Riegel
Rīēgel, m., –s:
uv.; –chen, ein; -: 1) eine Vorrichtung zum Verschluß von Thüren etc., bestehend in einem beweglichen schmalen — oft vorn schräg abgeschnittenen — Parallelepipedum (aus Holz oder gw. aus Eisen), das, wenn der Verschluß hergestellt werden soll, in eine entsprechende Offnung hinein- und, wenn man öffnen will, zurückbewegt wird, so als wesentlicher Theil eines Schlosses, wo die Bewegung durch Drehung des Schlüssels bewirkt wird (s. 3, 116), am gewöhnlichsten aber von solcher Vorrichtung, insofern sie ohne Schlüssel, bloß mit der Hand vorgeschoben oder vorgestoßen wird, z. B. eig.: Städte mit hohen Mauern, Thoren und R–n. 5. 3, 5; Jch habe die R. alle heruntergestoßen. 43, 14; 45, 2 u. v.; H. 1, 2, 304; Ich muß meine Pantoffeln holen, du schiebst doch den R. nicht vor. 17, 60; 1, 182; Sie hörte den großen Riegel zuschieben. 17, 299; R. 9, 52; Wie rasch die Pforte aus dem R. sprang! A. 144; Wie der R. zuschnappte. NLeb. 1, 212; Alle R. schoben sich, die Thüren sprangen auf. M. 1, 4; 2, 49 etc.; Hinter Schloß und R. M. 2, 54; Luc. 1, 67 etc. und übertr., z. B.: Das Muttergut von meiner Schwester Kind darf er nicht mit ins Ausland nehmen; morgen am Tag schieb’ ich ihm einen R. vor [treff ich Vorkehrungen, die ihn daran hindern]. D. 4, 271; Die Bewohner hatten den R. vorgeschoben [den Eingang ins Land versperrt]. 4, 274; Manch Brockenstückchen wäre durchzuproben, | doch Heiden- R. find’ ich vorgeschoben. 12, 100 [Hindernisse in der dem christl. Teufel widerstehnden Heidenwelt]; Dem Bessern waren überall R. vorgeschoben. 19, 123; Eine Verlobung ist rückgängig zu machen. Da muß man also einen R. vorschieben, einen von denen, die nicht weichen und wanken. O die Ehe, der gute, feste, unweichsame R.! M. 4, 289; A. 1, 260; Daß der Heirath .. noch ein R. vorgeschoben [sie hintertrieben] werden könne. Sonn. 238; 1, 154; Der göttlichen Rache einen R. fürschieben [sie durch Buße hindern]. Ros. 17; 2, 283⁵; Köhl. 82; 31, 502; 32, 208 etc.; Einem einen R. schießen [mundartl. statt vorschieben]. 3, 67; [Der Tyrann] zerstörte nicht nur auf einmal das Werk der Natur, sondern stieß auch so schwere R. vor den Kerker, in den er sie sperrte, daß etc. 9, 92; Der Vorwurf stieß mir R. vor die Zunge [schloß mir den Mund]. Sh. 7, 256 etc.; Daß die Sakrament Gnad geben Allen, die nicht einen R. fürstecken. 1, 402b; 544a etc.; Da ich dem Meer den Lauf brach mit meinem Damm und setzte ihm R. und Thür. 38, 10; Warum machst du nicht . . deinem Munde Thür und R.? 28, 28; Dann lösest du [Gott] von deiner Schlüsse R. | das feste Siegel. 1, 89; Ich ging mit offnen Armen auf ihn los | und fühlte Schloß und R., keine Brust [er begegnete meiner Offenherzigkeit mit Verschlossenheit]. 