Faksimile 0049 | Seite 871
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Saum
Sāūm, m., –(e)s; Säume (–e); Säumchen, lein; -:
1) einfassender Rand:
a) eig. und zunächst von Kleidern od. Kleidungsstücken etc., nam. in engerm Sinn, insofern der Rand umgeschlagen und zusammengenäht (gesäumt) ist: Der S. eines Kleides, Hemdes, Schleiers, einer Schürze etc.; Der S. eines Segels, woran das Leik [s. d.] festgenäht wird. Bobrik 579 etc.; Einen S. aufnähen, auslassen etc.; Den seidnen Rock . . und unten an seinem S. 2. Mos. 28, 33 ff.; So will ich auch deine Säume hoch aufdecken gegen dir [„habe ich deine Schleppe aufgestreift über dein Angesicht“ Zunz], daß man deine Scham wohl sehen mus. Jer. 13, 26 etc.; Sie machen die Säume an ihren Kleidern groß. Matth. 23, 5 (vgl.: Läpplein an den Fittigen ihrer Kleider. 4. Mos. 15, 38; Sie sollen an dem End ihrer Kleider Saume tragen von himmelblauen Schnürlein. SClara EfA. 1, 340); Sauber hat sie den S. des Hemdes zum Kragen gefaltet. G. 5, 48; O wär’ ich seinen S. ergreifend, ihm | gefolgt! 13, 27; Küss’ ich den letzten | S. seines Kleides | kindliche Schauer | treu in der Brust- 2, 65 etc.; vralt.: Mit einem Same, beinahe einer Spannen breit. Limburg. Chr. 18 etc.; Einer Jungfer den Saum(en) treten. Schweinichen 1, 70, sich gegen sie aufwartsam, dienstbeflissen beweisen (vgl. lat. pedisequus, engl. footman, doch s. auch Weinhold 80a). Deren Kleid-S. wir höchstens berühren. G. 24; 149; Vom Schleier-S. 10, 300; Hemden-, Schürzen-etc.; Segel-S.; ferner z. B.: Auf-S., wodurch ein Kleidungsstück verkürzt, aufgenäht (s. d. 6) wird; Hohl-S., s. Hohlnaht; Stepp-S., mit Steppstich (s. d.); Ein Wirbel-S. [oder Wribbel-S.] wird mit dem linken Daumen und Zeigefinger eingewirbelt und mit der Nähnadel in das Zeug und Saum gestochen, so daß die Stiche immer schräg in den S. und in der Leinwand auf einen Faden fortgehen. Krünitz 100, 662 etc., s. auch als versuchte Verdeutschungen: Faden-S. (für Frange); Falten-S. (für Falbalg). Hieran reihn sich als Verallgemeinerung und Übertragung die folg. Anwendungen, so:
b) (bes. in gehobner Rede) ein einfassender (vom Übrigen abstechender) Rand, z. B.: Er sah . des Tages goldnen S. | das lichte Gran der Wolken schmücken. Alxinger D. 178; Des Meeres S., | wo bald die Sonne sich erheben sollte. Cham. 4, 158; Auf des [Kriegs-] Lagers. S. Freiligrath 1, 252; Das Bild . .. seiner Ränder und Säume völlig beraubt. G. 37, 125; Dieser [dunkle Raum] lässt nun nach dem Hellen zu einen blauen S. sehen. 40, 105; Am S. des Waldes. König Kl. 2, 107; Mich wagen bis hart an die Säume des Nichts. Kosegarten Po. 2, 175; Um des Hügels grünen S. Sch. 56a; Der Ocean, entwachsend seinem S. Schlegel Haml. 4, 5; Wenn leise schon mit rosiggoldnen Säumen | vom nahen Licht der Himmel sich umwebt. ESchulze Ros. 52 etc. und Zsstzg., z. B.: Der helle goldne Abend-S. blickte durch die herabtropfende Nacht. IP. 26, 118; All mein Thun und Wagen | umschien .. ein lichter Äther-S. Arndt Gd. 170; Auf des Waldes Außensäumen. Freiligrath H. 132; Der Berg- S. wurde hell, da stieg der Mond herauf. Tiedge 2, 183; Berges-S. Appel Rhein 440 etc.; Der Rose Kelch .., umhegt von grünen Blättersäumen. ESchulze Ros. 126; Am Blüthen-S. | der sommerlichen Sprudelquelle. Platen 1, 163; Das weiße Licht, das die zwei ursprünglichen Farben- säume trennt. G. 39, 337; Am Himmels-S. lohte | Feuer. AMeißner Gd. 79; Der Nebel-S. des Flusses. Sealsfield Leg. 1, 139; 3, 4; Der schönsten Morgenröthe Purpur-S. G. 6, 356; Hascht am Rosen-S. | den Lenz, eh er entflieht. Langbein Liedrkr. 