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Sprache
Sprāche, f.; –n; –n-, Sprach-:
1) der Ausdruck von Empfindungen und Gedanken durch Zeichen (s. Fichte 8, 302), z. B.:
a) zuw. durch sichtbare. Sch. 54b; W. 16, 163 etc.
b) nam. aber durch hörbare, z. B.: Aller Thiere und Vögel Stimme und Schrei oder gleichsam ihre S. verstehen etc. Döbel 3, 175b etc.
c) (s. b) in engrem und gw. Sinn: durch Worte, s. nam. Burmeister gB. 1, 274, vgl. Gesang 1a. Novalis etc. Hierzu die folgenden ineinandergreifenden Anwend.
2) (s. 1c) das Vermögen, die Fähigkeit, zu sprechen: Gott gab den Menschen Vernunft, S. Sir. 17, 5 etc.; Er schien reden zu wollen; die S. versagte ihm. G. 17, 393; Der Schreck, der Schlaganfall hat ihm die S. benommen; Die S. hat sich wiedergefunden etc.
3) (s. 1c) Die S., als Ausdruck:
a) Dessen, was man denkt: Frei, offen, grade, ehrlich, rund, ganz mit der S. heraus-gehn, -rücken; Nur heraus mit der S.!; Nicht recht mit der S. herauswollen etc.
b) Dessen, was man fühlt, empfindet: Die S. ist zu arm, hat keine Worte für diese Seligkeit etc.
c) Dessen, was man will etc.: Stets ist die S. kecker als die That. Sch. 334b etc.
d) überh. (s. a —c), insofern in den Worten sich das Innre des Sprechenden kund giebt: Das ist die S. eines Biedermanns, Helden, Schmeichlers etc.; Höfische oder Höflings-, Hof- (Möser Ph. 4, 126, versch. 6b; 7), diplomatische oder Diplomaten- S. etc.; Was ist Das wieder für eine S.? „Die S. der Wahrheit und des Unwillens.“ Nur gemach, Mellefont, oder auch ich werde diese S. sprechen. L. Samps. 2, 6; Die S., welche ein Herzog von Alba zu führen pflegte. Sch. 870a; Gegen den er sich eine kühnere S. erlaubte. 970a etc.
4) 1c) in Bezu g auf die Stimme des Sprechenden nach der Art, wie sie erklingt etc.: Sie hat eine rauhe, heisere, männliche; stotternde, stammelnde oder schwere (2. Mos. 4, 10); angenehme; unangenehm kreischende S. etc.
5) (s. 1c) in Bezug auf den Stil: Der Redner, der Schriftsteller, eine Schrift hat eine schöne, blühende etc.; gespreizte, gezierte S. etc.; Schöne S. übergleißt den oft gezierten hohlen Ausdruck. D Mus. 1, 1, 128; Der hüllt sich täuschend ein in große Worte | und in der S. rednerischen Schmuck. Sch. 663b etc.
6) (s. 1c) S–n in ihrer Verschiedenheit nach den versch. Völkern und Volksstämmen:
a) Unsere S., die unsres Volks (Mutter-, Landes-S.), Ggstz.: fremde S–n; Eine S. verstehn, schreiben, sprechen etc.; Eine arme, reiche, (aus)gebildete, bildsame, wohllautende, rauhe etc. S.; Eine schwer oder leicht zu (er)lernende, schwierige, leichte S.; Alte, neue, lebende, todte S–n; Die griechische, alt-, neugriechische S. etc.; Nahverwandte S–n etc.; Alle Welt hatte einerlei Zunge und S. etc. 1. Mos. 11, 1 ff.; Dan. 1, 4; Sie redete heimlich auf ihre [gw.: in ihrer] S. mit ihm. 2. Macc. 7, 27; 24; Der S–n redendste. Kl. Od. 2, 195; In den S–n erfahren. L. 11, 28; In einer so schwankenden, unbiegsamen, breiten, gothischen, rauhklingenden S. Sch. 28b; 92a; 786b etc.; Die S., oft eine bestimmte (als bekannt vorausgesetzte): Die S. in seiner Gewalt haben, beherrschen; Die Grammatik lehrt die Regeln der S. etc. (s. b).
