Faksimile 0084 | Seite 906
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Schelle schellen schellern ig
Schéll~e, f.; –n; -chen, (-elein. Fischart B. 158b); –n-:
1) schallender Backenstreich: Einem eine klingende (Arndt E. 39), derbe (Lichtwer) Sch. geben etc., best. Maul- Sch., was auch Bez. eines etwa handförmigen Gebäcks ist. 2) schallendes Glöckchen (s. Glocke 1), Klingel (s. d.), z. B.: Klingende Sch. 1. Kor. 13, 1; Sch–n klingeln. Gutzkow R. 5, 481; Eine Glocke .., keine schlechte Cymbel noch Sch. Luther 6, 7a; Sonnette, eine Klingel oder Sch. Opitz (Wackern. 3, 637³⁰) etc.
a) Sch–n an Kleidern, früher ehrende Auszeichnung (vgl. b). 2. Mos. 28, 33 ff.
b) (s. a) an Kleidern und Kappe (s. d. 1b) der Hofnarren etc., daher verallgemeint als Zeichen des Narrenthums. G. 21, 124; Hagedorn 1, 105; Luther 6, 140b; W. 35, 7 etc.; Narren-Sch. L. 7, 35.
c) Der Katze (s. d. 1e) in verallgemeinernder Umdeutung (s. b und Zarncke Br. 460) Einem die Sch. anhängen, anknüpfen (Berlichingen 238; Luther 1, 288a etc.).
d) Thieren angehängt, z. B.: Der Schafe Sch–n. Opitz 1, 128; Die Heerkuh, welche die große Sch. trägt. Tschudi Th. 587 = „Vor-Sch.“ 586 etc.; Kuh- (W. 13, 59), Kühe- (Zinkgräf 1, 246), Roß- (ebd.) und nam. Schlitten- Sch. (s. Schlittengeläut) etc.
e) ertönend als Zeichen, daß Jemand kommen soll: B. zieht die Sch.; ein Bedienter bringt die Schokolade. G. 9, 265 etc.; Zur Mahlzeit ruft die Küchen-Sch. (vgl. 4). B. 19a.
f) Auf dem Johannisthurm schlug die Sch. [Glocke, Uhr] halb ein Uhr. Willkomm Sag. 1, 269 etc. 3) (s. 2) eine Farbe (s. d. 1g) im deutschen Kartenspiel, s. Schm. 4) (s. 2) Name von Pflanzen, vergl. Glocke 4a: Mohnsam, Glock’ und Sch–n. Spee (Wackern. 2, 282³⁷) etc., s. Bocks-Sch. = Kartoffel. Nemnich und namentl.: Küchen-Sch. (s. 2e): Pulsatille (von pulsare, läuten). 5) (s. 2) Sch–n, Sch–n-Schnecken, mehrere Arten Trompeten- und Blasenschnecken. 6) Fessel um Arm und Bein, vermuthl. insofern ehmals diese Bande für die zu öffentl. Arbeiten etc. Angehaltnen mit Sch–n [2] behängt waren (Schm., vgl. HSachs G. 1, 24): Legt ihn in Sch–n! ChGSchütz Wolk. 59 etc.; Arm-, Bein-, Fuß-, Hand-Sch. und z. B. übertr.: Ehe- Handschellen. IP. 7, 201; Dem Pferde die Sch–n des Werfzeugs abgeschnallt. Rohlwes Th. 4, 578; Wie der Falke seine Sch–n hat. V. Sh. 3, 87; Falken-, Wurf-Sch. (s. Fessel 1). 7) Sch., Rohr-Sch. (vgl. Schale), ein bei Leitungsröhren an Verbindungsstellen etc. übergeschobnes kurzes Rohr. Nat.-Z. 13, 165. 8) Vegetations- loseSand-Sch–n. 15, 338 (Stahr), kahle Flächen (vgl. Scholle?). 9) Schellchen [Stückchen] Fleisch. Droysen A. 1, 42. 10) Zsstzg.: Arm-, Bēīn-, Fälken- [6]; Böcks-[4]; Fūß-, Händ- [4]; Küchen-[2e; 4]; Kūh-[2d]; Maūl- [1]; Närren- [2b]; Röhr- [7]; Röß-[2d]; Sánd- [8]; Schlitten- [2d]; Würf- [6] Sch. u. ä. m.
~en, tr., intr. (haben):
1) (veralt.) starkformig, s. schallen, Anm.
2) schwachformig: klingeln (s. d.):
a) so erschallen: Alle Glocken im Hause schellten. Gutzkow R. 5, 433; Sch–de Glocken. Grube 1, 79; Der sch–de Klang weidender Rinder. Knebel 1, 20; Niemand will, daß ihm die [Narren-] Kappe schellt. Seume Gd. 33. So auch: Der Schlitten stand und schellete aus. IP. Fat. 1, 155 etc. und indem der Begriff der Bewegung hervortritt (mit sein): Wir waren schon zum Thore hinaus geschellt mit unsern Maulthieren. LSchefer Rom. 5, 160, auf den schellentragenden hinausgeritten etc., ferner: Schellerin, s. Rolle 4.
b) mit der Schelle ein Zeichen geben, läuten, z. B. sehr oft: Einem Dienstboten sch. G. 9, 250; Gutzkow Kön. 8; Musäus M. 1, 22 etc.; auch z. B.: Als des Sanktus Worte kamen, | da schellt’ er dreimal bei dem Namen. Sch. 68b etc. und verallgemeint vom Läuten mit Trinkgläsern. Freiligrath 1, 106.
c) schellend schlagen, (zer)schmettern, in Zsstzg. (s. d. und schellern).
d) mundartl. statt schälen (s. d., Anm.). Zsstzg. z. B.: Áb- [2d]. an der Schelle der Hausthür etc. ziehn. G. 2, 147.
Án-: Aūs-:
1) [2a].
2) tr.: unter Schellengeläut öffentlich kund machen (ausrufen, vgl. austrommeln). Auerbach B. 148; Leb. 1, 262; Brentano Wehm. 86; Sch. 183b etc. Dazu: Ausschel- ler. vHorn Maj. 1, 270 = Aus-, Marktrufer. Er-: veralt.:
1) [1] s. erschallen.
2) erschallen lassen, z. B.: Ein Jägerhorn e. HSachs G. 2, 25.
3) [2c] zer-sch., zerschmettern:
a) tr.: Lohenstein Soph. 91; HSachs 1, 256a; Schweinichen 1, 89 etc., noch weidm. Laube Br. 252.
b) intr.: Bald erschellet das Dach. Garzoni 633b, stürzt schallend ein. Hināūs- [2a]. Māūl- [2c], tr.: Einen m., ihm Maulschellen geben, auch: ihn maulschellieren. CLBahrdt 4, 160; Blumauer 2, 206. Zer- [2c]: (schellend) zertrümmern: intr. (sein) mit veralt. Präs. zerschillt. Koseg. Po. 1, 70; 149; Rh. 2, 214; 317 etc.; Partic. zerschollen. Musäus M. 2, 79 etc. und tr.; seltner refl. (G. 6, 53) = intr.; Nbnf.: Zerschellern. B. 244b; Olearius Reis. 50b.
~ern, tr.:
dem Gegner die Waffe aus der Hand schlagen: [Den Dolch] herunter-sch. Heinse A. 1, 156 etc.; Zer-sch., s. zerschellen.
ig, a.:
s. Geschell 2; kernschälig.