Richter
Richter, m., –s; uv.:
1) zuw., zumeist mundartl., sachl. (s. Reim-R.), nam. ein richtendes, zum Richten dienendes Werkzeug, z. B.: R. (Aus-, Ent-)R., Richt- oder Schlichtkamm, s. ausrichten 1d, vgl. anrichten 3b; ähnlich z. B.: Kamm-, Reuten-R. — Gw. aber: richtende (s. d.) Pers. — insofern dabei das weibl. Geschl. hervortritt: Richterin, s. u. — nach den versch. Bedd. des Zeitw. (s. d. sammt den Zsstzg.), z. B.:
2) zuw. mit abhäng. Genit.: Einer, der einen Gegenstand richtet (s. d. 1 u. 2), ihm eine best. Richtungoder die erforderliche Anordnung und Gestalt giebt, z. B.: Der R. des Geschützes etc., so bes. in Zsstzg., s. die von richten und Bank-, Horn-R. —
3) zumeist aber (s. richten 4 und 5) Jemand, der als ein zum Rechtsprechen Berufner oder in der Weise eines Solchen ein Urtheil spricht, entscheidet, vgl. Entscheider, Urtheiler etc.:
a) im weitesten Sinn, allgem. (od. verallgemeint zu b und c), wo R. dann auch von Personifikationen und — neben R–in (vgl. Ärztin, Anm.) — von weibl. Pers. vorkommt: Der Herr sei R. zwischen mir und dir. 1. 16, 5, 31, 53; [Gott], der du aller Welt R. bist. 18, 25; Der Herr ist R. über die Leute. 7, 9; Der ein Vater ist der Wittwen und ein R. der Waisen. 68, 6; Der R. [des jüngsten Gerichts] ist vor der Thür. 5, 9; Urtheilst du aber das Gesetz, so bist du nicht ein Thäter des Gesetzes, sondern ein R [desselben]. 4, 11; Ihr werdet R. [ugw. st.: parteiische Urtheiler] und macht bösen Unterschied. 2, 4 etc.; Doch einen R. giebt’s, der Rache schafft; | Gewissen etc. 4, 122; 139; Übrigens hast du in dieser Angelegenheit kein kompetentes Urtheil, Doris soll R. sein, die hat Geschmack. KlErz. 15; Diesen Bruder, meinen R. und meinen Retter. 9, 251; Nur die Meister der Kunst sind die wahren R. der Zeichnung; die ganze Welt kann über die Farbe urtheilen. 29, 418; Wenn wir uns zu R–n der Obern und Vorgesetzten erheben. 21, 198. R. 9, 145; [Rom], gern vergeuderisch mit Blut u. Schweiße, | wenn es nur der Welten R. heiße. 1, 351; Lilla: Ich will . .. [als] sein R. [über ihn zu Gericht] sitzen. Gr. 49; Diese öffentliche Meinung wird also künftig auch dein R. werden. W. 1, 339; Der strenge R. dieser Begangenschaften ist Juvernalis. 1, 192; Ein R. feiner Feste. 1, 97; Unmöglich, daß Sie diese stolze Base für einen kompetenten R. anerkennen. 4, 5; War er sich selbst der allerkältste R. F. 2, 539; Der im ganzen strengen Rath der Weiber | bestochne R. sitzen hat. 261b; Wie es scheint, bin ich sehr bald | an meiner strengen R–in gerächt. Die Liebe blieb allezeit R–in darüber, ob es nöthig sei zu fliehen oder nicht. 2, 51; Nun ist ein Schlachtfeld | der R. zwischen mir und Edward’s Schwester. 28, 43 etc. —
b) in engrem Sinn: eine obrigkeitliche, zum Richten berufne Pers. (vgl. c), bes. so: richtendes Mitglied eines Gerichts (s. d. und Zsstzg.): R., daß sie das Volk richten mit rechtem Gericht. 5. 16, 18 etc.; Ich will mich nicht der Rechenschaft entziehn, | die R. sind es nur, die ich verwerfe. 412b etc. R–in für solche weibl. Pers. ist der Natur der Sache nach ugw.; insofern aber R., nam. in Zsstz., auch als Titel erscheint, findet sich für die Gattin die Bez.: Frau (s. d., Zsstzg.
