stehlen
Stêhlen, stahl (stohl), stöhle (stähle); gestohlen; stiehlst, stiehlt; stiehl! tr., auch ohne Obj. oder intr. und rcfl.:
1) heimlich und unvermerkt Etwas nehmen:
a) eigentlich von Dieben (s. d.): fremdes Eigenthum entwenden, — vergl. rauben 1a (und 325a); 1e etc. —: S. — wie die Raben (s. d. 1e); was die Augen sehn oder: mit den Augen; Einem Etwas s., z. B. auch: Einem die Zeit Nor. 156, vergl. b; c); einem Schriftst. Gedanken (s. Plagiator), seine Sprache 5, 140a); Der Taglöhner stiehlt manche Stunde [seinem Herrn]. Ph. 1, 25 (s. b); sprchw.: Woher nehmen und nicht s.?; Jemand Jer. 1, 109 etc.) oder Etwas Tr. 274) kann mir gestohlen werden, erscheint in meinen Augen ganz werthlos etc., s. auch e; f. Ferner übertr., z. B.:
b) Dem lieben Gott die Zeit s. (s. Tagedieb, versch. a; c); Sie werden .. | dir Einen um den Andern [deiner Anhänger] listig s. [entziehn]. 361betc. —
c) ohne gehässigen Nbnsinn, z. B.: Stiehl, aber laß Jedem das Seine. Sprchw., eigne dir von Andern Kenntnisse, gute Eigenschaften etc. an; Das Bild ist wie aus dem Spiegel (s. d.) gestohlen etc.; Ich nahm oder vielmehr ich stahl [ergriff gegen ihren Willen] ihre Hände. Pr. 9, 75; Musst du nicht jeden Blick von ihren Augen s.? 7, 4 etc.; [Ich] muß s. meine Klag. 2, 144 [darf nur heiml. klagen]; Genöthigt, ihre Andacht zu s. 831b etc.; Ich muß die Zeit dazu förmlich s. oder sie mir ab-s. [sie andern Beschäftigungen abbrechen, versch. a; b]; Warum ich .. einige Stunden der Erholung dem öffentlichen Geschreibe über dieses Buch stahl. R. 7, 73 etc.; Da er endlich den Augenblick stahl [unvermerkt wahrnahm]. 10, 251 etc.; Gestohlne [heimliche] Freuden. H. 84 etc.; Einem das Herz s. (oder ab-s.), es unvermerkt für sich gewinnen (s. 2 und nam. R. 8), auch (s. d): Sein Leid stahl mir das Herz. 17; Mit einer herz-s–den Anmuth. 19, 333 etc. —
d) auch mit sachl. Subj., z. B. (Schiff.): Ein Segel stiehlt dem andern den Wind, entzieht ihn auffangend; Der Ton, der mir oft Thränen stahl [entlockte]. 2, 147; Der faule Baum .. stiehlt Licht und Luft dem jungen Leben, das etc. H. 1, 47; Die Hecke, | die mir ihn stiehlt [meinem Blick entzieht]. Nath. 2, 4; Der peinlichen [Arbeit], die mir die Jugend stahl [mich darum brachte]. 336b; Begann .. ein matter Farbenton | dem Glücke ’was von seinem Glanz zu s. 12, 35; 229 etc. —
e) tr., refl. mit Angabe der Wirkung, nam. zu a: Den Garten leer 90b); sich zum Krösus Fab. 2, 153), sich selbst nicht reich, mich aber arm 1, 79), eine Seele an sich 4, 270) s. etc. —
f) veralt. (s. essen, Anm.): Ungestohlen. 5, 149), akt.: ohne gestohlen zu haben. —
g) Stehler, gw. in der Reimverbind. mit Hehler (s. d.), seltner sonst: Viel Lärm 2, 1 (= Sh. 1, 386); Schaf- stehler (neben: Schafdieb). Luc. 5, 257 etc. —
2) refl.: Sich woher, wohin s., heimlich und unvermerkt begeben, schleichen etc., z. B. eig. von Pers. 306b; 1, 237; 6, 381; 231; 19a; 373a etc., auch: Sich in Jemandes Vertrauen (419a), Gunst (334b), Herz (vgl. 1c) s. etc.; Gestohlen hab ich mich in die Welt, ein Bastard. R. 9, 476 etc., auch mit sachl. Subj.: Es stiehlt sich — ein Strahl ins Heiligthum 14, 7); ein Jugendschimmer H. 2, 74), ein Seufzer aus der Brust; kein Gräschen durch die Spalten 2, 183); ein Stück des Kragens aus der Kravatte N. 3, 151); ein Gäßchen zum Steinbruch SW. 6 338), ihr Weg durchs Gebirge 20, 56) etc.
