Mahl, wobei meist Schweinefleisch aufgetragen wird.“ Schm. Schǟfer-: Hirten-T. Schēīn-: der kein eig. Tanz ist. Heine Lut. 1, 314. Schícke-: volksth. Bez. einer Person, die man fortwährend hin und her schickt, s. [1c]: Ein Laufmädel, ein Sch. Holtei Nobl. 1, 195 (vgl. schwzr.: So macht er die Weibel „tubetänzig“. Gotthelf G. 268, setzt sie so in Bewegung, daß sie betäubt, wirr im Kopf werden). Schíffer-: Matrosen-T. (s. Kabel-T.). Schlácht-: womit Wilde etc. in die Schlacht ziehn, vgl. B. 60a; Waffen-T. etc. Schlúß-: den Schluß von Etwas bildend. Schnécken-: Daß er mir dann nicht Schneckentänze macht! Gotthelf Sch. 388, zögernd Ausflüchte sucht etc., vgl.: Progresse . ., so schneckentänzisch sie auch sein mögen. W. Merck 1, 92 (s. Schnecke 1b). Schūster-: Den sogen. Sch. mit seinen possierlichen Sprüngen. Immermann M. 3, 112. Schwêbe-: schwebenden Schritts getanzt. Stolberg Sch. 1, 102. Schwêrt-: (s. Reif-, Gefecht-T.) Kerner 497 etc., auch [1b]: Sie wagten manchen Schwerter-T. Sch. 12a; Uhland 184 etc., s. Kriegs-T. Sēīl-: auf gespanntem Seile (s. Leiter-T.; Seiltänzer). Sīēges-: zur Siegesfeier. Sílben- [1e]: (vgl. Rhythmos-, Vers-T.) W. 15, XII; FAWolf Lit. An. 1, 220. Sínge-: s. Reigen 2 (vgl. Ballade): Wollen einen S. drüber machen. LPHahn Hohn. 19 etc. Sínnen- [1e]: Ist eben hier ein Mummenschanz, | wie überall, ein S. G. 12, 134, etwas sich wirbelnd vor den Sinnen Bewegendes etc. Sōlo-: den eine Pers. allein tanzt. W. 14, 16. Sphǟren- [1e]: Daumer 1, 307; G. 33, 284; W. 12, 219 etc., vgl.: Der nächtliche Sternen-T. Spee (Wackern. 2, 2743⁴); Wandelsterne-T. Rückert BE. 324. Tarántel-: Tanz, den wie es heißt ein von der Tarantel (s. d.) Gestochner tanzen muß, s. Oken 5, 682, oft bildl.: (vgl. Veits-T.): Ein T. der Narren. JBMichaelis 5; Daß ich in diesem allgemeinen T–e doch keiner der Gestochnen sei. Reinhard G. 200. Tāūmel-: Vor wilden Taumeltänzen | Grazien und Unschuld fliehen. Matthisson 20. Theāter-: W. Luc. 4, 378. Tōdten-: eine früher sehr gewöhnliche sinnbildl. Darstellung, wonach mit dem Tod Alle an den Tanz müssen, s. nam. Haupt Zeitschr. 9, 302 ff. und z. B.: Der Lübeckische T. Weichmann 1, 235 ff., auch: Denkt nicht, ihr seid in deutschen Grenzen | von Teufels-, Narren- und Todtentänzen. G. 12, 21; übertr.: Der T. des Weltgetümmels [bei dem Messina verschüttenden Erdbeben]. Thümmel 8, 147. Trümmer-: Art Kirmes-T. Schm. 1, 491. Vēīts-: Als V. bez. man eine mit Fortdauer des vollen Bewusstseins einhergehende klonische Krampfkrankheit der willkürl. Muskeln, durch welche ungewöhnliche und seltsame Bewegungen der Glieder oder Rumpfes, Kopfs und Gesichts absichtslos .. ausgeführt werden. Bock D. 316; Sch. 108b etc., als ansteckende Tanzwuth sich früher über ganz Europa ausbreitend. Klinger F. 14, s. Agricola 497 zu dem Fluch: Daß dich Sankt Veits Tanz ankomme! (benannt nach S. Veit als Nothhelfer dagegen), vgl.: Pestilenzen und veitstan- zen [fluchen]. Luther SW. 38, 440 etc. Übertr. (vgl. Tarantel-T.): Wo alle politischen Leidenschaften, plötzlich entzügelt, ihren rasenden V. begannen. Heine Lut. 2, 136; Börn. 176; Ist die Klingel denn ganz veitstänzig geworden? Hausbl. (62) 3, 454. Vérs- [1e]: (s. Silben- T.). V. Georg. 285. Vōr-: Amt und Anrecht des Vortänzers (s. d.), eig. u. übrtr.: Fischart B. 31b; G. 18, 260 etc., vgl. Schütze Holst. 1, 205. Vorǖber-: Im V. [vorübertanzend]. Grün Gd. 221. Wáffen-: von Gewaffneten getanzt. Guhl 1, 301; W. Luc. 4, 383 etc., s. Kriegs-T. Wéchsel-: Tanz mit Abwechslung. B. 87a; Kinkel 471 etc. Wēīhe-: ein geweihter, heiliger. JGJacobi 3, 207. Wéllen- [1c]: JKohl Par. 3, 36. Wétt-: Er fordert die Tänzer .. heraus zum W. Droysen A. 2, 22. Wíllkomms-: zur Willkommsfeier. V. 215. Wírbel-: mit wirbelndem Drehn. G. 11, 11. Zírkel-: Lied beim Runde-T. .. Abendliche Zirkeltänze etc. Salis 133 etc.; übertr.: Den Z. der Horen. Falk Mensch. IX; G. 11, 88; Leisewitz Jul. 99.