b) mit näherer Best.: ein einzelner Zweig einer S. (a), wie sie in best. Kreis sich eigth. gestaltet: Die gewöhnliche; prosaīsche; dichterische; gehobne; edle S. etc.; Die S. des gw. Lebens; des Umgangs; der Prosa; der Dichter; der Posse; des feinen Lustspiels; der Tragödie; der Kanzel etc.; Die S. der höhern, der niedern Stände; des Volks; des Pöbels; der Kinder und Ammen; der Diebe und Gauner; der einzelnen Berufsarten (s. U.) etc.; Die Mathematiker, in ihrer S. G. 3, 295 etc.; Gestern ließ sich nach der Wiener S. der Herr Prof. M. bei mir „aufführen“. L. 13, 389 etc.; Statt der alten steifzopfigen, schnurrbärtigen Siebenjährigenkriegs-S. Stahr Jt. 2, 317 und zahllose Zsstzg. (s. z. B Herrig 33, 208 ff.): Ammen-, Bergmanns-, Bücher- (Fichte 7, 4) oder Bu ch- Möser Schr. 1, 202), Bühnen-, Diebs-, Gauner-, Handwerks-, Jäger-, Kanzel-, Kanzlei-, Kinder-, Konversations-, Koterie- (G. 21, 181; 22, 375; Heine Lut. 2, 153), Küchen-, Kunst- (Forster Br. 1, 710; G. 29, 408 etc., s. Terminologie), Lager- (Freytag B. 2, 89), Mode-, Pöbel-, Rechts-, Schiffer-, Schinder-, Schrift- (V. 2, 187), Seemanns-, Soldaten-, Stromer-, Studenten-, Theater- (Prutz GschTh. 354), Umgangs- (Ense B. 3, 598), Volks- (Lewald Hel. 2, 23), Weidmanns-, Wissenschafts- (Heine Verm. 1, 219) S. etc., vergl. versch. davon (zu a) Zsstzgn zur Bez. einer S., deren man sich in gewissen Kreisen gw. bedient, z. B.: Französisch ist die gw. Konversations-, die Diplomaten-, die Hof-S. (versch. 7; 3d); Latein die Wissenschafts-S.; Hochdeutsch ist bei uns auch in niederd. Gegenden die Bühnen-, Kanzel- und Schul-S. etc.
c) veraltend (vgl. Zunge) = Volk, Volksstamm: Männer aus allerlei S–n der Heiden. Zach. 8, 23; Off. 11, 9 etc.; Deputierte von jeder S. oder, wie man sie nannte, von den Nationen. Sch. 834b etc.
7) im Allgm. veralt. wie Gespräch 1b = Besprechung; Zusammenkunft dazu und Beschluß derselben: Als er zu Florenz mit etlichen Jtaliänern Sprach hielt. Zinkgräf 2, 38 etc.
a) bes. (s. Ding II, Anm.; Bauerngericht etc.): Innungsabschiede .. „S–n oder Abreden“ ..: die Bauer-S–n, Hecken-S–n etc. Möser Osn. 1, 20; Vor die Koppel-S. würde Trift und Übertrift gehören. ebd.; Erhielt sogleich von dem Redemeier, daß eine Hof-S. [vgl. 6b; 3d] angesagt wurde. Ph. 2, 355 etc., s. Eichhorn Priv. 13; Haltaus 1707; Bürger-S. 199 (vgl. Schücking Gschw. 1, 151) etc. und nach der Zeit: Morgen-S. 1367 (z. B. auch Olearius Reis. 51b) im Ggstz. zu der darauf folgenden After- S. 18 etc.
b) Wohl hierzu die allgm. übl. Wendungen: Etwas kommt zur S.; es zur S. bringen (G. 39, 164; 249), fördern (115), zur Besprechung.
8) (mundartl.) das Ausgesprochne, Wort: Weil ich nie von meiner S. [einmal ausgesprochnen Preisfordrung] abgehe. Immermann M. 1, 258.
Zsstzg. s. 3d; 6b und 7; ferner (vgl. die von Rede und zu denen mit Vors. die von sprechen), z.B.: Áb-: Verabredung: A. nehmen mit Einem etc. (Keller gH. 4, 256; Immermann M. 4, 52); A. über Etwas. OMüller Stadtsch. 1, 174 etc.
After-: z. B.:
1) [7a].
2) Rom’s A. [die frz.]. V. 3, 82, s. Tochter-S. und Afterkind 2.
