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Rath
Rāth, m., –(e)s; Räthe; Räthchen, lein; -, –s-:
1) Das, womit Jemand zum Bedarf versehn, versorgt, ausgestattet, ausgerüstet ist, s. nam. Schm. 3, 147; 148, im Allgem. veralt. außer in einigen Zsstzg. und Ableitungen (s. Vor-, Haus-R., Un-R. 3, Heirath, berathen 1; Geräth, Geräthschaft, räthlich, rathsam etc., Grade III, ferner auch Honig- und Wal-R.) und in einigen Verbind., zum Theil mit besondern Nüancen (vgl. die folg. Nummern), so nam.:
a) Etwas, das Seinige etc. zu R. halten, sorgsam und sparsam (haushälterisch, wirthschaftlich, nicht verschwenderisch) damit umgehn, so daß man für den Bedarf versorgt ist und bleibt. Sir. 19, 1; Kurz Weihn. 83; Sch. 905a etc., vgl. räthlich 3; rathsam etc. Vralt. auch: Sein Gut in R. bringen, in tüchtigen, guten Stand der Fülle etc. Sir. 36, 26, vgl. gerathen und: Daß eure Sache wieder in R. und gut Wesen kommen mag, s. Haltaus 1503 etc. und als Ggstz. Un-R. 2; Wer sich an Gott lässt [hält, auf ihn verlässt], Deß Ende wird gut R. [wohl versorgt, selig]. Agricola Sprchw. 736. S. ferner: „Warum lassen Ew. Fürst. Gn. mit grünem Holz Feuer halten und nicht mit dürrem? Es ist ja ein Un-R.“ [s. d. 1 = Unwirthschaftlichkeit, Verschwendung]. Lieber Doktor, was in eurem Haus R. [Okonomie] ist, Das ist in meinem Haus Un-R. Zinkgräf 1, 101 etc.; Wie wär der Freude R.? Rachel 5, 102, wie ließe sie sich zähmen? gleichsam in haushälterischer, streng maßhaltender Beschränkung etc.
b) R. [Das, was man zu einer Sache, in einer Lage bedarf, das Nöthige, die nöthigen Mittel] schaffen (s. 2), z. B.: Ist die [Kappe] aufgetragen, schafft man wohl R. zu einer neuen. Tieck 2, 331 etc.; Wenn du dich durch deinen Leichtsinn in Verlegenheit bringst, soll ich immer R. schaffen, helfen; Dem Wohlstand der ganzen Welt, so viel ihm möglich und Gott ihm Kraft und Macht verleiht, R. zu schaffen. Weidner 11 etc.; Nun, Dem ist R. zu schaffen. Schwab V. 1, 318, abzuhelfen; Auch werd’ ich noch wohl R. zu schaffen wissen, daß sie mich nicht fressen sollen. W. 14, 186; 194 etc.; Ich will der Sachen bald R. finden. Wickram (Wackern. 3, 453²⁵); Wo nicht der fromm Herr Fugger | mir hilft mit seinem R. [vrsch. 2]. Ders. (454¹³) etc.; Dein Vater in der Höhe | weiß allen Dingen R. Fleming (2, 350³²). Ähnlich: Sich nicht (Sch. 540b); keinen (Ps. 107, 27); sich keinen (Engel 12, 340); seines Leibes [s. d. 2] keinen (Freytag Bild. 2, 399); seinem Leibe keinen (W. Luc. 1, 53) R. wissen; seinem Leibe keinen R. finden (W. 34, 409) etc., sich nicht zu rathen oder zu helfen wissen; nicht wissen, was man in einer Lage zu thun hat; Die ausgezeichnetsten seiner Zeitgenossen wußten sich nicht R. gegen diese Sitte. Gervinus Sh. 1, 95; Mir hilft der Geist! auf einmal seh ich R. [das Richtige]. G. 11, 52, ferner: Wohlan, was R–s? was ist | zu thun? W. 20, 244; Den Hochzeitplan des Unholds zu vernichten, | bleibt uns kein andrer R. [Ausweg, Hilfe] als von Palermo fort! 11, 214 etc. u. sprchw.: Kommt Zeit, kommt R., wenn die Zeit dazu da ist, so finden sich oder so findet man auch Mittel und Wege zur Ausführung einer Sache: Die Zeit bringt R., sie wird die Sache reifen. Cham. 4, 77; Kommt Tag, so kommt R. Weidner 89; Kommt Zeit und Stunde, | so kommt auch R. W. 11, 190 etc. und vereinzelt (s. 2a) in Mz., z. B.: Räth [Wege] und Mittel zu suchen, des Abts gefährlichen Neuerungen zu begegnen. Stumpf 379a etc. und ferner prädikativ: Es wäre wohl noch R., wenn du nur folgen wolltest. Adelung; Dazu kann R. werden. W. Luc. 1, 440, Das lässt sich machen, ins Werk setzen, kann geschehn; Es kann auch ganz dazu R. werden. Sch. Garb. 1, 230; Deß oder Das kann R. werden, Das ist es vielleicht, wozu ich mich entschließe; es ist möglich, daß ich Das thue; Auch davor ist R. W. 24, 56, davor giebt es Hilfe, kann man sich schützen; Ihrer Plage ist kein R. Mich. 1, 9; Man hüte sich vor der That, der Lügen ist wohl R. [„abzuhelfen“. Adelung]. Agricola Sprchw. 53 etc.
c) (veralt.): Eines Dinges R. haben, es nicht brauchen, nicht nöthig haben (eig. wohl: zur Genüge damit versorgt sein, so daß man Nichts nöthig hat); es nicht haben wollen, unterlassen etc., z. B. noch: Der Hunde habe ich R., | ich will nur einen Brocken etc. Simrock N. 875 [im Urtext: Ich hân der hunde rât, | wan einen bracken]; Er wollte seiner Reise keineswegs haben R. [sie aufgeben]. 66 [er wolde siner reise haben deheiner slahte rât], s. Schm. 3, 151 etc., dazu: Eines Dinges gerathen (152), hochd. heute gw.: entrathen (s. d.).
