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rühren
Rühren, tr., refl. und intr. (haben):
1) intr. m. Angabe des Woher: in Etwas seinen Grund und Ursprung haben; davon her-kommen, stammen, sich schreiben, gw. mit danebenstehndem „her“, z. B.: Von diesem Vorfall etc., davon rührt der Gebrauch, die Sitte, das Sprichwort etc. her; Daher [s. d. 5a]rührt der Gebrauch; Woher rührt die Sitte? oder: Wo rührt die Sitte her?; Sie rührt aus dem Orient her; Seine Krankheit rührt von Erkältung, von Unmäßigkeit her; Von dieser Geschichte her rührt das Sprichwort. Hebel 3, 313; Herrliche Dinge und Tugenden, die aus dem edlen Podagra her-r. Moscherosch Gsch. 4, 533; Weil dies Unbestimmte nicht von meiner Wahl herrührt. Rahel 2, 396 etc. Im Allgm. selten ohne her, z. B.: Sorge bricht die Himmelsleiter, | weil sie aus der Erde rübrt. Brentano (Kurz 3, 178a), doch in Bezug auf Lehns-Vhe.: Von Einem zu Lehen [s. d. 2] r.; Das vom Kloster zu Lehen r–de Gut etc., s. Haltaus 1568. 2) intr. mit Angabe des Wohin: sich bis an einen Ort, eine Grenze hin erstrecken und daran stoßen, selten (wie be-r.) tr. (s. das erste Bsp., vgl. 3 u. 4): Die Cherubim breiteten ihre Flügel aus, daß eines Flügel rühret an diese Wand und des andern Cherub Flügel rühret an die andere Wand, aber mitten im Hause rührete [tr.] ein Flügel den andern. 1. Kön. 6, 27 [Daß der Flügel des einen diese Wand berührte und der Flügel des andern Cherub berührte die andre Wand ynd ihre Flügel .. berührten einander, Flügel an Flügel. Zunz]; Eine [Schuppe] rührt an die andre. Hiob 41, 7; Wenn gleich seine Höhe in den Himmel reicht und sein Haupt an die Wolken rührt. 20, 6; Die Leiter rührete mit der Spitze an (1. Mos. 28, 12), das Schwert bis in (Weish. 18, 16) den Himmel etc.; Wir r. mit Zweigen | in den Himmel hinein. Tieck, Wackern. 2, 1340¹² etc. Auch zuw. von etwas nicht durch seine Ausdehnung, sondern durch Fortbewegung an Etwas Stoßendes, z. B. intr. (s. auch3am Schluß): Der Boden, gegenwirkend | schnellt ihn zu der luftigen Höhe und im 2ten, dritten Sprunge | rührt er an das Hochgewölb. G. 12, 208 etc. und tr.: So daß er die Erde nicht rührete. Dan. 8, 5 [die Erde nicht ber–d. Zunzl. 3) intr. (s. 2 u. 4): An Etwas r., fassen, es anfassen (an-, be-r.), z. B.: Rühre nicht, Bock! denn es brennt. Fichte 8, 391; An solche Geheimnisse sei nicht gut r. G. 19, 182; Ganze Scenen im Stücke, an die ich nicht zu r. brauche. 24, 59 (s. u.); Mit einer .. Mahlzeit besetzt, an welche aber Niemand rührte. Keller gH. 4, 230; Nur an dies Pulver rühre nicht! Prutz Woch. 11; An den Bau des Todes rührte keine Hand. Sch. 513b etc. In einzelnen Fällen kann aber auch mit einer Nüance an mit Dat. stehn, wo dann freilich die Bed. 5e zu Grunde liegt, z. B.: Bei der Überarbeitung und Vollendung seines Dramas eine Scene, (Etwas) an einer Scene r., sie od. Etwas darin nicht so stehn lassen, wie es steht; sie od. Etwas daran ändern; Scenen, an denen ich Nichts oder nicht zu r. brauche, die keiner Veränderung bedürfen, dagegen (s. o.: G. 24, 59) —, an die ich nicht zu r. [eine Hand zu legen] brauche; Lassen Sie Alles gehen, wie es geht! r. Sie weder an dem Testament, noch an dem Vermögen. Prutz Mus. 3, 135; In einer Sache r. (s. 8) etc., s. ferner (zu 2): [Die Abendluft] rührt dir kaum am dunkeln Haar. KGroth 18, sie rührt od. kommt freilich an das Haar, aber ihre Bewegung ist so gering, daß das Haar davon nicht gerührt oder bewegt wird etc. 4) tr. = 3: Etwas r., in der heutigen Prosa (doch s. c) gw.: es an-, be-r., an dasselbe r., z. B.:
a) [Der Seraph] hatte eine glühende Kohle .. und rührete deinen Mund. .. Hiemit sind deine Lippen gerührt. Jes. 6, 7 [Er ließ be-r. meinen Mund .. Dies berührt deine Lippen. Zunz]; Bleibe daheim und rühre mich nicht [an]. 65, 5; Der Ewige reckte seine Hand aus und rührete meinen Mund. Jer. 1, 9 [und rührte an meinen Mund. Zunz, Wo an wohl nicht als Präpos., s. 3, zu fassen ist, sondern als Bstw. des zsgstztn. an-r.]; Ein Engel rührte ihn. 1. Kön. 19, 5 [stieß ihn an. Zunz]; Er spützete und rührete seine Zunge. Mark. 7, 33 [berührte mit Speichel seine Zunge. Eß]; Sachte schlich sie hinan und rührt’ ihm leise die Schultern. G. 5, 32 [vgl.: Der Freundin die Schulter be-r–d. 110]; Ich rührte im Aufheben den Saum ihres Kleides. 9, 42; Drauf rührt er ihn mit seinem Lilienstab. W. 20, 51 etc.