3) = Afterrede 1; 2. Ammen-:
1) [6b].
2) Zur Mutter-S. (s. d. 2) noch gleich eine A. mitlernen. Jahn V. 185, eine fremde. Án-:
1) die Anrede (s. d.), auch eine schriftliche (W. HB. 1, 83 etc.); selten: Viele A–n haben [von Vielen angesprochen werden]. Ense T. 1, 209.
2) von Tonwerkzeugen: die Art ihres Ansprechens, Tönens. Augsb. Z. (54) 5466b etc.
3) ver- altend: Anspruch und dessen Geltendmachung. Scheuchen- stuel 11; A. an (Erbvgl. 98; Stumpf 421b), zu (Luther 6, 75a; Zinkgräf 1, 288) etc., s. Haltaus 41 etc. Āūgen- [1a]: W. 11, 164. Aūs-:
1) die Art und Weise, wie man die Laute einer Sprache ertönen lässt: Richtige, falsche, reine, barbarische (W. Luc. 6, 43) A.; „Zilbergroschen“ in seiner [des Schleswigers] feinen Küsten-A. Gutzkow R. 8, 13; dafür veralt.: Ausspruch. Logau (Gervinus Lit. 3, 318); Spate 2, 11; 13 etc.
2) (ver- alt.) mündlicher Ausdruck: Viele sind in der A., Andre im Schreiben fertig. Weidner 204.
3) (mundartl.) die Art des Ausdrucks, Sprachweise. Kohl A. 2, 196.
4) s. [7b]: Etwas kommt zur A. Auerbach SchV. 366; Es zur A. bringen. Volksz. 9, 279, aussprechen; auch [3d]: das Sich-Aussprechen: Wir haben noch keinen Augenblick zu ruhiger A. gehabt. Ruppius GG. 225; Der einzige Punkt, dessen Berührung deinen Vater zu einer längern A. vermochte. Ders. (Gartenl. 10, 339a) etc.; übertr.: In der deutlichen A. [Kundgebung] aller vereinigten Zeichen eines . wirkenden Lebens. Forster Jt. 1, 222; G. Merck 1, 228 etc. Bǟren- [1b] und s. Bär 3. Bílder- [1a], auch [5] bilderreich. Blūmen- [1a]: G. 4, 241 etc. (s. Selam). Dónner-: wie Donner tönend, treffend etc. Sch. 5b. Dóppel-: z. B. doppeldeutige. Kant 3, 342. Eīn-:
1) Einwand gegen Etwas, das man nicht zugeben, nicht dulden kann oder will (s. Einspruch 1; Einrede 2): H. R. 7, 35; Mügge ER. 29; Meine E. gegen versch. .. Behauptungen. Vogt Köhl. 17 etc.
2) Inspiration: Gellert Schr. 5, 80; Wie Äskulap ihm im Traum habe vorkommen lassen, was er thun solle. Durch diese E–n. JoMüller 6, 77. Eīnzel-: z. B. als Glied einer Sprachenfamilie. Herrig 30, 7; 25 etc., vgl. Gesammt-S. Engel-. Erde-: irdische. G. 4, 2, gw. Erden-S., Ggstz. Himmels-S. Fínger- [1a]. Flüster-: flüsternde. Klencke Parn. 1, 223. Frīēdens-: z. B. bildl.: Was übersetzt ihr selber euch so übel | aus dieser F. voller Huld | in die geräusch’ge rauhe Zung’ des Krieges? Schlegel Sh. 6, 301. Fǖr-: die Worte, Rede eines Fürsprechers (s. d. und Vor-S.). Gebǟrden- [1a]: Sch. 1114a, vgl. Mienen-S. Schütze Hamb. 554. Gêgen-: Widerspruch: Eine Sache, die keine G. leidet. Oken 7, 1645. Gehēīm-: deren man sich für Geheimnisse bedient. Jahn V. 186. Gēīster-: Der todte Buchstabe der Natur wird zu einer lebendigen G. Sch. 1243a. Gesámmt-: Sprache einer Gesammtheit (vgl. Einzel-S.): Schrift- und G. einer Nation. Oppenheim 1, 308; Görres V. 146. Grúnd-: s. Mutter-, Ur-S. Hände- [1a]: L. 11, 18. Hāūpt-: eine hauptsächl., z. B.: Französisch ist die H. der Diplomaten, Latein der Gelehrten etc.; auch = Mutter-S., z. B. Wackern. 