reuen
Rēūen, tr. u. intr. (haben):
1) (vralt., mundart.) allgm. (s. 2) = schmerzen, jammern, leidthun etc., s. 3, 2; 2, 271 etc., ferner z. B.: So wollt ich ihn .. schmieren [prügeln], sein Leib müsst’ ihn r. lichingen 85; Den dieser mein Verlust mehr als sonst Alles reu. 229; Du reust alle Leute da, wo ihr seid [es thut ihnen leid, daß ihr wegwollt]. Sch. 8; So mir nichts dir nichts ihn fortzuschicken reue sie [Das möchte sie nicht, Das thäte sie ungern]. U. 1, 244; Die Kuh reut mich übel. 179 [ich verkaufe, misse sie ungern]; 1, 275; Wie mich die liebe Mutter reuet! [ihr Verlust schmerzt]. 92; Einer, der mich am meisten reuet [jammert, dauert]. 14b; So reut mich .. herzlich des edlen jungen Bluts Telemachi. 59b; Reun dich nichts als deine Stiefel und Sporn, | dazu deine guten Gesellen? | reun dich nicht mehr deine kleinen Kind? etc. V. 357. So noch allgem.: Sich Etwas r. lassen, s. 2a. — 2) (s. 1) heute hochd. gew.: Reue (s. d.) erregen (s. a) oder empfinden (s. b), in versch. Fügung:
a) zumeist unpers.: Etwas reuet (oder gereuet) Einen, z. B.: Da reuet’ es ihn [Gott], daß er die Menschen gemacht hatte etc. 1. 6, 6; Damit mich auch r. möcht das Übel, das ich gedenke, ihnen zu thun. 26, 2; 19; 18, 8; 42, 10 etc.; Sollte dich die edle Kühnheit r.? 35, 267; Dich reuet noch dein Necken! 393; Höhnen sie uns .., es reuet sie morgen. 11, 132 etc. Seltner (s. 1): Es reuete die Kinder Jsrael über Benjamin [das über B. Beschloßne]. 21, 6 und in gehobner Rede mit Genit.: [Es] reut ihn bald der Strafe. 2, 13; Es reuet mich dieses Spruches noch nicht. 3, 754³). Vereinzelt auch mit persönl. Dat. statt Accus.: Wo es ihm nur nicht bald reuet. 3, 303; Es reuet dir die That. Ros. 26b; Dem Rittmeister schien sein Versprechen zu r. Flor. 371 etc. — Dazu — auch im Sinn von 1 —: Sich Etwas r. lassen (s. d. 6b), z. B.: Du lässt dich des übels r. 4, 2; Laß dich die Thränen nicht reun, noch diese flüchtigen Schmerzen. 5, 88; Wenn man es sich nicht r. [s. 1 = leid sein, verdrießen] lässt, das Glas aus der Hülse herauszubrechen. 37, 123; Lassen Sie sich [der von mir Verwundete] diese Tropfen Blutes nicht r. 16, 339; Wie oft hab’ ich mich’s schon r. lassen, daß etc. 19, 166; So ist mir’s doch unmöglich, mich r. zu lassen, daß es geschehen ist. 21, 168; Weit entfernt, sich die That . . r. zu lassen. 35, 97 etc. —
b) veraltend persönl.: Ich reue [gw.: bereue Etwas], z. B.: Ob du recht gereuet und gebeichtet hast. 5, 222b; Reue ich, so etc. . .; reue ich nicht, so etc. 223a etc. U. zuw. mit Genit. statt Obj.: Daß er seiner Irrsal reu. 1, 457b etc. — Am häufigsten noch (in gehobner Rede) im Partic.: Reuend = Reue habend, reuig — und, wie dies, auch zuw. metonym. = von Reue zeugend etc., z. B.: Ich sterbe r–d. Leidw. 106; Dich Deiner Vermessenheit . . r–d zu erinnern. 1, 132; Eine r–de Thräne. 6, 503; Eine r–de und gehorsame Tochter. Samps. 3, 2; 5, 9; 8, 246; In den Schoß | der heil’gen Kirche r–d wiederkehren. 481a; Um meine Schuld dir r–d zu gestehn. Sich des r–den Sünders erbarmen. A. 2, 101; Warf einen r–den Blick in mein Leben. NKr. 2, 295 etc. Ferner bei Altern auch im substant. Infin.: Ihn aus R. des Volks [das ihn gewählt] zu entsetzen. 62a; Zu einem gewissen Zeugen seines wahren R–s. 3, 413³) etc.,ꝛwas freilich auch das schwzr. masc.: Der Reuen (s. sein kann (vergl.: Der und das Schrecken etc.). —
c) Reuer(in), nam. wie Büßer(in) zur Bez. von Mönchs- und Nonnenorden.