b) Etwas mit Worten, in der Rede r. (heute gew.: be-r.), mit kurzer Andeutung erwähnen: Die Juden hatten ein Fest etc. .. Das rühret er hie [darauf deutet er hin] und will sagen etc. Luther 5, 69b; Errühret’s hie aber nur mit kurzen Worten, denn hernach hat er’s weiter gehandelt. 381b; 8, 145a; Aber ich muß aufhören, der Greuel, so noch viel dahinten [unerwähnt] sind, mehr zu r., als da sind: die Bruderschaften etc. 5, 288a etc., auch z. B.: „Sei unser! Unser! ich darf nicht sagen: mein!“ Leise, Brackenburg! Du fühlst nicht, was du rührst. G. 9, 231, welch wunde Stelle meines Herzens du mit deinen Worten berührst, triffst etc., vgl.: Du hast mein Leid zum höchsten angerührt. Opitz W. 1, 188 etc.; ferner: Mein Urtheil rühret nicht | als nur gemeines Volk. Rachel 8, 203, geht nur, bezieht sich nur auf —, trifft, betrifft nur Dies.
c) (s. a u. 5) von einem Schlag, Streich oder Etwas, das wie ein Schlag das Obj. plötzlich u. heftig trifft, afficiert und erregt: Im gleichen Augenblick | rührt ihm [beim Turnier] des Schwarzen Schaft [Lanze] mit solcher Macht, | daß ihm die Sinne schwinden und die Kniee brechen, | er stürzt. W. 11, 114 etc.; Hero’s und Leander’s Herzen | rührte mit dem Pfeil der Schmerzen | Amor’s heil’ge Göttermacht. Sch. 59a; Auch dich .. | rührte Eos’ mächt’ger Bogen. 60a; Daß die Spannader am Gelenk der Hüfte Jakob’s gerühret ward. 1. Mos. 32, 32 [Weil er an den Ballen der Hüfte Jakob’s an die Spannader gerührt. Mendelssohn]; Sobald ihn [den Weinstock] der Ostwind r. wird, wird er verdorren. Hes. 17, 10; So werden wir wissen, daß seine [Gottes] Hand uns nicht gerührt hat, sondern es [das Übel] ist uns ohngefähr widerfahren. 1. Sam. 6, 9; Hiob 19, 21; Wird dich kein Übel r. 5, 19 etc.; Der Schlag (1. Macc. 9, 55), der Schlagfluß (die Apoplexie) rührt Einen, sehr häufig auch in der heutigen Prosa, vergl. bei Ältern: Vielleicht wird sie der Tropf [s. d.] und Sterbedrüs auch bald r. Luther 6, 359a; Der Tropf, der soll den Schelmen röhren! Rollenhagen Fr. 207 etc., ferner ebenfalls ganz gw.: Der Blitz, Donner rührt Einen, z. B.: Ich war wie vom Donner gerührt. Cham. 4, 276; Steht da, wie vom Donner (Sch. 260b), Blitz (W. 33, 27) gerührt etc. und in gehobner Rede: Der Geist, vom Ahnungsblitz gerühret. WHumboldt 1, 356 etc.; Vom tagenden Strahl gerührt. V. 3, 48; Von allem Dem, was Aug’ und Ohr ihm rührt, | bezaubert. W. 12, 313 etc. u. von etwas Innerlichem als Subj.: Und sollt den Leser schier die Lust r., zu wissen etc. Luther 8, 114a; Hier rührte ihn von Neuem das Gewissen. Seume Sp. 225 etc. 5) tr.: bewegen, in Bewegung setzen, regen etc., mit versch. Nüancen (s. 8):
a) weidm.: s. rohren II 3, auch in der doppeldeutigen Zsstzg.: an-r.