13, 179; Wir legen unsre Klauen drauf, | sind R. von der besten Art: | der größte Schatz ist [dadurch] wohlverwahrt. 12, 127; Der R. | vor’s sechste Gebot [die häßlichen Frauen]. Lind. 2, 297; Starr und ewig schließt des Grabes R., | . . nimmer giebt das Grab zurück. 2a; Kann ein Wort von deinen Lippen die R. der Ewigkeit aufreißen? [die Todten ins Leben zurückführen]. 125a, vergl. 17, 16) etc., s. auch 2. — 2) (s. 1)
a) R., Schar-R., Pflugnagel, durch den Bolzen gesteckt, die Pflugschar zu halten. —
b) Nähter., Schneider.: die Quernaht am Ende eines Schlitzes, Knopflochs etc., das Weiterreißen über die vorgeschriebne Größe hinaus zu verhindern. —
c) Geogr.: Wird das Hasli-Thal durch einen R. oder Bergrücken, welcher quer durchgeht, verschlossen. A. 1, 154; 163 etc.; Berg-, Gebirgs-, Paß-R., vgl. Eis-R. — 3) nach der Ahnlichkeit der Form mit 1:
a) Einen ganzen R. Seife. 1, 29, ein Stück in Form eines längl., schmalen Parallelepipedums. —
b) Anat.: das vordre Schulterblatt, der sogen. rabenschnabelförmige Fortsatz. 4, 399. — 4) zu best. Gebrauch zugerichtetes Holz von mäßiger Länge und geringrer Dicke als ein Balken, s. 3, 67, — nam.:
a) Bauk.: Querholz zur Verbind. von Säulen, Ständern etc. (s. R.-Werk und Rieg- Haus), z. B. zur Verbind. der Bretter an der Stiftshütte (2. 26, 26 ff.; 36, 31 ff.), zur Befestigung der Latten eines Stakets, Zauns, Gatters etc. und: in solche Form geschnittnes Holz. —
b) (s. a) die die Wände der Lafetten verbindenden Querhölzer. 658a etc. und zwar im Ggstz. zu den Vorder- und Hinter- (oder Schwanz-) R–n die beiden Haupt- oder Mittel-R., auf denen das Geschütz ruht (Ruhe-, Kissen-, Stell-R.). Hiervon heißt der hintre, dem Stoß der Kanone entsprechende Stoß-R., der vordre Ochsen-R. S. auch Kalb5. — b) ein quer befestigtes Brett (an der Wand, an einem Ständer oder in einem Schrank), mit darin befindl. Pflöcken etc. zum Anhängen von Kleidern etc.: Einen R. für meine Kleider. R. 5, 201; Einen mit einem Vorhang bedeckten Kleider-R. 4, 178; Hängen Sie den Überzieher an den Kleider-R. Schw. 8, vgl. schles.: Das Richel = Gestell, Schrank. 77b und Rick 1. — d) minder gw. in andern Anwend., z. B.: Wege über nassen Grund werden mit R–n (oder Prügeln) belegt, R.-Weg. R. zum Heben, Hebel. (auch Stoß-R.; Mit dem Bausch-R. treibt der Böttcher Reife in einem Bausch zusammen. R., die Däumlinge an der Hammerradwelle. stuel 56. — 5) mundartl. Bedd. s.
a) s. Rick 2. —
b) kleines zusammengeschlungnes Bund Stroh, Flachs etc. (niederd. Wiepen), z. B.: Stroh-, Sand- R., zum Scheuern (Scheuerwiepen); Haupt-R., der beim Tragen auf dem Kopf als Schutz liegende Wulst- (oder Trage-) Ring (s. Kringe). Hiernach viell. urspr.: R.-Haube, s. Haube 1b.
Anm. Ahd. rigil, mhd. rigel, nach zu rîhen, reihen, durch etwas Zusammenhaltendes verbinden, s. Reigen, Anm. Vgl. Grendel. Zstzg. ohne Zusatz zu [1], z. B.: Bāūsch- [4d]. — Bérg- [2c]: Das Schloß läge auf einem abgesonderten B. über der Stadt. 14, 323). — Bínd(e)- [4a]: nam. das bei hölzernen Brückengeländern zur Verbindung der Säulen und Docken horizontal in dieselbe verzapfte Stück Holz, — gw. zwei solche, wovon das obere Brust-R. heißt. — Dēmant-: von der größten Härte (vergl. diamanten), z. B.: Deine D., Grab, entriegeln sich. Po. 2, 279 etc. — Eīs- [vgl. 2c]: eine sich vorschiebende, den Abfluß sperrende Eismasse. Südr. 1, 10. — Eīsen-: aus Eisen, Ggstz. Holz-R., vgl. Demant-R. — Fáll-: Fallklinke (1). — Fêder-: mit einer Feder (s. d. 9). 1, 664. — Fénster-: an Fensterflügeln. — Gátter- [4a]: Das Sägegatter besteht aus zwei vertikalen Seitentheilen (Gatter-Schenkel, -Stäbe) und zwei horizontalen Querstücken (G.). 3, 23. — Gebírgs- [2c]: Einen [dem Thal] vorgeschobenen G. überklettern. 19, 45; Der waldbewachsene G. .. lag vor uns und hielt unsere Bewegung auf. 25, 36. — Hárt-: Sträuche mit hartem Holz, Cornus, z. B. C. sanguinea, C. herbacea etc. 3, 1847; Or. 1, 154 etc., — ahd. harttrugelin etc. (s. 5, 501), d. h. eig.: Hart-Trögelein, auch Zaun-R. — Hāūpt-:
1) hauptsächlicher Riegel, sowohl [1] als [4a], und z. B. [4b]. —
2) [5b]. — Hēīden- [1]. 12, 100. — Hémm-: Die Ereignisse haben seiner Denkart manche H. allmählich weggezogen. Tag. 5, 187. — Hínter-: namentl. [4a]: ein hinten befindlicher Riegel, z. B. an der Stuhllehne, im Ggstz. zum Vorder-R., s. [4b]. — Höll(en)-: der die Hölle schließende — und so als Bez. eines bösen Weibs. 2, 89²⁷). — Kírchen-: Riegel der Kirchenthür, — und übertr.: kirchl. Hemmnisse: Aller Würden freie Bahn, | die bald das Stapelrecht der Großen, | bald K. ihm verschlossen, | mit weiser Hand ihm aufgethan. Po. 3, 156. — Kíssen- [4b]. — Klēīder- [4b]. — Lēīt- [4a]: Der Beschneidhobel besteht aus zwei parallelen durch eine Schraubenspindel und zwei L. (unter Beibehaltung ihres Parallelismus) gegen einander verschiebbaren Holzstücken etc. 1, 382. — Lūken-: zum Zuriegeln der Luken, nam. auf Schiffen. — Míttel-: z. B. [4b]. — Nácht-: ein drehbarer Riegel in einem Thürschloß, die Thüre zuzuriegeln: Den N. vorschieben. 19, 90; Tag. 2, 20; Mark. 1, 215; 7, 108 etc. — Nāgel-: Nagel-Niet. — Ochsen- [4b]. — Páß-: etwas einen Paß, Durchgang Versperrendes, vgl. Berg-R. und z. B.: Ein malerisch zertrümmerter Raubhorst ist ein gefürchteter P. dem Ameisengeschlecht der Krämer. N. 2, 236. — Quêr-: in der Quere befindlicher Riegel, z. B. [2c]: Die Handeck ist wieder ein Thalabsatz oder ein Q., der eine neue Abtheilung des Thales bez. und barrikadiert. A. 1, 171 etc. und [4a]: 2, 744 etc. und übertr.: Deßhalb werden die äußern Waben hin und wieder feitwärts am Stock mit Q–n von Wachs befestigt. 5, 1024 etc. — Rūhe- [4b]. — Sánd-:
1) [5b]. —
2) (veralt.) entstellt aus Sam-Tregel (s. 1, 486; 3, 244), Kollekte, Festschmaus etc., z. B. Lthr. 206b etc. — Sáttel- [4a]: in Satteldächern. — Schār- [2a]. — Schóß- [4a]: die mit Brettern überlegten Querhölzer eines Baugerüsts. — Schwánz- [4b]. — Spánn- [4a]: z. B. der die gegenüber liegenden Säulen eines liegenden Dachstuhls verbindende Riegel oder Querbalken; der Riegel zwischen den Griessäulen eines Mühlgefälls etc. — Stēīn-: zur- Befestigung des Bodensteins in der Mühle. — Stéll- [4b]. — Stōß- [4b]. — Thōr-, Thǖr-. — Trāg- [4a]: starke wider das Gestell c 1 einer Windmühle gestellte, den Mantel tragende Hölzer. — Vórder-: s. Hinter-R. — Zāūn-:
1) Hart-R. —
2) [4a].
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