schätzen
Schätzen, tr., zuw. ohne Obj.:
nach gutachtlichem Ermessen Werth, Preis, Quantität, Qualität von Etwas bestimmen:
1) indem die Feststellung des Werths etc. als Hauptbegriff erscheint:
a) tarieren: Den Schaden 8, 156), ein Häuptlein Vieh 3, 195), ein Kleinod 1, 23) sch. etc.; Brot, Fleisch etc. sch., den Verkaufspreis von Obrigkeitswegen festsetzen (schwzr. schatzigen. G. 292). Dazu: Schätzer; Brot-, Fleisch-, Getreide-, Korn-, Bierschätzer. —
b) (s. a) insofern die Feststellung (Taxe) als Norm für die von Einem zu leistende Zahlung, Steuer etc. (s. Schatz 3; schatzen) gilt: 3. 27, 2 ff.; 12; 2. 23, 35; 2, 1 etc.; In Hinsicht des Vermögens Jeder in sein e Klasse geschätzt. Röm. 283 (s. ein-sch.); Beisassen, welche in keiner Tribus geschätzt werden konnten. 281; Der Censor hat ihn zu hoch, zu niedrig geschätzt (versch. d) etc.; Ein Procent des reinen Einkommens nach eigner Schätzung. Tag. 5, 8 etc. —
c) von Werthbestimmung durch geistige Prüfung etc.: Niemand betrügt mich so leicht, ich weiß die Worte zu sch. [versch. g]. 5, 44; 11, 181; 33, 175 etc.; Die genauesten Schätzer des Dichters. 1, 375; Wahrheit! . Schätzerin aller Dinge! 4, 525³⁴ etc.; Bei der moralischen Schätzung . ., bei der ästhetischen dagegen. 1132a etc. —
d) (s. c) Etwas oder Einen hoch- (versch. b; 2), werthsch., ihm hohen Werth beimessen (vgl. 0; g; achten 1b; c); Hoch- 7, 330 etc.), selten: Groß- Denkw. 2, 11) Schätzung. —
e) Ggstz. zu d: Gering- (s. d. 2b; ring II6) sch., vrsch. (s. g) wenig sch. u. vgl. (s. 2): Er schätzet Alles .. für gering. 4, 346. In adjekt. Partic.: Der gemiedeneu. geringgeschätzte Mensch. M. 4, 41 etc.; Gering-sch–d [-schätzig]. Tag. 1, 36; 40 etc. Selten als vollständ. Zsstzg. (vgl. verachten etc.): Impf.: Er geringschätzte. 3, 275; 406 etc.; Partic.: Geringschätzt werden (195). bleiben (428). Dazu: Die Strafe meiner Geringschätzung Anderer [dafür, daß ich Andre geringgeschätzt]. 14, 85; Geringschätzung gegen die Literatur. Lit. 1, 10 etc.; Geringschätzer aller Wissenschaft. Reis. 2, 212; Weibergeringschätzer. 3, 115 etc. —
f) (s. d; e) Zwei Obj. gleich (vgl.
g) — eins über das andre 1, 103; 25, 217 etc.); unter dem andern sch.; Schätzt Klugheit Kronen gleich (s. g), die Tugend über Geld. 77; Leute unter sich sch. Jt. 1, 304 etc., vgl.: [Etwas] nicht über seinen Werth, nicht unterm Werthe sch. 1, 30 etc. — g) prägn.: das Gefühl von dem Werth des Obj. haben und diesem Gefühl Ausdruck geben (vgl. d; hoch-sch.; achten 2c); Etwas wenig sch., ihm wenig Werth beimessen, versch.: gering-sch. (e), schon einen Grad positiver Verachtung einschließend; Einen Ggstd. dem andern gleich sch. (versch. 2c), ihm denselben hohen Werth beilegen; Topasius wird der Weisheit nicht gleich geschätzet (vgl. c; f). 28, 19; Ihren Werth sch. 1, 283; Daß man sich mehr dünkt und weniger schätzt als man werth ist. 3, 154; 6, 161; 13, 99; 119; Geschätztes Nichts der eitlen Ehre. 7; Rom. 256; 2, 467; Die alten Sagen sch. [gelten lassen, ihnen Werth beilegen]. 20, 162 etc.; Was wir Anfangs mißgeachtet, erwirbt sich nunmehr unsre Schätung. 20, 145 etc.; Der ungeschätzte Schatz. 2, 307¹⁰ etc. —
2) (vgl.
