Faksimile 0386 | Seite 1208
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Stelz --e stelzen stelzenhaft Stelzer stelzig
Stélz, m., –en; –en:
s. Stolz, Anm. (mundartl.):
1) Stelze, Stelzfuß: Das thut der Holzwurm in meinem Stelzfuß, denk’ ich, und stoße den S–en gegen die Wand. Möricke N. 491.
2) „Hage-S., Pers., welche (ver- ehelicht oder unverehelicht) kinderlos stirbt und in gewissen Fällen den Landesfürsten zum Erben hat“. Schm., s. Hagestolz.
—~e, f.; –n; -chen, lein; –n-:
1) Holzstangen unter den Beinen, erhöht darauf einherzuschreiten. Nicolai 4, 195; Rückert Mak. 1, 46; Stumpf 305b etc.; sprchw.: Einer Laus (s. d.) eine S–n machen; Laß sie hergehen. Ich will ihnen die S–n bestreichen! Luther SW. 60, 290 (vgl. a).
a) übertr. (s. S–n- Schritt, Kothurn etc.) auf hochtrabendes (s. d.) Wesen, sich großmachendes Gebaren, Stolzieren etc.: Auf S–n gehn (Sch. 1126a etc., s. auch Laus), einhergehn (Mendels- sohn 4, 1, 282; Schwegler 47 1004 etc.), hoch herschreiten (G. 29, 244 etc.), einherschreiten (Engel 8, 180; W. 9, 145; Luc. 3, 328), einhertreten (Thümmel 7, 66), hertanzen (Rabner 2, 4) etc.; Auf des Sittenspruchs geborgte S–n steigen. L. 3, 346; Von einem französischen Tragödienschreiber auf S–n geschraubt. Sch. 106b; W. 13, 184 etc.
b) zuw. = Stelzschuh (s. d.) etc.: Ihre Pantöffelchen. . . Hier sind die Stelzchen. G. 17, 24 etc.
c) = Stelzbein (s. d.), sowohl von natürlichen Beinen, die s–n-ähnl. lang und dünn sind (s. 2 und stelzen 1), z. B.: Der stapelte mit schrecklich langen | Bein-S–n so die Pfade hin. Roquette W. 20 etc., als auch nam.: ein hölzernes Bein als Ersatz des fehlenden (s. Stelz 1). 2) (s. 1c) Name einer Gattung langbeinig einherschreitender Vögel, Motacilla (Ackermännchen, Wippsterz etc.). Frisch; Weder Lerch, noch Stelz. Rollenhagen Fr. 321, gw. nach dem Aufenthalt an Bächen oder bei Rinderherden: Bach-S., z. B.: Die lustig mit den Schwänzen wippenden Bach-S–n. Tschudi Th. 124; 98; Die graue Bach-S., M. boarula [oder Kuh-, Rinder- S.] etc. 101; auch übertr. auf Pers., z. B. Freytag DW. 443; OMüller Ack. 397; Tieck Lear 2, 2 etc. (vgl.: Bachstolz f. Creuz 1, 207); ferner: Wasser-S–n. Kohl A. 2, 285; Klappricht als einer Wasser-S–n der Ars. Keisersberg Löw. 53d etc.
3) (s. 1) in techn. Anwend., z. B.:
a) Bergb.: Stützen beim Göpelbaum.
b) Müll.: Säule, nam.: Dreh-S., die, worum sich der Rumpf dreht. Karmarsch 2, 672.
c) Web.: s. Haarlauf.
d) s. Schwäb. W. 509 u. ä. m.
~en: 1) intr.:
mit Stelzenschritten gehn. Gartenl. 9, 642b etc.; übertr.: Sein Ruhm wird kolossal | auf vierfüßigen Trochäen | über diese Erde s. Heine Tr. 141 etc.; auch mit Obj.: S. die zierlichen Jungfrauen (s. d. 4) aus Numidien . ihren geselligen Tanz. Kohl Südr. 2, 142 etc. Zsstzg. z. B.: Mit Hahnenschritten .. auf- und ab-zu-s. Goltz 2, 306 etc., auch: Wenn Wallenstein sich .. innerhalb der Leinwandwände „heldenmäßig“ abstelzt. Seydelmann 305 = wenn der Schauspieler die Rolle abstelzt, gespreizt abspielt etc.; Grille, | die das Gras durchstelzt. Freiligrath SW. 4, 212; (Simplicissimus 2, 106 das Land mit einem Stelzfuß durchziehn); Einher- (Gottschall Gött. 55; Heine Sal. 1, 240 etc.), herab- (Kohl A. 1, 112), hin- über- (Langbein 2, 106), umher- (DMus. 1, 2, 355) s. etc. 2) tr.: S., be-s., mit Stelzen (s. d. 1; 1a) versehn, nam. pass. Partic., zumal übertr.: Jedes Wort fein hübsch gestiefelt und gestelzt. Lichtenberg 4, 373; Gestelzte Redensarten. Waldau N. 1, 66 etc.; Aufgestelzt. Kühne Fr. 128; Schlegel Sh. 6, 258 etc., vgl.: stelz-enhaft, -ig.
~enhaft, a.:
wie auf Stelzen: Das s–e Schreiten. Droysen A. 1, XIII; Der s. gespreizt sich auf Kothurnen. Platen 4, 269.
~er, m., –s; uv.:
Einer auf Stelzen, häufiger: mit einem Stelzfuß: Junger Springer, alter S. Sprchw. (Schottel 1145a), auch: Stelz(e)ner.
~ig, a.:
stelzenhaft: S–e [hochbeinige] Stühle und Tische. Kohl Südr. 2, 16; Hochtragisch sieht’s aus (er wollte sagen: hochtrabend oder hoch-s.). Keller gH. 4, 178.