Partei
parteien
parteiisch
parteilich
Parteilichkeit
Parteischaft
Parteiung
* Partēī (frz.), f.; –en; -:
(s. Part und Partie):
1) bei einem Rechtsstreit jeder der beiden einander feindlich Gegenüberstehnden, seien Dies nun einzelne Personen oder Gesammtheiten: Der Anwalt muß das Inter- esse seiner P. wahrnchmen, vertreten; Die klagende, die beklagte P.; Beide P–en hören; Die P–en haben sich verglichen; Es ahnet mir . ., | daß die Beiden nicht 2 P–en, | sondern eine und 2 Betrüger seien. Mak. 1, 70; Solange als es die Mittel der [processierenden] P–en aushalten konnten. 14, 12; Die Gegen-P. (s. 2c) etc., auch übrtr. (vgl. 2): Es ist schwer, in unsrer eignen Sache das Richteramt mit Unparteilichkeit zu führen; aber ebenso schwer ist es von der andern Seite, uns selbst, als P., Genüge zu thun, sobald der Richter verdächtig zu werden anfängt. Morg. 135; Schwed’ und Deutscher! | Papist und Lutheraner! Keiner will | dem Andern weichen! Jede Hand ist wider | die andre! Alles ist P. und nirgends | kein Richter! 382b. Seltner: Die kontrahierenden P–en, da hier nicht von feindlichem Gegenüberstehn die Rede ist, doch mit Bez. auf die versch. Interessen, die Jeder dabei möglichst zu wahren sucht. —
2) (s. 1) überall da, wo in einer größern Gesammtheit verschiedne, einander feindlich bekämpfende Jnteressen und Ansichten hervortreten, das Banner bildend, um das sich die Gleichgesinnten scharen, — eine so zum Kampf verbundne, in sich geschloßne Menge, und zuw. auch das Banner, worum sie sich schart, wofür sie kämpft, nam. — doch nicht ausschließlich, s. u. die Beisp., nam. a — in politischer Beziehung, vgl.: „Was nennen Sie eine Sekte?“ Eine religiöse Klicke, die in ihrem bornierten Glauben die ganze übrige Welt außer Acht lässt oder fanatisch anfeindet. — „Das thun ja die Schulen und die P–en ebenfalls“. . . Die Schulen thun es doktrinär, die P–en politisch, die Sekten religiös. Die Schulen folgen der Wissenschaft, die P–en verfolgen auf dem Boden gegebener Verhältnisse bestimmte Zwecke, die Sekten glauben an ihr Jdeal und werben für ihren Glauben. Rev. 2, 96 etc.; Die P. der Aristokraten, der Liberalen, des Juste-Milieu, der Heuler, der Wühler; Die reaktionäre, die liberale, die konstitutionelle, die demokratische, die republikanische P. s. c.; Der Dichter steht auf einer höhern Zinne | als auf der Warte der P. Ein Volk, auf solchen Grad veruneinigt, nicht einmal [nicht bloß] in P–en gespalten, sondern im Innersten zerrüttet, in lauter Einzelheiten getrennt. 25, 15; Zwischen zwei P–en, | die sich, auf ewig nun getrennt, bekämpfen. 13, 304; Sie zielen unmittelbar auf keine Spaltung und Trennung, sie machen keine P–en und Rotten. 10, 182; Religion ist auch P. [P.-Sache] und wer | sich drob auch noch so unparteiisch glaubt, | hält, ohn’ es selbst zu wissen, doch nur seiner die Stange. Nath. 4, 1; Ganz Abdera theilt sich in 2 P–en [die „Schatten“ und „Esel“]. 14, 37; Von der Schatten-P. 86 etc. —
a) stehnde Verbind. (vgl. 1): Sich eine P. [einen Anhang] machen; Einer P. angehören; Zu einer P. gehören. halten, stehn, übergehn, treten, sich schlagen; Seine P. verlassen; Treu bei der P. stehn, ausharren; Außer P. bleiben. Am. 459, p.-los (s. d.); Es mit keiner P. halten; Sich vom Getreibe der P–en fern halten; Einen von seiner P. abwendig, abtrünnig machen, ihn zu unsrer (zur Gegen-P.) herüberziehn, ihn auf unsre P. bringen, ihn für unsre P. gewinnen, selten: Die Schönheit der Angeklagten hatte alle jungen Männer zu ihrer P. gewonnen. 