Faksimile 0432 | Seite 1254
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Stulp Stulpe stulpbar Stulpe stulpen Über-Stulp
Stúlp, m., –(e)s; –e:
1) an Thür-, Schrankschlössern etc. der umgebogne Theil des Schloßblechs, wodurch der Riegel aus- und eingeht. Karmarsch 3, 118; 123 etc.
2) am Gewehrschloß ein viereckiges vorspringendes Stück auf der innern Fläche des Schloßblechs. Adelung.
3) bei der Stulpliederung (s. d.) eines Kolbens etc. der dichtende Lederrand etc.
4) bei gedackten Orgelpfeifen der Deckel oder Hut (s. d. 3g).
5) Hutkrämpe, z. B. mit Uml.: Der Stülp (an Damenhüten). Musterz. (54) 368; (55) 168b; Mz.: Die Stülpe. 72a etc.
~e, f.; –n; –n-:
1) an hohen Stiefeln das urspr. durch Umkrämpen der Schäfte entstandne Kniestück, jetzt gw. bes. aufgesetzt (s. Klappe 10b; Stulpstiefel etc.): Schnitt die S–n auf. Arnim 64 etc.: Stiefeln mit braunen Stolpen. G. 22, 118 etc.
2) eine Topfstürze (s. d.), Gefäßdeckel: ferner = Stulp (1—5).
Stǘlp~bar, a.:
was sich stülpen (s. d.) lässt, nam. in Zsstzg.: Thier mit aus-s–em Rüssel. Vogt Oc. 1, 96; Eine um-s–e Mundhöhle. Burmeister Gsch. 380.
~e, f.; –n:
= Stulpe (s. d.). Adelung.
~en, tr.:
1) in raschem Zuge Etwas so wenden, daß (a) das Innre nach außen oder (b) das Untre nach oben kommt, z. B.:
a) (vgl. um-, zurück-schlagen, -krämpen): Sie stülpten dicht | die Ärmel um den Arm. Rückert Rost. 100a; Den Ärmel gestilpet. Schwab 382 etc.; Sie hatten [zum Schutz] vor dem Regen .. ihre Oberkleider über den Kopf gestülpt. Auerbach Ed. 373 etc.; auch: Gestülpte Nase. Kohl Pet. 1, 185, gw.: aufgestülpt.
b) Den Karren s., gw. um-s. (s. d.), z. B. bildl.: Du wirst gestülpt. vHorn Schmj. 12, umgeworfen, bankerott etc., nam. aber mit Angabe des Wohin: Den Pelion auf den Ossa (Heine Reis. 4, 139); den Hut auf einen Stuhl (Klencke Gsp. 1, 226); den Tschako (Freiligrath SW. 6, 191), den Hut auf den Kopf etc. (1, 116; Immermann M. 1, 261) s.; Über Diesen ist ein ausgehöhlter Doppelkegel derartig gestülpt, daß etc. Guhl 2, 289; Eine große über den ganzen Cementofen gestülpte Esse. Karmarsch 3, 344; Kohl A. 3, 399 etc.; bildl.: Wie er den minervischen Helm der antiken Poesiesprache über die kleinen Ggstde stülpt. Gervinus Lit. 5, 643 etc.; selten refl.: Dem sich der Ofenschirm zw. die Schenkel stülpte. JP. 7, 9.
2) (s. 1b) zuw.: mit einem darauf gestülpten Deckel (Stülpe) versehen: Sahnige Milch in gestülpter | porcellanener Kumme. V. 1, 35 etc., nam. Zsstzg. Zsstzg. z. B.: Áb-: als (seltner) Ggstz. von auf-s. 1; 2. Adelung etc. Āūf-:
1) [1a] in die Höhe stülpen, z.B.: Die Ärmel (Eichendorf Lärm 66), Kleider (Steub DTr. 1, 81) a.; Daß ihr eure unterirdische Blattseite gegen den Himmel aufstülpet. IP. 26, 145 etc.; Das aufgestülpte Kinn. 22, 32 und bes.: Aufgestülpte Nüstern (W. 1, 65; 22, 39; 21, 252 etc.), Nase (ebd. 56; 9, 48; Heine Reis. 3, 9; L. 7, 148; Oken 7, 1847 etc.), vgl.: aufgeworfne etc.; auch: Die steife Rundung und Aufstülpung des Modehutes. Auerbach Ab. 60 etc., vgl. auch: Den Zopf stülpte ein niedergekrämpter Kopf empor. IP. 7, 66.
2) [1b] stülpend auf Etwas setzen, z. B.: Eine Kopfbekleidung a. Alexis H. 1, 1, 186; Heine Verm. 1, 16; PHeyse NN. 61 etc.; auch mit Dat.: Einem eine Mütze (Scherr Bl. 1, 251), den Büsten einen Kopfputz (Guhl 2, 242), die Perücke einem Treppenpfosten (Lewald Ferd. 1, 288) a. und meton., s. [2]: mit aufgestülptem Deckel versehn (Ggstz. ab-s.): In aufgestülpter Kumme. V. 3, 159. Aūs- [1a]: Eine Speise a. (aus der Form). Scheibler Kochb. 394, vgl.: stürzen. ebd.; heraus-s. Landw. Ztg. (55) 1079a etc.; Das Gehirn stülpt sich [beim Embryo] zur Netzhaut aus. Burdach Physiol. 2, 710 etc., val.: Nach und nach senkt sich der Embryo tiefer ein, so daß sich das Amnion einstülpt. Bock An. 916 etc.; auch: Herzbeutel .., jener Sack, in welchen das Herz hineingestülpt ist. 381 etc.; Diese Beutel lassen sich heraus-s. Oken 7, 710; Haut, welche sich gegen die Ohren ein stülpt. ebd.; Auf jedem Backen eine Haut- einstülpung. ebd. etc. I.
Ǖber- [1b]:
Stülpt ein Strohdach [= Hut] über. PHeyse NN. 263 etc. II. Über-: übergestülpt (s. I) oder: mit etwas Übergestülptem bedecken: Wollhauben, welche . . die Gesichter ü. Grube 3, 364; Schalen, welche mit einer eisernen Glocke überstülpt werden. Karmarsch 3, 8 etc. Úm- [1b]: stülpend umdrehn, namentl. [1b]: Freiligrath SW. 6, 229; G. 3, 68; JP. Fat. 2, 27 etc. (ugw. als untrennbar, s. umschlagen I 6b); auch refl. = umstürzen, umkippen (intr.). Gutzkow Otfr. 45 etc. und bildl.: Jetzt hat man diese Redeweise umgestülpt. Auerbach Ab. 39; Eine umgestülpte Weltordnung. Heine B. 265 etc. Zusámmen-: auf einander stülpen, zusammenklappen, z. B.: Butterbämmen z. etc.