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Röthe
Rȫthe, f.; –n:
1) das Roth (s. d. 17), nam. insofern die Farbe als ein Anhauch erscheint, als etwas einen Körper Uberziehndes, z. B.: Die Röthe der Haut bei Entzündungen; Wodurch Entzündung . . entsteht. Dies Übel heißt die R. Oken 5, 662; Die R. [häufiger: das Roth] der Lippen; Des Aufruhrs Asche zu beleben, | der noch die R. nicht entwich. Freiligrath SW. 5, 151 etc., nam.:
a) von der Farbe des Gesichts: Gemachte R. und erzwungene Liebe währt nicht lange. Sprchw. (Weidner 27 etc.); Was mit fliegender R. und Blässe wechselnd sich auf seinem sonst unbeweglichen Gesichte malte. Cham. 4, 277; Mit fliegender R. die Wange bis gegen den Nacken | übergossen. G. 5, 83; Die schönste Farbe in der Welt sei die liebenswürdige R., womit Unschuld, Jugend, Gesundheit, Bescheidenheit und Scham die Wangen eines Mädchens zieren. 29, 422; Seine eingefallenen weißen Wangen zeigten eine scharf abgegrenzte R., Kirchhofsrosen. Hackländer Wechs. 1, 23; Es möchte .. mir eine R. und Scham [Scham-R.] zubringen. Luther 1, 476b; Thümmel 1, 8; Wie 1000 Unschuldsengel | in weißer Scham hinweg die R–n trugen. Tieck Viel Lärm. 4, 1; Schwand die R. des Zorns in Blässe. V. Ant. 2, 245; Nun verschwand die R. der Trunkenheit, um der Scham-R. über seine Aufführung Platz zu machen. W. Luc. 6, 200 etc., auch (vgl. b): Die R. grauet nur noch in diesem Auroragesichtchen. Lichtenberg Hog. 1, 41.
b) vom Abend- und Morgenroth: Die blut’ge R. deutet auf den Morgen. Cham. 4, 49; Als wären’s des Aufgangs | R–n. Kl. M. 11, 1165; R. des Aufgangs entschimmert der Wange. Kosegarten Po. 2, 169 (s. a); Prutz Woch. 61; Wo im Westen sank die Sonne, blühn ihr nach | R–n .. aus der Nacht. Rückert 2, 490; Aus Morgens R–n | strahlt auch der Menschheit Morgen auf. V. 3, 222; Abend ruht mit zarten R–n | still auf Wald und Flur. HWeiser (Hungari 1, 258) etc., vgl. (personif.): Die Röthin Aurora prangte im Osten. Cham. 4, 221; Die güldne Röthin schloß des Himmels Thüren auf. Mühlpforth Geistl. 3, s.: Die Morgenröthin neu geboren, | der Sonne Kind. Weckher- lin [bei WhMüler Bibl. 4, 39 geändert in: Morgen-R.]; Die lieblich schöne Morgenröthen. Schaidenreißer 5a etc.; Kriegsgewölke soll verwehn, | Friedensröthin eins aufgehn. Schottel 980 (aurora pacis) etc.
c) (s. roth 7) Man hat mit Entsetzen von meiner politischen R. gesprochen. Ense Tag. 6, 460.
2) (s. 1) Pflanzenname:
a) R., Färber-R., Rubia tinctorum, s. Krapp, vergl.: Garn-, Herbst-R. etc.
b) Galium, namentl. G. mollugo u. boreale (Wiesen-, Wild-R.), vergl.: Von der wilden Röttewurzel, so man Kleberkraut [G. aparine] nennt. Ryff Th. 43.
c) Scherardia (Acker- R.).
d) Asperula tinctoria (Berg-R.).
3) mundartl. und weidmänn. (s. 1) = Blut. Schm.
4) Flachsrotte (s. d. und Räse, Anmerk.): Daß er ihr Flachs in die R. und wieder herausgebracht. Möser 1, 223 mit Anm.: „Man schreibt jetzt vielfältig: rotten; allein das frz. rouir u. rouissage lehret, daß es beim alten Röthen verbleiben müsse,“ vgl. vielmehr Diez 720, wonach rouir vom niederl. roten, rotten stammt. Ahnlich auch: Wenn die Miststätte oder Hof-R. leer ist. Zink Ok. 2, 571, wo der Mist auf dem Hof rottet (s. d. 4).
5) Herzgespann (s. d.).
Zsstzg. nam. zu 1 (vgl. die von Roth 17), z. B.: Ābend-:
1) [1b]: z. B. Littrow 231 etc. und in der (nach Adelung fehlenden) Mz.: Die ersehnten A–n. Arndt 12; Gutzkow R. 2, 2, 270; Keller gH. 1, 390; 2, 151; 175 etc.; So viele schöne A–n seines Lebens untergegangen. IP. 1, 146; Tieck 16, 368; NKr. 2, 314 etc.
