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scheuern
Schēūern, tr.; refl.; intr. (haben):
1) hart eingreifend reiben:
a) Das Hemde scheuert, mich auf dem Rücken; mir den Rücken wund (od. durch); Etwas hat sich oder ist kahl (oder ab-), entzwei gescheuert (oder durchgescheuert, zerscheuert, s. schamfielen); Nachdem seine Lippen sich an Mylady’s Hand genugsam gescheuert [küssend]. Heine Reis. 3, 228; In abgescheuerten Lederbänden. Höfer V. 149; Aus lauter Reinlichkeit alle Farbe von Tisch und Bänken ab-sch. Danzel 130; Dein Witz .. ist so durchgescheuert, daß man die Fäden zählen kann. Tieck Schr. 5, 17 etc., s. b.
b) sch–d (a) reinigen, z. B. gw.: Herd und Hausgeräth (W. HB. 1, 100); Haus- und Küchengeräth; Geschirr (Gotthelf Sch. 198); die Tafeln mit Schwämmen (V. Od. 20, 151) etc.; den Fußboden; die Dielen (Beck Arm. 47), die Steine (des Estrichs. G. 34, 181, vgl. 13, 43), die Stube (ChSchiller 1, 245), das Haus (Ramler F. 3, 127), spiegelblank sch. (vHorn rhD. 2, 86), auch v. Obj. nam. in Bez. auf den Fußboden, wie auf-sch. (Frese B. 1, 88; Lewald Leb. 2, 7) bes. auf Haus- und Küchengeräth (vgl. aufwaschen). Auch (vgl. a): Den Schmutz von den Dielen, die Dielen ab-; die Kessel, das ganze Haus (Musäus M. 1, 100) aus-; alles Geschirr, alle Stuben durch-sch. etc.; Sich die Hände auf-, durch-, zer- sch., wund sch. etc. Technisch und nam. bei Altern (s. Anm.) auch allgemeiner: glänzend rein, lauter machen (s. fegen): Das Sch. oder Polieren [der Nähnadeln]. Karmarsch 2, 744 (s. Scheuermühle) etc.; Ein verneuertes und gescheuertes Mährleinbuch. Mathesius Lthr. 99b; Bei der gescheuerten und gebeutelten Lehre verharren. 204b; Gescheuerte [glänzende] Augen. Sar. etc.; Dein Gewissen mit Almosen rein zu sch. Rückert Mak. 1, 165; In seinem aufgescheuerten Festtagsrock. W. HSat. 2, 45 etc., auch (s. a): Aller Sauerteig sei hier ausgescheuert. G. 2, 145; Jede malerische Täuschung [Schminke] aus dem Gesichte aus-sch. IP. 16, 32; Die Ausscheurung des alterthümlichen Sauerteigs. 7, 87etc. 2) in Zsstzg.: Ein-sch., s. Scheuer 1b.
Anm. In Bed. 1 wohl nach dem „scharrenden, schurrenden“ Laut, vgl. schrubbern, s. Brem. Wörterb. 4, 720; doch der allgemeinern Bed. (s. 1b, vgl. Diez 317, ital. sgurare) liegt ursprünglich wohl ein andrer Stamm zu Grund, s. 659 schier = klar, lauter, rein etc. (dazu: Der Schier, klare, durchsichtige Leinwand. V. 1, 200; Schierenes Tuch. 127, aus Schier), s. goth. skeirs, hell (dazu skeirjan, erläutern), mhd. schir, hell, lauter, rein, s. Schm. 3, 390. Das niederd.: sch. gehn (z. B. JGMüller Lind. 4, 280; 324) = davongehn etc., lässt sich zu schurren (s. o.) ziehn, vergl. abschurren, auskratzen 2 etc., doch liegt auch hier wohl ein andrer Stamm zu Grund, s. scheren 3 und ahd. scioro, etc. (Graff 6, 536), skero (533) = schnell etc. s. mhd. schiere, schier = schnell; bald; fast etc. (s. Schm. 3, 394), vgl. schirgen, vorwärtsstoßen etc. (s. Graff 6, 542) etc.
Zsstzg. s. 1a; b; 2.