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Spruch Spruchen spruchhast Sprüchig Spruchlich Sprücke Spruchel
Sprúch, m., –(e)s; Sprüche; -:
1) das Sprechen, s. 2a; außerdem hochd. (vgl. An-S. 1) nur in Zsstzg. (s. d.), entsprechend denen von sprechen (und Sprache).
2) etwas Gesprochnes, doch nur im beschränkten Sinn von Sentenz (s. d.):
a) insofern Jemand (als Richter) urtheilend, entscheidend spricht, auch (s. 1) z. B.: Die Sache ist zum S. vorbereitet, reif; steht auf den oder zum S.; kommt zum S. etc.; Der S. des Richters, des ew’gen Richters (Uhland 319), der Geschwornen (Ense T. 1, 36, s. Wahr-S.); Der oberrichterliche S. (JWiggers Unt. 138); Einen S. sprechen (Rückert Morg. 164), publicieren (Hebel 3, 264), ertheilen (Nicolai 8, 74) etc.; Der .. sein Leben durch der Griechen S. verlor. Sch. 29b; Ein feierlicher S. der Nation entsetzt den Tyrannen des Thrones. 776a; Des Schicksals S. ist erfüllet. Wackern. 2, 932³⁴; 815⁴¹ etc.
b) insofern Etwas zur Beherzigung in gedrungner, dem Gedächtnis sich leicht einprägender Form ausgesprochner wird (s. S.-Sprecher etc.): Ein S. aus der Bibel; Die Sprüche Salomonis, der sieben Weisen etc.; Goldene, weise, kluge, dunkle etc. —; alte, abgedroschne, alberne, nichtssagende Sprüche etc.; Hier ist der S. wahr: „Dieser säet, der Andre schneidet.“ Joh. 4, 37 etc.; „Leben und leben lassen!“ war sein [Wahl-] S. G. 10, 171; Sprüche in Reimen. 3, 1; Die Meister sagen einander vor der Lade ihren Gruß, der Geselle hat seinen S. H. 13, 188 etc.; auch verkl., z. B.: Den Schwarzrock . ., | deß Sprüchlein uns zusammenthut. Cham. 3, 180, von der Trauungsformel; V. Sh. 3, 176; Und was dergleichen feine Sprüchlein [iron.] mehr sind. W. 35, 165 etc.; Läppische Sprüchelchen. Forster Br. 1, 7; Man sagt das Sprüchelchen. .. Dasselbe Gesätzchen. G. Br. 227a; L. 1, 375; 6, 315; 355; 7, 317 etc. Zsstzg. zahlreich, nam. zu 2b (ohne Bem., vgl. die von Rede; Wort etc., wie zu 2a die von Urtheil, leicht zu mehren nach folg. Bsp. (s. Spate 2104): Áb-: [1; 2a]:
1) das entscheidende Urtheil (s. absprechen 2a). Gotthelf U. 2, 241; Waldis Es. 4, 94.
2) mit objekt. Genit.: das Urtheil, insofern Einem dadurch Etwas richterlich abgesprochen (s. d. 1a) wird: Verdiente den Lebens-Abbruch und A. Rückert Mak. 2, 187. Álltags-: Klinger F. 231 etc., vergl. Gemein-S. Án- [1]:
1) (s. ansprechen 1d) Einen (über, wegen Etwas) in A. nehmen (versch. 2), anklagend vor Gericht fordern; zur Rede stellen; tadeln etc. Arndt E. 145; B. 133b; Ich muß hierin meinen Freund Göckingk namentlich in A. nehmen. B. 348b; Jede Abweichung davon .. wird in gerechten A. genommen. 343a; Engel 4, 339; Ihn als einen Ungläubigen in A. nehmen. Fichte 6, 252; G. 27, 128; 31, 93; WHumboldt Sch. 93; L. 7, 130; 11, 501; Wackern. 4, 1019⁷; W. Att. 2, 2, 21; FAWolf H. VI etc.
