Faksimile 0050 | Seite 872
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Säumen
III. Sǟūmen, (sāūmen):
1) intr. (haben): sich verweilend langsam beweisen (vgl. zögern, zaudern, nam. Mendelssohn 4, 1, 118): Ich will’s thun und nicht s. Hes. 24, 14; Gedenke, daß der Tod nicht säumet. Sir. 14, 12 etc.; Bist untreu, Wilhelm, oder todt? | wie lange willst du s.? B. 13a; Dann säum’ ich nicht länger, dann eil’ ich herbei. Cham. 3, 165; Er säumte nicht bei seinem Tagewerk. G. 39, 133; 303; Niemand säume, zu geben, in diesen Tagen. 5, 60; Und du säumetest noch, dich zu ermannen? H. 15, 278; Daß hier gehandelt werden muß; nicht zu s. gilt. WHumboldt 3, 80; S–d jetzt . . und mit Eil . . jetzt. Kl. Od. 2, 200; Wenn du noch länger säumst. Sch. 339b; 411a etc.
a) wortspielend: Dann sah ich Thiere s. [II 2], die hatten keine Rast; | und Weiber sah ich s. [I 1], die wirkten immerdar. Rückert Mak. 2, 165; 1, 55; 64 etc.
b) im subst. Infin. (s. bleiben 8): Das S.; Ohne S. (s. 4), auch: Der Säumens macht bei dieser Wahl. Kl. Od. 1, 285.
c) in ugw. Bed.: Daß sie Ihro Fürstl. Gn. borgen und s. [Nachsicht, Frist gewähren] wollten. Schweinichen 2, 57 etc.
2) tr.: faktitiv zu 1 = s. machen, aufhalten, verzögern: Treibe fort und säume mich nicht mit dem Reiten! 2. Kön. 4, 24; Du aber säumest mich | mit langem Stehen. Opitz 2, 228; Als ich nun abgeworfen hatte, was mich gesäumt. Rückert Mak. 2, 26; Also ist es dem Wegfertigen verdrießlich, so er .. aufgehalten und an seiner Reis gesaumt [s. Anm.] wird. Schaidenreißer 63a; Ob der Geist den Blick erhebet | bis zu der Sterne Brüderschar, | ihn säumt der träge Leib. V. 3, 219; H. 1, 229 etc. Auch (allgm.) ohne Obj.: Kirchengehen säumet nicht. Zinkgräf 1, 186 etc., s. 3; 4.
3) (s. 2) refl. = 1: Säume dich nicht. 1. Mos. 45, 9; 5, 7, 10; Ich eile und säume mich nicht, zu halten deine Gebote. Ps. 119, 60; Mein Heil säumet sich nicht. Jes. 46, 13; 13, 22 etc.; Ich bin alt genug und, wenn ich noch Etwas machen will, darf ich mich nicht s. G. 24, 59; Lav. 102; Ob aus Langmuth. er [Gott] sich säumet, bringt mit Schärf’ er Alles ein. Logau 3, 27, 24; Moscherosch Gs. 1, 283; Tieck Okt. 117; Er säumte sich nicht . ., zu fragen. W. 15, 74; Sich ohne Noth bei Kleinigkeiten s. 75; 201 etc. und veralt. (ohne Uml.): Schaidenreißer 36b; 41b; 44a; 56a; Stumpf 79b etc.
4) im verneinten Partic.: Ungesäumt = ohne S., sofort, gleich, stracks etc.: Ich sollte dies Messer ungesäumt in den Fluß schleudern. G. 22, 132; 6, 101; Daß ungesäumt ihr zu ihm kommt. L. Nath. 3, 9; Rückert Rost. 38a; V. Od. 14, 266; W. 20, 222 etc.; (veralt.): Ungesaumet. Schaidenreißer 46b etc. Jn veralteter Bedeut. = ungehindert: Lässt also jeder Theil den andern ungesaumt. Stumpf 430b.
5) Dazu:
a) Als Kalchas von wegen Säumung der Schiff gefragt worden. Opitz 2, 107; Rache, die man an lässt stehen, | verliert durch Saumung ihre Kraft. 224 etc., vergl. 1b.
b) Der Säumer, Zögrer, s–de Pers. (selten); Windeme, du Säumerin. Kl. Od.
Anm. Ahd. sümjan, mhd. sūmen, s. Graf 6, 221, der skr. sâm, ruhen und altnord. sems, Zögrung vergleicht, und Schm. 3, 245, s. auch das in der Anm. zu langsam erwähnte goth. sains, ahd., mhd. seine, das „in einigen ältern Stellen gerade das Gegentheil von langsam zu bed. scheint“ (Schm. 3, 252), vgl. schwzr.: Saumen (sumen) = sich sputen. Stalder 2, 304. Radlof Tr. 72 verlangt sau men in Bed. 1; säumen für 2 etc.