2) (s. 1b) die Einem in Betreff des von ihm unter den obwaltenden Vhen. zweckmäßigerweise zu Thunden mitgetheilte Ansicht und Meinung: Ein guter, heilsamer, ehrlicher, offner, wohlbedachter, ein schlimmer, gefährlicher, falscher, böser, übereilter, unüberlegter, jäher R. etc.; Einem einen R. geben, ertheilen; Ich will ihm meinen R. nicht aufdringen, aber auch nicht vorenthalten; Einen um R. fragen oder ihn r.-fragen, (s. d.); Sich R–s bei Einem erholen (s. d. 3); Jemand mit R. und That beistehen, helfen, an die Hand gehn, unterstützen; Auf Jemandes R. Etwas thun oder lassen, achten, hören; Jemandes R. prüfen, (be)folgen, annehmen, gelten lassen, zur Richtschnur nehmen, gehorchen etc., verachten, verschmähen, verwerfen, hindannsetzen, in den Wind schlagen; Das ist ohne meinen R. geschehn; Hier ist guter R. theuer. Sprchw., unter diesen Vh. ist schwer zu rathen und zu helfen; Geschehene Ding leiden keinen R. oder Rathschlag. Agri- cola 583; Folgt er R–s, so ist ihm geholfen. 30; Bei der Flasche hole ich mir R–s. Ausw. d. Lied. 218; Die seinen Mund nicht R–s forschen. Franck Last I2a; Ich versicherte ihn, daß ich mich seines R–s bedienen würde, sobald ich meine eigne Neigung zu R–e gezogen [s. 3]. Gellert 4, 285; Der ausgelaßne Sohn ward also ein Soldat | und Dies war auch der beste R. [6]. 1, 245; „Ein kalter Mann verlieh uns bessern R.“ | Von R. und Wahl ist keine Rede mehr. G. 13, 326; Wir hoffen, wie bisher von den Umständen selten guten R. zu nehmen. 14, 202; Daß die Klugen mit R., die Tapfern mit That .. in seine Plane eingreifen. 33, 330; In R. und That dem Herren | hold und treu zu sein. H. Cid. 13; Das Wörterbuch um R. fragen. L. 3, 124; Wenn ihr | nicht meinen R. statt meines [Urtheils-]Spruches wollt, | geht nur: Mein R. ist aber der: ihr nehmt etc. Nath. 3, 7; Da, wo man R. nicht hört, wo R. nicht Folge hat, | allda ist gar kein R. der allerbeste R. Logau (L. 5, 145); Daß toller Nichts betrieben wird, | als R. zu nehmen, R. zu geben. Nicolai 6, 68; Solch ein Hase ist „Tollheit“, der junge Mensch, daß er weghüpft über das Netz des Krüppels, „guter R.“ Schlegel Kaufm. 1, 2; Dieweil er ihres R–s [heute gw.: nach ihrem R.] lebte. Stumpf 78b; Heilsamen R. zu rathen. V. Il. 10, 147; 327; Es rieth den Genossen Eurylochos R. des Verderbens. Od. 12, 339 etc.
a) In Mz. gilt hier gw. Rathschläge, doch findet sich zumal bei Alteren und bei Schweizern (vgl. 1b u. 6): Ein jeglicher Rathgeber will rathen; aber etliche rathen auf ihren eigen Nutz. Darum hüt dich vor Räthen; bedenk zuvor, ob’s gut sei. Sir. 37, 8, wo es freilich auch zu 8 gehören kann; Ich schätze Herrn Semler’s Freundschaft und ehre seine Räthe. CFBahrdt 3, 397; Eitelkeit und Selbstgefälligkeit sperre die Thür den besten und freundlichsten Räthen. Gotthelf 5, 276; Sch. 251; Wenn er ihren wohlgemeintesten Räthen die Ohren verschließt. U. 2, 209; 50; Er gab den Verschworenen Räthe, aber nicht so grausame. Haller (Göttinger Gel. Anzeig. 1754, 23. März); Das Nichtbefolgen dieser wohlgemeinten Räthe. AHartmann (Hausbl. 60) 1, 165; Die Schrift also in Gebot und Räthe zu theilen . . Die Räthe wären frei, verbünden und verpflichteten Niemand. Luther SW. 60, 250; Wenn es nach unsern Räthen und Worten ginge. 61, 349; 331 etc.; Einem guten Fürsten Räthe ertheilen. Jv Müller K. 1, 186; Pestalozzi 4, 274; Der Reuling folgt jähen Räthen [s. 6]. Schottel 1126b; DViertelj. 1, 1, 232 etc.
b) zuw. verkl.: Mit behenden Räthlein, Pfiffelein und Kniffelein. V. Ar. 1, 97.
3) ganz nah an 2 grenzend = Berathung; die mit Jemand gepflogne Erwägung und Überlegung Dessen, was unter den obwaltenden Umständen zu thun zweckmäßig: Mit Jemand R. (B. 148b; Sch. 357a; V. Sh. 1, 101 etc.) od. R–s (Freiligrath H. 228; Sch. 520a etc.) pflegen (s. d.); Mit Einem (CFBahrdt 1, 181 etc.), mit sich (G. 17, 275 etc.) zu R–e gehn; Einen über Etwas zu R–e ziehn (310 etc.); R. halten über (Cham. 4, 76 etc.) 1. zuw. ob (Schwab 485) Etwas; Herr Richard hielt nicht lange R. [mit sich selbst]. Uhland 475 etc., selten: Einen R. fügen [halten]. Cham. 5, 121; ferner: R. schlagen z. B. getrennt: Um R. zu schlagen. Platen 4, 156 etc. und häufiger: Mit euch zu rathschlagen (s. d.). G. 9, 207, s. Rathschlag und vgl. damit z. B. Anschlag, Vorschlag etc.
4) (s. 3) die Uberlegung, mit der man bei Etwas zu Werk geht; Bedachtsamkeit; Klugheit etc., nam. oft bibl. (vgl. räthig 1): Ein Volk, da kein R. inn ist und ist kein Verstand in ihnen. 5. Mos. 32, 28; So wird dich guter R. bewahren und Verstand wird dich behüten. Spr. 2, 11; Die Anschläge werden zunichte, wo nicht R. ist. 15, 22; 11, 14; Mit R. muß man Krieg führen. 24, 6; Es hilft keine Weisheit, kein Verstand, kein R. wider den Herrn. 21, 30; Jst denn kein R. mehr bei den Klugen? Jer 49, 7; Groß von R. und mächtig von That. 32, 19; Thue Nichts ohne R., so gereuet dich’s nicht nach der That. Sir. 32, 24; Die Fürsten der Philister ließen ihn mit R. [,,mit Überlegung.“ Zunz] von sich. 1. Chr. 13, 19 etc.: Einen Wüthrich, der Alles ohne R. mit der Faust will ausrichten. Agricola 115; Bist du denn ganz von allem guten R. verlassen? G. 6, 337; Ohne R. und Urtheil. 13, 313; An R. den Unsterblichen ähnlich. V. Jl.