1, 150; Jemandes P. gegen einen Andern halten, ihn gegen diesen vertheidigen u. nam. oft (s. b): Eine P., Jemandes P., P. für Jemand (od. Etwas), gegen einen Andern (od. Etwas) ergreifen und noch häufiger: nehmen, sich dafür aussprechen, erklären, sich auf dessen Seite stellen und dafür kämpfen: Er trat herzhaft hinzu, gedachten Postmeister zu tadeln, indem er meine P. nahm. 28, 299; Wem um die Sache zu thun ist, Der muß P. zu nehmen wissen; sonst verdient er nirgends zu wirken. 30, 286; Daß Sie für Ihre Freunde P. nehmen und für Das, was Sie einmal warm und treu ergriffen haben, Farbe halten. R. 4, 40; Du wankst zwischen der Welt und deinem Vater — du musst P. nehmen, wo keine Vereinigung zu hoffen ist; Einem von Beiden musst du ganz entsagen oder ganz gehören. 315a; Wenn der Dichter gegen den gewöhnlichen Weltlauf mit Timon Partei nimmt. Dr. 2, 2, 177; Es entstand darüber ein lebhafter Steit zwischen ihr und ein paar Andern, die sich für die Bildsäulen erklärten und in kurzer Zeit theilte sich die ganze Gesellschaft in 2 P–en. .. Daß ich die P. meiner Bildsäulen nahm. 27, 308; Sonst würdest du gewiß nicht die P. des unartigen Menschen gegen mich nehmen. Luc. 3, 351 etc. —
b) (s. a) Entschluß, den man fasst, für den man sich entscheidet (Partie 5): Welche P. für ihn die vortheilhafteste sei. Pfl. 1, 234; Daß für sie keine andere P. sei als zu siegen oder zu sterben. 245; Daß meine P. [von mir] genommen wäre. 17, 4; Was für eine P. mir .. zu nehmen übrig sei. 67; Das war auch die klügste P., die du nehmen konntest. 27, 318; Die sicherste P., die ein weiser Mann nehmen könne. 32, 230; Luc. 6, 324 etc. —
c) Zsstzg. zur Bez. der versch. (nam. polit.) P–en, z. B.: Die Adels-, Hof-, Junker-P.; Die Reaktions-P.; Die Revolutions-, dieUmsturz-P.; Die Heuler-, die Wühler-P.; Der Friede zwischen der Volks-P. und den Despoten war nur ein Scheinfriede. Rev. 1, 73 etc.; Seinen Rang, seine Nation, seine Religions-P., kurz alle konventionellen Unterscheidungszeichen ablegen. 734b; und nam. (s. 1): Die Preußen und mit ihnen das protestantische Deutschland gewannen also für ihre Literaten einen Schatz, welcher der Gegen-P. fehlte. 21, 79; Den gewaltsamen Maßregeln einer Gegen-P. schmählich ünterliegen. 26, 323; Ph. 13, 66; Mus. 1, 40 etc. —
3) eine unter sich eine geschloßne, von andern abgesonderte kleine Gesammtheit bildende Anzahl zusammengehöriger Einzelwesen (Jndividuen):
a) veralt. von Dingen, indem hier in ganz frz. Form Partei (s. d. 3 u. vgl. die Nbnf. auf ei zu Melancholie, Melodie, Phantasie etc.) üblich ist, z. B.: Eine ganze „Parthei“ Kokosnüsse. R. 1, 265 etc. — Häufiger noch von Pers., z. B.:
b) (s. 2): Im Ballenhaus. Der Herzog wollte die P. austheilen. 2, 83, die Gesellschaft in 2 gegen einander spielende Abtheilungen theilen, parteien. —
c) Jetzt wohnen nicht eine, sondern 4 P–en in Nebenhäusern, welche in die Quere durchgesetzt sind und wovon jede P. eine Seite hat. Ph. 1, 103; 102 = Familie, s. Partie 1d und 1, 296. —
d) (s. ebd.) an manchen Höfen Bez. gewisser Abtheilungen der Dienerschaft nach dem ihnen überwiesenen Bereich ihrer Funktionen, z. B. nach an kaiserlichen Hof zu Wien: Die Jagd-P. (s. Jägerei 3b) mit den Unterabtheilungen: Krähen-, Milan-, Reiher-, Revier-, Rüden- P. etc. —
e) nam. aber: ein zu best. Zweck abgesendeter kleiner Theil der Mannschaft, z. B.: Ward eine P. Seesoldaten und Matrosen beordert, ans Land zu gehen. R. 1, 204 etc., bes. von Truppen: Eine P. [ein Detachement] auf Kundschaft, auf Rekognition, auf Beute ausschicken; Das „P.-machen“ — der Auszug zu einer geheimen Expedition. .. Solche P–en schlichen sich tief in das Land hinein. Bild. 2, 89; Die Feinde, von welchen einzelne streifende P–en schon in benachbarte Orte eingedrungen waren. 9, 207; Frei-P., eine P. Freibeuter; Darauf sendete ich meine Streif-P–en nach Böhmen. 1, 70 etc. So auch: Auf P. [auf Beute machen] ausgehn, ausschicken etc., s. P.-Gänger. —
4) mundartl., veralt. st. Partie (s. d.), so z. B. auch: Wir wollen P. machen [Gemeinschaft in Bezug auf den Gewinn, Halbpart]. Gsp. 2, 211, s. Partie 4b etc. —
~en, tr., refl.: in Parteien theilen, spalten, z. B. (s. Partei 3b) beim Kegel-, Ballspiel etc. die Gesellschaft in 2 gegen einander spielende Hälften theilen (auch „parten“), ferner (s. Partei 2): Wir p. uns unter zwei Schriftsteller. Sh. 2, 85; Die parteite Nation (vgl. benedeien, Anm.). Lit. 5, 387; 212; Daß Goethe, der den Dichter in den p–den Bewegungen des öffentlichen Lebens die Stelle der Unparteilichkeit und Vermittlung zutheilte . ., daß Er grade so blindparteiisch zufuhr. 399; Ver. 120; Jetzt noch parteiet das Volk sich zwischen Frankreich und Österreich. 8, 96 etc., s. Parteiung. —
~isch, a.: (s. Partei 1) durch Eingenommensein für oder gegen Etwas im Urtheil befangen (vgl. parteilich, wobei der Begriff der damit verbundnen Ungerechtigkeit minder scharf hervortritt): Blind-p. Lit. 5, 399; Zeigt sich die junge Gräfin heftig, p. auf ihren Stand. 10, 192; Der Haß ist p., aber die Liebe ist es noch mehr. 15, 111 u. V., — Ggstz.: Niesei parteilos [s. d. = neutral], un-p. halt dich stets; Er bemüht sich, un-p. zu sein, aber Das ist die Unparteilichkeit [s. d.] des Königs Salomo etc. 3, 12; 13, 152; War das Los nicht die un-p–ste Art der Wahl? 6, 318; Wer | sich drob auch noch so un-p. glaubt. Nath. 4, 1; Daß Derjenige, der eine gänzliche Unparteilichkeit für etwas Unmögliches hält, nicht verbunden ist, ganz un-p. zu sein. 24, 252; 4, 233; 9, 130; Jene Voreingenommenheit, in der wir sogar un-p–e Literaturfreunde gegen das Werk befangen sahn. DMus. 1, 2, 219; 2, 3 etc. (s. Parteilichkeit und vgl. die Bem. über Heimischkeit, Neumodischkeit etc. und Knechtlichkeit). —
~lich, a.: parteiisch, z. B.: D. 186; Ver. 118; Fam. 1, 112; Jer. 2, 216; Kl. 1, 181; Von dem p–sten Kunstrichter. 3, 376; Wird nicht Jedermann Ihr Kompliment p. und übertrieben schelten? 13, 443 5, 50; Warum ging sie so p. zu Werke? 105b; P. gab sie ihrem Liebling, was | sie Andern nahm. 251b; Einen Vorzug, den ihnen nur das p–ste Vorurtheil absprechen konnte. 5, 144; Was ihn zu dieser p–en Vorliebe verleitet hat. 29, 183 etc. Ggstz.: Allem Ansehn nach un-p. geschrieben. Ph. 10, 216; Ein un-p–es Urtheil. Mer. 1, 68; Kl. 1, 136; 2, 176; 3, 33; Jer. 1, 416; 4, 2, 54; 31, 91; Deine strenge, aber un-p–e Kritik. Devr. 209; Mein Aug’ und Ohr ist un-p. . . Die Nachbarschaft mit unserm heil’gen Blut | sollt’ ihn nicht schützen, noch p. machen | den Vorsatz meines redlichen Gemüths. Rich. II. 1, 1 etc. —
~lichkeit, f.; –en: das Parteilichsein (o. Mz.), und –: eine parteiliche Handlung: Man sollte meinen, P. für und P. wider sei doch immer Beides P. und eine der andern werth. 8, 36; Des thät’gen Mannes Behagen sei P. | Drum freut es mich, daß, andrer Elemente Werth | verkennend, ihr das Feuer über Alles preist. 10, 277; Die schöne P. der Liebe. R. 5, 325; Aus P. gegen [für] seine Stamm- Mutter. 21, 308 etc. Ggstz.: Eine gewisse laue Un- P. Verm. 1, 13 etc., s. unparteiisch u. † (die Endsilbe) Jsch. —
~schaft, f.; –en: das Partei-Sein (o. Mz.); die Parteigenossenschaft: Wer Thaliens Farbe trug, sei’s als Kleidung der Dienstbarkeit, sei’s auch nur als freigewähltes Abzeichen fröhlicher P. Jahr. 2, 288.
~ung, f.; –en: das Parteien, die Spaltung in Parteien und die dadurch entstehenden Parteien, Klicken selbst: Die Menge kleiner P–en, in welche sich die Parteien gespalten hatten. Hühn. 107; Das Leben der Nation war in örtlicher P. und Selbstsucht aufgelöst etc.; Schul- P., betriebsame Unserigkeit. Ant. 1, 16 [Klickentreiben].
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