Reif
II. Rēīf, m., –(e)s, –en; –e, –en; –chen, lein; -:
1) etwas sich rund (kreisförmig) um Etwas Schlingendes; ein schmaler Cylinder, der Etwas umgiebt, es zusammenhaltend, verzierend etc. (vergl. Ring und nam. — s. Anm. — Band II 5 1—o), z. B.:
a) gw.: Bänder, Ringe: wie sie die Böttcher um Holzgefäße (Fässer, Tonnen etc.) legen, die Dauben zusammenzuhalten (Faß-, Tonnen-R. etc.): Hölzerne, eiserne R–en; Einen R. ums Faß legen, antreiben etc.; Wann die R–e an einem Faß nicht sind wohl angetrieben. EfA. 1, 411; 413; Die kleinen Band heben [halten] die R., die R. heben das Faß. Ameis 49 etc. - Übrtr.: Er wird so lange an den R–en klopfen, daß einsmals dem Faß der Boden ausspringen möcht. 6, 7a; Sonst wird die Möncherei beide, Spund und Boden mit Dauben und R–en verlieren. 26b; Natur .. sorgt, daß der R. nie springet | .., bis den Bau der Welt | Philosophie zusammenhält. 98a etc., ferner: Kaum wollten die eisernen R–en der Hof- etikette genügen, den brausenden Geist zu fesseln; auf Wildenstein aber, wo die R–e Kränze waren, hatte Frau von Nolly einen schweren Stand. N. 2, 240 etc. — Hölzerne Faß-R–en zu anderm Zweck verwandt, z. B.: Seiltänzer etc. springen durch R–en; Kinder spielen mit R–en; werfen den R.; schlagen (treiben) den R., schwzr.: sie reifeln; R–en zu Kränzen, Laubgewinden etc. (s. b, ferner: R–en-Tanz, Reifener etc.), nam. auch als Zeichen von Trinkstuben, Kneipen: Wie daselbst gemeinlich ein R. oder ein grüner Kranz oder Kant aushängt, anzuzeigen, daß dies Haus ein Wirthshaus. B. 89b; Wo der Wirth den R. aufgesteckt. V. 1, 319; Es steckt kein Wirth einen R. aus um eines Gastes willen. 1, 161 etc. —
b) (s. a) hölzerne Faß-R–en oder gew. statt deren, R–en aus Fischbein, spanischen Rohr etc. (Fischbein-, Rohr-R–en) zum Aussteifen der „R.-Röcke“ etc.: Kein neidischer R., | kein schleppender Schweif | versteckt .. dein ..Füßchen. Kom. Op. 3, 223; Rippen und R–en der Krinolinen. DFam. 1, 23. —
c) (s. a und d) Eine Radschiene. .. Der eiserne R. 23, 246. —
d) = Band II 5m (s. d.), nam. bei Kanonenröhren die umgebenden Ringe zur Verzierung und Verstärkung, s. Fries II 2 und Zsstzg., so: Kanonen-, Boden-, Mittel-, Hinter- (oder Kammer-), Kopf- (od. Haupt-, Mund-)R. —
e) (vgl. d) eine Verzierung cylindrischer Körper, z. B.: Ein Blumentopf | von rothem Thon mit goldnen R–chen. 2, 1107). —
f) (s. e) Bauk.: Verzierung von Säulen (vrsch. 6), z. B.: Alle Säulen um den Hof her sollen silberne R–e [„R–en“ und silberne Knäufe .. haben. 2. 27, 17; 10; 36, 38 etc., s. nam. 4, 80a; 2, 432, vgl. Stab. —
g) (s. e) Fingerring, z. B.: Zog ihm vom Finger den Trauring, | .. nahm den Ring der Mutter darauf und verlobte die Kinder, | sprach: noch einmal sei der goldenen R–en Bestimmung, | fest ein Band zu knüpfen etc. 5, 90; Das goldne R–chen. .. Auf einmal sprang der goldne R. .. vom Finger. 19, 82; Der Ring macht Ehen | und Ringe sind’s eine Kette machen. | Bringt seiner Hoheit dies Geschenk. Es ist | noch keine Kette, bindet mich noch nicht, | doch kann ein R. draus werden, der mich bindet. 416b; 495a; Ein rosenrother Stein im goldnen R. 210; Zieht vom kleinen Finger | ein R–chen ab. 10, 69; 20, 67 etc., Finger-R. —
h) (s. g) Diadem (s. d.): Um seine blondgelockte Stirne wand | der Herrschaft Zeichen sich, ein goldner R. 4, 24; Zwar hat der Ahnen würdiges Verdienst | die goldnen R–e längst geflochten. 10, 261; Möcht . . | kein toller Sohn den R. nach weisem Vater tragen! Rost. 53a; b; Um seine Kinderstirn | den goldnen R. der Herrscherwürde tragend. 573b; 560a etc., Stirn-R. —
i) Kochk.: cylindrische Form für Mehlspeisen etc., bei auch = Käseform. — k) Artill. = Sturmkranz (s. d.). —
1) bei Paßgläsern (s. d.) etc. = Paß 5a, z. B.: Die dreireifige Kanne soll zehn R–en halten. Sh. 8, 127 etc., vergl.: Er leert auf einen Zug sein R.-Glas. 4, 141. — m) Kriegsk.: am cylindrischen Theil der Spitzkugeln (s. d.) eine ringförmige Vertiefung zur Aufnahme des Pflasters (s. d. 1e). 2, 86, vgl.: Die mit Pflaster .. geladenen einreifigen Geschosse. ebd. — n) Pferd.: s. Ring 2t. — o) weidm.: So der edle Hirsch gerade mit der hintern Schale in die vordere tritt, so bleibet oft ein R–lein darum stehen [in der Fährte] etc. 1, 10a und ähnl. Anwend. mehr. — p) in der gehobnen Spr. zuw. nur: etwas Kreisförmiges, Ringel etc., z. B.: Hinsaust die geschleuderte Kugel | im ungeheuren R. Heim. 106; Der Tiger .. | schlägt mit dem Schweif | einen furchtbaren R. 70a; Geklemmt von ihres [der Schlangen] Leibes R–en. 31a, indem sie sich ringelnd ihn umschlingen. — Ferner in einigen techn. und mundartl. Anwend. (zum Theil viell. andern Stamms), so nam.:
2) Schlosser.:
a) (s. 1d) Eisenbeschlag um Kasten, Kisten etc.: Beim Schlosser, wo er die R–e um die Kiste schlagen ließ. Gv. 233. —
b) der Rand und die Schweifung des Schlüsselbarts und die diesem entsprechenden Bleche im Eingericht. — 4) Art Schneeschuhe (s. d.): Gehen die Weidleut auf R–en über den Schnee etc. 610a; Schnee-R. 2, 268, wonach die Schuhe an R–en (1a) befestigt sind. — 4) mehrfach als Maß, z. B.:
a) für Brennholz (vergl. Faden 5c und 3, 481: rep, dazu repen Holz — mit einem Seil oder einer Kette — messen und: reper, beeidigter Holzsetzer): Der (das) R., Wald-R., Holzmaß von fünf Schuh Höhe und fünf Schuh Breite. 3, 60; Die Holzkarren sollen grade einen Würzburger Stadt-R. Holz fassen. ebd. —
b) = Legge (s. d.): Ein Stück Leinwand zum R. tragen, damit der Reifer dessen Länge messe. ebd. —
c) Ein R. Froschschenkel = ein Bund, gewöhnlich 25 Stück, auch ein Wiedlein (s. d.). ebd., vgl. 4, 31 u. Band II 5o. — 5) Kürschn.: die Seiten an einem Fuchsbalg. — 6) Rille, hohlrunde (halbcylindrische) Furche, mit der häufigern Nebenf. Riefe (s. d.), z. B.: R–en [vrsch. 1f] einer Säule = Kanelüren, Krinnen; R–en des Büchsenlaufs [Züge]; Gereiftes Tafelglas .. mit parallelen oder auch spitzwinklig sich kreuzenden R–en. 2, 157 etc., auch in Ez. fem.: Reife (s. d. 2a).
Anm. Ahd., mhd. reif. Die wahrscheinl. Grundbed. ist noch erhalten im niederd. Reep (s. d.) = Seil (zuw. auch in der Form R., s. 2, 104), vergl. in derselben Bed. altnord. reip, ags. rap, wie goth. raips, Riemen, s. 3, 496 und 3, 60, — also zunächst wohl (s. 4a und Band II 51 ff.): das um Etwas geschlungne Seil, vgl. auch Rebe (s. d., Anm. als die sich schlingende Ranke und Rebschnur 3, 5 und 61; = Bindfaden. — Die Formen s. o., nam. 1a und 1f; es findet sich auch zuw.: Der Reifen, des Reifens.
Zsstzg. leicht zu mehren und zu verstehn nach den folg. Bsp., vgl. nam. Zsstzg. von Ring, z. B.: Án-: der beim Reiftanz (s. Schm. 3, 59) den Anfang bildende (erste) Reif: Diese Paare tragen alle nach hinten zu in zwei Kettenreihen großbogige mit Buchs dicht umwundene Halb-R–en, welche den Reigen ketten und retten, so zwar, daß den Reifenzug ein mit blauen und weißen Bändern ausgezeichneter Buchsbogen eröffnet. Dieser A., der obenein mit einem schwebenden Apfel in der Mitte versehen ist, tanzt nicht mit, sondern bildet das Thor des An- und Abzugs, ebenso das Merkzeichen des Anfanges, der nicht aus den Augen gelassen werden darf. Alle Reigner oder Reifener etc. Grube 3, 297. — Bánd- [1a]: um Fässer etc., der größern Haltbarkeit wegen mit gespaltnen Weidenruthen umwunden. — Bāūch- [1a]: um die bauchige Rundung in der Mitte des Fasses, Mittel-, Zwing(el)- R., im Ggstz zum obern Hals-R. und zum untern Boden-R. —
Bléch-: z. B. [1i]. — Blūmen- [1a]: blumenumwundner Faß-R.: Die Zimmerleute . ., ihren reichen Kranz tragend, der aus vielen stufenweise über einander schwankenden Laub- und B–en zusammengesetzt war. G. 15, 118. — Bōden- [1d] und [1a]: s. Bauch-R. — Dóppel-. —
Drāht-: aus Draht, z. B. die Drahtbündel umspannend und zusammenhaltend. Scheuchenstuel 48. —
Eīsen-: z. B. [1c]. — Fáß- [1a]. — Finger- [1g]: Daumer H. 1, 251 etc., auch: ein offner, reif-artiger Fingerhut. — Físchbein- [1b]. —
Góld-: nam. [1g]: Zwei G–e .. Das Ringelchen. Mügge Erl. 1, 271; W. 20, 264 (vgl. 282) etc. und [1h]: G. blitzt um ihre Stirne. Fouqué Dr. 1, 21; Koner GrR. 2, 247 etc. —
Hálb-: z. B. s. An- R. —
Háls-: s. Bauch-R. und Haupt-R. 2. —
Hāūpt-:
1) [1h] Stirn-R. — 2) von mehrern zusammengehörigen Reifen der äußerste, so nam. = Halsband (2a und b), s. [1d]. — 3) ein hauptsächl. Reif, z. B. der An-R. beim Anfang etc. — Hínter-: z. B. [1d]. — Hólz-: hölzerner, nam. [1a]. — Kámmer-[1d]. — Kanōnen-[1d]. — Kásten-, Kísten- [2a]. — Kópf-: Haupt-R. — Kránz- [1a]: vgl. Blumen-R. — Lāūb-: s. Blumen-R. — Mittel-: z. B. [1d]; [1a], s. Bauch-R. etc. — Múnd- [1d]. — Nōth-: ein als Nothbehelf zum Zusammenhalten angewandter Reif [1a], s. Platt-, Schrauben-R., — auch übertr. (vgl. Nothnagel 2): Wie . ., wenn ich .. einen andern N. angriffe, der .. schon manchen leck gewordenen Reisenden in seinen Fugen gehalten? 4, 143. — Plān-, Plāū-: s. Span- R. 2. — Plátt- [1a]: platter (d. h. breiter) eiserner Noth-R. — Rād- [1c]. — Rōhr- [1b]. — Schnēē- [3]. — Schrāūben- [1a]: ein mit Schrauben zugezogner Noth-R. — Spánn- [1a]: z. B.:
1) ein Reif, womit die Dauben eines Fasses in der Rundung ausgespannt erhalten werden, ehe der Boden eingefügt ist. — 2) bei Planwagen die Reifen, worüber die Planen (s. d.) gespannt werden: Zwischen den Sp–en der Plaue. 1, 2, 218 etc., auch: Plan-, Plau-, Wagen-R. — Spríng- [1a]: zum Hindurchspringen etc., vergl. Tanz-R. — Stádt- [4a]. — Stēg-:
1) Steigbügel (s. d.), z. B.: Ohne St. in den Sattel springen. 738; Einem den (linken) St. halten B. 136a; SW. 60, 258; 1, 23 etc.); Der muß fort, und hing er dem Kaiser am St–en. B. 265b; Wann er sich im St. [aufrecht] stellt. Garg. 177a; Das sind die Staffeln und St., | darauf man zum Lob steiget steif. 2, 154¹); Setzte er seine Füße in die St–e, damit er festsitzen konnte. V. 1, 441; Reiten ohne St. Germ. 2, 223) etc., daneben: Steig-R. 3, 904²⁰); 6, 167b; 2, 209 etc. — Dazu:
a) Sich des Sattels oder des St–s 1, 185), sich St–s 2, 33³⁵), sich aus dem St. Speir. Chr. 5, Kap. 92; SW. 60, 27), sich im St. 3, 32931; n., von den Raubrittern (s. d., vgl. Heckenreiter) im Mittelalter etc., so auch: Die Ritter aus dem St. H. 1, 2, 329 etc., vgl.: Ein St.-Ritterthum zu treiben. BB. 101 etc. —
b) Er befahl seine Pferde, gab . . Anweisung, was er einpacken .. solle, und so, wie schon im St–e, setzte er sich hin und schrieb. 15, 129, gleichsam schon mit einem Fuß auf dem Pferd etc. So nam. häufig: Aus dem St., von Dem, was ohne Vorbereitung und vorhergehnde Überlegung nach Eingebung des Augenblicks erfolgt (s. improvisieren), z. B.: Dichter aus dem St. Jt. 1, 114; Ver. 2; 15, 175; 16, 138; 17, 314; 316; Diesen Einfall, diesen Vorfall aus dem St–e. 18, 222; 226; Es ist nicht aus dem St., was ich spreche; ich habe Zeit gehabt, zu denken. 19, 154; 20, 76; Um die er aus dem St–e wirbt. 165; 197; In sittlichen .. Dingen .. mag der Mensch nicht gern Etwas aus dem St–e thun; eine Folge, woraus Gewohnheit entspringt, ist ihm nöthig. 21, 90; Manche kleine Reise verabredet, ja oft aus dem St–e unternommen. 247; 25, 151; 27, 316; 331; 28, 60; 65; 32, 355; 39, 230; 439 etc.; 11, 201; Luc. 6, 71 etc., und 149b = fertig, gewandt etc., — auch zuw. gradezu als Bez. des Improvisierten: Für das Aufgeschriebene und für den Stegereif haben sie [die Schauspieler] Ihresgleichen nicht. Haml. 2, 2 etc. und bei (s. v. Jmpromptü), so: Stegreifer, was aber bei Älteren = Kamaschen, s. 3, 60. —
2) (veralt.) ein Werkzeug der Schuster: Den Leist, das Klopfholz, den St. 973b (Knieriem?). — Stírn- [1h]. — Tä́ndel-: z. B. [1g]: ein werthloser Ring, wie er auf dem Tändelmarkt (s. d.) zu kaufen ist: Sie hat ihren und ihres seligen Mannes goldene Trauringe gegen einen T. von schwarzem Gußeisen eingetauscht. 10, 72). — Tánz- [1a]: zum Tanz dienend, s. An- R. — Tónnen- [1a]. — Trāū-, Verlōbungs- [1g]. — Wāgen-: s. Spann-R. 2 und Rad-R. — Wáld- [4b]. — Wérf-, Wúrf-: Faß-R. zum Reifwerfen (als Spiel). — Zírkel-: zirkelrund, z. B. [1h]: Der Z. | von Gold, der meine Stirn umschließen soll. Rich. III. 4, 1. — Zwíng(el)- [1a]: Bauch-R.
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