Faksimile 0811 | Seite 809
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ruhig ruhigen
Rūhig, a.:
in Ruhe (s. d.) seind; Ruhe habend, haltend, genießend, gewährend etc. (vgl. das alterthümlichere ruhesam), mit versch., meist erst aus dem Zusammenhang erhellenden Nüancen, z. B.: R. sein, bleiben, sitzen, sich (ver)halten etc.; Einen r. [in Ruhe] lassen, z. B. Gotthelf Sch. 66; 172; 337 etc.; Du bist jetzt aufgeregt; bei r–erem Blute, bei r–erer Überlegung wirst du anders sprechen; Eine r–e, stille Wohnung; R–e Miethsleute etc.; R–e Tage. Forster Br. 1, 6; Immer r., immer sachte! Freiligrath 2, 144; Wissenschaften | wurden r.-ernst genährt. G. 6, 39; Wir .. bringen ’was R–es, bringen den Stein [statt der bewegl. Thiere etc.]. 112; Einmal ist sie munter, meist betrübt, | einmal recht ausgeweint, | dann wieder r. 11, 145; Wenn der Besitz, der r, machen soll, | nach fremden Gütern euch nicht lüstern machte. 13, 133; Damit er r. sich betrüge, | daß sie gemächlich ihn betrügen können. 190; Ganz r–en heitern Sinnes. 15, 4; Einen r–en vernünftigen, tröstlichen Brief. 11; Das r.-aufmerksame Kind. 87; Da sei nur immer r. [deßhalb ohne Sorge]. 13, 204 etc.; Auch seit dem Werther bin ich nicht r., aber still. Stolb. 96; Aber [innerlich] r–er ward Hans nicht, er ward nur [äußerlich] stiller und schien wie verbissen. Höfer Leb. 39; Was nennen Sie r. sein? die Hände in den Schoß legen? etc. L. Gal. 5, 7; Man ist sehr r. in Madrid. Sch. 248b; Dafür sei r. [deßhalb sei unbesorgt]. 375a; Schlaf, r–e Seele, schlaf ge-r–en Schlaf! Schlegel Rich. III. 5, 3 etc. Veralt. Nbnf.: Starb in einem „rügigen“ Alter. 1. Mos. 25, 8; Ein rügig Gewissen. Sir. 19, 10; 26, 2; 40, 18 etc.; So kann Einer an keinem Ort und auf keiner Lehre ruhlich bleiben. Mathesius Lthr. 33b etc.; Ein fein, still und rühlich Wesen. 67b; 155b; 176b etc. und noch alterthümlich: Als ich .. ruhiglich | in ihren Wohnungen ihn gasten hieß. B. 167b etc. Zsstzg. (leicht zu mehren) mit Bstw., z. B.: Geht ge- müths-r. zu Bett. Scherr Bl. 1, 284; Spiegel-r. glänzt die Welle. Platen 2, 4; Alexis Neap. 48 (vgl.: spiegel-eben, -klar etc.); Mit jener wild-r–en, jener glänzenddämmrigen Romantik. Waldau N. 3, 21 (vgl. bittersüß, helldunkel etc.), ferner mit Vors.: Be-: veralt. statt des Grundw.: In berügiger Besitzung der Gewalt. Luther 1, 263b; Berühgliche Stellen. Logau 1, 10, 69. Ge-: oft (nam. in gehobner Rede) statt des Grundw.: G. stehn sie. B. 208a; Cham. 3, 237; Ich wäre noch g., aber Das peinigt mich. Geßner 4, 98; So hab ich wenigstens g–en Tod. G. 13, 31; Seit der Zeit können Sonne, Mond und Sterne g. ihre Wirthschaft treiben. 14, 31 [ohne daß es mich kümmert]; Folgte g. .. der Spur jener rascheren Vorgänger. 15, 63; 21, 89; Die Zukunft wollen wir g. erwarten. 