126; EWagner 10, 9 etc.; Am schönbegrünten Ufer-S. Cham. 4, 80; Am Waldes-S. 34; Droysen Y. 1, 120 etc., vergl. bair.: Der Für-S. [Vor-S.]: „an einem Acker, Rand, der als nothwendiger Spielraum für das Umkehren des pflügenden Gespanns entweder zu Gras liegen bleibt oder zum Schluß in einer den eig. Beeten entgegengesetzten Richtung umgepflügt wird; auch wohl ein mit den Beeten parallellaufender ungepflügt bleibender Rand“. Schm. 3, 246, vgl. Anwand. c) Anat.: ein dünner weißer Streifen der am Seitenrand eines jeden obern Schenkel des Gewölbes vom Gehlrn liegt. Falke Th. 2, 264a; Bock An. 520. d) Bauk.: S. = Riem II2; Ober-S., das glatte Glied oben, wo die Säule anfängt, wie Unter-S. unten, wo sie aufhört. e) Blechhamm.: die zusammengeschlagne Seite der geschmiedeten Eisenplatten oder Stürzlein. f) Botan.: der obre Rand der einblättrigen Blumenkrone. g) Fisch.: eine am Rand der Netze durch die Maschen gezogne und befestigte starke Schnur. h) Pferd.: der obre Rand der Hornwand (s. Preis 1b). Falke Th. 2, 264a. Nach Adelung auch: der umgeschlagne Rand eines Pferdehufs; dazu: Ein Huf- eisen einsäumen, solchen Rand machen. i) Wappenk.: innre Einfassung des Schilds. k) Zool.: bei den Schnecken die innerhalb des Randes sich herumziehende Gegend der Ober- oder Innerseite der Schale (vgl. 2). 2) (vergl. 1k) Zool.: Name einiger Posaunenschnecken, z. B.: Der glatte S., Buccinum vibex; der gestreifte S., B. erinaceus. Oken 5, 482 etc. 3) = Saumlast (s. d.). Pictorius; Ich säume ein Thier, ich lege ihm den S., den Saumsattel [s. d.] oder die Saumlast auf. Rückert Mak. 2, 165. Am häufigsten so als eine nach Zeit und Ort wechselnde Maß- und Gewichtsbestimmung (s. Adelung): Ein Tuch hielt nach Nürnberger Rechnung 32 Ellen, der S. 22 Tuch [Drckf.: Ellen]. Freytag Bild. 2, 186; Schm. 3, 246 etc.; Von jedem S. Wein. Hebel 3, 450; Ein „soum“ Wein. Stumpf716b; Nach ciner tiroler Rottordnung von 1530 werden drei Centner Landgewicht auf einen Wagen-S., vier Wagensäum auf eine Wagenschwär gerechnet. Schm. etc.
Anm. In Bed. 1 ahd., mhd. soum von siuwan, nähen (goth. siujan, lat. suere), wozu (s. Graff 6, 61) auch gehört ahd. siut, Naht (lat. sutura); sütari, der Näher, nam. Schuhnäher (mhd. schuochsûter, Zsstzgn. schuostaere, schüster, Schuster, s. Schm. 3, 294 lat. sutor); ferner siula, suila, Ahle, lat. subula, noch mundartl.: Seu(e)l, f.; Seullein. Schm. 3, 181; Säule. Stalder 2, 304, und niederd. souel, sule, s. Brem. W. 4, 927; 1091. In Bed. 3 ahd., mhd. ebenfalls soum und z. B. von Graff zum selben Stamm wie 1 gezogen, doch wahrscheinlich nicht ohne Einwirkung von und Vermischung mit 1, in der Bed. Bündel etc., s. Gudrun 1603³ hervorgegangen aus gr. οανμμ = Saum-Sattel, -Last (wie ογη von cττω, s. ngr. οαeμαρe), übergegangen ins spätre Lat. sagma, salma und so it. salma, soma, frz. sommne etc., s. Diez 302; Schm. 3, 247; Wackern. Gl. 490 und für die Verwandtschaft von 1 und 3 sprechend —: So es aber vonnöthen sein würde, daß solches Thier [das Pferd] darzwischen arbeiten muß, mit „seuwen“ oder Reiten. Ryff Th. 40, wenn nicht Druckf. für seumen.