a) Amts- und Stadt-R. od. -R–in etc. — c) (s. b) auch als Bez. obrigkeitlicher Personen, bei denen das Rechtsprechen nur einen Theil ihrer Befugnisse ausmacht, — so z. B. bibl. (s. s. v. r, vgl. 1. 8, 20 etc.) von den obersten Beamten an der Spitze des jüdischen Staats vor der Königszeit: Das Buch der R. etc. (s. 1, 104; vgl. Jd. 2, 114) = Herrscher etc. (s. 2, 10; 2, 3 etc. und a: die häufige Bez. Gottes als R.) und hier — wenn auch selten — fem.: Zu derselbigen Zeit war R–in in Israel die Prophetin Debora. 4, 4. Ferner auch sonst, wo versch. obrigkeitl. Gewalten in einer Person vereint sind, z. B.: Ihr seid gewiß der R. von diesen | flüchtigen Männern, der ihr sogleich die Gemüther beruhigt. | Ja, ihr erscheint mir heut’ als einer der ältesten Führer, | die durch Wüsten und Jrren vertriebene Völker geleitet etc. 5, 50, vgl. 3,33 und Zsstzg. wie: Bauer-, Bettel-, Dorf-, Friedens-, Land-, Markt-R. etc.
Zsstzg. mit Vors., s. die entspr. von richten; ferner mit Bstw., nam. — was unbez. bleibt — zu 3b, vgl. die von Gericht, leicht zu mehren nach den folg.: Āll- [2a]: = Gott. Alxinger D. 363; Du wirst es enthüllen, A–in Zeit. Grün Gd. 341 etc. —
Ámts-: s. Amts- und Einzelgericht. —
Bánk-:
1) Mitglied des Bankgerichts. — 2) [2] bei den Böttchern Richter des Bankhobels. — Bánn-: Kriminal-R. (vergl. Blut-R., -Bann). — Bāūer- [3c]: Schulze, Dorf-R., s. Gildemeister: Wir [Eingeseßne des Dorfs] haben außer einem B. keinen Vorsteher zu besolden. 1, 191; Unsre B. .., die gewisse Freiheiten genießen, welche mit ihrem Dienste währen und aufhören. 2, 199 etc. — Bérg-: s. 30. — Béttel- [3c]: Bettelvogt. 3, 3, 73c, s. Bettelkönig 2. — Blūt-:
1) Mitglied eines Blutsgerichts (s. Bann-R. etc.). 3, 102; 271; 1, 288; 454; 7, 47. —
2) Vollstrecker des gerichtlichen Todesurtheils (Nach-, Scharf-R), z. B.: B.! das Gericht übergiebt euch den Schuldigen; vollziehet euer Amt. 1, 359. — Būch- 1, 354), Bǖcher- Fat. 2, 299 etc.): [3a] Recensent. — Bǖhnen- [2a]: Theater-R., -Kritiker. — Búrg- [2c]: vralt. Burggraf, auf Rügen: Gard-R. — Chōr-. — Civīl-. — Dórf- [2]: Bauer-R. Kom. Op. 3, 2. — Drāht-: bei den Nadlern der den Draht grade richtende Arbeiter (s. Richtholz 2). — Ehe-. — Ēhren-: 1, 120, 14. — Eīgen- [3a]: Richter in eigner Sache. — Eīnzel-: ein Gegensatz zu Richterkollegien: In Strafsachen urtheilt über die niedern Fälle der E. unter Zuzug von zwei Schöffen zur mündlichen Schlußverhandlung und Urtheilsfällung. 15, 230; 15, 87b. — Erb-:
1) Schieds-R. bei Erbtheilungen, Erbschichter. — 2) Mitglied eines Erbgerichts. — 3) Erbgerichtsherr, Ggstz. Lehens-R. — Erháltungs-: (veralt.) Bann-R.: Von dem ehemaligen Blutbann des Grafens od. E–s. Ph. 2, 334. — Fāūst-: vralt., im Ggstz. zu dem das Recht mit dem Munde sprechenden Richter, der es mit der Faust vollziehnde Nach-R.: Es sei der Mund-R. od. F., welchen man den Scharf-R. heißt. 3, 315b. — Fêhm-: 10, 282b. — Féld-: Wo die Feldgenossen einen eigenen Feldschützen oder einen besondern F. haben, da hat der Fiskus Nichts zu thun. Ph. 3, 206, auch Flur-R. — Fórst-. — Frīēdens- [2c]: Jemand, dessen Amt es ist, Ruhe und Frieden aufrecht zu erhalten etc.: [Der selige Vogt] war der Vater und F. seines Kirchspiels. Ph. 1, 161; Albion, der meerumfloßnen Erde | gerechte F–in. etc., namentl. in England: erwählte, mit obrigkeitlicher Gewalt bekleidete Bürger. — Gárd-: s. Burg-R. — Gēīstes- [3a]: Affen, | die sich aufblähn zu stolzen G–n. Lied. 97. — Geschwōren-: Mitglied des Schwurgerichts, Schwur-R. — Gewált-: Mitglied des Gewaltgerichts. Mark. 1, 84. — G(e)rād(e)- [2]: Einer, der Etwas grade richtet. — Glāūbens-: in Glaubenssachen urtheilend, im engern Sinn = Jnquisitor (Ketzer-R.). 816a. — Grōß-: an einigen Orten = Ober-R. — Háls-. — Hándels-. — Hōf-: 28, 242. — Höllen-: in der griech. Mythol. die Richter über die Seelen der Abgeschiednen, s. Myth. 249 ff.; An Ernst den H–n gleich. 83; 5, 262; Fat. 2, 239 etc. — Hólz-. — Hórn- [2]: Grade- R. von Horn zu Kämmen. Fat. 1, 142; 2, 51 etc. — Hūben-, Hūfen-:
1) Mitglied eines Hufengerichts. — 2) Bauer-R. — Inquisitiōns-. — Kámm- [1]: Werkzeug der Wollkämmer zum Graderichten verbogner Kammzähne. — Kámmer-. — Kámpf- [3a]: Richter und Entscheider bei Kämpfen, nam. Wettkämpfen (vgl. Preis-P.): Qualificierte sich zu der Stelle eines Schieds- und K–s bei allen .. Händeln. 21, 195; Fat. 2, 239; Wird ihn der K. darum gleich .. für unüberwindlich ausrufen lassen. Luc. 5, 43; 6, 44 etc.; auch: Kampfes-R. Mar. 64. — Kȫnigs- [3c]: s. Königsleutenant. Bild. 2, 187. — Krēīs-. — Krīēgs-. — Krimināl-. — Kúnst- [3a]: Kritiker. 354b; Rh. 3, 68; 3, 376; 6, 263; 4, 1, 415; 4, 2, 349; 4, 246; 2, 79; In solchen Dingen sind Frauenzimmer unstreitig die zuverlässigsten K–innen oder vielmehr Natur-R–innen [natürliche, durch die Natur berufne]. 8, 343 etc. — Lánd-: Richter in einem Landgericht (s. d. a—d), — bes. = Landpfleger (s. d.). 3, 33; in Graubünden noch vor Kurzem: in dem aus drei Pers. bestehnden „kleinen Rath“ (der eig. Regierung) der den obern oder grauen Bund vertretende Regierungsrath (oder Straf-R.) und: Alt-L., gewesener L. Übertr.: Die kritischen Quartal- und L. [Recensenten]. 7, XIV. — Lêhen(s):
1) Richter in einem Lehensgericht (Mann-R.). —
2) s. Erb- R. 3. — Malefīz-. — Márk- [3c]: Der M., Ober- Erbexe oder Holzgraf. Osn. 1, 14. — Militǟr-. — Múnd-: s. Faust-R. — Mūsen- [3a]: vergl. Kunst-R. etc. 2, 244. — Nāch-: s. nachrichten 4. — Natūr-: s. Kunst-R. — Nīēder-: Unter-R. im Gegensatz zum Ober-R. 1; 2. — Öber-:
1) Präses eines Gerichts; höherer Richter: Der Kaiser bestellt den O., die Stände senden die Beisitzer [beim wetzlarschen Kammergericht]. 22, 94; Das heimliche Gericht. Sieben O. .., sieben Unter-R. 34, 145 etc. —