24, 83; Schliefen g. 25, 93; 33, 144; Wünsch Euro Majestät g–e Nacht! 34, 300; 35, 183; 38, 57 etc.; Gutzkow 3, 99; Sie segelten g. fort. EKleist 1, 96; L. 4, 143; Eine ziemlich g–e Liebe. Samps. 2, 3; Möser Ph. 3, 147; Olearius Ros. 87a; Rückert W. 2, 227; V. Od. 11, 184; 12, 301; 13, 421 etc.; Ein stilles und g–es Leben. W. 14, 197 etc., vgl.: G–lich. Erbvergl. § 294; Ein gerüglich und stilles Leben. 1. Tim. 2, 2; Mathestus (Wackern. 3, 442¹⁷); Geruhlich zu leben. Olearius Ros. 14b; 87b; Die Ge- ruhlichkeit des Gemüths. 14b; Thät keinen geruhen Schlaf. Schaidenreißer 21aetc. Ún-: Ggstz. zu ruhig: Un-r. sitzen, liegen, schlafen etc.; Un-r. [in Sorge] sein über Etwas; Die u–en Gemüther wieder beruhigen etc.; Schwankt das leicht u–e Gefühl. G. 1, 62; Ihr U–en, Übermüth’gen! 10, 284; Meine thätigen Kräfte sind zu einer u–en Lässigkeit verstimmt. 14, 63; Mit dem u–en Erwarten einer Braut. Leisewitz Jul. 90; Ich mache dich u–er [besorgter] als du bei meinem gänzlichen Stillschweigen nicht gewesen sein würdest. L. 12, 377 etc.; Ein Land wird durch Dreierlei vnrügig“. Spr. 30, 21; Ps. 42, 6 etc.; Unrühig. Zink- gräf 1, 298 etc.
~en, z. B. intr.:
„Ruhig!“ Es hat sich was zu r.! Görner Engl. 17 (s. haben II 3) etc., sonst tr. (und refl.) in Zsstzg.: Be-: ruhig machen: Die aufgeregten Gemüther; die tobenden Wellen; einen Ängstlichen, Besorgten; Jemandes Angst, Besorgnis, den Aufruhr der Gemüther, der Wogen b.; Das Meer hat sich wieder beruhigt; B. Sie sich darüber!; Rufe alle deine Stärke zusammen und beruhige dich. Cronegk 1, 81; Doch werden wir bei näherem Überblick unsern besorglichen Unmuth leicht wieder b. Ense Denkw. 2, 471; Weil der . . Konflikt noch keineswegs beruhigt und ausgeglichen ist. G. 27, 444; 18, 273; Verschmähe es, dich auf solche Art temporär zu beschwichtigen, da es in deiner Macht stände, dich auf eine würdigere Art zu b. Franz Horn; „B. Sie sich!“ Hat sich was ruhig sein. Müllner 7, 140 etc. Dazu:
a) (veralt.) Beruhigt = ruhig (nicht: ruhig geworden). Simplicissi– mus 1, 18.
b) Unberuhigt.
c) Der Beruhiger des Aufstands etc.
d) Zu Ihrer Beruhigung darf ich hinzusetzen etc. G. 18, 273; 268; Weil er da, wenn auch nicht Ruhe, doch Beruhigung und Sicherheit findet. 3, 277 etc. (Ggstz. zu ber.) unruhig machen: Von Allem, was die Menschheit peinigt, auch gequält; von Allem, was sie beunruhigt, auch ergrifsen. G. 33, 117; Der entsetzliche Ton, der ihn diese Nacht, wo nicht geängstigt, doch beunruhigt hatte. 19, 10; Viele Geistliche .. beunruhigten den Prediger zu Mottier-Travers wegen seiner Verträglichkeit. JG Jacobi 3, 152; B. Sie sich nicht darüber, machen Sie sich keine Unruhe oder Sorge etc.; Die innern Beunruhigungen des Gemüths. G. 18, 141 etc.
Beún-: