rieseln
Rīēseln: 1) intr. (haben, sein, s. Anm. zu flammen, flattern etc.):
grieseln (s. d.); leise und sanft rauschend sich bewegen, zumeist (s. reisen, Anm.) niederwärts, doch auch (s. auf-, hinauf-r.) zuw. nach oben, — bes.:
a) von sich so bewegenden festen Körpern, nam. Körnchen: Wie ein Riß an einer hohen Mauer, wenn es beginnet zu r. 30, 13; Von oben | rieselt Kalk und Schutt. 12, 85; Noch rieselte die Asche [des Vulkans]. 23, 238; Der Streusand „rüselt“. 922; Der gefrorne Schnee vom Winde .. aufgefegt, rieselte bis um ihre Füße. E. 279; Gestern gerieselt hat es Schnee [fein geschneit], s. Volksl. 65 etc. und so auch s. graupeln. 3, 133; Es rieselte stark. Stein 1, 251; Es regnet und schneit und rieselt so klein. V. 248 (vgl. d u. 3c). — Ferner von Flüssigkeiten (b— d), so:
b) sehr häufig von fließenden Wassern (Quellen, Bächen), die sich leise plätschernd und murmelnd bewegen: Es klatschet, rieselt, rauscht anitzt der rege Bach. 1, 26; Br. 1, 417; Jt. 2, 156; Nicht rauschen sie, sie r. kaum. 12, 113; Ein Blutquell rieselt nie allein, | es laufen andre Bächlein drein etc. 34, 326; Jetzt rieselt er sanft, jetzt rauscht er gewaltig. Ph. 10, 258; Da strömt die Quelle der Freude | oder rieselt auch nur. Od. 2, 247; Quellen r., es strudelt der Strom, es rauschet das Weltmeer. Dicht. 2, 29; Da sprudelt es silberhell | ganz nahe wie r–des Rauschen. 62b; Sein [des Brunnens] r–des Geschwätz. A. 1, 325; Ov. 1, 352; Des Schlafs am r–den Krystall. 12, 36; 20, 196 etc. —
c) von tröpfelnden, rinnenden Flüssigkeiten (s. d): Das Blut quoll noch ein wenig aus der Wunde; es war in größern Massen die Nacht auf eine Strohmatte gerieselt. R. 8, 320; Das rieselt unaufhörlich,wie ein Faß, dessen Hahn ohne Zapfen. Lut. 1, 4 etc. —
d) unpersönl. von feinem Regen (s. nieseln und a): Anfangs rieselte es so zart ..; bald aber plätscherte es gewaltig. D. 1, 180; Es regnete mehre Tage unaufhörlich, es rieselte immer so fort. Ed. 164 etc. —
e) übrtr., in Bezug auf Empfindung und Gefühl, s.: Tausend Quellen einer süßen | neuen Wollust .. | r. in mein Herz. 3, 38 etc. und: Da rieselte Entsetzen von den Gliedern des Jünglings, Todesblässe bedeckte ihn. 2, 291; Angst rieselt ihm durch Mark und Bein. 71b; Daß seinem alten Zuhörer ein Schauder über die Haut rieselte. M. 4, 55; Während ein Schauer durch ihre Glieder rieselte. W. 2, 136; Unter diesem Jammer, der mir [Drckf. mich] eiskalt durch alle Glieder rieselte. Ams. 30 etc. und unpersönl.: Es rieselt Einem — über den Rücken R. 9, 55, vergl. überlaufen II 1c und überrieseln), — in den Adern Sh. 6, 82), — kalt durch die Adern 3, 312), — kalt durch Mark und Bein 1, 253), leise krabbelnd durch die Glieder W. 64) etc. und dazu: Da überlief jeden ehrlichen Menschen eine Gänsehaut und ein Mark-R. ging durch die Knochen. Maj. 1, 65. —
f) zuw. auch nur: sich leise rauschend bewegen, allgem.: So rieselten, flitterten und tänzelten leise Tritte herunter. NK. 4, 163. — 2) refl.: selten statt 1, z. B. (s. 1c): Blut rieselt sich von meinem Haupt. 7, 243. — 3) tr.:
a) (s. 1 und dgl. murmeln 1 und strömen): Auf den glatten Kieseln | beginnt der Bach ein Trauerlied zu r. D. 17; Oben rieselt die Quelle und surret Liebe. Th. 4, 119; [Gesang,] der nach ernstem Geschäft dir in melodischem | Tonfall, lieblichen Schlaf riesele [r–d errege]. 3, 41; Eine Ahnung des Gefühls, das ein Mai am Neckar in deinen Adern r. [r–d ergießen] würde. N. 3, 6; Es r. die Wolken Segen. 45, 8) etc.; Die silber-r–den Bäche. 2 234. —
b) Wiesen r., oder be-, über-r., durch darauf geleitetes r–des Wasser wässern. Dazu: Eine Verbesserung durch Rieselung. (55) 1147a. —
c) s. Riesel 3a.
Zsstzg. vgl. die von strömen, fließen, rinnen, fallen etc. und reisen, Anm., z. B.: Áb-: Es strömt von der heißen Stirn a–d der Schweiß. Jacobs Verm. 2, 21; Wie vom hohen Ast abrieselt Laub auf Laub. Rückert BE. 330 etc. — Āūf- [1e]: Den meisten rieselte es kalt den Rücken auf. Gotthelf U. 2, 159. —
Āūs-:
1) Es hat ausgerieselt, rieselt nicht mehr, von feinem Regen [1d], Schnee [1a] etc. —
2) rieselnd ausströmen, intr.: Dein Getränk ist Cäkuber und was Kales’ | edler Traub’ ausrieselte. G. 1, 59 (vgl. ent-r.) und tr., z. B.: Das Herz Ägyptens .. rieselt seines Blutes Fülle | nach allen seinen Gliedern aus. Garb. 5; Wenn der Baum .. seine .. Träume ausrieselte. NK. 4, 269 etc. —
3) [3c]. — Be-: tr.:
1) rieselnd beströmen: Eine Grotte .. berieselt von einem Wasserfall. R. 4, 237; Als sie .. sein Blut den Schnee b. fand. E. 284; Doch b. warme Thränen | seiner Wangen Rosenschein. 1, 260 etc. —
2) [3b] (55) 542b etc. — Dahêr- [1b]: Pr. 3, 210. — Dahin- [1b]. Bed. 1, 158. — I. Durch- tr.:
1) [1b] Quellen rings | d. sein Grün. SW. 3, 174; Thalgründe, von Quellen durchrieselt. Sag. 1, 17 etc. —
2) [1e] Durchrieselt leises Beben | den Baum. 1, 339b); Ein Bivouak mit seinen alle Glieder d–den Morgenschauern. Lärm 44; Sein wundes Herz . . wird Jeder einen .. Balsam d. fühlen. SW. 5, 318; Dieser eitle Gedanke durchrieselte sie ganz. 11, 208; Durchrieselt von Wonne und Schrecken. R. 6, 163; Indem’s den Grafen heiß und kalt | durchrieselt. 67b; Ein wollüstiger Schauder durchrieselte ihn. Pr. 1, 199 etc. — II. Dúrch-: hindurch-r. — Eīn-:
1) hinein-r. — 2) [3a] tr.: in Schlaf rieseln. — Ent-: rieselnd entströmen: Den ungehörten Wogen entströmt, | dem geheimen Quell entrieselt der Tod. Od. 1, 210; Den Quellen entrieselt Harmonikaklang. Po. 2, 168; 169; Wie vom Okeanos quellend .. | alle Gewässer auf Erden entrieselen oder entbrausen. 2, 1308⁷); 3, 218 etc. — Fórt-:
1) hinweg-r. — 2) weiter rieseln. A. 1, 84, s. auch [1d]. — Hêr- etc.: Kleine Bäche, kaum merklich, rieseln hin. 23, 358; 23, 96 etc.; Der das Blut so stark herab-r. sah. 28, 146; Quellen, die aus den Felsen herabrieselten. 18, 9; 20, 229 etc.; Das Wasser . ., das | den Bach hinab mit sachtem Murmeln rieselt. HB. 1, 165 etc.; Hinauf muß es [das Wasser] rieseln, hinunter muß es grüseln. NKr. 2, 237 etc.; Schien ein feiner Regen durch die Öffnung der Kuppel her- ein-zu-r. 19, 342 etc.; Der feine Sand rieselte .. durchs Fenster hinein. Silt. 1, 132 etc.; Hernieder-r. Blätter. Rost. 89 etc.; Durch die .. Bretterdecke rieselte dicker Staub herunter. N. 2, 81 ꝛc, s. auch [1f]; Die Temperatur der an den verschiedensten Orten hervor-r–den Quelle. Gsch. 122; 3, 22; Eben und stille | rieselt sodann das neue Leben hervor. 