Faksimile 0105 | Seite 927
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schinden
Schind~en, schund, schünde; geschunden, tr.; intr. (haben):
1) eig.: die Haut von Etwas abstreifen:
a) mundartl. o. Nebensinn, z. B.: (Gefällte) Bäume sch., z. B. Scheffel Tr. 163 etc.; Getödtete Thiere für die Küche sch., z. B.: Schaidenreißer 61a etc. Allgm. hochd.:
b) mit verächtl. Nbns. in Bezug aufs Subj.: Krepiertes Vieh, Aas sch., s. fillen, Anm.; Schinder, vgl. als Bez. eines Filzes etc.: Er schünde eine Laus um des Balges willen. Adelung, s. 2.
c) mit Rücksicht auf die Verletzung, Schändung, Verunstaltung etc. des Obj., z. B.: Wär es Ernst . ., den Busch .. in fröhlichstem Wachsthum zu sch.? V. 1, 13 und nam. von lebenden Wesen: Schind ich meine Nase, schänd’ ich mein Angesicht. Auerbach Ed. 14 etc.; Er schund sie. Fischart B. 143a; Die Haut, an der man nicht sch. und schaben darf, ohne den Menschen selbst zu verletzen. G. 21, 238; 29, 69; Luther 6, 97a; Ramler F. 3, 198a etc.; refl. unabsichtlich: Sich im Fallen sch.; sich das Bein sch. etc.; pass., unabsichtl. und absichtlich: Die Schienbeine waren mir durch wiederholtes Fallen geschunden. Matthisson E. 1, 24; [Pferd] mit geschundnem [wundem] Rücken. Cham. 5, 109; Aussehn wie geschunden. Heinse A. 2, 17; G. 29, 402; Halb- (H. 11, 280), un- (Kinkel 36 1) geschunden etc. 2) übrtr., z. B.:
a) (s. 1c) schändend verunstalten, schmählich verhunzen. Sch. 106b etc.
b) (s. 1;
c) mit unbilliger, schändlicher Rücksichts- und Schonungslosigkeit verfahren, nam. in Bezug auf das vom Obj. Einem zu Leistende (vgl.: Das Fell über die Ohren ziehn etc.), z. B.: Leute etc. sch. und schänden (Luther 1, 263b); aussaugen (8, 76b); schatzen (s. d. 1a), placken (s. d. 5a) oder plagen, auch: Sich sch. und plagen. Gartenl. 10, 627b etc. u. o. Obj., v. filzigem Geiz: Sch. und schaben (s. d. 1h); scharren (s. d. 1i) etc., ferner z. B.: Er geizet, karget, schindet, plagt die Armen. Brockes 9, 453; Wie man sie schund. Droysen A. 1, 61; G. 3, 134; 7, 301; Gotthelf Sch. 327; Weil er .. | wie’s liebe Vieh die Bauern schund. Hölty 24; 32; Luther 5, 79b etc. c) (schwzr.) Den Bock (s. d. 21) sch.
Anm. S. Anm. zu Scham und Schindel, vergl. bair.: Die Schind= Haut. Schm. 3, 371; Aus der Schin und Rinden [des Papierrohrs]. Aventin. Chr. 186 etc., nord., engl. etc. skin, Haut u. (niederd.) Schinn, m., –(e)s; –e: Abschilferung der Kopfhaut, Kopfkleie; Den Kopf ab-, ent- schinnen, vom Schinn reinigen. Das Jmpf. (s. Schm.) auch schindete (z.B. Mühlbach Fr. d. Gr. 2, 335), schand, hochd. heute gemieden, vgl. dingen, Anm. u. Sanders Orth. 26. Zu sch. Schande, Schund etc.; vralt.: Ausschindling, s. Ausschnittling, aber wohl versch.: sch. = anreizen. Schwäb. W., schunden etc. Brem. W.
Zsstzg. eig. und übrtr., z. B.: Áb-:
1) Einem die Haut (IP. 2, 181; V. Od. 5, 435), das Bein (G. 28, 192) a.; Einen Ziegenbock (Gerhard W. 1, 319), Lindenstämme für Bastschuhe (IP. 22, 31) a. etc., seltner: Abgeschundenes Lederzeug. Hackländer SGsch. 3, 103 etc.
2) [2b] Einem sein Gut (Rollenhagen Fr. 252), Wittwen und Waisen Etwas a. (Mathesius Chr. 2, 72a) etc.; Sich a. und abplacken etc. Āūf-: Die Hände waren mir inwendig aufgeschunden und bluteten. G. 28, 251 etc. Āūs-:
1) Ein Thier a., ausbalgen. IP. 10, 186 etc., meton.: Wolfshäute a. Ayrer 197a etc.
2) [2b]:
a) Seine Unterthanen etc. a., aussaugen.
b) mit unmäßigem Wucher verkaufen: Sein Getreide a. Adelung, s. heraus-sch. Be- [1]: zuw. statt des Grundw. Döbel 3, 41b; Beschundene Nase. Musäus Ph. 2, 5 etc. Er- [2b]:
a) Geld etc. e. Abbt 1, 6; SDach (WhMüller Bibl. 5, 108); Luther SW. 46, 9; 60, 231; Moser Herr 23 etc.
b) sich ab-sch–d Etwas erreichen, es zu Stande bringen. Fischart Garg 26a; Daß sie mit wenig Dienstboten das Unmögliche e. wollten. Gotthelf U. 1, 220; Früher mußte es es immer erjagen und e., wenn es in die Kirche wollte. Sch. 372 etc.
Herāūs-:
1) aussch. 1, vgl.: hervor-sch. H. 11, 280.
2) (vgl. aussch. 2b): Den Preis h. [auf jede Weise herausbekommen] wollen. vHorn Maj. 3, 481. Ver-: Sich das Knie v. [wund schinden]. OMüller Stadtsch. 1, 226 etc., seltner: Das hätte das Seil verschunden. OLudwig Himm. 193, entzwei gescheuert (vgl. schamfielen). Zer-: Mit zerschundenen Händen. Burmeister gB. 2, 236; Sie hätten dir den Kopf zerdroschen und zerschunden. Rückert BE. 1, 38 etc.