Faksimile 0244 | Seite 1066
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Sehnen sehnig sehniglich sehnlich
Sêhn~en (s. Sehne, Anm.):
1) nach etwas Vermißtem bangend und schmerzlich verlangen:
a) zumeist refl.: Sich s., bes. mit abhäng. Präp. (nam. nach) od. Sätzen, z.B.: nach Ruhe oder: zu ruhen; Wie ein Knecht sich sehnet nach dem Schatten und ein Tagelöhner, daß seine Arbeit aussei. Hiob 7, 2 etc.; Indem ich mich zu dir sehnte. Cham. 5, 195; Sehnst du dich aufs Land. G. 13, 258; Sich nach Hause zu Weib und Volk (Herwegh 1, 10); sich heim zu den Bergen (Sch. 525b) s.; Sehr verlangt ihn zur Heimath. So wie ein Pflüger sich sehnt zur Nachtkost etc. V. Od. 13, 31 etc.; Sich hin-s. (s. u.) nach einem Ort etc. (G. 35, 268; 13, 96), in ferne Weiten (311), nach Jemand (FSchlegel Fl. 247), zu Gott (Uhland 453) etc.; Sich hin- über-s. in jene Weiten. Cham. 4, 290 etc. Auch mit Angabe der (verzehrenden, aufreibenden) Wirkung des S–s: Wenn ich mich nicht zu Grunde s. .. soll. Perthes Leb. 2, 56; Wonach ich todt mich s. werde. Schlegel Sh. 3, 80 etc., so: Sich ab-, stärker zer-,hin-s. (s. hin 4).
b) (s. a) unpers. (s. verlangen 1): Mich sehnt darnach, Sie zu sehen. Sch. G. 6, 257; Nach Jtalien sehnte es ihn. Wackernagel 4, 1507²³; Weckherlin 114 etc.
c) tr. (s. e) mit Angabe des Wohin: Die Rathsherrn ..s. [wünschen etc.] heim | dich wieder nach Athen. V. Sh. 3, 586; Einen zu sich her-s.; Die Mitternacht (Hungari 2, 326), die Revolution (Scherr Bl. 1, 260) herbei-s. etc. (s. er-s. 1; 2).
d) intr.: Wie nach mir du sehnest. Rückert 1, 422, s. e; f und vgl.: Doch war mein Herz nach Liebe hingesehnt [in S. hingewendet]. Tieck 2, 72.
e) (s. a; d) S–d = sich (s. d. †) s–d, z. B.: S–d .. nach kühler Ruh. Creuz 1, 158; Dem lange S–den. G. 2, 84 etc., auch meton.: S–de Freude. V. 3, 12 = Freude eines S–den, von Sehnsucht erfüllt, sehnlich etc. und mit Bstw.: Der Menschheit ahndungs-s–de Verlangen. WHumboldt 4, 337, nach Ahndungen, nach etwas Ge- ahndetem sich s–d; Liebe-s–d, lechzend. Fouqué Dr. 1, 63; Alt und ruhe-s–d. W. 11, 122 etc.
f) (vgl. e) substant. Infin. ohne sich (s. d. †): So lebt er in .. S. nach Dem, was er nie kriegen wird. Rahel 2, 372; Nach der Feldschlacht ist mein feurig S. etc. Sch. 1a; All mein S. in die Weite. 534a; Ein unnennbares S. zu den Rosen ergriff mich. Tieck 4, 203 etc., vgl. Sehnsucht, z. B. auch: Liebes-S. etc.
2) tr. in Zsstzg.: Be-s. (s. d.), mit einer Sehne oder mit Sehnen versehn, Ggstz.: (ab-), aus-, ent-s. (s. d. 2.). Zsstzg. ohne Bem. zu 1, z. B.: Áb-:
1) [1a, Schluß].