2) (s. 1 und ansprechen
3) eine Forderung, die man auf Etwas geltend zu machen berechtigt ist oder zu sein vorgiebt: Ansprüche auf oder an (selten zu) Etwas haben, machen, erheben etc.; den Ansprüchen entsagen, sie aufgeben etc.; Etwas in A. nehmen (versch. 1); Große, (un)berechtigte Ansprüche etc., z. B.: Du hast gerechte Ansprüche auf oder an unsre Dankbarkeit; Alle Menschen haben .. gleiche Ansprüche an den Gebrauch ihrer Kräfte. W. 24, 62; Eine Begebenheit, an welcher die griechische und äthiopische Geschichte gleich viel A. hat. Luc. 6, 346; Der mittels einer edlen That | dazu den größten A. hat. | Um diesen A. zu erlangen etc. Lichtwer 37 etc.; Dir einen A. auf unsre Prinzessin machen. W. 1, 164 u. o.; Ob sie an einige Milderung der Strafe .A. machen können. 9, 235; 6, 57; Luc. 6, 49; 55; G. 17, 35; 99, auch mit sachl. (personif.) Subj.: Das Kolorit .. ist eine Erscheinung, die nur ans Gefühl A. macht. 29, 417 etc.; Ihre linke Hand nimmt ein Knabe in A. . ., will getragen sein. 31, 98; Daß die Musik mehrere menschliche Geistes- und Seelenkräfte in A. nehmen könne. 29, 336; Sch. 529b; Jemand oder Etwas nimmt mich, meine Zeit etc. sehr in A. (vgl. veralt.: Wir hatten ferner keinen A. Mandelslo 73b, die Räuber ließen uns in Ruh) etc.; Den seine Fähigkeiten zu mancherlei A. berechtigten. G. 39, 291; Mit höheren Ansprüchen hervortreten. 22, 389; Sch. 428a; Gieb gegen meine Rechte, | Lysander, deinen kahlen A. auf. Schlegel Somm. 1, 1; W. 35, 95 etc.
a) Doppelzsstzg. z. B.: Entschädigungs- oder Schaden-A., auf Entschädigung; Erb(schafts)-A., auf Erbrecht sich gründend; Kastenansprüche der Gesellschaft. Gutzkow R. 8, 304, s. Kaste; Die historischen Rechts- ansprüche. Oppenheim 8, 377; Ein Wieder-A. Deutschlands auf das linke Rheinufer. Ense B. 3, 299 etc.
b) mundartl. auch bloß Spruch. Schm.; Wurm. Dazu:
c) Etwas beanspruchen, für sich in A. nehmen, z. B.: Die Bildhauerarbeiten beanspruchen für sich einen nicht unerheblichen Kunstwerth. Nat.-Z. 16, 449 u. 0., noch bei Campe fehlend.
d) (veralt., s. 1): Ansprüchig, s. kriegisch.
Āūs-:
1) [1] s. Aussprache 1.
2) ein Satz, worin man über Etwas seine Ansicht ausspricht (s. d. 3), urtheilt, entscheidet: Der A. des Richters, des Orakels, des Schicksals (Sch. 919b), des Loses (G. 22, 229) etc.; Laß dieses Blumenwort | dir Götter- A. sein. 11, 138; Nach dem A–e unsres Wilden gehörte der Hof .. zur Spreu. Möser Ph. 4, 48; Nach des Dichters A. ist die Weltgeschichte das Weltgericht; Den A. thun, z. B. von richterl. Entscheidung. Gellert 1, 41; Uhland 475; W. 3, 109 etc. Mundartl. (s. Adelung):
a) die Abtheilung der Eltern mit ihren Kindern etc.
b) das Legat. z. B. magischer Spruch. V. 3, 66; Ov. 2, 21 etc. Zimmer-S. (s. d. und Baurede). Trink-S. Zschokke 8, 382. veralt. statt Devise. Weidner 352. als Beweis dienend, nam. von Bibelsprüchen. H. R. 9, 222. Bībel-. Simrock N. 147. Ein D. auf einem Ringe. Schlegel Haml. 3, 1. Dónner- [2a]: (s. Donnerwort). Fouqué Dr. 1, 15. Eīn- [1]:
Bánn-: Bāū-: Bécher-: Bēī-: Bewēīs-: Bōten-: Dénk-:
1) = Einsprache 1, Protest etc.: E. thun (Tieck 14, 295 etc.). Einem (Creuz 1, 142), auch z. B.: Eh der Finsternis Einbruch [personif.] | thut deiner Reise den E. Rückert Mak. 1, 129 etc.; Gegen Etwas E. erheben, seltner: machen (Sch. 661b); Mit hinderndem E. lgegen die Trauungl. G. 5, 90 etc.