4, 1109²⁸ etc. Hélden-: z. B. [3d]; auch eine Sprache von heldischem Sinn: Unsere [deutsche] H. B. 177a etc., ähnl.: Kern- und Kraft-S., auch [5]. Lándes-: die in einem Land übliche. G. 22, 39; Sch. 796a etc., vgl.: Land- S. für Dialekt. V. 2, 187. Líspel-: s. Flüster-S.; auch = lispelnde Aus-S. Gutzkow R. 4, 315. Lótter-: lottrige, Ggstz. Kern-S. etc. V. (Jen. Lit.-Z. 1804) 1, 197. Mīēnen-: s. Gebärden-S. Mísch-: in der verschiedene Elemente sich gemischt. Gervinus Lit. 3, 189 (vgl. mischen 3d), auch Meng-S. Múnd-: mündliche Verabredung und z. B. eine sich darauf gründende Schuld (Ggstz. Wechselschuld etc.). Möser Ph. 2, 99, vgl. Mundbescheid. Mútter-:
1) eine Sprache, insofern andre von ihr herstammen (Stamm-, Grund-, Haupt-S.); diese heißen im Vh. zu ihr Tochter-, im Vh. zu einander Schwester-S–n.
2) eine schon an der Mutterbrust erlernte Sprache: Die französ. Sprache war mir ohne Grammatik und Unterricht, durch Umgang und Übung wie eine zweite M. zu Eigen geworden. G. 22, 37; 39 etc.; Unsre liebe (s. d. 1, Schluß) M. Sch. 28b (vgl.: Das heißt auf unsre Frau M. Narrenkraut. Weise Mas. 60), s. Sprachmutter; Ammen-S. 2 etc. Nationāl-: G. 144* 25, 169, s. Gesammt-S. Nêben-: s. Ggstz. Haupt- S. Rück-: eine auf einen danach zu fassenden Entschluß rückwirkende Besprechung: Mit Einem R. über Etwas nehmen, pflegen (s. d. 2n). Schríft-:
1) [6b].
2) (s. 1) Sprache mit einem Schriftenthum (s. d. u. Gesammt-S.). Schwéster-, Stámm-: s. Mutter-S. 1. Thīēr- [1b]: Entdeckung über die Th. GJWenzel (Wien 1801). Tóchter-: s. Mutter- S. 1; in Mz. auch: Die Töchter-S–n des Lateinischen etc. Tōn- [1b]: z. B. von der Musik. ūr-: eine ursprüngliche, z. B.:
1) Der Gesang ist die U. des Herzens. Börne 5, 319 etc.
2) Stamm-S.: Diejenige Sprache . ., welche für diese Familie die U. und der gemeinschaftliche Quell war. Wackern. 4, 1110²5; 111325; Nachbildung in unsrer vieltönigen U. V. Arat. VI etc.
3) die Sprache des Urtertes im Ggstz. zur Übertragung. WHumboldt 3, 18; Die heilige Schrift in der U. (oder Grund-S.) lesen etc. Vōgel- [1b]: V.-kund, | wie Salomo. Wackern. 2, 154127. Vōr-: statt Für-S. (s. d.), das Wort, wodurch man sich für Jemand ihn fördernd verwendet. G. 20, 211; L. 11, 514; Tieck N. 6, 98. Wélt-: eine Sprache von welt- umfassender Bed.: Die franz. Sprache .. als ausgebildete Hof- und W. G. 3, 285; Man mißgönnet der französ. Sprache nicht ihre Konversations- und diplomatische Allgemeinheit; in dem oben angedeuteten Sinne [als Literaturvermittlerin] muß die deutsche Sprache sich nach und nach zur W. erheben. 33, 311 etc. Wórt- (W. 16, 163), Wörter- (9, 50) [1c]: s. Zeichen-S. Zāūber-: zauberhaft, z. B. in der Wirkung: Die Z. der doppelten Buchhaltung. G. 29, 164. Zēīchen- [1a]: Ggstz. Wort-S., z. B. Börne 2, 337; W. 18, 276 etc. Zū-: s. Zuspruch —. Zwēī-, Zwīē-: s. Zwiesprach.