1) indem der Begriff des muthmaßlichen Dafürhaltens bes. hervortritt:
a) selten mit abhäng. Satz, mit daß 3, 13; A. 2, 225 etc.; als (ob) 2. 10, 2 etc., vgl. (s. 1a): Man schätzt einer Eiche, daß sie 500 Jahre leben könne. 8, 68. —
b) (s. a) oberd. Einschiebung: Ich schätze = meines Dafürhaltens (vergl. halt I). Stadtsch. 1, 23 u. o.; N. 1, 36. —
c) mit auf zur Angabe des Wiehoch? (vgl. 1b): Jemandes Vermögen, Alter; einen Schaden, Verlust auf so und so viel sch. —
d) mit prädik. Best., theils mit, theils ohne für (als, zu): Man schätzt Beide für Millionäre; für sehr reich; gleich reich; reicher als sie sind etc.; Ich schätze beide Entfernungen gleich (s. 1e) oder für gleich groß; Sich Etwas für (als) eine — oder zur — Ehre sch.; Ein Land für der Riesen Land (5. 2, 20); sich Etwas fürs größte Glück 16, 410), Etwas für Tand 188) sch.; Etwas für verloren (9), verloren 3, 490); Einen glücklich 57a), unklug H. 2, 130), betrachtenswerth 20, 158) sch.; Etwas als Genuß 4, 279), eine Salbe als mephitisch (158) sch.; Sich [als] einen festen Pfeiler für den Thron 1, 164); Etwas den Schmuck des Lebens Makb. 1, 7) sch. etc. — 3) s. 1b und schatzen 1b. — 4) Ungeschätzt, z. B. 1g; schatzen 1b etc. — 5) Schätzer, s. 1a; c; e etc. — 6) Schätzuyg, s. 1b; c; d; e; 8.
Zsstzg. s. schatzen, ferner: Áb-:
1) [1] abwägend und prüfend schätzen, tarieren. gB. 1, 13; 2, 89; 282; Den Schaden a. W. 1, 210 etc.; Ab- schätzung. M. 14; Selbst abschätzung [bei Vermögenssteuer]. T. 6, 257 etc. —
2) [1] schätzend abwürdigen (s. d. und herab-sch.): Münzen a. Br. 243; A–de Beurtheilung. Pr. 212. — Be-: (veralt.) beurtheilen. 2, 15; 3, 3 etc. — Eīn- [1b etc.]: schätzend in eine (Steuer-)Klasse setzen und danach die Steuern einkassieren. 15, 119; Selbsteinschätzung. 440 etc. — Geríng- [1e]. — Hín- etc.: z. B.: Da wird ein jeglichs Zehn auf Tausend hingeschätzet. 4, 358, in der Schätzung vergrößernd erhoben, — als Ggstz.: Den Werth herab- Sh. 3, 214), Jemand bis zur Verächtlichkeit herunter- Sh. 1, 18) sch., s. ab-sch. 2. — Hōch- [1d]. — Miß- (⏑–⏑) [1g]: nicht nach gebührendem Werth schätzen (vgl. mißachten). Sh. 3, 203; Mißgeschätzt. 1, 104. — Über-:
1) [1g] Etwas über seinen Werth (zu hoch) schätzen. 29, 351; 26, 284; 33, 182; Ob du dich über- oder unterschätzest. gH. 4, 137 etc. Ugw.: Übergeschätzt. 13, 345; Niemals Überschätzer und ebensowenig Unterschätzer zu finden. R. 7, 361 etc.; Überschätzung. 26, 339; Selbst überschätzung etc. —
2) (selten) schätzend (taxierend) überschlagen, überblicken: Haben wir noch eine ganze Reihe .. zu ü. Nat. 4, 407a. — Unter- (Ggstz. über-sch. 1). W. 1, 256; Kaufm. 3, 2 u. v.; Unterschätzung. 1, 266a. — Ver-: mundartl.: 1) Etwas als werthlos ansehn und so damit verfahren. 62a; 673a; 2, 2 etc. — 2) verloren glauben. N. 13, 209 etc.
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