2) [2]. Āūf-: sich nach etwas Höherm sehnen, sehnend emporblicken (sich empor-s.): Das zu seinem Schöpfer sich a–de Gemüth. G. 20, 47; Lenau 1, 99; Mahlmann 12 etc. Āūs- [2]: (Kochk.) von den Sehnen frei machen: Gut ausgesehntes Schweinfleisch. Scheibler Kochb. 321 etc. Be- [2]: Die besehnte [sehnenvolle, kräftige etc.] Hand; Den Bogen b., auch (s. Sehne 2): Der besennte Bogen. I. Dúrch-: Romane, durch die wir uns durchgesehnt und durchgegähnt. DMuseum 1, 2, 217, uns hindurchgesehnt, sehnend hindurchgearbeitet, s. auch II 1. II. Durch-, tr.:
1) Monden, die . . in Kerkernacht | sie .. durchsehnt und durchgewacht. Reithard 82, auch in Form von I. 2) [2] Durchsehnt, durch und durch voller Sehnen. Em- pōr-: auf-s. L. 5, 137 etc. Ent-:
1) Weil dem Leib die Seele sich entsehnt, aus dem Leib fortsehnt.
2) [2] Fleisch e. (s. aus-s.); Den Bogen e. (s. be-s.), seltner so: ab-s. Entgêgen-: Sich Einem e. G. 13, 20. Er-, tr.: herbei-s.:
1) das Nahen des Obj. sehnlich wünschen: Etwas e. und erhoffen. Lewald Reis. 2, 107; Den Tod (Arndt 443), den Freund (Platen 2, 117) e.; Bang (Kinkel 439), heiß (Geibel Rod. VIII), lang (Sch. 500a) ersehnt etc.
2) (scherzh.) durch Sehnen das Herbeikommen des Obj. bewirken: Ich habe mir .. den Orden ersehnt, d. h. ich habe nicht sehnsuchtsvoll, wiewohl vergebens danach geseufzt, sondern ihn realiter herbeigesehnt. Immermann M. 1, 200. Fórt-: Sich f. G. 4, 33. Hêr- etc. [1a; c; d]. Nāch-: Einem n., sehnend ihm nachblicken. KMayer 73, auch refl.: Ich .. grüßte den kommenden Lenz, sehnte dem Herbste mich nach. G. 1, 291, vgl.: Sehn’ ich mich deinem Busen zu. Platen 1, 235. Um-, tr.: sehnend umgeben: Nun sollen schöne Frauen | .. mich liebenswürdig all um-s. G. 10, 236. Ver-, tr.: z. B.: Eine Zeit v., vgl. verseufzen etc., auch: Wir sind dann verkümmert und vergrämt (s. d. 3) und versehnt. Höfer Hausbl. (55) 1, 123. Zer- [1a, Schluß]: Sich z. Droysen A. 3, 198; Wenzig Slaw. 139. Zū-: s. nach-s. Zurück-: Sich z. nach Etwas etc. (W. 4, 233; G. 16, 141 etc.), zu Einem (35, 283 etc.); auch [1c]: Einen oder Etwas z. etc.
~ig, a.:
1) aus Sehnenfasern bestehnd: Die Festigkeit eines s–en Theils eines Muskels etc. Bock An. 225 etc. 2) viel Sehnen enthaltend: S–es Fleisch. 3) (s. 2, vergl. nervig) kräftig, stark etc.: In s–er Hand. Freiligrath 1, 33; Sein [des Ebers] s–er Wanst. V. 42 etc., Nebenform: Sennig und rauh ist der männliche Arm. Musäus M. 3, 47. Zsstzg. z. B.: Eisengliedrig, schlangen-s. [mit Sehnen biegsam wie Schlangen]. Freiligrath SW. 4, 196; Den Stark-s–en. Platen 2, 264 etc. 4) Hüttenw.: S–es Eisen, wie Sehnen zäh etc. Karmarsch 2, 424; 3, 342 etc.
~iglich, a.:
(nur noch alterthümlich) sehnlich: Mit s–em Schmerzen. HSachs G. 1, 58.