5) zuw. prädikativ (adjektivisch): das durch die Überlegung für zweckmäßig und gut Erkannte = räthig, rathsam: An der Helike nehmen Achaia’s | Männer im Meer ihr Gemerk, wie es R. sei, Schiffe zu steuern. V. Arat. 9 etc.; Es ist nicht R., Das zu thun. Adelung.
6) ein in Folge einer Überlegung gefaßter Be- oder Entschluß, Wille (s. R.-Schluß), z. B. R–s (oder räthig, s. d. 2) werden = beschließen, zum Entschluß kommen. 2. Chr. 25, 17; Die ganze Gemeinde ward R–s, noch andere sieben Tage zu halten. 30, 23; Mein Herz ward R–s mit mir, daß ich schalt etc. Neh. 5, 7; Schwab V. 1, 400 etc.; Andern R–s werden etc.; Da ward er zu R. [schlüssig], wieder umzuwenden. Ap. 20, 3; Die Gebrüder beid wurden zu R., ihn gefangen zu legen. Stumpf 388b; Wickram (Wackern. 3, 447³⁰; 455³²) etc.; Beschließet einen R. und werde Nichts daraus. Jes. 8, 10; Der Herr machet zunichte der Heiden R. Ps. 33, 8; Hiob 5, 13; Ist der R. oder das Werk aus den Menschen. Ap. 5, 38; Der Herr wird den R. der Herzen offenbaren. 1. Kor. 4, 5 etc.; Mein Wollen ist dein R. | auf Nein als wie auf Ja, dein Wille meine That. Fleming (Wackern. 2, 344¹³); Hat dir Dieses Gott geheißen | oder ist’s dein eigner R.? Rückert Morg. 1, 89; Hat Eurylochos aus seinem thörichten R. ein solches Gespräch mit den Andern gehalten. Schaidenreißer 53a; Sie pflegte Nichts so sehr wie Langsamk. zu hassen | und R. und That war stets bei ihr gepaart. W. 11, 191 etc. und nam. oft von Gott oder Göttern: Der alle Dinge wirket nach dem R–e seines Willens. Eph. 1, 11; Gott, da er wollte .. beweisen, daß sein R. nicht wanke, hat er einen Eid hinzugethan. Hebr. 6, 17; Ps. 33, 11 u. o.; Es ist bestimmt in Gottes R., | daß man vom Liebsten, was man hat, | muß scheiden. Volkslied; Vergebens trachtest du, | in meinen [Zeus’] R. zu dringen. B. 148b; Schön und herrlich zeigt sich mir | der Göttin R. G. 13, 87, vgl.: Schön löst sich der verhüllte Rathschluß der Göttin auf. 34, 209; Deinen R. ewig zu verehren, Tochter Latonens. 182; Dort lernst du Gottes Licht gewöhnen, | sein R. wird Seligkeit für dich. Haller 182; 163; Vater Kronion .., | sage mir Fragenden nun, was R–s du im Herzen verbergest, | ob du etc. V. Od. 24, 474 etc. Zuw. auch hier (s. 2a) in Mz.: Wie wunderbarlich und erschrecklich Gott in seinen Räthen und Gerichten ist. Luther 1, 444a etc.
7) (s. 3) eine Versammlung, die über Etwas R. hält (beräth) und Beschlüsse fasst;
a) zuw. allgem. (oder vielmehr ver- allgemeinert nach b), z. B.: Ihre Schwerter sind mörderische Waffen. Meine Seele komme nicht in ihren R. und meine Ehre sei nicht in ihrer Kirche! 1. Mos. 49, 6; Der nicht wandelt im R–e der [= mit den] Gottlosen. Ps. 1, 1; Im R–e der Frommen. 111, 1 etc.; Hier .. bedenket und erwäget nun | der kleine R. [die Gesellschaft der Vier] im Sattel, was zu thun. Nicolai 1, 312; Der im ganzen strengen R. der Weiber | bestochne Richter sitzen hat. Sch. 261b.
b) nam.: ein Kollegium, das den Fürsten zu berathen oder in öffentlichen Angelegenheiten Beschlüsse zu fassen berufen ist, zumeist mit Zusätzen, die die Würde und den Wirkungskreis der versch. Kollegien näher best., begreiflicherweise nach Ort und Zeit versch. und vielfach schwankend (s. Zsstzg.). Ohne Zusatz versteht man heut meistens (vgl. R.-Haus) eine städtische (Municipal-) Behörde, das Kollegium der Stadtverordneten etc., dessen Einrichtung freilich in den versch. Städten wieder versch. ist, wie es denn in einzelnen Städten mehrere Räthe (oder R–s-Kollegien) giebt: Wie der R. ist, so sind auch die Bürger. Sir. 10, 2 etc.; Es war auch kein König da, sondern der R. [Senat]. 1. Macc. 8, 15 etc.; Schrieben die Andern ihres R–s dem König. Esr. 4, 7 etc.; Die Hohenpriester und die Ältesten und der ganze R. [Synhedrium]. Matth. 26, 59; Wer mit seinem Bruder zürnt, Der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha, Der ist des R–s schuldig. 5, 22 [„verdient, vor den hohen R. gezogen zu werden.“ Eß] etc.; Des Landes R. und Hort [Landtag]. Cham. 4, 77; Ihr Herrn vom R. | ... Drum halt’ ich heute kein Gericht. Simrock (Echtermeyer 83); Die Sitzungen des geheimen [oder Staats-] R–s etc.; Wenn bei [häufiger: im] R. ihm Verdruß in der letzten Sitzung erregt ward. G. 5, 37; Bei R. wurden große Überlegungen gepflogen. 20, 217; W. 14, 44 u. o.; Die Sache kommt vor [häufiger: vor den] R. 37; Wofern die Sache vor [dem] R. abgethan worden wäre. 49; 13, 187; In den R. gewählt. 14, 48; Im kleinen und großen R. 32, 19 etc.; Zu R–e einkommen (s. d. 1c), in Hamburg = sich insolvent erklären. L. 13, 328 etc.; Derhalben sie den ehrsamen weisen R. ansuchten etc. Luther SW. 26, 322; Bei einem (oder dem) edlen R.; Bürgermeister und R. etc.
8) = Rathgeber (s. d.), Berather, z. B.: s. Jes. 9, 6; Wohl berathen, gut gerathen, bringt dem R–e Ehr und Huld; | wohl berathen, mißgerathen, setzt den R. doch außer Schuld. Logau (L. 5, 237); Seines Nächsten R. und Beistand zu sein. Möser Ph. 3, 190; Im R. besiegst du, o Greis, die Männer Achaia’s. | Wenn doch . . | noch zehn andere Räthe wie du [spätre Lesart: so mitrathende Zehn] mir wären im Volk! V. Il. 2, 372 etc. (vgl. Gewissens-R.) und nam. als Titel einer Pers., zunächst insofern sie (s. 7) zu einem R–s-Kollegium gehört etc., dann aber auch als bloßer Titel, nam. an Höfen, und so in einer Menge von Zsstzg., über die man Staatskalender u. ä. vgl. und wovon im Folgenden wenige als Bsp. genügen, mit der Bem., daß höhere Grade durch Vorsetzung von: geheimer oder Oberbez. werden etc. Im Genit. vor Eigenn. auch uv., s. Herr, Anm. und Berg-R. etc.: David machte ihn zum heimlichen R. 2. Sam. 23, 23 (vgl. Geheim-R.); Wo sind die Räthe? wo sind die Kanzler? Jes. 33, 18; Räthe des Königs. Dan. 3, 27; Die Räthe der Krone; Waren Sie noch nicht österreichischer R., sondern Nichts weiter als das preußische Gegentheil. Heine B. 303 (s. Un-R. 3); In solchen [Gruben] suchte man den geheimen R., die man sonst nur für geheimen Unrath bestimmte. Gutzkow R. 2, 366; Burgermeister, Klein- und große Räthe [Mitglieder des kleinen und großen R–s]. Jv Müller 6, 19 etc.; Kunz von der Rosen, sein kurzweiliger [s. d.] R. Zinkgräf 2, 8 etc. = Hofnarr (s. d.) etc. afFür die Gattin eines R–s findet sich die Bez.: Frau [s. d. 5 und Zsstzg. a, Doktorin etc.] R. und Frau Räthin und so auch in Zsstzg.: Die Geheim-R. oder Räthin X etc., vgl. dagegen (von der Weisheit): Sie ist der „Heimlicher R.“ im Erkenntniß Gottes. Weish. 8, 3 etc., s. Herzens-R. b) vrkl., nam. im traulichen Ton: Warum kommen Sie immer so früh, Räthchen? König Kl. 1, s3, s. Polizei-R. c) (scherzh.) Fortbild., s. Hofrath u. z. B.: Unter diesen betitelten, berätheten [mit dem Rathstitel versehenen] und bebänderten Matadoren unsrer Wissenschaft. Schwegler (46) 65 etc.; Wenn ich auch im Stil mit- unter geheimräthisch werde, so bleibt doch leider das Übrige ziemlich im Alten. G. Kestn. 251; Am wenigstens um die Geheimrathschaft des Wirthes [Goethe] bekümmert. König 15, 78.
Anm. Ahd., mhd. rât, zu rathen, ahd. râtan, mhd. râten, vgl. goth. rathjan, berechnen, schließen, rathjó (s. u.), Vernunft, lat. ratio, von reor, ratus etc., denken, meinen, rechnen, vgl. auch reden, goth. rödjan, ahd. redjon, redinôn, mhd. reden; gr. ρτρα, Rede, Sprache etc., goth. rathjö, Zahl, Rechnung, Rechenschaft (s. Rede 6) = ahd. radja, redja, rede, mhd. rede, auch Vernunft, Rede. Dazu ahd. redolih, diesen Ausdruck für „verständig“ hat deutscher Sinn später zur Bez. des Rechtschaffenen, Ehrlichen verwandt, wie unser heutiges redlich zeigt. Graff 2, 447, mhd. redelich, vernünftig; so wie sich’s gebührt etc. S. Wackern. Gl. 431, doch vgl. nam. Schm. 3, 152 und Geräth. Mund- artl. Nbnf. der Mz. (vgl. 2a): Aus der Historien mancherlei guter Räthen schöpfen. StumpfIII; Zwei Drittel der Räthen (8) bestehen aus ungebildeten Schreiern. JvMüller 6, 359 etc.
Zsstzg. zahlreich mit Bstw., zumal als Titel [s. 7 und 8], wovon hier wenige Bsp. genügen, vgl. die von Kollegium etc. ferner zu [2], was unbez. bleibt, und [3], manche mehrdeutig, s. Sanitäts-, Kriegs-R. etc., ferner mit Vorsilben, vgl. die entsprechenden Zsstzg. des Zeitw. rathen, z. B.: Áb-: Abrathung. Spate: In mancherlei Gestalt wird Neid und Mißgunst jung, | ist Tadel oft, oft Billigung, | bald An-R. oder A., wie sich’s trifft. Kretzschmer Letzt. Sinngd. 340; Er suchte ihn von dem Entschluß abzubringen . . . Dieser A. hatte aber die entgegengesetzte Wirkung. Stahr Weim. 462 etc. Ámts- [s. 8]: vgl. Amt 3.
An-: das Anrathen (s. Ab-R.): Segnen werdet ihr selbst den Entschluß, mir dankend den A. Baggesen 1, 192; Schottel 619. Archīv- [8].
Āūf-: (veralt.) Räthsel. HSachs 3, 1, 55b, s. aufrathen. Bánn- [7]: Banngericht. Spate, vgl. Blutbann, Malefiz-R. Bāū- [7; 8]: z. B.: Die Oberbauräthin. Auerbach Barf. 119.
Be-: Berath, Rath: Auf Gottes B. Luther 3, 207b; 4, 341a; Rollen- hagen Fr. 520; Schottel 624betc.; Eine wichtige Entschließung ohne B. des Ministeriums ausführen. Volksz. 7, 290, s. ferner (veralt.) nam. Schm. 3, 148 u. 151.
Bēī-: Rath, den man bei Etwas als Beistand etc. giebt: Welches mit B. der sämmtlichen Gesellschaft geschieht. G. 39, 229; 24, 129; Unter B. von klugen Sachverständigen. 40, 211; Ihm Trost und B. mitzutheilen. Hagedorn 2, 52; Sie hat frei gehandelt ohne B. vHorn Gemsj. 49; Ich erbat mir seinen B. | zu der Heirath. Rückert Mak. 2, 152 etc., so auch [vgl. 7u. 8] von einer Pers. od. einem Kollegium, das Einem beiräthig (s. d.) ist: Du warst in dieser Noth mein Trost und B.; Ein junger Herrscher ergriff das Zepter Anfangs mit schüchternen Händen; als er aber einen sehr gewählten B. vom Hofe seiner Schwiegereltern erhlelt, trat er sicherer auf. Gutzkow R. 2, 392. Bérg- [7; 8]: Durch gefällige Mittheilung des B. Cramer. G. 27, 303 (vgl. ohne Eigenn.: Des B–s, s. Herr, Anm.), s. Scheuchenstuel 30.