2) Mitglied eines Obergerichts: Daß der O. allemal die Rechtsvermuthung für den Unter-R. fassen müßte. Ph. 2, 155. — Orts-: O. nennt mich dieses Land Arkadien. 4, 3 (Schuldheiß 2). — Patrimoniāl-. — Pfāhl-, Pfálz-. — Prēīs- [3a]: unter Wettstreitenden die Preise bestimmend und vertheilend (s. Kampf-R.): Die ihm von den P–n zuerkannte goldne Medaille etc. — Quartāl-: s. Land-R. — Rēīchs-. — Rēīm- [1]: veralt. Bezeichn. des dem „Reimsetzer“ vorangehnden Anlauts, s. reich 2g. — Rēūten- [1]: s. Reute 3. — Schárf-: Vollstrecker der Urtheile des peinlichen Gerichts, namentl. der Todesurtheile (s. Blut-R. 2; Faust-, Nach-R., vgl.: Henker; Frei-Mann, -Knecht; Hämmerling, Hammer 16; Meister 3a; Büttel; Schinder etc.), z. B.: H. 2, 2, 144; 3, 130; 1, 94; 4, 2, 197; M. 5, 127; Pr. 1, 202 etc. — Schêmel-: Bänkelsänger, Sch. und wer sonst noch dieses Gelichters, Geschmeißes und Gezüchts sein mag. Gel. 64, — etwa [2]: der den Schemel oder die Bank für den Bänkelsänger hinstellende Gehilfe? — Schīēds- [3a]: Schiedsmann (s. d.): Sie sollen Sch. zwischen uns Beiden sein. 16, 308; 17, 161; Zur obersten Sch–in in allen Streitigkeiten. Ver. 89; Morg. 1, 80; Wollen wir sie [unsre Nichte] zum Sch. nehmen? 654a etc., zuw. — aus metr. Gründen — gedehnt: Schiedes- R. Febr. 170), -R–in 15, 123 etc.). — Schwūr-: Geschworen-R. Gschw. 2, 96. — Sítten-: über die Sittlichkeit der Mitbürger, der Mitmenschen zu Gericht sitzend, z. B. [3b] s. Censor und nam. [3a] vgl. Moralist: Von einzelnen strengen S–n Beifall erhalten. 4, 1205¹⁵); Eben darum ist billige Nachsicht gegen die menschliche Gebrechlichkeit die erste Tugend eines gerechten S–s. 35, 142; Sich zum S. aufwerfen etc. — Splítter [3a]: ein Splitterrichtender (s. d.): O ihr Tags- und Sp. [splitterrichtende Kritiker, Journalisten]. 3, 104; 3, 42; Sp. meiner jugendlichen Heiterkeit. NK. 2, 248 etc. — Sprāch- [3a]: Kritiker der Sprache — oder: in Betreff der Sprache. — Sprúch-: den entscheidenden Urtheilsspruch fällend, s. Mund-R. — Stádt-. — Strāf-: strafender Richter: In Gott etwas Anders als den St. des schändlichen Menschengeschlechts sehen. 32, 61 etc.; s. auch Land-R. — Stūhl-: Präses eines Gerichts, Ober-R. (1), namentl. in Ungarn. J. 1, 244. — Tāg(e)s- [3a]: s. Splitter- und Zeitungs-R. — Theāter- [3a]: Bühnen-R. — Tōdten- [3a]: der über die Todten zu Gericht sitzt, s. Todtengericht, Höllen-R. und z. B. von Gott: Einen sanften Spruch | aus des T–s Munde. 19b. — Universitǟts-: Tag. 4, 43. — Unter-: s. Ober-R. und vergl. unterrichten 3b. — Vérse- [3a]: Kritiker über Verse. 15, 227. — Wáld-. — Wélt-: Bez. Gottes oder Christi, auch: Welten-R. — Wínkel- [3a]: unbefugter und im Geheim auftretender Richter (s. Winkelgericht). 1, 149. — Zēītungs- [3a]: Kritiker, Recensent für Zeitungen. R. 9, 29, vgl. Tages-R. — Zént- etc.
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