b) von manchen Tonwerkzeugen: sie durch erschütternde Bewegung (namentl. Schlagen) zum Tönen bringen, nam.: Die Trommel (Sch. 380b etc.), die Pauke (Rückert Rost. 19b) ward gerührt etc., auch veraltend (s. Sich, vgl. Haben 19): Bei r–der Trommel, s. Devrient 1, 237 etc., ferner z. B.: Die Cither (G. 8, 92; 16, 315), die Laute (Wiedasch Od. 1, 155), die Harfe r. etc.; Und wird fortan der Wind die Saiten r. (s. c). Lenau A. 147 etc.
c) Etwas von der Stelle r.; Da darf nicht ein Stuhl gerückt [s. d. 1l] und gerührt werden etc., auch z. B.: In Messina waren alle Gebäude vom Erdbeben zusammengerüttelt, aber die Kirche und das Kloster der Jesuiten standen ungerührt. Eckermann G. 2, 97 etc.; An einer Sache r. (und rutteln), s. 3, ferner z. B.: Der frische Morgenwind |. rührt jedes Blatt geschwind. Tieck (Wackern. 2, 1339³) etc. und besonders von Gliedern des Körpers: Wenn der Bau’r nicht muß, | rührt er weder Hand noch Fuß. Sprchw.; Wie flink sie ihr Zünglein rührt!; Nicht fähig, ein Glied nach [zu etc.] seiner Hilfe zu r. G. 9, 227; Ohne einen Finger zu r. W. 27, 379 etc., s. 7a.
d) innerlich rege machen, auf-, erregen (vgl. e): Ging mit ihm des Heeres ein Theil, welcher [deren] Herz Gott rührete. 1. Sam. 10, 26; Alle kleinen Leidenschaften, die je mein Herz gerührt. G. 9, 333; 1, 289; Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen. 12, 6; Einem das Gewissen r. Mathestus Lthr. 133a; Ein Herz zu r. [zur Liebe], welches [sie] nie gefühlt. Sch. 613b; 621a; Hast der Tochter Herz verzaubert, | hast auch meines nun gerührt. Uhland 330; W. 12, 268; Wurde er von der Zierlichkeit der Armen gerührt [zur Liebe erregt]. 2, 126 etc. (s. 6a). Dazu: Etwas rührt Einen nicht, kümmert ihn nicht, hat keinen Einfluß auf ihn, auf sein Thun, Denken etc.: Daß die Sache ihn eben so wenig rühre als etwa ein Stäubchen, das sich in seinen Bart kann gehängt haben. Engel 7, 107; Lauter spöttliche Dinge .., die einen Andern irre oder gar abwendig gemacht hätten; mich aber rührte Dies nicht weiter. G. 21, 241; Diese Berge waren einstmals von Wellen bedeckt; ob vor oder nach der Sündfluth, Das konnte mich nicht r. 22, 46; 405; Ich gab, ohne mich hierdurch weiter r. [bestimmen] zu lassen, das 2te Stück meiner Beiträge heraus. 39, 455 etc., ferner z. B.: Es reizt mich kein berühmter Titel, | es rührt mich weder Hof noch Pracht. Günther 197 etc.