Anm. S. Reue u. über die Abwandl. z. B.: Die kein Müh noch Noth hatgerauen. 2, 157¹⁶).
Zsstzg.: Be-:
1) [1]vralt., mundartl.: Kein Thier, das seine erste Vermischung so sehr „berawet“ als den Menschen [ihm solche Unlust etc. erweckt], zu einer Anzeige des „berawlichen“ [jämmerlichen etc.] Anfangs etc. 90; So höhnisch Mancher auch mein stilles Lied bereut [bemitleidet]. 531; Worin Dir Niemand gleicht und Alles dich bereut [dich schmerzlich vermisst]. 88; Russische Weiber b. [beweinen] ihre Todten Reis. 6b. —
2) [2]:
a) gew. tr.: Etwas b., z. B.: So b. sie alte Sünden. 83 etc. (s. be-nach-r.), auch zuw. o. Obj.: Das Herz . ., | das in sich gehen und b. soll. 406a etc. —
b) (s. a) im Partic.: Eine bereute That etc. und verneint: Wo seid ihr hin, ihr unbereuten Freuden? 10, 131; 28, 37 etc. Daneben auch vralt. mit akt. Sinn: Bereut [mit Reue versehn, reueerfüllt, reuig, s. † Be] sein. 1, 416b; 5, 223a; 226b etc. und verneint (sich zuw. mit dem Pass. berührend): Was ihr Muth erstritten, | wird unbereut [ohne daß es bereut wird — oder: ohne daß man es bereut] Verdiensten zugewandt. 1, 15; Gäb er euch unbereut für Silberschiffe hin? 1, 22; Er drücket unbereut den Dolch ihm in die Brust. 125 etc. — b) vralt. unpers. statt ge-r.: 10; 1, 50b; 1, 608c etc. und noch: Der Abend, der ihn [gew.: den er] nicht bereut. 56. —
c) veraltend refl.: Wer sich bereut. 764. —
3) (s. 2a) Zur Bereuung des Gelübdes. 5, 210; Zwischen leichtsinnigen Ausschweifungen und schwermüthigen Bereuungen schwankend. 1, 232. — Ge- [2a]: gw.: Etwas gereuet Einen: Also gereuete den Herrn das Übel. 2. 32, 14; Es möcht das Volk g., wenn etc. 13, 17; Gereuet es ihn. 27, 3 etc.; Den es bitter gereute. 5, 211; Laß dich’s nicht g.! 13, 165 etc. und mit Genit.: Es gereute mich bald des verkümmerten nüchternen Lebens. 4, 1192 ⁷); Doch war uns dieser Handlung schier g. Gs. 4, 648 etc. Daneben nicht selten mit persönlichem Dativ statt Accusativ: Doch kann es Jhnen nicht g. .. Es gereuet mich auch keineswegs. G. 1, 336; Ob ihr Dieses nicht gereut. 9, 613; 1, 159; Daß es ihm wohl g. mochte, vor mich getreten zu sein. 28, 71; 4, 2, 313); A. 2, 197; 3, 2, 55; Daß euren Mädchen nicht | einst der Sieg gereue. 3, 119; Ros. 279a; Fr. 563[1]; V. 1, 10; Den tapfersten Magen hat die Zeit, | ihr nimmermehr ein Essen gereut [1]. 16, 334; Bank. 2, 32; 251 etc. — Nāch-: z. B.: Das wird dich n. [reuen] und in Doppelzsstzg.: [Etwas,] das wir be-n. müßten. Br. 1, 308.
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