2) (s. 1) Art Leuchtkäfer, Lampyris sanguinea. Nemnich. Ácker- [2c]. Ángst- [1a]: A., die deine Wange färbt. Musäus Ph. 3, 149. Bránd- [1]: z. B. von einer Feuersbrunst herrührende. Scherr Gr. 2, 94 etc. Dúft-: z. B. [1b]: Die Wolken sind mit reichen | D–n angesprüht. Rückert 1, 257. Entzündungs- [1]: E. auf der Haut. Fä́rber- [2a]. Fēūer- [1a]: Leichenblässe und F. wechselten schnell in seinem Antlitze ab. Bronner 1, 221. Fīēber- [1a]: Umzieht F. die blassen Wangen. Thümmel. Fláchs- [4]. Frīēdens- [1b]. Frǖh- [1b]: Eh noch F. sie anstrahlt. v. Th. 24, 39. Gárn- [2a]: Wenn die Unseren den Fröhnlingen der Türken echte G. nachprobten. V. Ant. 1, 183, s. Türkischroth. Gesíchts- [1a]. Glǖh-: z. B. [1a]: Eine G. wie von gekränkter Majestät fuhr über sein Gesicht. Brachvogel FB. 1, 355. Hánf- [4]. Hāūt- [1a]: H. bei Entzündungen. Hérbst- [2a]: Der schlesische Krapp wird nach der Zeit der Ernte in Sommer- R. und H. eingetheilt. Karmarsch 2, 485. Hōf- [4]. Jūgend-, z. B. [1a]: J. auf den Wangen etc. und [1b]: J., Tagesblüthe | bring’ ich [Eos]. G. 10, 310. Kēīm- [2a]: K. ist die Röthe, die den Winter über im Lande gelegen hat, im Mai viel Keime oder Röthepflanzen zum neuen Verpflanzen und in ihren tiefen Wurzeln die Sommer-R. giebt. FBWeber Term. 281a etc. Mítternacht- [1b]: vgl. Morgen-R., z. B.: Nur in seinem Anton Reiser und Hartknopf zieht sich, wenn nicht eine heitere Aurora, doch die M. der bedeckten Sonne über der bedeckten Erde hin. IP. 41, 64. Mórgen- [1b] eig. und übertr.: Da die M. aufging. 1. Mos. 19, 15 etc.; Nähme ich Flügel der M. Ps. 139, 9; Bis die M. der schönern Welt erscheint. Fallmerayer Or. 2, 2; In meines Lenzes M. Gerstenberg (Kurz 2, 534b); Des Lebens M. Gotter 2, 213; Wo . M–n tagen. 1, 67; Da ging die M. auf; mit glänzenden Augen sprang sie hervor, die frühgejagte Hindin. H. 9, 61; Die M. des Lebens. Ph. 13, 78; Noch ist mir die Sonne der Freude nicht ganz aufgegangen, doch weiden sich schon meine Blicke an ihrer lieblichen M. Heinse A. 1, 248; Der M–n schönste. Kl. Od. 2, 45; M. 16, 24; Deine M. [Jugend]. Kretschmann 5, 217; In der M. des Witzes verblühet. L. 6, 212; Aus jeder kindischen Miene strahlte die M. eines Verstandes etc. Samps. 1, 1; Ich kenne Wangen; wann sie blühn, | zugleich zwei M–n glühn. Mohnike Fr. 5; Der Wangen M–n. Rückert 2, 330; 1, 262; 264; Die M. eines neuen Frühlings. FSchlegel Luc. 223; Umströmt von diesen M–n, | bestrahlt von diesem Sonnengold. Schubart 3, 17; Seume Gd. 173; Die M. der Freiheit dämmert auf. Stahr Rep. 1, 229; Stolberg Gd. 268; Bis Morgenröth’ Europa’s | Landen erschien. V. 3, 46; Als .. die zwölfte der M–n emporstieg. Jl. 1, 492; Den Säugling, in dessen Gesichte die erste M. einer schönen Seele zu glühen scheint. W. 29, 29; 26, 294 etc.; Hoffnungs-M. glänzt in ihrem glühenden Auge. Sturz 1, 90; Mit dem Flügel der Sommer-M. Kl. Od. 1, 176 etc. Púrpur- [1]: Die P–n! sie wogen, sie durchleuchten .. die Lüfte. Brentano Fr. 1, 208; Pfirsichfarb’ und P–n. Rückert 2, 236 etc. Rōsen- [1]: Heiterk. und Frühlings-Rosenröthe ging in ihrem himmlischen Antlitz auf. Heinse A. 1, 174 etc. Schām- [1a]: Die Scham- und Wuth-R. in meinem Gesichte. LSchefer Rom. 5, 152; OLudwig Himm. 112; Unter dem Deckmantel der Sch. zu verbergen, daß man keine Sch. mehr hat. Michaelis 107 etc. Schār-: (schwzr.) Scharlachfieber. Stalder, vgl.: Selbst der Name dieses Übels, welches man hier Sch. nennt, erinnert an den Namen des Scharbocks. Kohl A. 1, 137 etc. Sómmer-: s. Herbst- und Keim-R. Über-: s. Rose 1f. Wēīn- [1a]: vom Weintrinken herrührende Röthe des Gesichts, der Nase etc. Wīēsen-, Wíld- [2b]. Wínter-: Keim-R. Wūth- [1a]: s. Scham-R. und: Die Zorn-R. flammte auf seine Stirn. Waldau N. 2, 317.