e) (s. d) in engrem Sinn: sanfte Trauer, wehmüthiges Gefühl, nam. Mitleid erregen: Er wird uns durch sein Spiel erschüttern, wenn uns Andre nur r. Engel 7, 120; Hat dieser Auftritt euch im Jnnersten | gerührt, bewegt, noch mehr: erschüttert. G. 6, 374; Ich bin gerührt, nicht erweicht. 10, 10; Was ich heute gesehn und gehört, Das rührte das Herz mir. 5, 33; Das Adagio hat ihn zu Thränen gerührt. Hartmann BB. 144; Ich unterscheide 3 Grade des Mitleids, deren mittelster das weinende Mitleid ist. .. Rührung, Thränen, Beklemmung. Rührung ist, wenn ich weder die Vollkommenheit noch das Unglück des Ggstdes. deutlich denke, sondern von beiden nur einen dunkeln Begriff habe. So rührt mich z. E. der Anblick jedes Bettlers. L. 12, 59; „Er nahm seinem Vater die Ketten ab und trug sie“. .. Das rührte aber den Senat keinesweges [vrsch. e]. Platen 4, 199; Rührung in seiner strengsten Bed. bez. die gemischte Empfindung des Leidens und der Lust am Leiden. . . Unser Schmerz rührt den Zuschauer; in einem Jahre erinnern wir uns dieses Leidens selbst mit Rührung etc. Sch. 1135a; 301a; Dein Herz hat Gott gerührt! | gehorche dieser himmlischen Bewegung. 419b; Wie ich sie r. wollte und bewegen. 426b; FSchlegel GR. 1, 347; Schütze Hamb. Th. 220; Doch konnte Nichts dein eigenlieb’ges Herz mit Wehmuth r. Tieck 10, 75; Zu r. des Königs steinern Herz. Uhland 444 etc., s. 6b; 11; 12. 6) intr. oder vielmehro. Obj. (s. 12):
a) zu 5d: [Correggio’s Amor] rührt nicht, er entzückt. Forster Jt. 1, 145; Wem Wenig dran gelegen | scheinet, ob er reizt und rührt, | Der beleidigt, Der verführt. G. 1, 29; Das Erhabne rührt, das Schöne reizt. Kant SchE. 5 etc.
b) zu 5e: Selbst die edlen väterlichen Schmerzen, | sie überreden nicht, so sehr sie r. G. 35, 274; Dies Schauspiel rührt zu Thränen etc. 7) refl.:
a) zu 5c: oft in der Verbind.: Sich r. und regen (s. d.); Sich rücken (s. d. 2) und r.; Sich nicht vom Platz r. G. 5, 3; Deßhalb rührte er sich nicht für, nicht wider. Laube Kön. 1, 208; Es rühret sich keine Luft (G. 23, 167), kein Lüftchen, kein Blättchen etc.; Die Sterne pflegen sich bel Tage nicht zu r. Opitz (Wackern. 2, 320³) etc. und nam. von geschäftiger Thätigkeit: Wenn ihr | schaffen müsst und euch r. Echtermeyer 370; G. 1, 54; Noch ist es Tag, da rühre sich der Mann! | Die Nacht tritt ein, da Niemand wirken kann. 4, 52; Wenn man sich rührt, giebt’s doch immer Etwas [zu erwerben]. 9, 367; 28, 96 etc., auch: Da rührt sich Hobel und Säge. 5, 81 etc.
b) zu 5d u. 8: Sein Gewissen rührt sich; Es rührt sich in ihm der alte Trieb; Wenn die Reben wieder blühen, | rühret sich der Wein im Fasse. G. 1, 47 etc. 8) tr. (s. 5): Etwas quirlen, wirbelnd durch einander bewegen: Je mehr man den Dreck rührt, desto mehr siinkt er. Sprchw.; Er rühret es [das Meer] in einander, wie man eine Salbe menget. Hiob 41, 22; Den Mörtel wohl gerühret. Fischart B. 39a; Wenn Nas .. den Kübel rührt, so riecht er keinen Weihrauch. 10a; Wo Staat und Sitte, Kunst und Talent mit einem namenlosen Wesen, das man aber Natur nannte, in einen Brei gerührt werden follte, ja gerührt und gequirlt ward. G. Zelt. 2, 48; Alles durch einander gerührt. Höfer Schwanw. 27; Gehackte bittre Makronen werden unter die Masse gerührt. Scheibler Kochb. 351; Das Mehl rührt man mit der Sahne klar. ebd.; Gerührte Klöße. . . Man rühre 8 Loth Butter zu Sahne. 36; Eier in die Suppe hinein(-)r.; Wegen des hineingerührten Witzes. D. Viertelj. 1, 1, 181 etc.; Mischt und rührt es, daß der Brei | tüchtig, dick und schleimig sei. Sch. 572b etc., seltner: [Die Erynnien] fangen es [das Blut] auf in schwarzen Gefäßen, | r. und mengen die schreckliche Rache. 507b etc. In scherzh. imperat. Bildung: O du infamer Rühredreck, | der du die Stadt in Einem weg | uns durch einander manscht und planscht. Droysen A. 2, 340. 9) intr.: zu 8: Ich querlte und rührte so eifrig als möglich darin. Burow Arzt 1, 254; Rührt um, was [= soviel] ihr r. könnt. Sch. 572b etc. (s. 3). Nam. auch: R., aus-r. [die Sahne] = buttern. 10) tr.: Landw. (s. 8):
a) Das Heu r., in Haufen schlagen. Schm.
