reimen
Rēīmen, refl. u. zuw. o. Obj. oder intr. (haben):
1) (s. Reim, Anm.):
a) tr.: Etwas mit einander in Einklang bringen, einen vereinigenden Zusammenhang finden und begreifen (vgl. zusammen-r. 2): Der Dinge r. will, die einmal nicht passen. Br. 1, 523; Welches ich mit seiner übrigen .. Aktivität nicht recht r. kann. Sch. 1, 176; Er wußte sich diesen Gegensatz nicht zu r. R. 1, 203; Also meinet er, die Worte Petri mögen sich auf beide [Priesterschaft] r. (s. b) und sei die Fahr nur, daß man sie auf die rechtschaffene reime [beziehe, anwende] und mich strafet er, ich reime sie nicht recht. 1, 369b; Eine wunderliche Auslegung, die ich nicht könnte . . hieher r. 5 535b; Ich kann diesen Widerspruch nicht r. 425b 265b; 1, 86; Man sieht [träumend] Gebild’ und reimet | die Schattenbilder kaum. 3, 216; Wer Dies mit der Natur der Seele r. kann. 25, 36; Wie ist es zu r., daß etc.? = wie lässt es sich r., daß etc.?, s. b, ferner d. — Als Verallgemeinerung von 2 aufgefasst: Dinge, die er nicht bequem r. konnte, vielleicht weil die Natur bloß Assonanzen machen wollte. 127 etc. —
b) (s. a) refl.: in Einklang, Übereinstimmung sein; (zu Etwas) sich schicken, fügen, passen, stimmen etc., z.B.: a) allein: Eine Rede, so zur Unzeit geschieht, reimet sich eben wie ein Saitenspiel, wenn Einer traurig ist. 22, 6; Das [diese Erdichtung vom Riemen] riemet sich wohl, aber es reimt sich nicht. EfA. 1, 308; Wie sichs reimt [vgl. 2] und klappt (s. d. 1e). Sh. 61, wie sich’s gehört; Es möchte der Behelf ferner[er] Ausrede sich nicht r. [ziemen]. 1, 476b; Gleichnisse, die sich besser reimten etc. 5, 469a; Es reime sich nicht, daß man einen neuen Rock mit alten Lappen flicke etc. 6, 477a; Wie reimet sich’s, daß etc.? 8, 15b; Wie kann sich’s r.? wie ist’s möglich? 179b etc., s. a. — 8) Daß dieser Spruch nichts zu ihrer Sache dienet, noch sich daher reimet. 218b; Dieser Spruch, der sich ebenso fein [iron. = wenig] dahin reimet. 237a; Darum reimet es sich wohl hieher. 6, 147b; Kein Platz . ., dahin er sich nicht reime. 2, 323 ) etc.; Sich her-, hin-r. — γ) selten mit pers. Dat.: Wie der Schnee im Sommer und Regen in der Ernte, also reimet sich dem Narren Ehre nicht. 26, 1. — Oft mit Präpos., z. B.: d) Den Lappe vom neuen reimet sich nicht auf das neue [Kleid]. 5, 36; Daß seine .. Sentenzen sich auf einer jeden Zeit .. Gebräuch, Sitten und Institut so eigentlich „rewmen“, als wär in so langer Zeit keine Änderung nie geschehen. VII; Das [diese Angabe] reimet sich nun auf Winterthur und gar nicht auf Konstanz. 397a etc., s. ε und d. — ε) Wie wollte sich nun Konstanz in diese Ordnung zwischen Pfyn und Windisch r.? ebd.; [Diese Erdichtungen] r. sich in die Schrift, wie Leben und Tod sich zusammenfügen. 1, 370a etc., s. d. — g) Sein Leben reimet sich nicht(s) mit dem andern. 2, 15; Wie reimt sich Das mit der heutigen Amphibiumsorganisation? Es reimt sich eben nicht damit. gB. 1, 197; So lange sich alles Dies mit ihrem Gewissen und ihrem Gefühl reimt. Br. 1, 502; 5, 3a; Wie können Tod und Tanz sich mit einander r.? 1, 243 (vergl.: Es können Tod und Tanz sich wohl zusammen-r. 244) u. v., dagegen ugw.: Es will sich mit mir [= mit meinem Verstand etc.] nicht r., daß der Zinskauf solcherweise billig sei etc. 1, 194. — η) Zähne, die sich zu solcher Größe reimten. 119; Der Spruch reimet sich ebensowohl zu diesen zwei Sinnen .. als Emser’s Kopf sich zu der Philosophia .. reimet. 1, 379a; 392b; 5, 164b; Das wird sich aber Alles nicht zur .. Wahrheit r. 392a etc., s. d. — ) sprchw. zur Bez. des nicht Passenden: Es reimt sich zur Sache, wie –— ein alt Weib zur Hasenjagd, — ein Haspel zum Sacke, — ein Pflug zum Fischergarn 5044); wie ein Faustschlag oder wie ein Faust auf ein Aug 1, 156), ins Aug B. 54a) etc., ferner imperativisch, z. B. bei Alteren: Reim dich Eisenhut am Fuß. Garg. 6, s. als Schildrung verkehrter Rüstung: Die Eisenhüte haben sie an den Füßen, das Schwert auf dem Kopf. 1, 262b etc.; Reim dich, Bundschuch [etwa mit dem urspr. Zusatz: am Kopf]. 2, 441b; 3, 81b; 242; Das heißet: reim dich, Bundschuch! wann der Knecht will besser sein als der Herr. EfA. 1, 319 etc., auch: Reime dich die Treppen hinab! 6, 323a etc. und heute gw.: Reim dich oder ich freß [„friß“. 2, 176; 3, 86] dich, zumeist (s. 2) von schlechten Gedichten, in denen gezwungen Unpassendes verbunden ist. —
c) zuw. intr. = b, z. B.: Daß es wohl mit einander reimte. SW. 1, 206 etc. —
d) im Partic.: gereimt = sich r–d, passend etc., z. B.: Die artigen und „gereumbten“ Gleichnisse. Lthr. 136a; Pr. 196 etc., versch. 2b und der Zweideutigkeit halber häufiger in der Verbind. wohlgereimt und bes. oft im Ggstz.: Ungereimt = ungehörig u. unpassend; voll innern Widerspruchs; ohne Zusammenhang und Sinn: absurd, albern, dumm, abgeschmackt etc., z. B. (vergl. unreimisch): Solches ganz außer der Zeit liegende Ansinnen würde .. als dreist und ungereimt mir selber in dem Urtheile des Mannes schädlich sein. Denkw. 5, 63; B. 39a; Wenn der Orientale, seltsame Wirkung hervorzubringen, das Ungereimte zusammenreimt. 4, 205; Wer Vorgesagtes in Gedanken festhält . ., wird nachstehendes Abenteuer weder unwahrscheinlich noch ungereimt finden. 25, 172; Von der seltsamsten Bauart und mit den ungereimtesten Figuren bedeckt. 30, 105; 181; Es sei ungereimt, zu glauben, daß etc. Krit. Dichtk. 203; Gar „ungereumbt“. 3, 556 ⁴²); 4, 481; Also flicken sie auch an diese Sache andere ungereimte Sprüche. 6, 348a; Jst Nichts so ungereimet .. gewesen, das wir nicht geglaubt. SW. 60, 254; Ph. 1, 69; Morg. 314; 321; 1, 25; 93; Die ungereimten Hasenpossen. 2, 189; Kann wohl was ungereimter sein, als zwei | Unsinnige, die um Dasselbe buhlen? 241b; Alles, was ungereimt ist, als belachenswürdig darzustellen. 7, 181; Beispiele, daß etwas ungereimt Scheinendes bei wachsender Einsicht wahr befunden worden und also aufgehört hat, ungereimt zu sein. 182; 133; Seinen fünf Sinnen und dem Menschenverstande zu Trotz sich ungereimtes Zeug in den Kopf zu setzen. 9, 47; Wir [Venus und Amor] brachten .. ungereimtre Sachen | zu Stand als Dies. 10, 48 [unglaublichere etc.]; Dem allgemeinen Ohr, wofür der Dichter spielt, | mißfällt die Wahrheit oft, das Ungereimte selten. 12, 158; Noch „ungeräumtere“ Nachforschungen. 13, 139; 14, 74; Das Ungereimteste, was du ihnen andichten kannst. 208; 18, 42; Der eine Menge erstaunlicher und, wenn ich frei herausreden darf, unglaublicher, ja sogar äußerst ungereimter Dinge von ihm erzählt. 98; 24, 72; Sich von den ungereimtesten Hirngespenstern täuschen lassen. Luc. 1, XXXII; 194; 4, 351; HB. 1, 16 etc. —
e) zu d Fortbild. auf heit, theils abstr. (o. Mz.), theils konkret, z. B.: c) Ein wahres πν [All] ist dieser Mann [Hamann] an Gereimtheit und Ungereimtheit [s. γ], an Licht und Finsternis. Auserl. Briefw. 1, 446. — ) Nach den Regeln der Dauerhaftigkeit und der Wohlgereimtheit das Gebäude zu vollführen. SW. 1, 164; Einheit im Mannigfaltigen und Wohlgereimtheit in dem Getrennten. 196; 200; Wenn daraus die übrigen Nutzen und Wohlgereimtheiten fließen. 202; Morg. 159 ꝛc — γ) Irrthümer, Un- gereimtheiten. 4, 205; Sie zu den lächerlichsten und unglaublichsten Ungereimtheiten verleitet. 8, 381; Er nannte die Ungereimtheiten seines Verstandes Mysterien Gottes. Voln. 57, 156; Warums, die ihm die Ungereimtheit [gleichsam person.] beantworten mag, die sie ihm eingab. 32, 13; An Albernheiten, Beschränktheiten, Widersprüchen und Ungereimtheiten. 214; Überzeugen von der Ungereimtheit meiner Forderung kannst du mich nicht. Ad. 22; Gewebe übel aneinanderhangender Ungereimtheiten und Verfälschungen. 4, 59; 137; 11, 186; 553; Eine so possierlich häßliche Mißgestalt. .. Welches mit der Ungereimtheit seiner Gestalt aussöhnt. 24, 266; Die ungereimtesten Erzählungen. .. Der Glaube an diese Ungereimtheiten. 18, 65; 7, 186; 8, 203; 9, 61; 14, 26; 115; 22, 60; 25, 56; 27, 55; 34, 110; HB. 2, 186; Luc. 4, 52 etc. — 2) (s. 1) in besondrer Anwendung auf den Reim (s. d.):
a) Etwas reimt oder reimt sich, bildet einen Reim klingt, im Ausgang gleich, z. B.: Verse müssen sich r. etc. 4, 723 ¹³); Ob sich gleich auf „deutsch“ Nichts reimet, | reimt [s. b6] der Deutsche lustig fort. 1, 119; 249; Daß nicht allein Pentameter mit Pentameter, sondern auch jedes Hemistichion mit dem andern reimet. 6, ..; [Daß er] kein glückliches Wort erzwinget, | das hinten r. muß. 2, 7; Es lebe, was sich reimt! 8 etc. —
b) Jemand reimt, er macht Reime, und zwar: α) bloß in Bezug auf den Gleichklang von Wort- oder Versausgängen: Dieser Dichter reimt rein, richtig, unrein, schlecht etc., reimt „todt“ und (oder auf, mit) „Gott“ etc.; Der „Löwe“ gar auf „Schläfe“ reimt. 4, 143; Wenn Jemand „Schoße“ reimt auf „Rose“. 2, 1309 ²²); Kein Niedersachse wird r. „ihr aßt“ und „ihr blast“. 1, XVII; Nach der Niedersachsen Mundart kann .. gereimet werden „cks“ mit „x“. XVIII etc.; Viele r. nicht [schreiben reimlose Verse]. 2, 8 etc., s. d. — 8) (s. Reim 2) = dichten, doch — eben weil das Außerliche als Hauptsache dabei hervortritt, meist mit mehr oder minder tadelndem Sinne (vgl. Reimer etc.): Nun hab ich gnug gereimt! 2, 106; Wir hören und r. | .. und, wenn es uns glückt, | .. so sind es Gedanken. 11, 104; Singen und R. hat .. seine Zeit. 8, 16b; Das seelenlose R. 1, 193; Sonette, pfui! reimt nur ein Reimerling. Sh. 2, 481etc. —
c) übrtr., außer 1a (s. d., am Schluß), z. B. auch: Die Sänger r. gut mit ihren Klingen. | Für jede Wunde, die den Einen traf, | muß neu hervor das Blut des Andern springen. A. 150. —
d) im Partic.: gereimt zu bα = (sich)r–d (a), z. B.: Gereimte, gut, rein, schlecht gereimte Verse; Schwergereimte Ode. 4, 113 etc.; Un- gereimte Verse, wofür es (vgl. 1d) unzweideutig heißt: Reimlose. Selten ist hier (vgl. 1e) die Fortbild. auf heit, z. B.: Im Französischen ist Gereimtheit [gew.: der Reim] unerläßliche Bedingung für Verse etc. Seltner zu bó: Das Weitläufige und Gereimte. 1, 303, was nur durch den Reim, nicht durch den eig. Gedanken im Gedicht entstanden ist. —
e) dazu: Reimer (s. u.); selten (außer Zsstzg.) Reimung.
Zsstzg., nam. zu 2b (was unbez. bleibt), vgl. die von dichten, singen etc., z. B.: An-: Einen a., reimend ansingen, vergl. be-r. —
Āūf-: s. aufräumen. —
Be-:
1) Jemand oder Etwas b., zum Ggstd. des Reimens machen: E. 46; 3, 145; Reis. 2, 79; Ep. 1, 4; Sh. 3, 71. —.2) mit Reimen anfüllen: Dies bereimte Blatt. 4, 65. — Dúrch-: durchgängig reimen, den Reim durchführen. — Er-: z. B.: Sich ein Vermögen e. (oder zusammenr.), aber auch: „Seid ihr so verliebt, wie eure Reime vorgeben?“ Kein Reim kann e. [erreichen etc.], wie sehr. Sh. 3, 82. — Fórt-: fortfahren zu reimen. 1, 119. — Hêr- etc.:
1) [1b 8]. —
2) z. B.: Sich in die Gunst der Frauen hinein-r. [reimend hineinbringen]. Sh. 7, 180. — Vōr-: z. B.: Alle die feinen Dinge .. dem Leser vor-zu-r. 15, 75, in Reimen vortragen. — Zusámmen-:
1) Ein Gedicht z. etc. (vgl. er-r.). —
2) [1]
a) tr.: Wie mag es der Künstler mit dem Zwecke der Kunst z.? Ans. 1, 133; Was ich gesehen, kann ich nicht z. 20, 223; Bin ich von Sinnen? Ich reime, dächt’ ich, doch noch so ziemlich zusammen, was zusammengehört. Gal. 4, 5; Das schwatzt! Der Teufel mag das Ding z. 5, 140; Etwas .., das ich mit deinem Charakter nicht recht z. kann. 17, 68 etc. —
b) refl.: Wie reimt sich Das zusammen? 222; Soviel Böses und Gutes auf einmal reimt sich schwer zusammen. 308b; 5, 469a; 1, 244 [s. 1b]; Ein junges Weib, ein alter Mann | zusammen sich nicht reimen wohl. 176 etc. —
c) intr.: Aus widrigen und übel z–den Gerüchten. Rh. 3, 144.
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