2) (selten, s. einsprechen 3): Besuch. Hamann 4, 3, 221; Frisch. End-: nam. [2a] Ggstz.: Zwischen-S. (s. Interlokut), auch: Haupt-S. Fêhl-: fehlsamer, falscher. Luther 2, 475b, s. Wankel-S. Fǖr- [1]: Fürsprache. Bode Empf. 3, 111; Gellert 3, 215 etc., daneben (veraltend): Ein so gerechter Wunsch braucht meinen Vor-S. nicht. IESchlegel 1, 261; Rabner 3, 28; 32; 4, 46 etc., auch in seltnerer Mz.: Alle diese Vor- und Widersprüche. Schütze Hamb. 570. Gêgen-: Der Spruch: „Hoffen und Harren | Macht manche zum Narren“ hat seinen G.: „Mit Harren und Hoffen | hat’s Mancher getroffen“ etc.; mund- artlich = Wider-S. (s. d.). Adelung. Gemēīn-: (s. Gemein-Ort, -Platz). G. 34, 222; W. 34, 222 etc. Góld-: G. 21, 57 etc., s. golden 3. Götter-: s. [2a], vgl. Orakel: 13, 394; W. 21, 113; 27, 246etc. Grúnd-: ein Spruch, nam. Bibel-S. als Fundament etc. Luther 1, 392b. Hāūpt-: 5, 299a, Grund-S., s. auch: End-S. Kérn-: kerniger. G. 22, 86 etc. Kráft-: kräftiger. Bouterweck Ästh. 131. Lêhr-: W. HB. 2, 255 etc. Lōb-: lobender Aus-S., Lob (s. d. 1 und Anm.): Luc. 4, 50; L. 11, 751; 12; 191 etc. Mácht- [2a etc.]: ein Aus-S., wogegen ein Wider-S. nicht statthaben kann oder doch nicht soll, (s. nam. Sulzer 3, 306 ff., vergl. Machtsprecher etc.): Nur einem höhern M. folgend. Guhl 2, 330; Die seichten und frivolen Machtsprüche, wodurch Voltaire andere Kunstwerke herabzuwürdigen suchte. Matthisson E. 1, 129; FKMoser Herr 302; Sch. 796a; Thümmel 2, 250 etc., vgl.: Lauter Macht- oder Unmachtsprüche etc. IP. 7, X. Mórd- [2a]: (vgl. Todes-S.; Justizmord). Scherr Bl. 2, 213. Orākel- [2a etc.]: s. Götter-S. Réchts- [2a]: Oppenheim 8, 418; Uhland 475 etc. Rēīm-. Rícht-:
1) [2a] Richter-S. 2) s. Zimmer-S. Ríchter- [2a]: Rückert Mak. 1, 166 etc. Rūnen-: Heine Lied. 316, s. Rune. Schícksals- [2a]: Ense T. 1, 279 etc. Sêgens-: Den S. der Weihe darüber ausgesprochen. Görres V. 95. Sêher-: Aus-S. eines Sehers. Guhl 2, 323. Sínn-: Denk-S. etc.: Buch der Sinnsprüche von W. Kloner], s. VII. Sítten-: (s. Moral): Auf des S–s geborgten Stelzen. L. 3, 346. Spótt-: Schm. Tāfel-: (s. Trink-S.). Freiligrath 1, 39, auch Tisch- S. Tōdes- [2a]: Scherr Bl. 1, 110 etc. (vergl. Mord-S.). Trink-: Toast (s. d.). Uhland 114 etc. Túgend-: vgl. Sitten-S. G. 7, 116. Ürtheils- [2a]: Sch. 919b etc. Ver- [1]: 1) das Versprechen (s. d. 5a; 6): Luther 5, 8b; Versprüche, Schwüre werden drauf gethan. Nicolai 5, 113; 164; 1, 82; 2, 78; Palleske Sh. 1, 194; Der V., stets auf der Tugend Pfad zu gehn. Sch. (Viehoff 1, 26) etc.; dazu: Ehe-V. Bahrdt 2, 85; Pfeffel Pr. 9, 49 etc.; Gebrochner Treu-V. Rückert 2, 262 etc.
2) (s. 1) nam. = Verlobung. Auerbach D. 2, 529; Jos. 98; 112 etc.; Hebel 3, 302; Jffland 9, 2, 96; Immermann M. 1, 118; König J. 2, 316; Lewald Bfr. 1, 165; Pfeffel Pr. 3, 54; V. Sh. 2, 143 etc.