237 etc.; Über .. Perlen flüchtig hinweg-r–de Quellen. 19, 237 etc. — Nīēder-: Zuletzt rieselte die Asche nieder. 23, 238; Wo der Regen niederrieselte. Leb. 1; Während deine Thränen als Perlen niederrieselten. 1, 333b; Sanft n–der Schnee. Bank. 1, 45 etc. — Über-: tr.: rieselnd überströmen, z. B.:
1) Ein dichter Staubregen überrieselt den Zuschauer. Nem. 1, 136; [Wo das Wasser] gestaut wird und so zuletzt die Felder überrieselt. 1, 73; Auf sumpfigem, von Quellen überrieseltem Grunde. EE. 377 etc. —
2) faktitiv zu 1, s. [3b]: Um trockene Gegenden zu ü. 1, 1, 575 etc. und übrtr.: Sein Festgewand, | mit Diamanten überrieselt [gleichsam überschüttet; reich besetzt]. SW. 5, 192. — Dazu: Waschbutten, in denen durch Überrieselung von klarem Wasser das Nitrum .. herausgespült wurde. GR. 2, 236; Mit Wegen und Gräben, manchmal gar mit Überrieselungen [Anstalten zum Ü.] durchschnitten. Verb. 1, 4 etc. —
3) [1e] Mich überrieselt’s! Ab. 130; Von Grauen überrieselt. Dunk. 16; Den es eisig überrieselte. R. 5, 210; Ein so wehmüthiger Schauer seiner Empfindungen, wie ihn seit dem Tage nicht überrieselt. 9, 369; 546; Trotz des Schauders, der uns überrieselt. (46) 275; Pr. 6, 199 etc. — Um-: tr.: Wie die Well’ umrieselt ihn kalter Schweiß. 362. — Ver-: Sein purpurroth v–d Blut. SW. 1, 250; Ihr flirren die Augen, die Sinne ver-r. Po. 1, 137; Wie Hauch in Hauch versäuselt, wie Duft in Duft | verrieselt. 2, 87; Die Stunden .. sind verrieselt wie ein Regenbach. 114 etc.; Der Brandung Wog’ am weiten Kieselriffe | verrieselt und zerschellt. 34; Daß der Sturz [des Regens] .. v–d leiser klopft. 4, 163; Ov. 1, 290 etc. — Zer-: Das Wasser zerrieselt, zerstiebt im Sturz. — Zū-: z. B.:
1) vergl. zurauschen, zuflüstern etc.: Doch rieseln ihm die Bäche zu | und Lüftlein wiegen ihn mild in Ruh. 12, 52. —
2) vergl. zufließen etc.: Was aus den geistigen Lebensbächen anderer Völker den Meerestiefen unseres Volksgeistes zurieselt. schek StdZ. (1860) 131 etc. — Zusámmen-: z. B.:
1) [1b] Quellen rieselten von mehreren Seiten zusammen. 19, 39 etc. —
2) [1a] rieselnd zusammensinken: Wohin sein Fuß sinkend trat, es rieselte leise die Spur [im Sand] hinter ihm zusammen. Silt 1, 132 etc.
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