~lich, a.:
1) voll Sehnens, schmerzlichen Verlangens; es erregend etc.: Etwas s., s–st wünschen, verlangen etc.; Mein s–(st)er Wunsch etc.; S. klagen etc.; Des Freundes Hand, | die, s. ausgereckt, dich nicht erreicht. G. 13, 218 etc.; Wunderklänge .., wie besäuselt ihr s. mein Ohr! Uhland 8 etc. 2) Zsstzg.: Án-: bei Ältern anseh(e)lich, ansehenlich; ähnlich wie beträchtlich (s. d.) von betrachten etc., Ggstz. un-a., dazu: (Un-)A–keit in versch., ineinandergreifenden Nüancen: was angesehen zu werden verdient, die Blicke auf sich zieht durch Außres, Gestalt, Größe etc. (vgl. stattlich), oder durch Innres, Werth etc. (vgl. bedeutend), von Pers. etc.: in Ansehen, Achtung stehnd (vgl. angesehen), danach z. B. mehrdeutig: Ein a–er Mann, ein geachteter, achtbarer (s. d.) oder von stattlicher Gestalt, vergl.: Nicht eine „ansehnliche“ Pers., gering und mager von Leib. Luther 6, 220a; Ein angesehener Herr. „Angesehen?“ Je nun, ich meine a., was man so untersetzt nennt. Tieck 10, 25; Trat der a–e Pater herein. G. 22, 364 etc., ferner z. B.: Ein ansehnlich [großes] Horn. Dan. 8, 5; Ansehnliche Processionen .. und stattliche Kreuzgänge. Fischart B. VIII; Ein hübsches a–es [stattliches] Kleid. G. 28, 21; Einen a–en [beträchtlichen, nicht geringen] Lotteriegewinnst. 15, 19; Eine a–e [ziemlich bedeutende] Bibliothek. 20, 90; Gelegenheitsgedichte, deren bes. bei a–en Verheirathungen dutzendweise zum Vorschein kamen. 206 [bei Verheirathungen angesehner, vornehmer Personen]; Sie sehen nach dem ansehnlichen, scheinenden, prächtigen Wesen und Stand. Luther 1, 483a; Ein solcher Mann wird durch seine Ehrlichkeit a. Rabner 1, 71 [erwirbt Ansehn]; In eine so a–e Schwägerschaft aufgenommen. 153; Abhandlung, welche man durch die Zeugnisse berühmter Männer . . a. machen [der man ein bedeutendes Ansehn geben] will. 157; Wie er sich des ansehenlichen [bedeutenden, großen] Werks unterstanden. Schaidenreißer IV; Sein verehrtes Ehgemahl an Jahren | a. Schlegel Rich. III. 1, 1; „Ansähliche“ [große] Veränderung. Stumpf 390a; 221a etc.; Die hoch-a–e Gesellschaft für Literatur. G. 33, 170, als Titel, vgl.: Allen hoch- und wohl-a–en Mitgliedern des hohen Senats. W. 14, 170 etc.; Die Blume mag schön oder un-a. sein. Börne 2, 175, nicht schön aussehnd; Weil zwei nicht un-a–e Häuser gebrochen. Engel 12, 259, weil die nicht unbedeutenden Geschäfte Bankerott gemacht; Ein un-a–er, aber hochgelehrter Mann. Hammer RH. 266, nicht stattlichen Aussehns; Ein veracht, unansehnliches, niedriges Wesen od. Stand etc. Luther 1, 483a etc.; (veralt.) Wie es unansehnlich, ja unglaublich ist, daß etc., wie es nicht das Ansehn, den Anschein hat etc.; Wegen Un-A–keit, weil er klein war. Mandelslo 69a; Hammer RH. 265; Zinkgräf 1, 248 etc.; Ein wohl-a–er Lehnstuhl. V. 1, 1 etc. (s. o.: hoch-a.).