Seil
Sēīl, n., –(e)s; –e, (–er); –chen; -:
1) ein durch Zusammendrehn gefertigtes Band von bedeutender Stärke und Dicke, — stärker als die Leine (s. d.), schwächer als das Tau (s. d.), so daß natürlich auch stärkre Leinen und schwächre Taue S–e heißen. —
a) von versch. Stoff, z. B.: Andere banden die Binder mit strohernen S–n in Garben. Il. 18, 553 (vgl. Schrank3), Stroh-S. 3, 40b; Wenn man mich bände mit sieben S–en von frischem Bast etc. 16, 7; Bast-S. Äq. 3, 216; 106 etc.; bes. aber: Hanf-S–e (s. Seiler), so in den meisten folg. Anwend., vgl.: In der neuern Zeit hat man zum Gebrauch auf Schiffen, sowie beim Bergbau eiserne S–e statt der hanfenen in großer Ausdehnung zur Anwendung gebracht .., Kettentaue und Draht- S–e etc. 3, 283, s. auch: Mit glänzendem S–e von Silber | band er ihn [den Schlauch] fest. Od. 10, 24, bei Mit dem S. voll silbernen Glanzes etc. Zu versch. Gebrauch s. Zsstzg., statt deren oft das Grundw. genügt, — z. B.:
b) insofern lebende Wesen dadurch gebunden und in der freien, nur von der eignen Bestimmung abhangenden Bewegung gehemmt werden, eig. und übertr.: Das Joch und die S–e beugen den Hals. 33, 27; Das Joch zerbrochen und die S–e zerrissen. 5, 5; 30, 11; Ich ließ sie ein menschlich Joch ziehen und in S–en der Liebe gehen. 11, 4 [„Mit Menschenbanden zog ich sie, mit Liebes-S–en“. 2, 3; 129, 4; Legen mir Stricke, breiten mir S–e-aus zum Netz. 140, 6; Die Ketten streift’ ich ab und warf die S–e weg. 2, 68; Gebunden bist du durch der Liebe S–e. 526a; 732a; Die unsichtbaren S–e, die mich .. zurückziehn etc. 23, 69; 26, 25 etc. — Sprchw.: Einen am S. haben, halten, führen etc., z. B. 12, 137; 5, 238); Die der Geiz regiert, | die Ehrsucht an dem S–e führt. F. 1, 7; Sh. 2, 167; Glaubten .., das blinde Schicksal ebenso gewiß an dem Seilchen zu führen, als unsere Puppen. 3, 36 etc. (s. Faden 4f; Hänge -, Narren-, Affen-S. und Br. 321); ferner: Einem das S. über die Hörner (s. d. 3a, SW. 56, 199); über den Kopf; um den Hals 9, 49) werfen; um- Nath. 2, 7); überwerfen, vgl. (veralt. und mir unklar, woher das Bild?, s. 2, 260b) im Sinn von übervortheilen, berücken: Einen über das S. werfen. 5, 152b; 3, 224 etc.; ferner hergenommen von Zugthieren: Mit Jemand an einem S. ziehn, mit ihm verbunden sein zu einem (nam. bösen) Zweck, vgl. Wagen- S., -Strang etc. —
c) Ferner z. B.: Auf einem (ausgespannten) S. tanzen, laufen etc. (s. S.-Tänzer); Das Schlapp-S. an die Pfosten befestigt und das straffe S. über die Böcke gezogen. 16, 109; Bestieg ein S.-Tänzer das hohe Thurm-S. 2, 280 etc.; danach bildl.: Keck wie Einer, der nicht straucheln kann, | lief er auf schwankem S. des Lebens hin. 388b; Keck auf dem Glück- S. tanzend. Bl. 1, 150 etc.; Ein solcher Charakter ohne Halt . ., ein Künstler auf dem schlaffen Tanz-S–e des Egoismus. R. 6, 11 etc.; Etwas hängt an Seilen, z. B. 209b; Etwas an, — mit einem S. befestigen; schwingen (z. B. eine Glocke); niederlassen, emporziehn, z. B. 2, 15 ff.; 38, 6 ff. etc.; nam. auch Bergb.: Hanfne oder eiserne (s. a) Förder-, Göpel-, Gruben-, Haspel-S–e; S. und Kübel wird in längrer Ruh | nicht am verbrochnen Schachte stocken. 2, 34 etc., auch (veralt.): S. werfen = einschlagen (s. d. 9c). H. 133 etc.; Ein S. hält Etwas; Haut’ ich ab die S–e des .. Schiffs. Od. 10, 127 [das Hemmtau. etc. Sprchw.: Sack (s. d. 1i) und S. aufbinden (s. d. 1a) etc. —
d) als Längenmaß: In Danzig hält ein S. zehn Ruthen. Ein Land- oder Wald-S. in Böhmen hält 52 Ellen, ein Weinbergs- S. 64. — 2) s. Segel.