b) (Den Acker etc.) r. oder ruhren (s. Ruhr I 3) und Stalder 2, 290. 11) im substant. Infin., z. B. zu 8: Das R. des Breies; Unter fortgesetztem R. Scheibler Kochb. 117 etc.; zu 10b: Das R. oder Ruhren etc., aber auch zu 6d u. e: Der fühlt ein menschliches R. [Gemüthsbewegung]. Sch. 63a, s. 14. 12) im adjekt. Partic. Präs.:
a) zu Ge, sowohl: Herz-r–de klagende Töne. G. 16, 159; Das Feierliche dieses sehr einfachen und um so herz-r–dern Gesangs. W. 16, 191; Die herz-r–dsten Sachen. 17, 129; 33, 28; Luc. 5, 155 etc. (s. herzrührig), als auch nam. oft o. Obj.: Die klägliche, nicht die r–de Gestalt eines Unglücklichen. Börne 5, 266; Das Tief-R–de. Ense Denkw. 5, 374; Das natürlich R–de. G. 32, 285; Die Klage .. ist .. mir immer r–d gewesen [s. decken, Anm.]. H. R. 9, 102; Anstatt r–d, romanhaft. L. 3, 207; Das r–de Lustspiel. 4, 109; Für E. mußte es r–d sein. IP. 7, 96; Eurer Thaten Verdienst meldet der r–de Stein. Sch. 76a; 1135a; etc.
b) R–de Reime werden in der ältern deutschen Poesie solche konsonierende Berührungen genannt, die nicht statthaben sollten. Schm. 3, 123. 13) im adjekt. Part. Pass., z. B. zu 5d: Von ihrem Reiz gerührt. Sch. 54a; Gerührt zu der Herrscherin Füßen, | stürzt sich der Menge freudig Gewühl | und die rohen Seelen zerfließen | in der Menschlichkeit erstem Gefühl. 56a; Peter dankte seinen Eltern aufs gerührteste. Schwab V. 1, 47 etc. und nam. zu 5e: G. 5, 9; Ein gerührter Zuschauer. W. 5, 30; 9, 239 u. o. Auch im Ggstz. z. B. zu 5d: Mein Herz war ungerührt [von Liebe] und unbeschäftigt etc. G. 22, 89; Daß deine Wünsche mich nicht ungerührt, mich nicht unbewegt lassen. 15, 13; Mit ungerührtem Auge [theilnahmlos] saht ihr die Saaten grünen. Sch. 313 etc. und bes. zu 5e: Ungerührt, mit ungerührtem Auge, Herzen fremdes Leiden schauen etc., aber auch z. B. zu 5c (s. d.), 10b etc. 14) Rührung, f.; –en:
a) zu 5d u. e (s. d., nam. L. u. Sch.): Gesunde Rührungen, die aus reinem Herzen quellen. Börne 3, 26; Mit edler männlicher Rührung. G. 5, 92; Daß die Rührung von dem Erhabenen mächtiger ist wie die vom Schönen. Kant SchE. 10; Tiefe Rührung leuchten eure Blicke. Körner 130a; L. 4, 1; Eine schmerzhafte Rührung der Seele. Sch. 688b; Die schmelzenden Affekte, die bloß zärtlichen Rührungen etc. 1127a; Schlegel Dr. 2, 2, 152; Die fromme Rührung. Tieck 16, 117; W. 27, 43 etc.
b) in Zsstzg.: Ankerrührung, s. Röhring u. 3. 15) Rührer zu 8:
a) zuw.: eine Etwas umrührende Pers. (weibl. Rührerin).
b) ein Werkzeug zum Umrühren, z. B. des Ganzzeugs bei der Papierfabr. (eine sich umdrehende Welle mit 4 Schaufeln. Karmarsch 2, 809), des geschmolznen Glassatzes (in Gestalt einer unten geschloßnen Röhre. 149) etc.
Anm. S. Ruhr I; ruhren; röhren.
Zsstzg. z. B.: Áb- [8]: Kochk. (vergl. abkochen 1; 2)!