3) [2a] Die Akten liegen jetzt zum letzten V. RHeller Ausgw. 3, 94. Verdámmungs- [2a]: Sch. 153b; 704b. Vólks-: Altdeutsche Volkssprüche. WhMüller Bibl. 6, XX. Vōr-:
1) s. Für-S. 2) Predigttert. Wāhl-: erkorner Sinn-S., Devise. W. Luc. 5, 172 etc. Wāhr- [2a]: Spruch der Geschwornen (Jury): Scherr Bl. 1, 226; 301; Schücking Gschw. 2, 100; Stahr J. 2, 117 etc. Wánkel-: (s. Fehl-S.). L. 10, 107. Wáppen-. Wēīd(e)-: eig. = Weidmanns- S., s. Döbel 3, 151; Grimm Altd. W. 3, 97 etc., danach oft = Gemein-S.: „Träume sind Schäume“. In diesem W. der Materialisten. ETAHoffmann Ausgw. 7, 186; Gotter Sch. 284; W. 27, 380; Dergleichen halbwahre Kameral- weidsprüche. 8, 255 etc., vgl. (umdeutend) = Spruch, woran man sich weidet. Arndt Ber. 137 etc. Wīder- [1]:
1) das Widersprechen Jemandes gegen Etwas: Keinen W. dulden, leiden, (v)ertragen etc.; Viel W. erfahren; W. gegen meine Überzeugung ist mir .. willkommen. G. 33, 331 etc.; Da es außer allem und über allen W. ist, daß etc. H. 13, 91, unwidersprechlich; Ohne W. etc., s. auch Für-S. 2) (s. 1) „W., welcher in der Verbindung ein- ander widerstreitender Begriffe besteht.“ Kant Anthr. 60 etc.: Etwas steht mit etwas Andrem im W. (Palleske Sch. 1, 22), in gradem (Danzel 171), im gradesten (Bahrdt 3, 33), im schneidenden (Auerbach Tag. 151) W. etc.; Ein W. mit oder in sich selbst, im Beiwort (s. d.), ein innrer W. etc.; Ein scheinbarer (oder Schein-) W.; Sein W. mit allem Kirchenthume. Auerbach Leb. 2, 7; Die Widersprüche denkrecht aufzulösen. Demokr. St. 447; Wo ein Widersprüchelchen erscheinen will. G. 9, 201; 1, 9; Gern Widersprüche [s. Paradoxen] behaupten. Hamb. Th. 1, 4, 13; L. 11, 553; Sch. 366b; Auf Freiheit gegründet, im W. aller jener ..Hemmungen. Tieck A. 2, 13; Er erweitert .. seinen innern W. zum Welt-W. Vischer Ästh. 2, 13 etc. Dazu (selten): Widersprüch-ig (Brockes 9, 579), -lich a.: sich widersprechend etc. Zāūber-: magisch wirkend (s. Bann-S.). Tieck 10, 194; W. 11, 134; Luc. 6, 204; 430 etc. Zímmer-: Zimmermanns-S. beim Richten (s. d. 2b) eines Gebäudes. Uhland 85 (Bau-, Richt- S.). Zū- [1]:
1) das Zusprechen (s. d. 2a), die Ansprache etc.: Die Zuschrift sollte nur den Z. ersetzen. H. R. 9, 172; Die Gespenster scheuen furchtsam | der Lebend’gen plumpen Z. Heine Rom. 213; Bei diesem verständlichen Z–e. König DFam. 1, 212; Ramler F. 1, 258; W. Luc. 1, 358 etc.
a) Worte als Weisung des Verhaltens, z. B.: weidm. auch für die Hunde. Laube Br. 304 etc.
b) bes. insofern man Jemand tröstend zuspricht. Cham. 4, 254; Liegt ohne Wartung, ohne Rath und Z. L. Nath. 1, 2 etc.; Nach geistlichem Z. verlangen. Houwald 3, 4 etc.
2) (s. 1) Besuch zusprechender (s. d. 1b) Gäste: In einem Hause, das immer Z. hat. G. 24, 125 etc., auch von Kunden, Abnehmern, und so bildl.: Die Bowle etc. findet viel Z. etc.
3) veralt. Rechtsspr. = An-S. 2. Adelung. Zwīē- [1]: s. Zwiesprach. Zwíschen- [2a]: s. Interlokut etc.
~en etc.:
s. sprechen, Anm. und Anspruch 2c.
~hast, a.:
in der Weise eines Spruchs (s. d. 2b).
Sprüch~ig, ~lich: s. Anspruch 2d; Widerspruch 2. Sprück~e: s. Breite1h. ~el, etc.:
s. Sprenkel, -ig etc.