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Stahl
II. Stāhl, m., –(e)s, (–en); Stähle, (–e, –en), uv. (3); Stählchen; -:
1) (ohne Mz.) Eisen mit einem geringen Gehalt (nicht über Procent) an Kohlenstoff, wodurch es ein feinkörniges Gefüge und bes. die Eigenschaft erhält, verschiedne Härtegrade anzunehmen (s. glashart; anlassen 3e etc.):
a) Versch. Sorten von S., s. Scheuchenstuel 230; Karmarsch 3, 340 ff.; Mitscherlich 2, 2, 121 ff. Wir erwähnen nam.: Roh- oder Schmelz-S., durch theilweises Entkohlen (s. d.) oder Frischen des Roheisens (darunter der härteste: Edel-S.), ähnlich: Puddel- oder Puddlings-S.; ferner: Brenn- oder Cement-S., aus Stabeisen durch Zuführung von Kohlenstoff (darunter der rohe an der Oberfläche mit Bläschen bedeckte Blasen- S.); ferner: Gärb- (versch. 2h) oder Raffinier-S. (s. gärben 2) und Guß-S:, wobei die gleichmäßige Vertheilung des Kohlenstoffs in der ganzen Masse durch Schmelzung von fertigem S. bewirkt wird; ferner: Silber-S., wobei eine sehr geringe Menge Silber mit dem S. zusammengeschmolzen wird; ferner nach der Verwendung und dem daraus zu Arbeitenden z. B. Feder-, Feilen-, Klingen- (z. B. Zinkgräf 1, VII, dazu: Damascener-), Meißel-, Messer-, Scharsach- (s. Sachs, Anm.), Sensen-, Zweckschmied- S. etc.; ferner von einzelnen Sorten, z. B. Eier-S. [indischer Klingen- S.]. Bucher (Nat.Zeit. 15, 260), Kisten-, Tannenbaum-S. etc., s. auch Mock 1; Wootz etc.
b) eig.: Der S. ist ganz und gar abgewetzt und eitel Eisen worden. Luther SW. 61, 434 etc.; Sprang auf wie gebogner S. Hölderlin H. 1, 56 etc.; Die Zeit zermalmet S. und Stein [das Härteste]. Lichtwer 127; S. und Eisen bricht etc. und so oft übertr., z. B.: Und wär’s ein Mann | von S., es muß das Herz ihm rühren. West Dian. 2, 8; Der Herr Pfarrer ist eben auch nicht von S. und Eisen [unempfindlich im Punkt der Liebe]. W. 1, 136 etc.; ferner: Dir erschlafft . . | nie ein Glied, ja wahrlich aus S. ist dir Alles gebildet. V.. Od. 12, 280; Die heil’ge Gluth giebt hohen Muth | und stärkt mit S. den Arm. Langbein L. 314; Wetterfest mit S. in den Gliedern. Hausbl. (56) 1, 132 etc.
2) (s. 1) etwas aus S. Bereitetes (s. Eisen 2e und Zsstzg.), z. B.:
a) Mein S. ist gut und der Zunder geschwefelt. V. 2, 16, zum Anschlagen von Feuer mit dem Feuerstein (Feuer-S.).
b) S., Wetz-S., zum wetzenden Schärfen schneidender Werkzeuge etc.
c) Schrittschuh etc.: Klopstock empfahl die niedrigen frieslädnischen Stähle. G. 22, 253; An des Schwatzenden Stahlen | naget indeß der Rost. Kl. Od. 1, 289 etc.; auch von dem Beschlag des Stuhlschlittens: Den leichten Stuhl, | der auf S–en wie von selber schlüpft. Kl. Od. 1, 261 etc.
d) In S. gekleidet. Sch. 450b etc., Panzer etc.
e) Bolzen in Bügel- und Plätteisen.
f) (veralt.) der S.-Bügel einer Armbrust und: diese selbst: Schossen mit den „Stäheln“. Schaidenreißer 82a; Teuerdank 44 etc.; Das S.-Schießen (s. schießen 9).
g) oft im gehobnen Stil von schneidenden, verwundenden Werkzeugen: Sie müssen .. kosten unsern S. Cham. 4, 80; Der ihr den ersten, den besten S. in das Herz senkte. L. Gal. 5, 7; 8; Frevelhafter S., den Mordgier auf mich zückt. Sch. 30a; 366b; 373b etc.; Mord-S. 62a etc.; Opfer-S. 228a etc.; Ritter-S. Nicolai 8, 169 etc.; Fang-S. [des Jägers, s. Fangeisen 2]. Houwald 5, 12; V. 3, 45 etc.; seltner: S. = Schere. Ramler F. 2, 471.
h) Die Dreheisen (Drehstähle) .. beim Drehen aus freier Hand etc. Karmarsch 1, 558 ff., vgl.: Der Blockmacher hat .. mehrere Betel oder Stahlen nöthig. Bobrik 657 etc., dazu als Arten: Ausdreh- oder Halbdick-; Breit- oder Flach-; Drück- (für hohle Ggstde); Haken- oder Häkel-; Karnies-; Mond-; Schlicht-; Schraub-; Schrot-; Spitz-, Stech- oder Stich-S. etc.
i) Polier-S. Karmarsch 2, 861 etc., auch: Brünier-, Gärb(er)-S. (versch. 1), s. gärben 3 —, z. B. übertr.: Ein Polier-S. der Sitten. k) Trieb-S.: dicker S.-Draht, dessen Querschnittsgestalt die Form eines mit sechs bis zwölf Zähnen versehnen Rädchens darbietet. Karmarsch 1, 317 u. ä. m.
3) Das Roheisen pflegt man nach Wagen zu rechnen, ein Wagen hat 16 S., ein S. 160 Pfund. Krünitz 10, 626.
4) = Probe 2a und 3 (s. nam. Brem. W. 4, 987), z. B.:
a) [Der Schneider] brachte den Tuch-S–en, nahm, als er gefiel, das Maß. vHorn Maj. 3, 486; Ein Stählchen Wein etc.
b) Stempel; Plombe, als Bez. der Waarenqualität. Dazu: Waaren stahlen, stempeln, plombieren etc., s. S.-Hof.
c) Färb.: ein zum Erproben der Farbe in die Blauküpe getauchter Tuchlappen: Einen S. abziehn = die Küpe (ab-)stählen, auf diese Weise erproben.
Anm. In Bed. 1; 2 ahd. stahal, mhd. stahel, stäl, m., n., dazu das Ew.: ahd. stahalin etc., mhd. staeh(e)lin etc.; in Bed. 4 (s. auch Math. Kramer Nied. 1, 363c) wohl versch. Stamms.