Zsstzg.: Áb-, tr.: in der Doppelzsstzg.: Ver-a., es an der nöthigen Aufmerksamkeit in Betreff von Etwas fehlen lassen, es vernachlässigen, vgl. versäumen 1: Der Gegenpart hatte einen saumseligen Advokaten; der Advokat verabsäumt einen Termin. Hebel 3, 247; Besauf dich aber nicht und verabsa ume darüber das große Werk. Immermann M. 2, 277; Über der so erfindungsreichen analytischen Methode die synthetische .. nicht so ganz ver-a. Kant SW. 1, 408; Wallenstein .. verabsäumte Nichts, dem Kaiser die Augen zu öffnen. Sch. 918b; Der trockene und von allen Grazien verabsäumte D. W. Luc. 6, 21 etc.; Durch Ver- absäumung ihrer Geschäfte. W. 13, 145; L. 12, 48. Hêr- etc.: säumend sich her bewegen. Hölty 36 etc.
Ver-:
1) tr.: etwas zu Benutzendes unbenutzt vorüber lassen; etwas zu Thundes ungethan lassen; da, wo man zugegen sein sollte, nicht zugegen sein etc., sei es aus Nachlässigkeit und Saumseligkeit (s. verab- s., wo in allen Belegen mit einer Nüance auch ver-s. stehn könnte), sei es Schuld der Umstände: Der Anwalt, der einen Termin, ein Schüler, der seine Lehrstunden, die Schule verabsäumt, verdient jedenfalls Tadel, weil Beide ihre Pflicht verab-s. (oder ver-s.); ein Andres ist es, wenn wegen Krankheit der Anwalt den Termin, der Schüler die Stunde (Schule) ver-s. [nicht: verab-s.] muß; Er versäumt keine Predigt, keine Oper etc., ist bei jeder gegenwärtig; Jch wurde aufgehalten und versäumte [verpaßte] dadurch den Abgang der Post, die Post, den Bahnzug, die Gelegenheit etc.; Daß er ihm bezahle, was er versäumt hat. 2. Mos. 21, 19 [„ihm die Versäumungskosten erstatten.“ Mendelssohn]; Versäume gern das Deine um seinetwillen. 23, 5; Lasst uns die Maienblumen nicht ver-s. Weish. 2, 7; Daß nicht Jemand Gottes Gnade versäume [,verscherze“ Eß; verabsäume]. Hebr. 12, 15; 4, 1; Ich will dich nicht verlassen noch ver-s. [,,von dir weichen“ Jes. 1, 5] 13, 5 etc.; Daß er über die Resultate seiner Forschung die .. Berechnungen mitzutheilen versäumte. Börne 2, 14; Leider habe ich sehen müssen, daß das Kind die Zeit über sehr versäumt worden ist. Daß man doch gw. seine nächste Pflicht versäumt! G. 10, 160; 20, 44; Das Versäumte nachzuholen. Gutzkow R. 5, 385; Daß ich Ihnen auch noch die Seitenzahlen nachzuberichtigen nicht versäumte. L. 8, 196; Versäumt ist nicht geschenkt! [Aufgeschoben ist nicht aufgehoben]. Spindler St. 1, 37; Noch .. | liegen versäumt [unbestattet] die Leiber. V. Od. 24, 187 = Verabsäumt liegen die Leiber annoch. Wiedasch; Wenn jener Langsame die goldne Zeit versäumte. W. 11, 201; Das Hans wohl nicht mehr lernen wird, was Hänschen versäumte. Merck 2, 128 etc. Veralt. o. Uml.: Berlichingen 44; Ryff Th. 30; Stumpf 604a; Zinkgräf 1, lX; 172; Du hast die Jungfrau versaumet [bist zu spät gekommen], es hat sie nun ein Andrer. 272 etc.
2) tr.: Einen ver-s. [versch. 1], ver-s. (1) machen, die Ursache des V–s sein; ihn aufhalten, verzgern: Dadurch versäumt, waren sie .. endlich an unsere Pforte gekommen. G. 25, 92; Weil sie die Leute nur versäumten, die heute Lewatt schneiden würden. Gotthelf G. 176; 124; U. 1, 318; Mit solchem Narrenwerk es [das Vreneli] zu ver-s. 320; Es versäumt mich Niemand, denn Das ist nicht nur mein Amt etc. 372; Gegenwinde und Windstillen versäumten uns so sehr. Zschokke 8, 333 etc.
3) refl.:
a) (s. 1) sich vernachlässigen, verab-s.: Aus bloßem Neide, daß ich doch wenigstens einige Fortschritte in den Wissenschaften gemacht, du hingegen dich versäumt hast. W. Luc. 5, 75 etc.
b) (s. 2) die Zeit ver-s.; durch Säumen zu spät kommen, zurückbleiben etc.: Ach, sperre dich nicht lange. .. Du wirst dich ver-s. Benedir 10, 9; Er hatte sich über dem Anziehen ein wenig versäumt. Engel 12, 12; G. 2, 138.
4) Versäumung.