Anm. Goth. stilan, ahd. stëlan, mhd. stëln, dazu ahd. stâla, mhd. stâle, diepstâl, Diebstahl; urverwandt wohl (mit dem Grundbegriff des Heimlichen) still, ahd. stilli, mhd. stille etc. Für die Abwandl. vgl. II fehlen, Anm., z. B. Impf.: stolen. 6, 88b, wie noch gw.: stöhle. H. 2, 2, 121; 1, 171; Ar. 3, 256 etc. (neben: stähle. 29, 240; R. 9, 139 etc.); vereinzelt Imperat.; stehl! 1, 81; bestehl! Seid. 32; bestehle! 2, 452 etc.; über: „stile st“. 2, 21; „stilet“. 6, 30, s. Orth. 69, vgl. stielen.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) [1] Einem Etwas a., eig. und übertr., z. B.: das Herz und Vertrauen 3, 340 etc.); Liebkosungen 12, 310); ein Geheimnis 12, 47); eine Kunst (ablernen. 2, 295); der Natur — nachahmend den Schatten 23b), die Züge eines Menschen 1, 2, 562), vgl.: Reize, welche man nur von der Natur a. könne; 6, 205 etc.; Wie Vielen hat der Wein das Leben abgestohlen! B. 6, 192); Sich die Zeit zu Etwas 437); sich ein paar Augenblicke R. 5, 164) a. [1c]. —
2) [2] veralt.: 130; 6, 506a. — Án- [1e]: Sich ein Vermögen a. — Āūs- [1] stehlend ausplündern. Lit. 3, 282; 4, 402b; Ph. 4, 288 etc. — Be-: Einen b. 1, 518 etc., — um Etwas. 213a; 310a etc.; Die Reusen b. B. 1, 252; Wie die Tagediebe ihre Pflicht b.! 52ab etc. — Davón- [2]: Sh. 8, 187. — Dúrch-:
1) [2] Mich zwischen beide Klippen durch-zu-s. 7, 92 etc. —
2) [1] Das Dasein 1, 389). —
3) Sich d. Barf. 101), mit Diebstahl fristen etc. — Eīn- [2]: Sich durch eine Öffnung mit 3, 208); in Jemandes Haus 23, 394), Herz (10, 235; 11, 156 etc.), Seele (7, 67), Gunst 713b) e. etc. — Ent-:
1) [1] Einem Etwas e. 106a. —
2) [2] s. 1: Sich dem Auge der Welt e. 111b. — Er- [1e]: Etwas e. 4, 130; 8, 365; 16, 59; 1, 102; 1, 226. — Fórt-: hinweg-s.:
1) [1]. —
2) [2] N. 351; 309. — Hêr- etc.:
1) [1] Einen Bürger aus dem Kreise seiner Familie heraus-zu-s. 791a; gH. 3, 8 etc.; Sachen unter den Händen hinweg-s. Reis. 259b; Fr. 43 etc. —
2) [2] Sich — wo hin- 2, 63); die Treppe hinab SW. 4, 201); hinaus- 4, 21); hinein- M. 4, 161); hinüber- 3, 227); hinweg- 124a) s. etc. — Ver-:
1) [1]:
a) veralt. statt des Grundw. 9, 17; 215a; 381b etc., heute gw. nur Partic. —
b) zuw. (vergl.: vergeizt, verlogen) dem Diebstahl ergeben: Ein sehr verstohlenes Volk. DW. 190; EfA. 1, 449; 111; 3, 759 ¹⁵ etc. —
c) bes. oft: heimlich etc.: z. B. Ew.: 16, 14; 16; Morg. V. etc.; Adv.: 75a; 167a; 495a; 528a; 11, 224; 239 etc., vergl.: verstohlnerweise. 195; 17, 120; 7, 249 etc.; Ggstz.: Unverstohlen [offen] soll’s auf der Stirn ihm stehn. 2, 109. —
d) (zu b; c) Verstohlenheit. — 2) [2] veralt.: Das Volk verstahl sich weg . ., wie sich ein Volk verstiehl(e)t. 2. 19, 3. —
Wég-: 1) [1] eig.; übertr.: R. 1, 200; N. 36; 262a; 11, 41; 19, 341 etc. —
2) [2] 1, 311; 16, 92; 303b; 4, 196; 27, 251 etc. — Zū-:
1) [1] stehlend hinzufügen. — 2) [2] Sich auf die Hütte etc. z. Leg. 2, 2; 70. — Zurück- [2]: Sich ins Schloß z. Pr. 4, 152 etc. — Zusámmen- [1e]: Kil. 25 etc.
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