1) unter Rührung fertig bereiten, abquirlen, abmachen (2): Die Eier a. Scheibler Kochb. 117; Rührt hiervon auf dem Feuer einen gelinden Brei ab. 350 etc.; Bouillon mit einem Ei abgerübrt. Spielhagen Pr. 8, 125; Abgerührte Klöße, worunter auf dem Feuer Eier gerührt sind etc.
2) durch Rühren absondern: Die Pflaumen a., von den Steinen trennen. An-:
1) [2] Schweben zwischen Himmel und Erde, und r. nirgend an. Luther 8, 124b; Sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keines anrührte. Grimm M. 142 etc., s. 2.
2) [4] Etwas a., be-r.: Seines Kleides Saum (Matth. 14, 36), Einem die Füße (2. Mos. 4, 25) a. etc.; Die Speisen wurden kaum angerührt [bei Tisch] etc.; Von solcher Laune, wo Mademoiselle ihn nur mit Sammethandschuhen an-zu-r. traute. G. 29, 270; Da ich das Werk kaum mit den Fingerspitzen angerührt habe. W. Luc. 4, 82 etc.; veraltend: Er hat meine Ehre angerührt [jetzt gw. angetastet]. Delling 1, 23 etc.; Etwas (mit Worten) a. [4b], be-r., z. B. Fischart B. 242 etc.; Was mich an(be)rührt [anbetrifft]. Schm. etc.
a) selten [5d, e] st. des Grundw.: Ihn rührte unsre Noth nicht an. Sch. 549b. h) (Kräutchen) Rührmichnichtan! volksth. Bez. einer Pflanze und danach übrtr., s. Kraut 1l u. 2: Er hat ganz das Ansehen so eines vornehmen Rührmichnichtan. G. 19, 87; Ich möchte nicht gerne für ein Kräutchen Rührmichnichtan .. gelten. Kinkel E. 198 etc. c) Nicht rühr an! volksth. Formel, womit man Etwas weit wegweist, entschieden das Nicht-Statthaben von Etwas ausdrückt = bei Leibe nicht etc., z. B.: Arnim Sch. 2, 248; König Mar. 1, 154; L. 2, 317 etc.
3) [8] Kochk.:
a) unter Umrühren an eine Speise thun: Eier, Mehl a. etc.
b) eine Speise zusammenrührend anrichten: Der einen Salat, eine italiänische Olla potrida anrührte. Gutzkow R. 9, 191 etc., auch übertr.: Jch weiß schon, wer den dummen Brei (s. d. 1a) angerührt. FMüller 2, 98; Na, da hast du ’was Schönes angerührt!, angerichtet etc., s. ein-r. 4) [5].
Āūf-:
1) [8]:
1) durch Rühren in die Höhe bringen, aufwühlen, aufregen, eig. und übrtr.: Den Bodensatz der Flüssigkeit, die Flüssigkeit, den Dreck etc. a.; Die Hefe a.; Bis [in der Sprachverwirrung] alles Aufgerührte sich wieder gesetzt und wie ein Getränke, so gegoren, endlich aufgekläret. Leibnitz (Wackern. 3, 1001¹); Meiner Pein | gesunkne Hefen auf-zu-r. Nicolai2, 89; Alte Geschichten etc. a. Gotter 3, 445; Höfer V. 155; Immermann M. 3, 13; Keller LvS. 228; Finsternis verlösche die Unthat auf ewig und der Tod rühre sie nicht auf! Sch.132a; Unwillen über die neue Aufrührung der Sache. Ense Tag. 4, 36 etc.; Der Sturm rührt das Meer auf; Bald ward vom mächt’gen Zugwind aufgerühret | der Schnee in Wirbeln. Cham. 4, 34 etc.; Krieg a. Logau 1, 3, 18; Wenn ich .. alle Staaten .. | zu meinem Schutz aufrühre und bewege. Sch. 414a; Die Leidenschaften, die Geister, die Volksmasse, den Pöbel (Sch. 132a) a. (s. Aufruhr) und so bei Alteren auch o. Obj.: Sie haben wider Ottonem aufgerühret. Hedion Kirch. 352a= sich empören, dazu: Aufrührer. 1. Macc. 15, 3 ff; Ense Tag. 2, 313; Der die Obrigkeit für Obrigkeit nicht erkennen will oder sich wider sie setzet oder auflehnet, der ist ein Aufrührer. Luther 5, 11a; Erzaufrührer. 6, 10b etc.; vralt. o. Uml.: Aufruhrer. SW. 26, 46; Gottesräuber oder Himmels auf- ruhrer. ebd. etc., s. aufrührerisch. 2) [8] selten: rührend auflösen: Alles Mark im Thun wird in einen weichen Kinderbrei von Worten aufgerührt. Görres Ver. 161 etc. 3) mundartl. Bedd. s. Stalder. Āūs-:
1) [9].