Anm. Ahd. sail, mhd. seil, vgl. (s. Saite, Anm.) said, noch erhalten in (lausitz.) seideln = tüdern (s. d.), wahrscheinl., s. Seime, vgl. gr. εερα, von einem Stamm si, binden (mit l, d, m, r als Suffix), doch s. 6, 187; 157; Gl. 470. Nahvrwdt ist Siele, f.: Brustriemen (s. d.) z. B. der Karrenschieber und nam. am Pferdegeschirr; in Mz. (s. Th. 2, 318) dies selbst = Sielen- Geschirr (s. d., vgl.: Das feinere gelbe Sielenwerk, womit die Pferde angeschirrt waren. SchwM. 2, 21; Sielzeug. Tell 259) und dann auch einzelne Theile des Geschirrs, ahd. silo 6, 185), niederd. säle, sele 4, 582; 746), s.: Hie [am Wagen] ist kein Achse . ., Wage, „Seele“ noch Stränge. SW. 63, 35 [vom Herausg. willkürl. geändert: Seile]; Das Thier allein ohne „Silen“ und Strick. .. Das Geschirr ohne das Thier etc. 3, 3 (Silm, m. 2, 374) und Zsstzg. z. B.: So ich das Roß einsetzen [einspannen] will, | so hat es verloren den Aftersil [Hintergeschirr]. Fastn. 566, 1; Wo Kummet, Geschirr und Aftersil? | wo Strickleder und Echssil? V. 720, zur Befestigung an die Achse oder Deichsel; Daß er im Arbeitssiehlen vor meiner Egge verendet. 3, 55; Zugsiehlen. 93 etc., vgl. Sillscheit. — Mundartl. Mz. (dem neutr. gemäß, vgl. 2, 91): Seile r. 4; B. 261a; 3, 403; Glockenseiler. 343 etc.
Zsstzg. zu 1, vgl. die von Tau, Leine, Kette, z. B.: ffen- [1b]: Einen am A. führen. Fischart B. 55b etc., s. Narren-S. —
Ánker-: Möser Ph. 3, 170 ꝛc — Bást- [1a]. —
Bāūch-: s. Bauchkette. —
Béttler-: eine Pflanze (Zaunwinde). — Brúnnen-. — Drāht- [1a]. —
Flōß-: zum Zusammenbinden von Flößholz: Hasel- und Birkenruthen .. zu F–en. Grube 3, 149. — Fólter-. — Förder- [1c]. —
Ge-: Seilverschlingung etc. Fischart Garg. 153b. —
Glócken-: die Glocke zu schwingen [Anm.]. — Glück- [1c]. — Grūben- [1c]. — Hāār- [1a]: z.B.: als Fischergeräth. V. Th. 21, 11 etc., nam. (Wundarzn.): Zwecks Eitererzeugung unter die Haút gezogen (Eiterband, vgl. Leder 3c). Kinkel E. 95. —
Hált-: Etwas festhaltend. Hánf- [1a]. — Hänge- [1b]: woran man den Leithund hält (s. nachhängen a). Döbel 1, 85a etc., vgl.: An Seilen bellt die Meute. Echtermeyer 83 etc. — Háspel- [1c]. —
Hēīnzen-: (Hüttenw.) zum Auf- und Niederziehn der Blasbälge (s. Heinz, Anm.). —
Jāgd-: s. Jagdleine; Leit-S. — Krān- [1c]. — Lánd- [1d]. —
Lēīt-: Etwas damit zu leiten, z. B. Pferde. Alexis H. 2, 3, 189 etc. = Lenk-S. Rüstow gK. 23 (Jagd-S.) etc.; übrtr.: [Er gängelte sie] an dem Leite- S. der Möncherei. Seume Gd. 63. — Līēbes- [1b]. — Méß- [1d]. — Nárren- [1b]: sprchw.: Am N. — ziehen [ein Narr sein. Weidner 15 etc.]; Einen haben (Möricke N. 514 etc.), führen (Auerbach Tag. 76; Tieck NK. 3, 326), herum-führen (Sch. 117b), -ziehn (Schwegler [46] 536) etc., ihn zu Narren haben; Einen ans N. anbinden. Ense T. 6, 489; Ideen sind keine leere Worte . ., in ein N. geflochten, um den Albernen damit zu führen. Görres V. 31 etc. —
Rāh-:
1) Rahband. Od. 12, 423. —
2) [2] Rahsegel. — Rōsen- [1b]: bildl. (s. Rosen-Band, -Kette): Der du mein Vaterland an R–en des Geschmacks leitest. 7, 524. — Schlápp- [1c]. — Schrōt- [1c]: s. schroten 3. — Schwúng-: womit Etwas geschwungen wird, z. B. eine Glocke (s. Glocken-S.); ein Sturmbock 8, 218), Jemand schaukelnd 18, 112 etc.). — Spríng-: worüber man springt, z.B. es schwingend. Par. 3, 196, auch: Sprung- S. BB. 216. — Strōh-[1a]. — Stūfen-: s. Strickleiter. — Tánz-, Thúrm- [1c]. — Tōdten- [1c]: zum Niederlassen des Sargs. 2a. — Wāgen-: Weh Denen, die sich zusammenkoppeln (s. d.) mit losen Stricken, Unrecht zu thun und mit W–en, zu sündigen. 5, 18, s. [1b] am Ende. — Wáld-, Wēīnberg- [1d]. — Wérf-: s. Werfzeug. — Zīēh-, Zūg-: woran Etwas gezogen wird, z. B. ein Schiff, ein Wagen etc.
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