Blūt-: die Berathung, wodurch beschlossen wird, Jemandes Blut zu vergießen und [s. 7] die darüber berathende Versammlung (Mord-R., Blutgericht etc.), auch zuw. eine einzelne Pers. daraus: Ich mag nicht bei dem B. sein. Gryphius Fr. 375; Der B. ward alsofort besetzt. Lohenstein A. 1, 1077; Dessen theures Haupt, schon dem B–e des Kaisers verfallen, .. gerettet wurde. Monatbl. 2, 155b; Ist nicht solcher spanischer Brandstecker und Bluträth das ganze österreichische Haus erfüllet? Weidner 11 etc. Búndes- [7; 8]: Daß ich den ermeldten B. auf der Ulmer Straßen erwischt. Berlichingen 167; Die ausübende Gewalt hat [in der Schweiz] ein B. mit einem Präsidenten an der Spitze. Die gesetzgebende Gewalt hat die Bundesversammlung, welche aus dem Stände-R–e und dem National-R–e besteht. Daniel Geogr. 404 etc.
Eck-: sprchw. (wortspielend mit dem Namen Eckart etc.): Ingefährlichen Sachen ist der E. der beste, der Mittel-R. [der die Mittelstraße einhaltende, Nichts wagende] ist nicht alleweg gut. Lehmann Flor. 1, 629.
Eīn-: das Einrathen, Bei- R.: Ohne ihren E. und Konsens. Olearius Reis. 51b; Schottel 169 etc. Famīli-en- [3]: F. halten etc. Finánz- [7; 8]: Präsident des F–s [7] ... Alle Geheimeräthe und Finanzräthe [8] ... Die Verwaltung der königlichen Einkünfte und Kammergüter gehörte dem F. [7]. Sch. 796b.
Frāūen-: z. B. [2]: Den es bitter gereute, | F. befolget zu haben. G. 5, 211.
Frêvel-: frevelhafter Rath. Spate. Frīēdens- [8]: scherzhafter Gegensatz zu Kriegs-R. (s. d.): Ich kann zwar fechten sehen | und lob auch jede Heldenthat; | allein, die Wahrheit zu gestehen, | so dien’ ich nur zum F. Hagedorn 2, 222.
Fürsten-: z. B. [7]: Ein F. . . vertrat die Rechte der Territorialherrschaft und der Fürstengewalt, ein unteres Parlament .. die Freiheiten des Volks. Görres Ver. 84; Kurfürsten-R. Sch. 919a, vgl. Kurfürsten-Versammlung, -Tag etc. Gehēīm- [7; 8]: s. Geheim III 1 und z. B.: Alle Geheimräthe [7] . ., wie auch die Mitglieder des großen Senats, der .. dem geheimen Rathe [8] in Brüssel untergeben war. Sch. 796b etc., Fortbildungen, s. 8c. Geríchts- [8]. Gesándtschafts: s. Legations-R.
Gesúndheits-: Sanitäts-R. (s. d.), z. B. [7]: Weil ich das Gift, das im Finstern schleichet, dem G. anzeige, soll ich die Pest in das Land gebracht haben. L. 10, 167 und [8]: Die Gesundheitsräthe der Städte. Gneist (Nat.~Zeit. 15, 121). Gewíssens- [8]: Einer, dessen Ausspruch man in Gewissenssachen als Entscheidung betrachtet, nam. Beichtvater bei den Katholiken etc.: Ich stelle mir die Gelehrsamkeit oft unter dem Bilde eines schönen Frauenzimmers vor und welcher strenge G. wird mir wohl Dieses als Sünde anrechnen? Abbt 5, 49; Thümmel 5, 150 etc.
Götter-: z. B. [7]: Der Juno stolzer Vogel bat | den Jupiter im G. | ihn zum Monarchen zu erheben. Pfeffel etc. Grōß- [7; 8]: der große Rath im Ggstz. des kleinen und: ein Mitglied desselben: Im G. des Kaisers. Arndt E. 199; Die Verhandlungen von Großräthen. Gotthelf G. 179 etc. Hándels- [7; 8]: Kommerz-Kollegium; Kommerzien-R. Hāūs- [1]: Hausgeräth, die zur innern Einrichtung eines Hauses gehörigen beweglichen Dinge, vgl. Möbel, Inventar, und (wie dies) auch zuw. übertr. auf zur Haushaltung gleichsam mitgehörige Personen: Urväter H. G. 11, 20; Eine Menge H. und Geräthschaften in schöner Ordnung. 14, 180; Ein schlechtes Bette, den einzigen H. dieser armseligen Wohnung. 16, 160; Einen so wunderbaren H. [Dolch]. 308; Den Schrank voll alten H–s. 31, 21; Daß so ein alter Kalender, wie ich bin, in einem andern Hause ein überflüssiger H. wird. Iffland 5, 1, 19; Das Wortlein „Rath“ heißt hier Schatz oder Gut, wie man H. nennt. Stumpf 197b; V. 1, 171; War noch ein altes Stück von H. hier zu sehen. | Es war die Magd etc. W. 11, 167.
Hēī-: s. in H. Hēīm- [8]: (veralt.) im Kleveschen: H., Deich-H. = Deichgeschworner.
Hérzens-: ein Rath in Herzensangelegenheiten, z. B. [7]: Aus seinem H. entlassen, in dem sie früher als beste Rathgeberin gesessen. Spielhagen Vere 69 etc. und [8]: Frau Klare |geheimer H. der reizenden Infante. W. 11, 167, f.isased-: f. siis.—söf-f;s: -i größere Ursache hatte der Kaiser sein eigenes Gericht, seinen eignen H. [7] auszubilden. G. 22, 94; Eine fiskalische Klage beim Reichs-H. CFBahrdt 3, 132 etc.; Der älteste war der Reichs-H. von Senckenberg [8]. G. 20, 90; Frau Hofräthin. Iffland 5, 3, 45; Herr Geheime H. Klencke Gsp. 3, 50; Titular-H. etc. Dazu: Wenn er vor Louis Hippogryphenquäler hofräthelnd kratzfußt. Schweg- ler (47) 250; Sonnenpfeile, welche der noch nicht verhofräthelte Goethe ins Herz der deutschen Philisterei schoß. Scherr Gr. 2, 130; Die bevorstehende Hofrätherei [Ernennung zum H.]. Lichtenberg (Forster’s Br. 1, 640); Sie machen jetzt ein großes Geschrei | von wegen deiner Verhofrätherei. Heine NGd. 254, anklingend an Hof-Verrätherei etc.
Höllen-: ein höllischer, teuflischer Rath (Teufels-R.), z. B. [2]: Zur blut’gen That | gabt ihr, o Mutter, den H. etc. und [7]: Der H. lechzte nach Rache. BSternau etc.
Hōnig-: Honigwabe (s. d.): Des Bienenkorbs sammt seinen Jmmen, Honig und H. Fischart B. XV; Sie machen den H. also. 266a etc., vgl. altsächs. râta, mniederl. (honig)rate, neuniederl. raat (s. Ratel), denen ahd. râza, f. (s. Schm.), mhd. râz entspricht, vgl. lat. radius (s. Radius), frz. rayon und in der Bed. von H.: rayon (altfrz. raie od. rée) de miel, s. Diez 279, in unsrer Form etwa angelehnt an Rath [1], vgl. Wal-R., s. bei Schm.: Raß, m.; bei Alberus, fem. (Mz. Rasen), ferner mit Ubergang des „a“ in,,o“ (s. Ohne, Anm.): Das Roß. Hösler Bienenk. 1, Kap. 3; Honigros. Keisersberg Post. 86b etc., s. Frisch 2, 126c und Adelung (vgl. bei Nemnich: Roß, Roos, Ruß, nam. für die leeren Scheiben), auch: Wie sie [die Bienen] ihre Rosen anfangen zu bauen. Garzoni 589a etc. (s. Frisch l. l.); ferner auch: Wie die Bienen . . die Waben und das Rōst, desgleichen auch das Wachs bringen. Fischart (Wackern. 3, 501²³); Jede Biene trägt .. | hinein, was sie mit raschem Fleiß erwarb, | die Wachs und Rost und jene süßen Honig. Brückner 117; Daß unser Rost von Honig rinnt. Gellert 1, 258 etc. Jāgd-[8].
Jūdas-: falscher, verrätherischer Rath (nach dem Verräther Judas), nam. [2]. Justīz- [7; gw. 8]: Justizräthin. Gutzkow R. 1, 347. Kabinétts- [7; gw. 8]: s. Kabinett 2. Kámmer- [7; gw. 8]: s. Kammer 23 u. 24. Kanzlēī- [7; gw. 8]: Wenn K–s Sonntags Sauerkraut hatten. Hackländer KrFr. 1, 213. Kírchen- [7; 8]: Konsistorium wird deutsch, und noch dazu weit entsprechender, durch K. gegeben [z. B. Zinkgräf 1, 244]. Jahn V. 149; Die Frau Oberkirchenräthin.
Klēīn-: s. Groß-R. Kommérci-en- [8]. Kommissiōns- [8]. Konfusiōns- [8]: scherzh. wie Konfusionarius (s. d.), z. B. Ober-K. Scherr Bl. 1, 26. Konsistoriāl- [8]: vergl. Kirchen-R. Krēīs- [7; 8]: Durch gewählte Kreisräthe. Gneist (Nat.–Zeit. 15, 121). Krīēgs- [3; 7; 8]: Sie halten Krieges-R. Hagedorn 2, 229; Ich vermuthete daher im Hof-K–e [in Wien] verkehrte Ansichten. Pz 2, 31; Dem Herrn K. Merck’s Br. 2, 91 etc., vergl. Friedens-R. Krimināl- [7]: vergl. Malefiz- R. Krōn- [7]: vgl. Reichs-, Staats-R.: Jch beschloß am Hof, im K., daß etc. Duttenhofer Cid 196.
Lánd-:
1) [7] Kantonssenat etc.
2) [8] Des Junkers Papa, der L. V. 2, 14. Legatiōns- [8]: Mir die Stelle eines wirklichen geheimden L–es zu ertheilen. JvMüller 5, 217; IP. 2, 121, „Gesandtschafts-R.“ Līēbes-: z. B. [3]: Drum sei L. gepflogen. Redwitz Am. Malefīz- [7]: Der hiesige M. mit diesem altmodigen Namen bez. man hier Das, was wir Kriminalgericht nennen. Kohl A. 1, 308, vgl. Bann-, Kriminal-R. Miníster- [3]: Berathung der Minister, versch.: Ministeriāl-R. [8] ein im Ministerium angestellter Rath. Míß-: (veralt.)
1) [2] schlechter Rath. Spate.
2) (s. mißrathen) Mißwachs. Schm. 3, 147. Mittel-: s. Eck-R. Mórd-: s. Blut-R. Municipāl- [7; 8]: Stadt-R. Nāch- [2]: Rath, der, nachdem Etwas bereits gethan ist, gegeben wird, wie es hätte gethan werden sollen: Guter Vor- R. [s. d. 2] ist knapp, N. ist scheffelweise zu haben. Sprchw.; N., Narren-R. Körte Sprchw. 4884. Nationāl-: s. Bundes-R. Ohne- [4], z. B. im Sprchw. als fingierter Eigenname (vergl. Konrad etc.): O., (oder Un-R. 6184) | frisst Sack und Saat. 4894 etc. Policēī- [8]: Ach, Polizeiräthchen! Temme Krim. 6, 80. Póst- [8]. Rāīt-, Réchnungs- [7; 8]. Rēīchs-:
1) [7] Sie |bilden einen erweiterten Staats-R., magnum concilium, R. Gneist (Nat.–Zeit. 15, 119); Der Wiener R. Oppenheim Jahrb. 1, 241 etc.