2) s. röhren 2a. Be-, tr.:
1) [2] an Etwas rühren, stoßen, grenzen, eig. u. übrtr., s. [2]: 1. Kön. 6, 27 und Dan. 8, 5 bei Zunz; Hebt er sich aufwärts | und berührt (s. 2) mit dem Scheitel die Sterne, | nirgend haften dann | die unsichern Sohlen. G. 2, 66 etc.; Der Fluß berührt die Stadt; Die verglichnen Ggstde. b. sich (oder ein- ander) in vielen Punkten, gehn aber in vielen weit aus ein- ander; Die Vhe. trafen nicht zusammen, aber sie berührten sich. G. 20, 254 etc.
a) (Math.) Eine grade Linie berührt (tangiert) eine Kurve, wenn sie so lange diese ihre Krümmung nicht ändert nur einen Punkt mit ihr gemein hat; Die b–de Gerade oder die B–de (Tangente); Die Kreis-B–de steht senkrecht auf dem Halbmesser etc.; Zwei Kurven b. einander oder sich, wenn sie eine Tangente gemein haben.
2) [4]an Etwasrühren, es anrühren, anfassen etc., zuw. nah an 1 grenzend, eig. u. übertr.:
a) s. Belege in [4], ferner z. B.: Etwas mit der Hand, mit den Fingerspitzen, mit den Lippen, mit dem Munde, mit dem Fuß b. etc.; Was Midas berührte, wurde zu Gold und in gehobner Rede: Kann, was er will, zu Gold b. [b–d verwandeln]. JAEbert Gd. 1, 99 etc.; Etwas leise, sanft etc. b.: Eine wunde Stelle b.; Dioklea berührte mich durch diese Rede an einem sehr empfindlichen Theile. W. 16, 109; Wir wollen diese Saite (s. d.) nicht b. 1, 106; Muß diesen Punkt wenigstens streifweise b. [4b]. H. R. 9, 187; Was der Wohlstand entweder gar nicht zu b. [4b] oder doch zu bemänteln gebieten würde. L. 8, 476 etc., vergl. (veralt., Kanzleispr.) als adjekt. Partic.: Berührt, nicht bloß = flüchtig erwähnt, sondern übrh. = erwähnt, oben genannt etc., z. B. Berlichingen 11; 127; Zinkgräf 1, 125; 227 etc. und intr.: Darvon wir auch droben berührt [gesprochen] haben. Luther 6, 296a etc. ferner z. B.: Speisen b., essend; Eine Stadt b., auf der Reise durchkommend etc.; Sie hätten denn aufs Neu der Heimath Strand berührt [betreten]. Sch. 30b etc.; Das nahe Glück berührt’ ich schon im Geist. G. 13, 310; Die zärtlichen Herzen, ein Pfuscher vermag sie zu rühren. | Sei es mein einziges Glück, dich zu b., Natur! 1, 282; Aurora berührt sie | mit den ewigen Strahlen | als die ragenden Gipfel der Welt. Sch. 492a etc.
b) (s. a) als verhüllender Ausdruck: Ein Frauenzimmer b., ihr beiwohnen. 1. Mos. 20, 4; 6 etc.
c) Etwas berührt Einen (geistig), vergl. [5d], es trifft ihn, sein Interesse, Theilnahme etc. erregend, z. B.: Vor allen Dingen berührt uns, wie .. die Bemühung der Deutschen aufgenommen sind. G. 33, 196; Sobald eine Sache nur im mindesten euch selbst berührt. Klinger 10, 37; Etwas berührt Einen nah (G. 27, 373), innig (15, 152), tief etc. oder mit Bezug auf die Art der Empfindung und des erregten Gefühls: Das berührt mich (un)angenehm; Ich fühle mich davon schmerzlich (freudig) berührt etc., vgl. auch bei Altern: Was mich (an)berührt, betrifft etc.
d) s. c u. [4d]: verletzend, schadend treffen: Daß gemeines Tages Schlechtnis | weder mich noch Die berühret, | die etc. G. 4, 18; Bist du mein, was kann dich mehr b.? 13, 322; Gift noch Dolch, | einheim’sche Bosheit, fremder Anfall, Nichts | kann ferner ihn b. Tieck Makb. 3, 2; Traf ihn der Blitzstrahl. | Unglück hat ihn berührt. Xen. d. Ggw. 173 etc.
e) veralt. st. des Grundw. [5e], z.B. Olearius Baumg. 47b etc.
3) zu 1 u. nam. 2:
a) im subst. Infin. (s. b u. 2a): Ich überlasse mich leidend dem all-eindringenden B. der Natur. Forster A. 3, 190; Dreimal entschlüpft das Bild dem feurigen B. Sch. 37a; Fühlt er an seiner Wang’ ein geistiges B. W. 20, 220, vgl.: Wenn er an seiner Wang’ ein geistig Wehn verspürt. 234 etc.
b) (s. a), z. B. zu 1: Die Berührung der Kreise etc.; Die Grenzberührung der versch. Poesien. Gervinus Lit. 5, 611 etc. und zu 2: Wir betasten Alles durch Berührung. G. 3, 231; Der Kranke fühlt auch schmerzlich die leise Berührung. 5, 85; Die Schilderung seiner .. ärztlichen Vhe., merkwürdiger Berührungen und Einflüsse. 27, 351etc., auch (2b): Einer, den ein Weib erquicket und ergetzt, | der alle seine Lust auf die Berührung setzt. Opitz (Wackern. 2, 325³), vgl.: Ohne alle Berührnis männlicher Vermischung etc. Zwingli 2, 10.
c) im verneinten Partic.: Unberührt von mir. Rückert Morg. 1, 33; Eine noch unberührte [unerwähnte] Schwierigkeit. Beitr. z. d. Sprachk. 1, 218; Die Ruder lagen unberührt. Wackern. 4, 1298³³; Die Speisen sind noch unberührt etc. und übertr.: Etwas bezaubernd Frisches, Unberührtes und Jünglingshaftes. Scherr Nem. 1, 126. Dazu: Die Mutter . ., die .. in der Unberührtheit ihres Wesens noch ein Mädchen schien. OLudwig Himm. 89; Lewald W. 2, 170; Prutz DMus. 1, 2, 42 etc.; seltner (zu 2c): Aus persönlicher Unberührtheit [als Unbetheiligter] dies Urtheil gefällt. Gervinus Lit. 5, 39 etc. I. Dúrch- [8]:
1) gehörig durch einander rühren. So rührt man die Masse auf dem Herde abermals durch. Karmarsch 1, 250; 197; Mit ein wenig Wasser oder Milch durchgerührt. Strals. Kochb. 284 etc.
2) rührend durch ein Sieb, Durchschlag etc. treiben. II. Durch-: = I1, auch z. B. (übrtr.): Von dir wird meines Herzens Grund |.. geläutert und durchrührt. Opitz W. 4, 32. Eīn- [8]: in Etwas als Zuthat oder in ein Gefäß hinein rühren: Eier e. in die Suppe, in die Pfanne; Chinapulver, die er mir dutzendweise cingerührt hat. Thümmel 4, 212 etc. Übertr. (s. einbrocken, an-r. 3b): Eine schöne Geschichte, die man uns e. will. Prutz Mus. 3, 8; Was Sauberes eingerührt. Roquette Hühn. 3; 8; Mir ist ein Unglück, ach, und ein großes eingerührt. V. Ar. 3, 13 etc. Hêr- etc.:
1) [1]..
2) z. B. hin- ein-r.,
a) [2].
b) [8]. Um- [8].
Ver-:
1) [8]: rührend zu einer gleichartigen (breiigen) Masse verarbeiten. Krünitz 7, 452; Musterz. (5) 108a etc. Zu einem allgemeinen Humanitätsbrei ver-r. Schwegler (46) 712 etc.
2) [5; 8] in Etwas rührend, wühlend es in Unordnung bringen. Wég- [7a]: Er hat sich von dort nicht weggerührt. Kompert NGsch. 1, 65. Zer- [8]: aus einander rühren; rührend zerreiben, zerkleinern etc.: Zerrührte Kartoffeln (Pürée); Beim Vermischen mit einer Masse darf der Eiweißschnee nicht zerrührt werden. Scheibler Kochb. 351 etc. Zusámmen-:
1) [8] Zum unbedeutenden Brei z. G. 7, 219; Jahn M. 185 etc.
2) [2] an einander rühren, stoßen, grenzen: Darum rühren Aberglauben und Unglauben unmittelbar zusammen. Zschokke 1, 59 etc. Zwíschen- [8] etc.