2) [8]. Sanitǟts- [7; 8], seltner [2]: Für deine Sanitätsräthe [Rathschläge in Betreff der Gesundheit] besten Dank! JvMüler 6, 33. Sātans-: s. Teufels- R. Schálks- [2]: Rath, wie ihn ein Schalk (s. d.) ertheilt und [3; 7] eine berathende Gesellschaft von Schälken, z. B. (im Sinn des argen Schalks, vgl. Schlangen-R.): Also wird sein der Sch., der von dir kommt und Böses wider den Herrn gedenket. Nah. 1, 11; Ob aber wohl nur vier Person[en] in diesem geheimen Sch. waren. Mathesius Lthr. 1, 64b. Schátz- [7; 8]. Schíffs- [3]: s. See-R. Schlángen- [2]: (vgl. Schalks-, Teufels-R.) böser, listig verführender Rath. Hagedorn 2, 278; Sch. 213b etc. Schöffen- [7]: Meinen Großvater in der Mitte des Sch–s. G. 20, 79 etc., auch [8]. Schūl- [7; 8]. Sēē- [7]: Admiralität (s. d.): Heil dem König, dem frei du gehorchst, und dem würdigen S. Baggesen 2, 363, auch [8] und [3]: Einen S. (oder Schiffs-R.) halten (vgl. Kriegs- R.) Berathung der höhern Schiffsofficiere über das zu Thunde. Stāāts-:
1) [7] vgl. Ministerium, Reichs-R. etc.: An jeder Frage des Kabinetts und des St–es. Gutzkow R. 6, 21; König Jer. 2, 158; Waren der Oberstatthalterei drei Rathsversammlungen oder Kammern zugegeben, welche sich in die Verwaltung der Reichsgeschäfte theilten. .. Das erste von ihnen der St. ... In dem St–e, der über Krieg und Frieden und die auswärtige Sicherheit wachte etc. Sch. 796b; Gleich darauf wurde St. gehalten [3]. 1086b etc.
2) [8] Dem St–e, Herrn v. W. König Jer. 3, 232; Alle Staatsräthe. Sch. 807b ꝛc, Stádt- [7; 8]: G. 16, 57 etc. Stände-: vgl. Bundes- R. Tēūfels-: vergl. Schalks-R., z. B.: Wer gab dir den T.? etc. Túrn- [7]: Der T. hat ein Schauturnen ausgeschrieben etc. Ún-:
1) [1a] (ver- altend) Verschwendung Dessen, was zu Rath gehalten werden sollte (s. Ohne-R.): Wozu dienet dieser U.? Dieses Wasser hätte mögen theuer verkauft und den Armen gegeben werden. Matth. 26, 8; Mark. 14, 4, vgl.: Das ist gut Deutsch, daraus man verstehet, daß Magdalene mit der verschütteten Salben sei unräthlich umgangen und habe Schaden gethan. Das war Judas“ Meinung, denn er gedacht bessern Rath damit zu schaffen. Luther 5, 142a; Wozu in aller Welt | der U. da von üppigen Gerichten? W. 12, 105; Zinkgräf 2, 32; 1, 101, s. [1a]; ugw.: Dieses ganz wieder zu erzählen, würde U. sein. Meißner (Campe).
2) allgemeine Bez. Dessen, wodurch Etwas, statt „in Rath [s. d. 1a] und gut Wesen zu kommen,“ sich im Gegentheil desselben befindet (mißräth), mißliche Lage, Unfall, Unglück, Unheil, Schaden etc., im Allgm. veralt., s. Haltaus 1949 und z. B.: Der Herr wird unter dich senden Unfall, U. und Unglück in Allem. 5. Mos. 28, 20; 2. Macc. 4, 4; Die gute Jungfrau wäre dadurch auch sitzen blieben, auch vieler ander U. daraus erfolget, wie denn aus dem heimlichen Verlöbnis viel U–s und Jammers, auch im Papstthum, kommen ist. Luther 8, 378b; 5, 124a; Blut, Krieg und ander U. verhüten. 6, 126a; Daß die Brust bloß und offen stände . ., ist ein schädliche Hoffahrt, dadurch auch der Brust viel treffliches [großen] U–s entspringet. Ryff Sp. 76; Damit den Sehnen großen U. zugefügt. Th. 46; Bracht die Armuth und viel U–s. HSachs (Wackern. 2, 98²); Zufügung verderblichen U–s und Schadens. Schaidenreißer VI; Damit nicht er als der gerechteste Richter euch alles Unglück, U. und Widerwärtigkeit zuschicke. 5b; Von diesem U. und Jammer. Stumpf 195a; Diese Strengigkeit brachte großen U. und Blutvergießen. 372a; 601b; 721b; Zwingli 2, 28 etc. Allgem. üblich noch in der Verbind.: U. [drohendes Unheil, das Einem bereitet ist, bevorsteht] merken (Kosegarten D. 1, 36; L. 12, 498), spüren, wittern etc.; Kriegs-U. hab ich längst verspürt. G. 12, 237 etc.
3) in heute gw. Bed. [1], s. namentl. Stalder 2, 253 und rathsamen am Schluß: Unbrauchbares, was nur zum Wegwerfen taugt, und daher als verhüllender Ausdruck für ekle Unreinigkeit, Koth etc.: Wo in den Gräben | U. sich häufet und U. auf allen Gassen umherliegt. G. 5, 25; Vorhöfe und Säulengänge sind alle mit U. besudelt. 23, 52; 292; 25, 258; Daß die Bienen das durch Verdauung entstandene Wachs alsU. von sich geben. Oken 5, 1026; 1027; Die faule Luft meines U–s. Sch. 136a; Widrigem U. | folgete reinlicher Schmuck. V. H. 2, 322; Myth. 1, 242 etc., s. auch in [8] die Bsp. aus Heine und Gutzkow; Kehricht und Haus-U., der hier .. Müll genannt wird. Grube 3, 3 etc. Unglücks- [2]: unheilvoller Rath. Ver-: Handlung, wodurchman Jemand verräth und die sich darin kundgebende schändliche Gesinnung des Treubruchs etc., Verrätherei (s. d. und verrathen 3b): Der V. des Judas [subjekt. Genit.] gegen Christus; Christus’ V. [objekt. Genit.] durch Jscharioth. Gervinus Sh. 1, 91; Der Müllerin V. [subjekt. Genit.]. G. 1, 167; Ich las in ihren Feuerblicken | nicht eine Silbe von V.; | sie schien, mit mir sich zu entzücken | und sann auf solche schwarze That! 168; Verräther hasset man und nutzet den V. Hagedorn 2, 235; Fürchtet ihr | der Arglist Schlingen, tückischen V. Sch. 492a; [Er] taugt zu V. und Tücke. Schlegel Kaufm. 5, 1; Er ist V. und Tücke ganz und gar. Tieck Viel Lärm 5, 1 etc. Mz. (bei Adelung und Campe V–e) ugw. Zsstzg. z. B.: Des Judas arger Blut-V., vgl. Mord-V.; Hoch-V., ein bes. hoch straffälliger V., in der Rechtsspr. nam. ein Verbrechen gegen den Staat oder gegen den Fürsten, insofern in ihm der Staat repräsentiert ist: Des Hoch-V–s angeklagt; Irgend einen Vorrath zu haben, wo das souveräne Volk zu theilen beschlossen hatte, ward für Hoch-V. erklärt. Gentz Rev. 125; H. an der Menschheit begehen. 143; Musäus Ph. 1, 129; Prutz Woch. 40; Sch. 305a; Nicht auf Hoch-V., sondern auf Landes-V. ist erkannt. Ense Tag. 4, 161 etc., vergl. Vaterlands-V. Scherr Bl. 1, 26; Staats-V. etc. Verwáltungs- [7]: Gesellschaft, deren V. zu wählen sei. Gneist (Nat.–Zeit. 15, 121). Vīēl- [2]: Inbegriff der Rathschläge einer vielköpfigen Menge. G. 2, 267. Vōr-:
1) [2] eine aufgehäufte Menge, wodurch für spätern Bedarf im Voraus gesorgt ist: Etwas im V. haben, halten, anschaffen; Großen V., große Vorräthe an oder von Etwas haben; Daß sie Getreide aufschütten .. zum V. 1. Mos. 41, 35; Den V. des Brots verderben. 3, 26, 26; Schaffet euch V. Jos. 11, 11; V. von Speise, Öl und Wein. 2. Chr. 11, 11; Du hast einen guten V. auf viele Jahre. Joh. 12, 19; Jch wußte nicht, wo ich in den alten Vorräthen meiner Phantasie ihr Bild finden sollte. CFBahrdt 4, 228 etc.; Bar-V. an Gold und Silber. Scherr Bl. 1, 199; Brot-V.; Aufs unfruchtbare Meer von Landesgaben, | zum Lebewohl Erquickungs-V. G. 13, 324; Erfüllte den Raum [als Färber].. mit Farbevorräthen. Arnim 260; Nach und nach schwand der Getreide-V. Sch. 878b; Kornvor- räthe; Kriegs-V. [vgl. Munition etc.]; Der Mund-V. . ausgepackt. G. 18, 35 [vgl. Proviant]; Schickliche Melodien aus dem Musik-B–e dazu aussuchen. 16, 203; Den ganzen Namen-V. der Sprache. Vischer Ästh. 2, 110; Die Pulvervorräthe vom Wasser zu Grunde gerichtet. Sch. 874a; Schiffs-V. (oder -Proviant); Waffen- und Pulvervorräthe. Ense Tag. 3, 308; Daß Charlottens Wintervorräthe nun bald aufgezehrt seien. G. 15, 194 etc.
2) [2; 3] eine vorhergehnde Berathung, veralt. s. Schm. 3, 151 und noch, wortspielend mit 1, s. Nach-R. Wál-: ein in den Höhlen der Schädelknochen mehrerer walfischartigen Thiere vorkommendes krystallisierbares Fett, das zu vortrefflichen Kerzen dient, früher für den Samen des Walfisches gehalten, daher lat. sperma ceti: Der W. Oken 7, 1007; 1047 etc., daneben: Das W. Karmarsch 2, 414; 477; 3, 579. Über das Grundw. vergl. Frisch 2, 89a, doch auch [1] und Honig-R. Wider-: das Widerrathen (vgl. Ab- R.) und danach scherzh. auch [8]: Es wäre sehr weise, wenn die Fürsten neben ihren geheimen Räthen auch geheime Widerräthe besoldeten. Börne 4, 353, Pers., die dazu angestellt sind, ihnen Etwas zu widerrathen. Zīēr-: das zur Verzierung an Etwas Angebrachte oder dazu Dienende (vgl. Zierde und s. d), wohl eig. nicht Zsstzg. von Zier (s. d.) und Rath [1], sondern wie das von Ziemann aufgeführte mhd. zierôt Ableitung von Zier mit der Endung at (s. Heimat, Monat), daher die schwankende Schreibw.: Zierat(h) und Zierrath (vgl. Sanders Orth. 59):
a) In der Ez. gw. masc.: Bloßer müßiger Zierath. Engel 8, 351; Der unnütze Zierath [die Schleppe]. 7, 193; Von diesem Z–e deines schönen Arms. Forster Sak. 66; It. 1, 147; Diese Geschichten und mehr verzierten, künstlich geschnitten, | rings die Fassung des Spiegels und mancher gegrabene Z. G. 5, 258; 30, 307; Haller IV; Immermann M. 3, 304; Dieses könne der Oper, anstatt ihr Etwas von ihrer Pracht zu benehmen, einen neuen Z. verschaffen. L. 3, 80; Ein Z., welcher der hebräischen Sprache sehr fremd ist. Mendelssohn 4, 1, 304; Ein wüstes Haus, von allem Z. arm. Mühlpforth 2, 24; Nicht bloß ein Z. müßigem Zeitvertreib | sei meine Dichtkunst. Platen 2, 203; Eine Zier unsers besten Zieraths. Schottel 19b; Als einen angeworfnen Z. Tieck 16, 121; Macht er von Vaters Schilde los | den Z. in der Mitten. Uhland 398; Ein solcher Zierath. Weise Abs. 304; Allen ihren weiblichen Schmuck, Zieraht und Zugehör. . Zinkgräf 1, 129 etc.
b) seltner fem.; Diese Z. machte das äußerste Ende des [Schiff-]Vordertheils. Forser R. 1, 172; Die Eier in der bekannten architektonischen Z. G. 26, 78 etc.
c) dazu aber gw. die Mz.: Die Z–en, welche darauf kommen sollen. G. 29, 150; 21, 197; Platen 2, 279; Die Kirchen ihrer Z–en entkleidet. Sch. 833a; FSchlegel Fl. 94; Sulzer 4, 759a; V. Georg. 213 etc., vergl. (s. Blatt, Anm.): „Zierraden“. Walesrode Dem. St. 431. Selten ist die Mz.: Z–e. Campe.
d) veralt. wie Zier, Zierde von etwas Jnnerlichem, das an dem dadurch Geschmückten selbst haftet: Der ewiggrüne Kranz der Frommen | wird nie um seinen Z. kommen. SDach (Wackern. 2, 372¹³) etc., auch: Der kluge Mann, | der Hirten größte Lust und Z. unsers Landes. Neukirch 1, 58 etc.
e) Zsstzg. z. B.: Die aufgetragenen leichten Gold-Z–en. G. 40, 26; Haupt-Z.; Neben-Z. Mendelssohn 4, 2, 150 etc. das Zurathen: Ohne Jemandes Zu- oder Ab-R. etc.
Zū-: